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Zrankenberger Tageblatt Bezirks- W Anzeiger Amtsblatt für die MG. AmtshaaMauuschaft Fliiha, das KSaigl. Amtsgericht Md de« Stadttal zu Frankenberg 76. Jahrgang Dienstag' »e« 17. Mi 1817 162 .) und 2 ergeben, entscheidet Die Bespreche »gen mit d:in n.uk» Kanzler k Berlin, 16. Juli. Der neue Kanzler setzte gestern nachmittag mit den Mitgliedern der Reichstagspartcien dis Besprechungen fort. Die Einladungen waren auch diesmal von Staatssekretär Dr. Helfferich ergangen und den Schau platz der Zusammenkunft bildete auch gestern wieder das Reichsamt des Inner». Gcneralfeldmarschall von Hinden burg und General Ludendorff nahmen an den Besprechungen teil. Bei der Sonnabcnd-Zusammenlunst waren die Par teien vertreien, di: der Erzbergerschen Fnedensformel zuneü- gen; gestern waren die Vertreter der Parteien geladen, die Verkauf von Nudeln Dienstag, dm 17. d. M., von Nach«. 5 Uhr ab bei sämtlichen Materialwarenhändlern gegen Lebensmittelmarken Nr. 115 und 116. — Auf jede Marke entfallen SV Gramm. Preis: l. Sorte 72 Pfg., u. Sorte S1 Pfg. Stadtrat Frankenberg, den 16. Juli 1917. Michaelis an die Spitze der Reichsgetreibestelle, und im Febniar dieses Jahres wurde er zum Staatskommissar für Bolksernährung ernannt. In der kurzen Zeit seiner Wirk samkeit als preußischer Ernährungsdiktator hat er durch ei serne Energie Grund zu Erfolgen gelegt, die sich alsbald zeigen werden. Der trotz enormer, besonderer Schwierigkeiten am straffsten und erfolgreichsten durchgeführte Teil der Kriegs- ernährungspolitik war von Anfang an sein Werk. Zäh und unerbittlich in der Durchsetzung seines Willens, ohne Be rücksichtigung irgendwelcher Sonderwünfche, ganz von den For derungen des Gemeinwohls durchdrungen, glänzender Redner, kriegspolitrsch völlig unbelastet, keiner Partei von vornherein verdächtig oder unerwünscht, ist er gang der Mann, der das Vertrauen des Volkes bald gewinnen und die gestörte Einheit wieder Herstellen wird. Seine Laufbahn beweist, daß er eben falls ein ungewöhnlich begabter Mann ist. Der starke Wille, mit dem er sein« Maßnahmen durchzusetzen wußte, hat ihm auch bei den Volksvertretungen viele Sympathien verschafft. Kaiserliches Handschreiben an den scheidenden Kanzler Eine Sonderausgabe des „Reichsanzeigers" gibt die Er teilung der nachgesuchten Entlassung an den Reichskanzler be kannt unter Verleihung des Sternes der Grohkomture des Königlichen Hausordens von Hohenzollern und die Ernennung des Unterstaatssekretärs Dr. Michaelis zum Reichskanzier, Präsidenten des Staatsministeriums und Minister der aus- 'wärtGn Angelegenheiten, ferner ein Handschreiben des Kai sers und Königs an den scheidenden Reichskanzler, worin es heißt: Mit schwerem Herzen habe Ich Mich entschlossen, Ihrer Bitte um Enthebung von Ihren Aemtern durch Erlaß vom heutigen Tage zu entsprechen. Acht volle Jahre haben Sie diese verantwortungsvollen höchsten Aemter des Reichs- und Staatsdienstes mit vorbildlicher Treue geführt und Ihre her vorragende Kraft und Persönlichkeit erfolgreich in den Dienst von Kaiser und Reich, König und Vaterland gestellt. Gq- rade in der schwersten Zeit, die auf den deutschen Land»» und Völkern gelastet hat, in der es sich uni Entschließungen von entscheidender Bedeutung für das Bestehen und die Zukunft des Vaterlandes handelte, haben Sie Mir mit Rat und Tat unermüdlich zur Seite gestanden. Ihnen für alle Ihre treuen Dienste Meinen innigsten Dank zu sagen, ist Mr ein Her zensbedürfnis. Das Friedensprogramm der Mehrheitsparteien Die Mehrheit des Reichstages, die sich zusammensetzt aus den Fraktionen des Zentrums, der fortschrittlichen Volkspartei, der Sozialdemokraten, Ler Elsaß-Lothringer, einem Teile der dentschen Fraktion und einzelnen Mitgliedern anderer Frak tionen hat sich aus folgendes Friedensprogramm geeinigt, das sie dem Reichstag zur Beschlußfassung vorlegen wird: Wie am 4. August 1614, gilt für das deutsche Volk auch an der Schwelle des vierten Kriegsjahres das Wort der Thronrede „uns treibt nicht Eroberungssucht". Zur Vev- teidigung seiner Freiheit und Selbständigkeit, für die Unver sehrtheit seines territoriale!: Besitzstandes hat Deutschland die Waffen ergriffen. Der Reichstag erstrebt einen Frieden der Verständigung und der dauernden Versöhnung der Völker. Mit einem solchen Frieden sind erzwungene Gebietseiwerbungen und politische, wirtschaftliche oder finanzielle Vergewaltigungen unvereinbar. Der Reichstag weist auch alle Pläne ab, die auf eine wirt schaftliche Absperrung und Aufteilung der Völker nach dem Kriege ausgehen. Di« Freiheit der Meere muß sichrrgestellt werden. Nur der Wirtschaftsfriede wird einem freundschaft lichen Zusammenleben der Völker den Boden bereiten. Der Reichstag wird die Schaffung internationaler Nechts- vrganisationen tatkräftig fördern. Solange jedoch die feindliche» Negierungen auf einen sol chen Friede» nicht eingehen, solange sie Deutschland und seine Verbündeten mit Eroberung und Vergewaltigung bedrohen, wird das deutsche Volk wie ein Mann zusmnmenstehen, uner- chütterlich ausharren und kämpfen, bis sein und seiner Ver bündeten Recht auf Leben und Entwickelung gesichert ist. I» seiner Einigkeit ist das deutsche Volk unüberwindlich. Der Reichstag weiß sich darin eins mit den Männern, die in Heldenhaften! Kampfe das Vaterland schützen. Der unver gängliche Dank des ganze» Volkes ist ihnen sicher. Berichtigung »er Bekanntmachung Wer Schilfrohr vom 1«, Mi 1617. " 3"""" -Dresden, den 12. Juli 1917. "E' Ministeri«« d«^M«n. Z«m Kanzlerwechfel Der scheidende Kanzler d ?iu merkwürdig tragisches Zusammentreffen: der Kanzler geht an demselben Tag«, au dem «r vetr 8 'Jahren sein Amt angetreten hat. Am 13. Juki 1909 wurde der Reichs tag, nachdem er die Reichssinanzresorm nach dem Willen des Zentrums und der Konservativen erledigt und damit die rV«^"v-liberale Paarung endgültig gesprengt hatte, ge- schlofsen. Am Tage darauf, am 14. Juli 1909, gab der Reichsanzeiger bekannt, daß das Entlassungsgesuch des Fürsten Bülow genehmigt und der bisherige Staatssekretär des In nern, Herr von Bethmann Hollweg, zum Reichskanzler er nannt worden ser. Herr von Bethmann Hollweg hatte sich als Staats sekretär des Innern durch emsige Arbeit und gerechte Hal- mng in allen strittigen Wirtschaftsfragen bei alle» Parteien Anerkennung erworben, sodaß sein Scheiden aus dem Reichs amt des Innern lebhaft bedauert und schon damals die Frage erörtert wurde, ob dieser ruhige und sachliche, immer aus? glerchende Charakter für eine so prononcierte Stellung, die von der Parteien Haß und Gunst umstritten bleiben mußte, über haupt geeignet sei. Der scheidende Reichskanzler hat sich dann wiederuni mit großem Fleiß und in mühevoller Arbeit sehr bald m sein neues Amt hineingearbeitet, aber das, was ihm auf seinem ersten Reichsposten eine Hilfe war, seine aus gleichende und vermittelnde, aus sachlichen Gründen zögernde At' mußte ihm hier zum Verhängnis.und inmitten der Weltstürm« dieses Krieges zur Katastrophe werden. Es ist gewiß leicht und bequem, von der Gehässigkeit ganz zu schweig«», wenn inan ihn jetzt nur tadelt und aus den Schwie rigkeiten seiner Lage und aus den Ungeheuerlichkeiten des Weltkrieges die Notwendigkeit seines Abganges konstruiert. Wir möchten nicht ja diese im beste» Falle bequeme und leichte Art verfallen, sondern mit Dank fest hälfen, was der Mann, der jetzt geht, doch auch Gutes und Förderndes für sein Vaterland geleistet hat, und wir möchten «rst recht nicht unterlassen, offen festzustellen, daß er noch Größeres gewollt hat, als ihm zu vollbringen möglich war. Es ist ein schwerer Irrsinn, einen deutschen Reichskanzler als eine völlig unabhängige Person hinzustellen und zu sagen, daß ei» solcher Mann nur Energie und Willen zu haben brauche, um Führer und Lenker eines Volkes zu werden. Eine solch oberflächliche Betrachtungsweise übersieht die unge heure Fülle von Hemmungen, Zwischenfällen und Relatio nen, die die Stellung des Reichskanzlers umgeben, und sie übersieht sie vor allem, daß die Reichskanzlerwürde innerhalb einer so starken und selbstbewußten Dynastie, wie sie Deutsch land besitzt, nicht immer ohne fast «rdrückende Bürde ist. Aus diesen Verhältnissen erklärt sich sehr ost das Zaudern und das Suchen des scheidenden Kanzlers und es ist gewiß, daß sein Wille oft stärker war, als man nach außen hin ahnte, weil er eben.diesen feinen stärkeren Willen, behindert durch die Hemmungen, nicht durchführen konnte. Wir selbst haben diese sachlichen Momente sehr oft zur Erklärung von Vor gängen und zur Entschuldigung von Vorwürfen, die auf den Kanzler zielten, in Ruhe und ohne Rückhalt gewürdigt. Es wurde aber vielfach übersehen, wie sehr der scheidende Kanzler für,die nähere Vorgeschichte dieses Krieges überhaupt nicht verantwortlich gemacht werden kann. Denn der Werdegang der deutsch-feindlichen Koalition des westlichen mit dein öst lichen Europa war gerade 1909 abgeschlossen, als Herr von Bethmann Hollweg Reichskanzler wurde. Die Geburt der s deutschen Einkreisung durch England, Frankreich und Rußland fällt durchaus in die Jahre 1900—1909, wo Herr von Bülow m der Wilhelmstratz« regierte. Wir möchten schließlich auch nicht vergessen festzustellen, was ausführlicher zu schildern einer späteren Zukunft Vor behalten bleiben muß, was der scheidende Kanzler im Inner» Preußens und des Reiches doch positiv geleistet und angestrebt hat. Die preußische Wahlrechtssrage ist im Jahre 1910 unter seiner Führung mit slner energischen Vorlage zur Lösung zu bringen versucht worden, aber am Widerstand des Parla ments gescheitert und nun doch mit dem letzten Staatsakt des scheidenden Mannes auf das glücklichste gelöst worden. Im Jahre 1913, um immer nur di« Gipfelpunkte zu kenn zeichnen, hat der scheidende Reichskanzler die größte Wehr und Steuervorlage durchgebracht, die jemals in Deutschland, ja bis dahin in der ganzen neuzeitlichen Geschichte zu ver zeichnen ist. Die Sozialreform hat durch die Reich-versiche runasordnung unter des scheidenden Kanzlers Führung eme umfassende Krönung erhalten. Was der scheidende Kanzler aber während des Krieges positiv geleistet hat, das zn schildern ist im Augenblick, und überhaupt während des Krie ges, aus naheliegenden Gründen nicht möglich. Wir haben seine Person geschätzt und respektiert, sein 38olle» geachtet! und seinen Charakter oft gerühmt. Wir haben aber immer über die Person die Sache gestellt, im größte» Sinne ge sprochen: die deutsche Sache, das Wohl des Vaterlandes, dem auch d«r scheidende Kanzler sein Bestes geben wollte. Der neue Herr Die Ernennung des bisherigen Unterstaatssekretärs im preußischen Finanzministerium und des preußtzchen Staats kommisars für die Volksernährung, Dr. Mchaell^ zum ersten und allein verantwortlichen Beamten des Deutschen Reiches wird bei näherem Betracht weder nach der persön lichen, noch nach der sachlichen Seite hin als eine Ueber- raschung und unüberlegte Plötzlichkeit erscheinen können. Wenn man über alle Parteigegensätze hinweg den Ausdruck gemein samer Sehnsucht seststellen wollte, so ging sie doch dahin., einen Mann von starkem und gefestigtem Temperament und von rücksichtsloser Politik zu wünschen. Beides hat Herr Michaelis wiederholt dokumentiert und er rst dabe« auch nicht vor dem Widerspruch seiner eigenen Parteifreunde, der Kon servativen, zurückgeschreckt. Er hat ihnen im Abgeordnetrn- hause wiederholt die Wahrheit gesagt und sich als Staats kommissar für das preußisch« Ernährungswesen fast in be wußtem Gegensatz zu ihren Auffassungen eingesührt. Allo seine Maßnahmen haben im Kleinen wie im Großen be trächtliche Energie gezeigt und der Charakter d«s Mannes ist auch sonst über jeden Zweifel erhaben. Was er sonst bringt, im besonderen, was er in der auswärtigen Politik wird leisten wollen, und bei der gegenwärtigen Lage der Dinge wird leisten können, wird man billigerweise weder mit Vorurteil, nöc aber auch mit überspannter Hoffnung abwarten müssen. - Indessen darf man als sicher annehmen, daß seine Energie nach innen hier die Geschlossenheit fördern und damit in jedem Falle die Einigkeit nach außen festigen wird. Das ist, wse wir zu wissen glauben, auch ein besonderes Programm des neuen Kanzlers, und alle guten Deutschen werden es mit Kopf und Herz unterstützen wollen. Es versteht sich, daß er in diesen» Sinne auch unsere altbewährte Bündnispolitik fort führen und zu neuen Siegen bringen Helsen wird. Der Ernst unserer Zeit hat in dem Charakter Michaelis' einen beson deren Ausdruck bekommen und seine weit bekannte, tiefe reli giöse Gesinnung macht ihn in diesen schweren Zetten viel leicht auch besonders geeignet, das Staatsruder zu lenken. Im einzelnen hat der neue Reichskanzler bisher in der preußischen Finanzverwaltung, als auch früher schon in beson deren Aufgaben wirtschaftlicher Organisationen und ökono misch-technischer Regulierungen sich als ein Meister kleiner, aber gewichtiger Staatsarbeiten erwiesen. Wir glauben auch, daß seine Ernennung nicht ohne besonderen Einfluß unserer Obersten Heeresleitung zustande gekommen ist, und in der Tat zeigt sein Charakter, wie sein« strenge Sachlichkeit mancher lei Aehnlichkeit mit gleichen Eigenschaften unserer Obersten Heeresleitung. Es wäre ein wunderbares Geschenk des Him mels, wenn durch den neuen Kanzler auf diese Art nicht nur durch die Person, sondern auch in der Sache eine einheitliche Verbindung zwischen Kriegführung und Politik, zugleich aber auch zwischen Heer und Volk und Front und Heimat ge schaffen worden wäre. Wir alle sollten diesem- höchsten Ziele an unserem Teile helfen und es durch Ausgleich des innere» Zwiespalts, wie durch ein neues Gelöbnis für die Einigkeil daheim und draußen nach Kräften fördern. Theobald von Bethmann Hollweg wurde am 29. November 1856 in Hohenfinow bei Ebers walde geboren. Er entstammt einer Gelehrten- und Beamten- s familie. Nach dem Besuch der Landesfchule Pforta (Schul- pforta) studierte er 1875—79 in Straßburg, Leipzig und Berlin die Rechte, wurde Referendar beim Kammergericht, ging aber bald zur Verwaltung über. 1836 wurde er Landrat des Kreises Oberbarnim, 1896 vberprästdent in Potsdam, 1899 Regierungspräsident in Bromberg, vrei Monate später Oberpräsident von Bromberg. 1905 wurde er zum preußi schen Minister des Innern ernannt. Am 24. Juni 1907 trat er an di: Stelle des Grafen Posadowsky als Staatssekretär des Innern. Bethmann Hollweg war einer der eifrigsten und geschäftigsten Mitarbeiter des Fürsten Bülow, dessen Amt er am 14. Juli 1909 übernahm. Dr. Georg Michaelis Mit Dr. Michaelis tritt zum ersten Male ein Bürgerlicher und wieder ei» Mairn an die Spitze der Reichsregierung, der incht aus dem Auswärtigen Dienst hervorgeht. Er ist in Haynau im Jahre 1857 geboren und 1879 in de» preußische» Staatsdienst getreten. Nachdem er kurze Zeit als Gerichts assessor tätig gewesen war, ging er 1885 als Dozent an die schule deutscher Rechts- und slaalswissenschaften nach Tokio. 1889 trat er m den Staatsdienst zurück. Nach kurzer Tätig keit als Staatsanwalt m Schueidemühl traf er 1892 in die Allgemeine Staatsverwaltung über, war Regierungspräsident, Regierungsrat m Trier und Arnsberg, später Stellvertreter des Regierungspräsidenten in Liegmh und wurde 1902 Ober- präsidialrat in Breslau. Von dort würbe er als Unterstaats- s«kr«chr m das Finanzministerium berufen. Zu Beginn des Krieges, als die staatliche Regelung unserer Ernährung und Mr leben in der festen Zuversicht, daß diese deutsche Sache ! zunächst Unserer Brotversorgung notwendig wurde, i auck diesen Sturm des inneren Wirrwarrs und der umeren ««tu» - Zersetzung sieghaft überstehen wird und vertrauen darauf, daß ein neuer Tag uns zn neuen Ufern ruft.