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MMufferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, O» Tag. blatt» erschUn« «SgNch nachm. 8 Uhr fhr den falzende» Taz. vqnzeprei«: Bel Abholung in die GefchSftrftcSc und den Auegadeftkllen 2 MH. im Monat, bei Zustellung durch die Bote» r,z» MH., bet Poftbestrllun, ^V LMunMen Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Mien^L^ HEger NN» »efchSftoftellcn ——— — nehmen zu jeder Zeit Be» pullunger entgeae». Im Falle hl!derer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebest!,rangen besteht Hein Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung de» Bezugspreise». — Rücksendung eingcsandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gefpaltene Aanmzeile 20 Goldpfennig, die 2gespalteneZeile der amtlichen Bekanntmachungen^ Gold- Pfennig, die 3 gefpalteneAeklamezeüe im textlichen Teile IVO Goldpfennig. Nachweisungsgedühr 20 Goldpfennige. Dor- Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 annahmedisoorm.lvuhr Für dir Richtigkeit »er durch Fernruf übermittelten Antigen übernehmen wir Heine Garantie. Ieder Radaltanspruch erlischt, wenn dcrBetrag durch Klage eingezogcn werden must oder der Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Noffea Nr. 6. — 84 Jahrgang Tci gr-Ndr: »Amtsblatt« Wilsdruff s Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonntag, den 11 Januar1925 Mimst Mm Metteri. Ir. Listhcr mi der Wett. Die Beule. Ein girt unterrichtetes französisches Finanzblatt bringr eine Mitteilung darüber, wie die Beute verteilt werden soll, die von den Einbruchsmächten im R uh r g e b i et ge macht worden ist. Bei der Verteilung soll außer deu beiden Einbruchsmächten Frankreich und Belgien nur noch Italien berücksichtigt werden, England natürlich nicht. Man stellt sich also auf den Standpunkt, daß England die Besetzung des Ruhrgebiets als rechts widrig erklärt und demnach auch an der Beute nicht teilzu nehmen hat. Frankreich soll nun 318 Millionen Goldmark, Belgien 114 und Italien rund 50 Millionen erhalten. Man hat nämlich insgesamt während der 20 monatlichen Be setzung an Kohlensteuer 129 Millionen, an Zöllen 163 Millionen, an Lizenzbewilligungen 101 Millionen, aus den Eisenbahnen 67 Millionen erzielt. Aus den staatlichen Forsten hat man für 27 Millionen Holz verkauft und die Paßgelder brachten 3 Millionen ein. Den 490 Millionen Einnahmen stehen aber Ausgaben von 184 Millionen gegenüber, so daß in den 20 Monaten der Besetzung rund 300 Millionen Überschuß erzielt worden ist. Allein an militärischen Ausgaben hat Frankreich 95 Millionen, Belgien l9 Millionen aufbringen müssen. Der übelste Posten der Einnahmen ist jener der Beschlagnahmen, Geldstrafen und Requisitionen: Frankreich hat hierfür 40 Millionen. Belgien 5,5 Millionen geraubt. Der Überschuß ist also all's andere als über wältigend, vor allem müßte eine Gegenrechnung aufgestellt werden, was alles an wirtschaftlichen Werten durch den Einbruch in das Ruhrgebiet tatsächlich vernichtet und wie sehr außerdem die Produktion selbst gehemmt worden ist, nicht bloß in Gestalt der Besetzung, sondern weit darüber hinaus. Diese Verluste der deutschen Volkswirtschaft gehen natürlich in die Milliarden, lassen sich vielleicht zahlenmäßig auch gar nicht feststellen. Ein ganz kleines Beispiel dafür hat die deutsche Negierung in einem Gut achten gegeben, das sie beim Eintreffen der Sachver ständigenkommissionen in Berlin diesen überreicht hat. Leider hat diese Tabelle, die die wirtschaftliche Schädigung der deutschen Reichsbahn durch die Ruhrbesetzung vom Januar bis zum Oktober 1923 nachweist, den einen schweren Nachteil, daß die finanziellen Ausfälle in Papiermark angegeben sind, man sich also von dem wirk lichen Goldwert nur schwer eine umrechnende Vorstellung machen kann. Der Einnahmeansfall beträgt prozentual für den Güterverkehr ansteigend von 11,37 bis zu 54,22 B der Gütertonnenlilometer gegenüber den Lei stungen des Jahres 1922, d. h. der Güterverkehr war im Oktober schon auf unter die Hälfte der Leistungen des Vor jahres zusammengeschrumpft. Entsprechend waren natur gemäß auch die Einahmen aus dem Güterverkehr auf 45 der Vorjahreseinnahmen zurückgegangen. Ebenso ist es mit dem Sinken der Einnahmen aus dem Personen verkehr. Diese sind sogar noch mehr gefallen, nämlich bis auf rund 42 der Leistungen des Vorjahres. Dabei ist nun im Auge zu behalten, daß in diesen Zahlen nicht nur ein Einnahmeausfall tatsächlicher Art steckt, sondern, daß bei Nichteintreteu der Ruhrbesetzung die Einnahmen gegenüber dem Vorjahr sich aus steigender Kurve bewegt hätten, der tatsächliche Verlust also ein noch weit größerer ist. Auch die Neichspo st Verwaltung beziffert ihre Einnahmeausfälle infolge des Nuhreinbruchs auf 16,5 Millionen Goldmark und außerdem auch noch die be sonderen Ausgaben, die ihr durch den Ruhreinbruch er wachsen sind, mit über 9 Millionen Goldmark, so daß ein tatsächlicher Verlust von über 25 Millionen Goldmark allein für die Post eingetreten ist. Auch die Entwicklung Deutsch lands vom Kohlenaussuhr- zum Kohleneinfuhr, land spricht eine deutliche Sprache, wobei noch die Ne varationskohle außer Anschlag bleibt. Im März 1923 hat bas unbesetzte Deutschland schon 214 Millionen Tonnen Kohlen importieren müssen, was genau dem Monats durchschnitt der deutschen Kohlenausfuhr im Jahre 1913 entspricht. Diese Kohleneinsuhr stieg dann aber im Juni 1923 auf über 3 Millionen Tonnen. Waren doch nicht weniger als 76 der uns verbliebenen Steinkohlen- vroduktion durch den Nuhreinbruch der deutschen Ver fügung entzogen worden. Es kann hier, wie gesagt, nur andeutend gesprochen werden, und jenen direkten Verlusten entspricht doch immer und überall auch derVerlust der Arbeitskraft. Die wirtschaftlichen Schädigungen des Nuhreinbruchs mit seinem zerstörenden Einfluß aus die gesamte deutsche Wirtschaft gehen deswegen auch aus der rasend hoch- . schnellenden Zahl der Arbeitslosen im Jahre 1!23 hervor. Hatten wir im unbesetzten Gebiet noch am 1. August 1923 nur 139 000 Vollerwerbslose, so stieg diese Zahl bis zum 1. Dezember auf über das Zehnfache; zu diesen 1,4 Millionen Erwerbsloser kamen aber nun noch außerdem die 2 Millionen Erwerbslose im besetzten Gebiet. Gleich zeitig bezogen am 1. Dezember im unbesetzten Gebiet über 1,8 Millionen Personen Kurzarbeiterunterstützung, im be setzten Gebiet nahezu 800 000 Personen, so daß Ende 1923 fast die Hälfte der nichtlandwirtschaftlichen Bevölkerung Deutschlands im vollen Umfange oder teilweise erwerbs los und von der öffentlichen Unterstützung abhängig ge worden war. Die 300 Millionen, die nun die Beure aus dem Nuhreinbruch darstellen, sind alo mit unendlichem wirr- ven Austras ruriickrgegeben. Berlin, 10. Januar. Kurz nach 6 Uhr abends be gab sich Reichskanzler Dr. Marx zum Reichspräsidenten, nm endgültig -en Auftrag zur Kabinettsbildung zurückzugeben. Die Parteiführer wieder beim Reichs- prüsidenten. Berlin, 10. Januar. Der Reichspräsident empfing im Lause des gestrigen Abends den Außenminister Dr. Stresemann, sowie den deutschnationalen Reichstagsabgeordneten Schiele, am späten Abend noch den Reichsfinanzminister Dr. Luther. Rullrsg an vr. Luther. Berlin, 10. Januar. Nach dem Verzichte des Reichs kanzlers Marx aus die Neubildung des Kabinetts hat der Reichspräsident im Laufe des gestrigen Abends zunächst den Außenminister Dr. Stresemann zu einer Besprechung gebeten. Diese diente ausschließlich der Erörterung der politischen Lage, hatte aber nicht den Zweck einer erneuten Betrauung des Außen ministers mit der Regierungsbildung. Im Laufe dieser Be sprechung hat Dr. Stresemann dem Reichspräsidenten dL» Rat erteilt, die Kabinettsbildung dem Finanzminister Dr. Luther zu übertragen. Der Reichspräsident hat jedoch diesen Nat zu nächst nicht befolgt, sondern erst noch die Reichstagsabgeordneten Hermann Schiele und Hermann Müller als die Vertreter der beiden stärksten Fraktionen des Reichstages empfangen. In den Besprechungen mit diesen beiden Führern der Deulschnationalen und der Sozialdemokraten hat sich der Reichspräsident offenbar davon überzeugt, daß die Bildung der Mehrheitsregierung auf parlamentarischer Basis zur Zeit nicht möglich ist. Infolgedessen hat auch keiner der beiden Fraktionsführer den Auftrag zu einer Regierungsneubildung angenommen. Nunmehr erst hat der Reichspräsident, dem Rat Dr. Stresemanns folgend, den Reichs finanzminister Dr. Luther zu sich berufen. Diese Unterredung hat heute noch nicht zu einer Betrauung des Finanzministers mit der Kabinettsbildung geführt, wohl aber sieht man sie in unter richteten politischen Kreisen als die Vorstufe für die Uebernahme der Kabinettsbildung durch Dr. Luther an. Voraussichtlich wird die Entscheidung darüber im Laufe des Sonnabendvormittags fallen. Sollte Dr. Luther die Kabinettsbildung endgültig über nehmen, wie es vor allem einem lebhaften Wunsch aller rechts stehenden politischen Gruppen entspricht, so würde er seine Auf gabe wahrscheinlich darin erblicken, ein Kabinett der bürgerlichen Parteien zustande zu bringen. schafincyen Jammer und Elend, mit in die Milliarden gehenden Verlusten erpreßt worden. Man hat den Ein bruch vollzogen, weil Deutschland angeblich seine Lei stungen nicht voll erfüllt habe. Um ein paar tausend Tonnen Kohlen, um ein paar lausend angeblich nichtge lieferter Telegraphenstangen willen ist dies alles geschehen. Nicht 300 Millionen, sondern fast 2 Milliarden aber hätten die Einbruchsmächte von Deutschland erhalten, wenn der Einbruch nicht stattgefunden hätte. Stresemann im Auswärtigen Ausschuß. Berlin, 9. Januar. Im Auswärtigen Ausschuß des Reichstages bildeten die allgemeine außenpolitische Situation sowie die damit zusammenhängenden handelspolitischen Fragen den Gegenstand der Diskussion. Nach wenigen einleitenden Worten des soeben zum Vorsitzenden des Ausschusses ge wählten Abg. Hergt (Tnat.) gab der Minister des Aus wärtigen Dr. Stresemann eine ausführliche Dar stellung der politischen und handelspolitischen Lage und erläuterte im Zusammenhang damit die Räumungs- sragedes 10. Ja.»ar. Die Ausführungen des Ministers waren vertraulicher Natur. In den Vordergrund seiner Betrachtung rückte der Minister die Tatsache, daß die an geblichen deutschen Verfehlungen in der Entwafsnungs- frage von den Alliierten nur angedeutet seien, ohne sie im einzelnen anzugeben. Er betonte ferner das große Miß verhältnis, das zwischen der angeblichen Nichterfüllung von Einzelheiten in der Entwassnungssrage und der daraus seitens der Entente qezogenen außerordentlich harten Folgerung der Nicyrraumung der Kölner Zone zu konsta tieren fei. Angesichts der unzweifelhaften Tatsache der burchgesührten Entwaffnung Deutschlands entspräche solche Handlungsweise keiner objektiven und loyalen Aus legung des Artikels 429 des Versailler Vertrages. In der Aussprache, die dann folgte, wurde u. a. vom Grafen Westarp (Tnat.) die deutsche Antwortnote vom 6. Januar kritisiert, die den glatten Vertragsbruch der Ententemächte gegenüber Deutschland nicht klipp und klar als flagrante Verletzung der Bestimmungen des Versailler Vertrages bezeichnet hätte. Vie Volkspartei gegen ein Uebergangskabinett. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin, 10. Januar. Von zuständiger Stelle wird der TU über den endgültigen Verzicht des Reichskanzlers Marx folgendes mitgeteilt: Feststellungen bei der Reichstagsfraktion der Deutschen Volkspartei haben ergeben, daß sie sowohl gegen ein aus Zentrum und Demokraten gebildetes Kabinett, wie auch gegen das durch Staatssekretäre ergänzte bisherige Kabinett in schärfste Opposition treten würde. Da Reichskanzlers Dr. Marx unter diesen Umständen die Möglichkeit einer Regierungs bildung durch ihn nicht mehr gegeben sah, hat er den ihm er teilten Auftrag dem Reichspräsidenten zurückgegeben. Zur Aufwertung der Neichsanleihen Eigener Fcrnsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin, 10. Januar. In der gestern im Reichsfinanz- ministerium abgehaltenen Sitzung der Vertreter der gesamten deutschen Bankwelt sowie der Sparkaffenstellen wurden die tech nischen Fragen einer Unterscheidung zwischen alten und neuen Besitz der Reichsanleihe im Falle einer Auswertung erörtert. - Gegen die Durchführbarkeit der Unterscheidung wurden über- > wiegend erhebliche Bedenken geäußert. Es wurde zur besseren ! Prüfung der Frage, insbesondere ihrer technischen Einzelheiten, ein Ausschuß von Bankvertretern eingesetzt, der sich dem Reichs- sinanzministerium für die weiteren Erörterungen zur Verfügung stellen wird. r Wieder ein französisches Schandurteil. Eigener Fernfprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Paris, 10. Januar. Das Kriegsgericht in Lille hat die deutschen Generale von Hemrick, von Grävenitz, von Zöllner und von Tessin in Abwesenheit wegen angeblicher Mißhandlung von Kriegsgefangenen zu je 2 Jahren Gefängnis verurteilt. Los Angeles über Neuyork. Eigener Fernfprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Neuyork, 10. Januar. Gestern mittag erschien Los Angeles auf einem Probeslug über Neuyork und ging, das Ee- schäftsviertel überfliegend, tief herunter. Die Leute waren be geistert. Die Menge wuchs so an, daß Verkehrsschwierigkeiten ein'.raten. Sirenen ertönten zur Begrüßung. Kein HanbeWrovisonum mit Frankreich. Beschluß des Neichskabinetts. Das Rcichskabinett kam auf Grund des Berichts von Staatssekretär Trendelenburg, der in Paris die Handelsvertragsverhandlungen mit Frankreich leitet, zu dem Beschluß, daß der von Frankreich vorgeschlagene pro- visorische Handelsvertragsentwurf nicht angenomen werden kann. Staatssekretär Trendelenburg hat sich alsbald nach Paris zurückbegeben. Die Verhandlungen gehen unter seiner Leitung weiter. Wenn auch die Verhandlungen ihren Fortgang nehmen, so ist doch durch den Beschluß des Neichskabinetts die Tatsache gegeben, daß vom 11. Januar ab gegenüber Frankreich in handelspolitischer Beziehung der vertragslose Zu st and eintritt und von deutscher Seite aus, ebenso wie es von französischer Seite bisher der Fall war, der autonome Zolltarif ange wandt wird und alle Sondervergünstigungen fortfallen. In Paris erklärte der französische Handclsminister Ray na l d y, zwischen Deutschland und Italien sei ein Ab kommen auf der Basis der Gleichberechtigung zu stande gekommen. Frankreich könne nicht wie Italien anderen Ländern Meistbegünstigung zugestehen, weil es nach dem französischen Gesetz nicht zulässig wäre und eine derartige Regelung binnen wenigen Monaten eine furcht bare Arbeitslosenlrise für Frankreich berbeifübren würde. Oie Barmai-Lawine. Der Skandal in Sensationsfortsetzungen. Berlin, 9. Januar. Wie eine Lawine reißt der Barmat-Skandal immer neue Opfer in die Liefe. Die unbarmherzige Staatsanwaltschaft, die sich einmal selbst als die objektivste Behörde des Staates bezeichnet hat, „erfaßt" nicht nur gewöhnliches Volk, sondern auch Hoch- und Höherstehende. Dunlle Geri'chie schwirren durch die Lust, und man weiß nicht, was noch werden kann. Ter der Zentrums- Partei angchörende Neichspostminister Tr. Hoefle be- streiiet allerdings die Nichtigkeit der Nachricht, daß er sein Mandat nicdergelegt habe und aus dem Reichskabiuctt auZzuscheiden gedenke. aber etwas stimmt da sicker nickt.