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ZSMHolVwerdaer Einzige Tageszeitung im Pmtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten HitO Vlatt enthält dir amtlichen VeKanvtmachungen der Am1»haupt« mmmschast, der Schulinspektion und de« Hauptzollamt» zu Bautzen des Amtsgerichts de« Finanzamt« und de» Stadtrats zu Bischofswerda UnabhängigeZeitung für alle Ständern Stadt und Land. DichtesteVerbreitunginallenVolksschichteN BeUagen: Sonntags -Unterhaltungsbialt und Landwirtschaftliche Beilage Geschäftsstelle Bischofswerda, Astmarkt 15. — Druck und Verlag der Buchdruckerei Friedrich May G. m.b.H. in Bischofswerda. Femfpr. Nr. 22 v«r»«ck»S»»v»asi» Kaut» Re. «4. Fallt höherer Gewalt — Krieg oder sonstig« irgend welch« mg des Betriebe» d« Zeitung od« der Besördrrungsrinrich- DerSSHWeLlzGler Auzeigenpeei« (in Bolhmark): Die 43 mm breite einspaltig» Grundschristzeile 2V Pfg., Artliche Anzeigen 15 Psa, die SO mm breite Reklamezeile (im Textteil) 50 Pfg. Zahlung m Papienuarb . , - - . " ° o-. zum amtlichen Briefkurs vom Zahltag, jedoch nicht niedrig« al» nehmen tungen — hat der Bezirhrr keinen Anspruch auf Lieferung od« zum Kurs vom Tage d« Rechnung. — Rabatt nach Taris Für Nachlieferung d« Zeitung od« auf Rückzahlung de» Bezugspreises. Tammttanzeigen tarifm. Aufschlag. — Erfüllungsort Bischofswerda wSchentttch AO Pfg. Einzelmnnm« 15 Pfg. — All« Pmti sowie uns«e Zeitnngsaurtrüg« und di« Deschüftrstrue jederzeit Bestellungen entgegen. Nr. S5. Freitag, den 24. April 1S25. 80. Jahrgang In der letzten beschlußfähigen Reichstagssitzung vor Ostern' gelang es, das Gesetz in folgendem Wortlaute zu ver abschieden: 8 1. Der Lehrgang der Grundschule umfaßt 4 Jahresklas sen (Stufen). Im Einzelfalle können besonders leistungs fähige Schulkinder nach Anhören des Grundschullehrers unter Genehmigung der Schulaufsichtsbehörde schon nach dreijähriger Grundschulpflicht zur Aufnahme in eine, mittlere oder höhere Schule zugelassen werden. 8 2. Das Gesetz tritt mit dem Tage der Verkündigung in Kraft. Der Preußische Landtag hatte sich noch kurz zuvor auf Antrag der Deutschnationalen und des Zentrums in der glei chen Richtung ausgesprochen; dennoch trug Ministerialdirek tor Kästner im Reichstag mancherlei Einwendungen der Preußischen Unterrichtsverwaltung gegen den gleichwohl beschlossenen Gesetzentwurf vor. Wenn gegen ihn nicht noch im Reichsrat Schwierigkeiten oder Verzögerungen entstehen, kommt er für diese Ostern noch eben zurecht; dem Verneh men nach handeln die Direktoren höherer Lehranstalten in der Reichshauptstadt bereits jetzt nach ihm. . Was mich in diesem Kampfe hielt, war außer den be reits genannten kulturellen und pädagogischen Erwägungen der soziale Gedanke. Man darf den vielen Verarmten des Mittelstandes, man darf ebenso wenig der aufstrebenden Schicht unter den Arbeitern und Angestellten es nicht er schweren, ihre Kinder einer geschloffenen höheren Bildung zuzUführen. Und diese Erschwernis tritt ein, wenn die Pflichtzeit bis zur Reifeprüfung von zwölf auf dreizehn Jahre verlängert wird. Für wie manchen Lehrer, Hand werker, kleinen Beamten, Angestellten und Arbeiter ist es höchste Lebenssehnsucht, sein Kind zu der höheren Schulbil dung zu führen, die man selbst um der Not des Lebens wil len nicht hat erreichen können. Diese Zuschüsse kann aber der Vater nur in der Zeit feiner Arbeitskraft leisten. Von Pensionen, Knappschaftsrenten, Witwengeldern und der gleichen kann man kein Kind studieren lassen. Und so wenig wir ein massenhaftes Gelehrtenproletariat wünschen, so wich tig die Erhaltung von Intelligenz und Charakteren in der Arbeiter-, Angestellten- und Handwerkerschicht ist, so nötig ist doch für ein gesundes Volksleben, daß auch aus den nicht besitzenden Schichten Manner und Frauen in die akademi sche Schicht eintreten können, ganz zu schweigen davon, daß auch heute weite akademische Schichten verarmt sind und nur schwer den Kindern die Durchbildung des Vaters zuteil wer den lassen können. Cs handelt sich wahrlich nicht, wie man lärmend betont, um ein Gesetz für die Reichen: man sehe sich doch einmal nur den Durchschnitt unserer Studenten an, welche Entbehrungen auf ihnen lasten! Die Familie Neu reich pflegt ihren Sprößlingen nicht das Leben durch akade mische Examina sauer zu machen; sie weiß, daß man auf ganz anderen Wegen zu Gelds kommt. Wir durften bei Verabschiedung des kleinen Grund schulgesetzes kulturell, pädagogisch und sozial ein gutes Gewissen haben. Die Steuervorlagen im Neichrrat. Berlin, 22. April. Der Reichsrat trat heut« nachmittag unter Vorsitz des Reichssinanzminister» v. Schlieben zusam men, um die Entscheidung über die von der Regierung vor gelegten Steuer- und Aufwertuagrgesetze zu treffen. Zum Steuerüberleituugsgeseh erklärte der Derlchtrrstattrr, das Ueberleitungsgesetz stelle den Aul takt kür die Reform auf dem Gebiet der direkten Steuern dar. Diese Resorm bringe zunächst eine erfreuliche Sicherstellung der Steuerverwaltung in dem Sinne, daß erstmalig für da« Jahr 1925 die Reichs steuern wieder im Wege des ordentlichen Veranlageverfah rens ermittelt und festgesetzt werden. Damit falle dann auch da, System der Vorauszahlungen weg. Dem Gesetzentwurf wird entsprechend dem Vorschlag des Berichterstatters zu- gestimmt. Ium Entwarf des Einkommensteuergesetze» führt der Berichterstatter au«: Da» Einkommensteuergesetz hat da» System aus der früheren Zeit übernommen, daß die Veranlagung am Schluffe des Steuerfahres erfolgt. Cs hat darum auch das System der Vorauszahlung aufrechtrrhal- len. Wenn da» System des Regi«rung»«ntwurs» angenom men wurde, so ist das mit Rücksicht auf die starken Konjunk turschwankungen der Gegenwart und unter der Vorau»- setzung geschehen, daß die Reichsregierung sich bereit erklärt, sobald eine Stabilisierung der «nkommensteuerverbältniffe etngetreten ist, an Stelle der Vorauszahlungen und nach- träglichen Berechnung »ei »er Eiukeauueu- uu» Kärpee fchHl»fleuer eia veranlaguagsfystem eiaziftlhrev, nach wtt- Tagesschau. * Der Reichrrat behandelte am Mittwoch in einer ent scheidenden Sitzung die von der Regierung vorgelegten Steuer- und Aufwertungsgesehe, die mit der erforderlichen Mehrheit angenommen wurden. Diese gehen nunmehr dem Reichstag zu und erlangen nach ihrer Annahme daselbst Ge setzeskraft. * Im Lschekaprozetz vor dem Staatsgerichtshos in Leip- zig wurde am Mittwoch das Urteil verkündet. Drei Ange- naaie wurden zum lode, die übrigen zu Zuchthaus- und Gefängnisstrafen von 15 Jahren bis fünf Monaten ver urteilt. Im Untersuchungsgefängnis in Moabit sind etwa 50 Kommunisten in den Hungerstreik getreten. Nach einer Belgrader Meldung ist König Doris vom bulgarischen Militärdlktator General Lazaro daran gehin dert worden, in» Ausland zu flüchten. Zu den mit * bezeichneten Meldungen finden dir Ltjer Aus- jährliches an and«« Stell« chem die Steuer für da» Rechnungsjahr nach de« Ergebnis de» abgelauseuen Kalenderjahre» und, soweit es aagäugt- ist. nach dem dreijährigen Durchschnitt veranlagt wird. Reichssinanzminister von Schlieben erklärte hierzu» daß die Reichsregierung die schon im Ausschuß in diesem Sinne gegebene Zusage hier wiederholen könne- Der Berichterstatter fährt dann fort, daß von den im Ausschuß beschlossenen Abänderungen als eine der wichtig sten zu erwähnen sei, daß da» Kinderprivileg bei den Lohn empfängern mit einer Ermäßigung von zwei Prozent schoy beim dritten Kind, statt, wie der Entwurf vorfah, beim vier» ten Kind, beginnt. Der Ausschuß empfiehlt die Annahm« des Gesetzentwurfs mit den beschlossenen Aenderungen. Der Vertreter Badens erklärt nach Ablehnung der badi schen Anträge im Namen seiner Regierung, daß durch di» Gesetzgebung der Tarife in den Entwürfen des Einkommen- Körperschafts- und Vermögenssteuergesetzes und durch den Verzicht auf die Erhebung einer Vermögenszuwachssteuer der große Besitz stark entlastet und die Grunosähe sozialer Gerechtigkeit damit stark verletzt würden. Wenn die badische Regierung die genannten Gesetze nicht überhaupt ablehn«, so sei dafür die Hoffnung maßgebend, daß es gelinge, bei der Weiterberatung im Reichstag das nachzuholen, was im Reichsrat nicht erreicht worden sei. , Auf eine Anregung des badischen Bevollmächtigten wie derholt Reichssinanzminister von Schlieben die schon im Ausschuß gegebene Zusage, daß Lohnempfänger dl- für eine Rückerstattung von Steuern notwendigen tatsäch lichen Angaben noch drei Monate nach Ablauf des Ka lenderjahres machen können, und daß bei Einkommen un ter 900 Mark jährlich die Steuer aus Billigkeitsgründen zurückerstattet werden solle, wenn der Steuerbetrag m«hr als 10 ausmache. Abgelehnt wird weiter ein bayerischer Antrag, die für die Landwirtschaft angesetzten Vorauszahlungs termine des 15. Februar und 15. Mai zu dem einen Termin des 15. April zusammenzuziehen, an dem die Hälfte zu zahlen wäre, während die andere Hälfte am 15. Novem ber erhoben werden sollte. — Der Vertreter Bayerns er klärte nach der Ablehnung, daß Bayern dem Gesetzentwurf in der Ausschußfassung zustimme, wenn es auch gewünscht hätte, daß im Tarif festgesetzt worden wäre, das Einkommen von mehr als 198 000 Reichsmark einem Steuersatz von 4V statt 35 Prozent unterliegen. Aus dieser Zustimmung dürft« jedoch nicht gefolgert werden, daß Bayern seinen grundsätz lichen Standpunkt bezüglich der Wiederherstellung der Finanzhoheit der Länder aufgegeben hätte. Der gleiche Vor behalt gelte auch für das Steuerüberleitungs- und Körper schaftssteuergesetz. Der Cinkommensteuergesetzentwurf und' das Körperschoftssteuergesetz werden darauf angenommen. Zum Entwurf de» Reichsbewertungsgesetzes führt der Berichterstatter aus. daß der Entwurf drei Teil« habe. Beim landwirtschaftlichen Vermögen soll ein einheit licher Rahmen geschaffen werden in Form von Rahmenge setzen. Auf Antrag der Länder und unter voller Zustim mung der Reichsregierung wird der Grundsatz des 81 ange nommen, wonach Länder und Gemeinden die Steuern nach dem Wert und der Sonderarbeit der einzelnen Vermögens anteile erheben. Zugestimmt wurde auch dem Reichsvermögenssteuer- gesetz. desgleichen nach Berichterstattung durch Staatsrat Dr, v. Wolf dem Erbschaftssteuergesetz, dazu einem Antrag», der Erleichterungen für Abkömmlinge von Kriegsgefallenen enthält. Zum Entwürfe eines Gesetze» zur Änderung d« Verkehrssteneen führte Staatsrat Dr. Ritter v. Dolf au«, der Zweck dlefes Entwurfes sei die Erleichterung der Heran- ziehung ausländischen Kapital» und «in« «eitere Herab setzung der Belastung des Kapital» durch Senkung verschie dener Kapitolverkehrssteuern. Die Ausschüsse haben an dem Entwurf ein« Reihe von Aenderungen angenommen. Ditz BSrsenuwsatzsieu« Pir Industtieobligationen wurde weitee herabgesetzt. Die Besteuerung de« Devisenverkehr» wurde gemildert und auf 1 Pfg. für 100 R.-M. festgesetzt, di« Wech selsteuer auf die-älst« ermäßigt. In der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf in der Ausfchußfaflung gegen die Stimme Braunschweig» angenommen. Beim Entwurf «ine» Gesetze« über die Erhöhung der Biersieuer führte der Be- richterstatter Ministerialdirektor v. Sichert u. a. au», der Entwurf will die bisherige Biersteuer verdoppeln. Hiergegen sind in den Ausschüssen sehr starke Ba den ten geäußert worden. Die Mehrheit hat sich aber auf den Standpunkt gestellt, daß di« Erhöhung getragen werden könne. Hieraus wurde gegen die Stimmen von Bayern, Sachsen, Baden, Bremen, Anhalt und «ine» preu ßischen Provinzialvertreterr da» Bierstruergesetz in der Aus- schußfassung angenommen. - . Girr Reichstagskampf. Von v. Reinhard Mumm, Mitglied des Reichstag». Die Erhaltuna der deutschen Kulturhöhe, soweit dies in unserer schweren Zeit möglich ist, muß zu den ernstesten Pflichten eines jeden nationalen Politikers gehören. Wir dHaken dabei nicht nur an intellektuelle, fondern auch an religiös-sittliche Kultur. Das letzte Jahrzehnt hat zu schwe ren Einbußen geführt; die Brunnen der Tiefe öffneten sich. Npn muß in angestrengter Einzelarbekt nach Wiederaufbau auch auf diesem innersten Gebiete gestrebt werden. Die Schule, also die Durchbildung des kommenden Geschlechtes, hat hierbei eine Hauptaufgabe. Bei den letzten Rekchswgskämpfen handelte es sich noch nicht um das große, durch Art. 14« Abs. 2 geforderte Reichsschulgefetz, sondern nur um ein Vorpostengeplänkel, dessen Verlauf aber schon auf den Ernst der nahe bevorstehenden großen Kämpfe hin deutet. Unser Ideal ist die Schuleinheit, bei der alle Schulsystem sich organisch ineinanderfchlingen. Aber der Weg zu solcher Schuleinheit ist schwer, wenn jede Art von Bildung, klassische wie moderne Sprach- und Deutsch-Bildung, in ihrer charaktervollen Eigen art erhalten bleiben sollen. Im Reichstag handelt es sich zunächst um die Dauer der Grundschule. Sozialdemo kraten und Kommunisten wollen alle Kinder auf sechs, am liebsten auch acht Jahre in die Grundschule zwingen; wo bei einem solchen Verfahren aus der höheren Bildung wird; berührt sie wenig. Ihr Abgeordneter, Staatssekretär Hein rich Schulz, hatte im Länderausschuß durchgesetzt, daß es von Ostern 1925 ab in Deutschland keinerlei Ausnahme vom vierjährigen Grundschulbesuch geben dürste; alle Kinder, ohne Rücksicht auf ihre Leistungsfähigkeit, dursten danach also erst noch vierjährigem Grundschulbesuch zur Sexta zu gelassen werden. Die höhere Schule mochte dann den Scha den tragen und, wie eine radikale Herrschaft 1920 in Ham burg durchgesetzt hatte, von neun auf acht Jahre zurück geschraubt werden. In den letzten Monaten zeigte es sich immer deutlicher, daß man mit diesem starren System den Bogen überspannt hatte. Hamburg erlitt Schiffbruch. Bayern hatte sich nie der öden Gleichmacherei völlig gefügt; Baden mit seiner Linksregierung, mit Hellpach an der Spitze, durchbrach öl erstes Land das System und forderte Ausnahmen für den dreijährigen Besuch der Grundschule; Bayern und andere deutsche Länder folgten mit Landtagseinsprüchen. Endlich gelang es auch im Reichstag, «inen Initiattv- Antrag vorwärts zu treiben. Bei den zweimaligen Wahl- kämpfen im vergangenen Jahre und bei den steten Ver schleppungsoersuchen der Linken ist es uns wahrlich nicht leicht geworden, das Ziel zu erreichen. Wie oft mußten wlr am Schluffe einer Sitzung um Auffetzung diese» kleinen Ge- setze- auf die nächste Tagesordnung kämpfen; noch unlängst gelang es der Linken, an einem Sonnabend durch verlassen de» Saales die Beschlußunfähigkeit herbeizuführen. Auch mußte dem Zentrum das Zugeständnis gemacht werden, daß besondere Förderklaffen nicht im Gesetze festgelegt wurden, vier vielstündkge Verhandlungen in der Vollversammlung de» Reichstage», wochenlange Aussprachen in seinem Dil- dungsausschuh*) waren nötig, das Gesetz mit seinen zwei kleinen Paragraphen in den Hasen zu bringen. *) Anmerkuua der Schrtftleituna : Verfasser bitte» Artikel» ist langjähriger Vorsitzender de« Bttchrtagsmwfchusse» für da» BUdmlgrwesen.