Volltext Seite (XML)
Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Das »Wilsdruffer Tageblatt" erlcheml an allen Werktagen nachmittags 4 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RW. frei Haus, bei Postdestellung 1.80 AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern io Rpsg. Alle Poftanstalten und Post- Koten, unsere Austräger u. ., ... .. Geschäftsstelle, nehmen zu lederzeil Bestellungen -nl- W0ll)eN0Mt1 sUI WllsdrUN U. UMgegeNd gegen. Im Falle höherer Ganxilt, Krieg od. sonstiger Betriebsstörungen besteht koi» Anspruch aus Lieierung der Zeitung oder Kürzung Les Bezugspreises, «üchsendung eingesandter Schriststüche erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks Anzeigenpreise laut ausliegrndcm Tarif Nr. 4. — Nachweisungs-Gebühr: 2l> Rpsg. — Dorgeschriebrnr Erscheinungstagc und Platzvorschristen werden' nach Möglichkeit berücksichtigt. Anzeigen . Annahme bis oormiltags lü Uhr. - Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermi!» F L r wf p r e ch k k : Nini Wilsdruff Nr. 6 leiten Anzeigen überneh« men wir keine Gewähr. — Jeder Radatianspruch erlischt, wenn der Betrag dunch Klage eingezogen werden muh ober der Auftraggeber in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist dos zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Stadt rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 272 — 93. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Tageblatt" Postscheck: Dresden 2640 Wilsdrufs-Dre«^ Donnerstag, den 22. November 1934 Saarfragen in Genf. Die Sondertagung des Völkerbunds- tates ist verlegt worden, wahrscheinlich aus Anfang der nächsten Woche, weil die Verhandlungen des Saar ausschusses, der unter Leitung Aloisis in Rom tagt, noch zu keinem Abschluß gelangt sind, der dem Rar vor gelegt werden könnte. Es muß von deutscher Seite be tont werden, daß weder der römische Ausschuß noch der Rat in Genf sich mit der rein politischen Frage der Zugehörigkeit des Saargcbietes zu befassen hat, sondern daß diese Frage lediglich der Entscheidung der Saar- vevölkerung, die keinem Zweifel mehr unterliegen kann, Zusteht. Lediglich für formale Angelegenheiten, die für die bevorstehende Rückgliederung ins Reich vorsorglich rn ^rage kommen können, sind Ausschuß und Rat zu- stä^chig. Jede andere Entscheidung müßte als unzulässig ^on Deutschland zurückgewiesen werden, weil sie die Frei heit der Saarabstimmnng beeinträchtigen würde. Ferner wird sich der Rat zu befassen haben mit den Hintergründen der Marseiller Bluttai. Hier wäre es gut, wenn zunächst nicht die große Politik allzu sehr in den Vordergrund geschoben, sondern zunächst ein mal festgestelli würde, ob alle in Betracht kommenden Polizeistellen in gegenseitigem Zusammenarbeiten ihre bolle Pflicht getan haben, und wie die internationale Organisation zur Bekämpfung solcher politischen Ver brechen weiter ausgebanr werden kann, um ihre Wieder holung zu verhindern. Die Verknüpfung der Schuldfrage mit außenpolitischen Machtfragen etwa des einen oder anderen Staates könnte bei der heutigen ge spannten Weltlage nur neuen Zündstoff anhäufen. Von allen Seiten bemüht man sich daher, mäßigend auf Süd- slawien, das den Schritt in Gens eingeleitet hat, zu wirken. Man fürchtet in Genf eine breite Ausrottung der südslawischen Beschwerdepunkte, da auch Ung a r n etwas gegen Südslawien vorzubringen hat und im Verlauf der Aussprache vielleicht auch das südslawisch-italie nische Verhältnis in die Debatte gezogen werden könnte, Was wiederum Frankreich auf den Plan rufen müßte. Wenn der Rat rein sachlich die Vorgänge und Ursachen der grauenvollen Mordtat prüft und Vorschläge zur Ver minderung ähnlicher Vorkommnisse macht, so kann er nütz lich wirken. Er wird aber in einer gespannten Atmosphäre arbeiten und hoffentlich die Kräfte und den guten Willen haben, die Diskussion nicht in gefährliche politische Regionen abirren zu lassen. Auch das Präsidium der Abrüstungs- konferenz unter Vorsitz Hendersons hat in Gens seine Arbeiten wiederaufgenommen. Henderson versucht tum hundertsten Male, diesen Leichnam zu galvanisieren. Aber die Zuckungen, die, durch künstliche Belebungsver suche angcstcllt, dieser Konferenzkadaver immer noch zeigt, Machen, nachdem sie zunächst nur lächerlich gewirkt haben, nachgerade einen grauenerregenden Eindruck. Tchon heute gilt es allgemein als feststehend, daß die Tagung des Präsidiums der Abrüstungskonferenz im wesentlichen doch wieder den Charakter einer Ver schiebung der Konferenz tragen wird. So gilt es als sicher, daß die Kommission, die sich von neuem mit einem Teil der Abrüstungssragen befassen soll, nicht vor Januar oder Februar nächsten Jahres zusammentreten wird, da man offenbar die Volksabstimmung im Saar- Seb i e t erst abwarten will. * 532 VV0 Abstimmungsberechtigte an der Saar Die Abstimmungskommission für das Saargebiet hat dem Völkerbundssckrctariat einen ausführlichen Bericht über ihre Tätigkeit im September und Oktober zugehen lassen. Darin wird u. a. mitgeteilt, daß die Gesamtzahl der in die Wählerlisten eingetragenen Personen am Stich tag des 26. September 532 740 betrug, von denen 55 794 außerhalb des Gebietes wohnen. Eingehend und mit deutlicher Kritik erörtert der Be richt die Masseneinsprüche, die von den beiden separatisti schen Organisationen „Einheitsfront" und „Arbeits gemeinschaft" gegen die Eintragungen in die Wählerliste erhoben worden sind. Außerdem wird erklärt, die Ab stimmungskommission habe bei verschiedenen Gelegenhei len feststellen können, daß die örtlichen Behörden in ihrer Mehrzahl offenkundige Sympathien für die Deutsche Front hätten, daß ihre Arbeit in technischer Hinsicht aber nichts destoweniger korrekt und gewissenhaft gewesen sei. Es müsse auch festgestellt werden, daß dort, wo mehrfache Ein tragungen derselben Personen vorgekommen seien, diese Personen selbst in vielen Fällen die Berichtigung der Listen verlangt hätten. Hinsichtlich des Ganges des Abstimmungsfeldzuges wird u. a. erwähnt, daß wiederholt der Wunsch an die Abstimmungskommission herangebracht worden sei, das Recht znm öffentlichen Anstreten in Wahlversammlungen auf die Abstimmungsberechtigten zu beschränken. Die Ab- stünmungskommission habe nicht geglaubt, diesem Wunsch L«l »iS tim SS- M MWM. Beratungen zwischen Laval, Litwinow und Eden in Genf. Die Tagung des Völkerbundes in Genf hat Ver handlungen ergeben, die im ursprünglichen Programm nicht vorgesehen waren und die mit der ursprünglichen Tagesordnung der Vorbereitung der Saarabstimmnng und dem Konflikt im Gran Chaco nichts mehr zu tun haben. Der französische Außenminister Laval, der sich hauptsächlich mit dem Versuch beschäftigt hat, Süd slawien, die Kleine Entente und den Balkanbund von einem scharfen Vorstoß gegen Ungarn und vielleicht sogar gegen Italien zurückzuhalten, hat den Mittwoch mit Ver handlungen zugebracht, in deren Mittelpunkt der russische Volkskommissar Litwinow stand. Laval hat schon vor einigen Tagen in Paris den dortigen sowjetrussischen Botschafter Rosenberg emp fangen und mit ihm über die Genfer Verhandlungen ge sprochen. Am Mittwoch hat Laval nach einer Unter redung mit dem türkischen Außenminister mit Li.twi- now eine lange Unterredung gehabt, der ein gemeiusames Frühstück von Laval, Litwinow und dem englischen Sonderbeauftragten Eden folgte. Zu den Verhandlungen war ein Teil der Mit glieder der großen sowjetrufstschen Abordnung hinzu gezogen. Am Nachmittag suchte, was bisher in Genf sich noch niemals ereignet hat, der englische Sonderbauftragte Eden Litwinow in seinem Hotel auf. Daraus ging Litwinow wieder zur Fortsetzung der Verhandlungen zu Laval. Man behauptet in diplomatischen Kreisen, die über die Absichten Lavals gut unterrichtet sind, daß der französische Außenminister die Fortsetzung der Verhandlungen Barthous mit Litwinow betreibe und den Plan eines Südostpaktes und eines Ostpaktcs in den Mittelpunkt seiner Außenpolitik stellen wolle. Man habe die Kleine Entente gezwungen, in ihrer Aktion wegen des Attentats von Marseille mög lichst vorsichtig zu sein und die Behandlung der süd slawischen Denkschrift, die dieser Tage veröffentlicht werden wird, auf Januar zu vertagen. Dafür müsse man der Kleinen Entente eine Gegenleistung bieten, die in der Förderung des Südost Pakt es unter fran- zösischemProtektorat und demgemäß auch in der Fortsetzung der Verhandlungen über den Ostpakt besteht. Man könne vom Standpunkt der Kleinen Entente aus sagen, daß diese Verhandlungen eine gewisse Sicherheit gegen Ungarn bieten. Außerdem werde Italien von solchen Verhandlungen Frankreichs im Osten und Südosten viel weniger berührt, als von dem südslawischen Vorstoß in Genf. Laval will angeblich nach dem Abschluß der Besprechungen mit Litwinow wieder nach Paris fahren. Man hört nicht nur in französischen, sondern auch in anderen diplomatischen Kreisen, daß in Paris eine französische Note vielleicht zugleich mit einer russischen Note an Polen vorbereitet werden soll. In dieser Note soll Polen um eine end gültige Entscheidung über den Beitritt zum sogenannten Ostpakt befragt werden. Es haben bereits Verhand lungen Frankreichs mit Litauen und mit der Tschechoslowakei über die Bedenken statt- gesunden, die Polen gegenüber diesen Ländern wegen der Streitfragen bei den bisherigen Erörterungen über den Ostpakt erhoben hat. Der polnische Außenminister Beck ist zu den Genfer Perhandlungen nicht erschienen und konnte infolgedessen auch in die Besprechungen zwischen Laval und Litwinow nicht einbezogen iverden, so daß Polen noch freie Hand zur Entscheidung hat. enriprecyen zu rönnen, schon aus dem formalen Grund, da nach den Bestimmungen der Abstimmungsordnung die Abstimmungsberechtigung jedes einzelnen erst am 17. De zember endgültig feststehe. Auch habe die Kommission die Tatsache berücksichtigen wollen, daß eine derartige Be schränkung die Redefreiheit zahlreicher Personen beein trächtigen würde, die zwar nicht abstimntten, aber doch sehr wichtige Interessen an der Zukunft des Saargebietes hätten. In einem Ergänzungsbericht wird die bereits be kannte Aufstellung über die zahlenmäßige Bedeutung und die Art der Erledigung der Einsprüche gegen die Ab stimmungslisten mitgeteilt. Es geht darauf insbesondere hervor, daß von den über 46 000 Einsprüchen gegen die Eintragung von Stimmberechtigten nur 7200 begründet waren. * Genfer Trauerkundgebung für -ie Opfer von Marseille. Aussprache über die südslawische Denkschrift erst im Januar. Die Vollversammlung des Völker bundes, der zu einer außerordentlichen Tagung in Genf zusammengetreten ist, begann ihre Verhandlungen mit einer Traüerf-ier für König Alexander von Südslawien und Barthou. Für die Sitzung des Völkerbundes waren Sicherheitsmaßnahmen getroffen, wie sie bisher nicht üblich waren, überall waren Detektive verteilt. Die schweizerischen Behörden hatten von Drohbriefen Kenntnis erhalten, in denen von Ätten- tatsabsichten die Rede ist. Die Sorge war besonders groß geworden, nachdem man angeblich in Nizza einen gewissen Kisch fcstgenommen hatte, dem man angeblich die Absicht eines Attentats auf den tschechoslowakischen Außenminister nachweisen konnte. Im Zeichen dieser allgemeinen Sorgen beschränkte man sich bei der Trauerkundgebung des Völkerbundes auf eine Ansprache des tschechoslowakischen Außen ministers und Ratspräsidenten Benesch, der den König Alexander und Barthou als Freunde des Friedens und des Völkerbundes verherrlichte. Es antwortete der süd slawische Außenminister Jeftitsch. Er sprach von einem organisierten Verbrechen, dem König Alexander und Barthou zum Opfer gefallen seien. Die Besprechungen, die über die südslawische AktiongegenUngarn stattgefunden haben, endeten mit dem Übereinkommen, daß Südslawien zwar noch während der jetzigen Ratstagung seine Denkschrift gegen Ungarn überreichen, daß die Behandlung der Denkschrift aber erst im Januar erfolgen soll. Der Führer zu kurzem Besuche in Dresden. Rcichswchrministcr Generaloberst von Blomberg weilt bekanntlich seit einigen Wochen in Dresden in einem Sanatorium zur Kur. Der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler stattete ihm am Mittwoch, von München kom mend, im Sanatorium einen Besuch ab. Österreich fordert Gleichberechtigung. Im Laufe der Tagung des Präsidiums der Ab- rüstungskonferenz gab der Vertreter Österreichs, Baron Pflügt, die Erklärung ab, keinem Abrüstungsabkommcn zustimmen zu können, ehe nicht auch Österreich die Gleich berechtigung wenigstens hinsichtlich der Verteidigungs- Waffen erhalten habe. Ein Marsch aus Washington? Angebliche Putschplänc in den Vereinigten Staaten Die „Evening Post" in Newyork hat Berichte übel einen angeblichen Putschplan veröffentlicht, die ungeheures Aufsehen erregten. Nach den Enthüllungen des genannten Blattes handelt cs sich um nicht mehr und nicht weniger als einen Militärputsch, der zur Errichtung einer Diktatur in Washington führen sollte. Dar nach soll der Mitinhaber einer bekannten Newyorker Maklerfirma, Gerald MacGuire, im Auftrag einiger rei cher Wallstreetbankiers an den früheren Oberbefehlshaber des Marinekorps, General Bnttlcr, herangetreten sein und versucht haben, den General zur Ucbernahme der Lei tung des Putsches zu veranlassen. Buttler sollte nach dem Plan mit einem Heer von Kricgsvcterancn nach Washing ton marschieren, die Negierung znm Rücktritt zwinge» und eine faschistische Militärdiktatur errichten. General Buttler hat, da er die Pläne ablehnte, sofort die zuständigen Behörden verständigt. Die Untersuchungs kommission des Senats ist darauf bereits am Mittwoch zusammengetrctcn und hat sich eingehend mit der Ange legenheit beschäftigt. General Buttler hat in zweistündigen Ausführungen über den Putschplan berichtet und dabei u. a. erklärt, daß man ihm drei Millionen Dol lar versprochen habe, falls er den Marsch auf Washington durchführen würde. Ter stellvertretende Vor sitzende der Untersuchungskommission, Dickstein, kündigte an, daß in den weiteren Verhandlungen noch viel bekannte Namen als der Buttlers im Zusammenhang mit dem Putsch genannt werden würden. Gerald MacGuire be streitet im übrigen auf das energischste, an Buttler mit dem genannten Vorschlag MangetxeLn zu sein./