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WMMckMWM Wochen- und Nachrichtsblatt zugleich 8esWs-AMM ßr WiiXrs, Militz, Kenskrf, UMch Ft. Whie», Htiilrichsort, MaricN« M Mülstii. Amtsblatt für de« Stabtrat zu Lichtenstein. 4«. Jahrgang. Nr. 194. Freitag, den 22. August 1890. SS MS WM Dieses Blatt erscheint t äglich (außer Sonn- uud Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 2K Pf. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Mar» 179, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die vterge,palten» ttorpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Auktion. Künftigen Montag, den SS. d. M. sollen von vormittag 9 Uhr an im Hof des Ratskellers hier verschiedene Mobilien, Schränke, Kanapee, Kommoden usw., sowie eine Partie Schuhmacherleisten gegen sofortige Zahlung meistbietend versteigert werden. Lichtenstein, den 21. August 1890. Die Armenbchörde. Beyerlein. Sparkassen-Expeditronstage in Lichtenstein: Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. Geschäftstage der Sparkasse zu Caünberg: Montag, Donnerstag und Sonnabend. Einlagen werden mit 3*/ü°/o verzinst, Zinsen für Ausleihungen möglichst billig vereinbart. Tagesgeschichte. * — Lichtenstein, 21. August. Vom 9. bis mit 13. September wird unsere Stadt abermals mit Einquartierung belegt werden und zwar mit dem Stabe des 9. Infanterie-Regiments Nr. 133 aus Zwickau, in der Stärke von 2 Offizieren mit 3 Pferden und55Unteroffizieren und Mannschaften, sowiedem Stab des 2. Bataillons des gedachten Regiments und 5 Kompagnien, in der Stärke von 20 Offizieren mit 17 Pferden und 480 Unteroffizieren und Mannschaften, also eine Kompagnie mehr als das vorige Mal. Den Mannschaften ist Quartier ohne Marschver pflegung zu gewähren. * — Am 2. September, zur 20jährigen Erinner ungsfeier des denkwürdigen Tages von Sedan, wird, wie wir hören, auf Veranstaltung mehrerer hiesiger Krieger aus den Jahren 1870/71 im Ratskeller hier- selbst ein Festmahl stattfinden, wozu nicht nur die Krieger von 70/71, sondern alle Krieger und Veteranen auch aus früheren Jahren geladen werden. * — Heute vormittag erlitt ein hiesiger Oekonom dadurch einen schweren Verlust, daß demselben ein bisher gesundes Pferd, welches beim Ziegelfahren verwendet wurde, sofort verendete. * — Vom Schützenfe st e in Lichten st ein. Das gestern nachmittag während des Festessens ein getretene Regenwetter machte anfänglich auf den Verkehr einigen Eindruck, später jedoch, nach 5 Uhr, als die Callnberger Schützengilde unter Musikbegleitung auf dem Festplatze einrückte, wurde auch der Verkehr lebhafter und Besucher fanden sich nachher in größerer Anzahl ein. Abends waren die R o s e. Roman von I. von Werth. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Der Arzt blieb noch an dem Lager des jungen Mädchens sitzen, ihren Atemzügen lauschend, bis der anfänglich unruhige Schlummer in einen festen ge sunden Schlaf übergegangen war. Dann erst erhob er sich und legte die schmale bleiche Hand, die er in der seinen gehalten, vorsichtig auf die Decke. Er beugte sich nieder, noch einmal den Verband an ihrer Stirn zu prüfen; dabei fielen zwei schwere Tropfen auf das Kissen. Der große starke Mann, der schon an so vielen Kranken- und Sterbelagern gestanden, weinte beim Anblick eines schlafenden Mädchens. Woran mochte er denken? Er hatte das Schlafgemach verlassen und Nanny, die im Vorzimmer saß, die tiefste Ruhe an empfohlen. Das gnädige Fräulein dürfe nicht gestört werden. Dann war er hinabgegangen in den Gartensaal. Da wurde gehämmert und geklopft. Der Katafalk wurde errichtet. Die Wände rings waren bereits schwarz drapiert. Wie jeder Hammer schlag dem Mann mit dem kahlen Scheitel und dem sorgenvollen Blick aufs Herz fiel, wie schwer sich die Worte von seinen Lippen rangen, als er allerlei Anordnungen traf und Befehle erteilte. Er litt so schwer unter diesem fremden Unglück. Für den nächsten Tag stand die Ankunft eines der verstorbenen Freiin näher stehenden Verwandten zu erwarten. Da wurde dem Professor ein Tele gramm gebracht, in welchem jener nach einigen Worten Festlogen gut besucht. Hin und wider wurden den Sehenswürdigkeiten, als: Passionsdarstellungen, Panorama rc. ein Besuch abgestattet und auch der edlen Reitkunst im Hippodrom ein Opfer gespendet. Den Zentralaufenthaltsort bildete die Loge des Herrn Lorenz, in welcher die Besucher durch die künstlerischen Leistungen der berühmtesten Truppe des Trianontheaters aus Chemnitz, Direktion Jung hans, fortwährend in staunende Bewunderung ver setzt wurden. Es sei nur auf^ die berühmte mit hohen Auszeichnungen ausgestattete Kunstradfahrer familie Derrington, den berühmten Drahtseilkünstler, den muslk. Clown Willy Agoston, welcher eine An zahl Instrumente mit wahrer Meisterschaft be handelt, die Tyroler Jodlerin Frl. Käthe Mirzerl usw. an dieser Stelle hingewieseu. Ein Besuch dieser Loge ist wirlich empfehlenswert. In der zweiten Loge des Herrn Sieber concertierte die Ober- flöhathaler Concertgesellschaft, welche ebenfalls in ihren Vorträgen vorzüglich sind. Lotterie-, Pfeffer kuchen- und Würstelbuden, sowie Karussell vervoll ständigen die Reihe der unterhaltenden Bedürfnisse für große und kleine Schützenfestbesucher. — Heute nachmittag 5 Uhr traf die Schützengilde aus M ü l- sen St. Jakob zum Besuche hier ein. * — Ft Berns darf, 21. Aug. Kommenden Sonntag, als den 24. August, begeht die hiesige Freiwillige Feuerwehr ihr 10jähr. Stift ungsfest, verbunden mit Standartenweihe. Da voraus sichtlich zu dieser Feierlichkeit verschiedene Feuerwehren aus unseren Nachbarorten zur Teilnahme hier ein treffen werden, steht an obenbezeichnetem Tage für unseren Ort ein reges Leben und Treiben bevor. Hoffentlich ist auch die Witterung an diesem Tage eine günstige. — Die Zahl der im letztoerflossenen Jahre vom Blitzegetöteten männlichen Bewohner Sachsens beträgt fünfzehn. Da die gesamte männliche Bevöl kerung des Landes bei der letzten Volkszählung rund 1,540,OM Köpfe ausmachte, so kommt also ungefähr auf je 100,000 männliche Bewohner ein vom Blitz getöteter. Diese Ziffern bestätigen die alte Behaupt ung, daß es ebenso wahrscheinlich sei, vom Blitze er schlagen zu werden, wie das große Los in der Landes lotterie zu gewinnen: da dort unter 100,000 Losen eines der Haupttreffer ist, so ist die Wahrscheinlich keit, ihn zu erlangen, 1:100,000, ebenso hoch aber auch berechnete sich im vorigen Jahre die Wahrschein lichkeit, vom Blitze erschlagen zu werden. Es ist je doch zu beachten, daß nicht jedes Jahr eine so hohe Zahl tötlicher Blitzschläge aufzuweisen ist. Die weib liche Bevölkerung ist weniger der Gefahr ausgesetzt, durch Blitzschlag das Leben zu verlieren, was sich durch die Art ihrer Beschäftigung erklärt; im vorigen Jahre fanden 10 weibliche Bewohner Sachsens ihren Tod auf diese Weise. — Die Gurke dominiert jetzt auf unseren Märkten. Diese beliebte Frucht erfreut sich einer großen Vermehrungsfähigkeit und auch dies Jahr ist die Gurkenernte so reichlich ge wesen, daß die Preise, die sich bis in die letzten Tage auf normaler Höhe erhalten haben, wahr scheinlich bald das unglaublich niedrige Niveau des Jahres 1888 erreichen werden. An die Hausfrau tritt deshalb die Pflicht heran, die Gurke in so verschiedener Gestalt als möglich dem Haushalts zwecke dienstbar zu machen. Die Verwendung der frischen Gurken zu Salat ist unwesentlich im Ver hältnis zu dem Wert der Gurken als Konserven. Jedes gute Kochbuch giebt Auskunft über die Her des Beileids sein Bedauern aussprach, zu der traurigen Feier nicht selbst erscheinen zu können, da er an das Krankenlager seines jüngeren, einzigen Bruders gefesselt sei. Er werde sich jedoch erlauben, seinen Stellvertreter nach Schloß Strahleneck zu fenden. „Nun, er hat wenigstens nicht besondere Eile, sein voraussichtliches Erbteil in Augenschein zu nehmen," dachte Doktor Gröner, das Papier zu- sammensaltend. „Mein Gott, wenn ich kein Testa ment finde, das zu Roses Gunsten spricht " Mit fast fieberhafter Hast begab er sich darauf in das Zimmer der Freiin, um nach dem gewünschten Dokument zu suchen. Zuerst schrieb er an den Rechtsanwalt der Freiin, um zu erfahren, ob bei diesem ein Testament niedergelegt sei, oder ob er wenigstens um die Abfassung desselben wisse. In dem Totenzimmer herrschte tiefe Stille. Die Dienerinnen, welche die so allgemein verehrte Tote zu ihrem letzten Wege gekleidet, hatten das Zimmer wieder verlassen. Nur Louison stand bei der Leiche ihrer Herrin und konnte vor Thränen die teuren Züge nicht sehen. Mit schluchzender Stimme sprach sie Gebete für die Ruhe ihrer Seele. Aber bedurfte es dessen? Auf dem Antlitz mit den geschlossenen Augen lag ein verklärender Zug himmlischen Friedens, und die ruhig lächelnden Lippen schienen zu sagen: „Mir ist wohl." Stunden vergingen. Der Sarg wurde in den Gartensaal hineingetragen und auf den Katafalk gesetzt. „Er soll erst am Abend geschlossen werden," sagte einer der Männer. „Der Herr meinte, das gnädige Fräulein würde die Leiche noch einmal be suchen wollen." Damit legte er den Deckel, der auf der einen Seite das Wappenschild der Grafen von Klinguth, auf der andern das der Freien und Edlen vom Stein trug, neben dem Katafalk nieder. „Wann wird denn die Besetzung erfolgen?" fragte ein Anderer. „Morgen abend um zehn Uhr wird die Leiche bei Fackelschein übergeführt in das Erbbegräbnis. Das ist bei denen vom Stein so Sitte," entgegnete der Erste wieder. Dann nahmen sie, je zwei an den beiden weitgeöffneten Flügelthüren, die nach dem Garten hinausführten, ihre Aufstellung als Wachen. 8. Oben in Roses Schlafgemach herrschte tiefe, friedliche Stille. Nur dort hinter der halb zurück geschlagenen blauen Gardine, die das Lager umgab, tönten regelmäßige, tiefe Atemzüge hervor. . O, süßer, tiefer Schlaf der Jugend! Endlich erwachte das junge Mädchen. Die Nachmittagssonne schien auf die herabgelasienen Vorhänge vor den Fenstern und brachte jenes sonnige Dämmerlicht im Zimmer hervor, das so leicht die Sinne gefangen nimmt. Rose richtete sich auf; sie mußte lange geschlafen haben. Den Kopf in die Hand gestützt, blieb sie sitzen, in tiefes Sinnen ver loren. Allmählig tauchten nun all die entsetzlichen Begebnisse der jüngsten Vergangenheit vor ihrer Seele wieder auf. Sie hatte in Tante Edith alles verloren. Sie war zum zweiten Mal verwaist. Doch nein, ein Herz hatte ihr Gott gelassen, ein Herz, an dem sie all' ihr Leid ausweinen durfte,