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Jährlich 1« Hefte (einschließlich 4 Spexialnummem). Abonnementspreis pro Halbjahr (inkl, der Beiblätter): für Deutschland u. Österreich-Ungarn Jt 8,—, für alle übrigen Länder: a) bei direktem Bezug unter Streifband Jl 10,50 (inkl, Porto), b) bei Bezug durch die Buchhandlungen oder Postämter 9,—. inaertlonspreise : ■/, 8.U. ■* 180,—, «f, Seit« M eo _ */, Seit« u» 40,—, */ t Seite Jf so — »/, Seite Jt 18,—, >/„ Seite u» u ‘lu Seite Jl 9,—, Seite Jl 4’50. Bei Jahresaufträgen (16 Einschaltungen) 25 °/ 0 Rabatt. Illustriertes Fachjournal Jur öie Voll-, jjaumwoll-, Seiden-, feinen-, IJanf- und Jute~3ndustrie sowie Jür den Textil-JVtaschinenbau; Spinnerei, Weberei, Wirkerei, Stickerei, Färberei, Druckerei, Bleicherei und Appretur. Redaktion, Expedition u. Verlag: Fernsprech-Anschluß: No. 105$. Ecke Johannis-Allee. Herausgegeben von Theodor Martins Textilverlag in Leipzig. Textilschrift Leipzig. Organ der Organ der Sächsischen Textil-Berufsgenossenschaft. Norddeutschen Textil-Berufsgenossenschaft Organ der Vereinigung Sächsischer Spinnerei-Besitzer. .V ». XXIX. Jahrgang. Nachdruck, soweit nicht untersagt, ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Leipzig, 15. September 1914. Adresse für sämtliche Zuschriften und Geldsendungen: Leipziger Monatschrift für TextiHndnstrie, Leipzig, Brominestr. 9. Der Krieg und die Industrie. Zu dem vielen Wunderbaren, was inmitten des über Deutsch land hereingebrochenen Kriegssturmes vor erstaunenden Augen offenbar geworden ist, gehört das Erlöschen aller zwieträchtigen Gesinnungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Daß das über das Vaterland heraufziehende Verhängnis das gesamte deutsche Volk in beispielloser Einmütigkeit zu todesmutigem Widerstande herausfordern würde, konnte zwar erhofft, im voraus mit Sicherheit aber nicht angenommen werden. Um so herr licher und erhebender war die Bekundung hinreißender Begeisterung, mit der jung und alt, alle Berufsstände und Volksklassen sich zu den Fahnen drängten, als die Sturm glocken den Ausbruch des vaterländischen Krieges in die Lande hinausriefen. Vor der überwältigenden Größe dieses Zeitmoments mußten die Geister des uns bis dahin in allen Gliedern steckenden Parteihaders und schärfsten Klassenkampfes wie scheue Diebe aus unserem Gesichtskreise entfliehen. Das Bewußtsein ge meinsamer Gefahr und die Notwendigkeit einträchtigen Zusammen stehens haben aber nicht nur das deutsche Millionenheer zu einer wunderbar geschlossenen Einheit zusammen wachsen lassen, der lebendig gewordene Volksgeist durchdringt mit seinen Ausstrah lungen auch die inneren wirtschaftlichen Verhältnisse. Was die eindringlichsten Reden der Friedensapostel nimmer zu bewirken vermochten, haben die ehernen Kriegsfanfaren zur Wirklichkeit gebracht: die Versöhnlichkeit in den Beziehungen zwischen A i bei tgebern und A rbeitnehmern. Das gewerbliche Leben treibt zurzeit in einem Strudel von Krisen dahin. Nur die zur Befriedigung der Kriegsbedürfnisse in Anspruch genommenen Industrien sind mit Arbeitsaufträgen leid lich versehen, alle anderen Industriezweige dagegen wären heilfroh, wenn sie die unvermeidlichen volkswirtschaftlichen Erschütterungen des Wirtschaftsorganismus überwinden könnten, ohne von Pro duktionsstörungen, Absatzstockungen und Geldkrisen umgeworfen zu werden. Von den Arbeitern anderseits ist gleichfalls ein sehr großer Teil notleidend geworden; die Erwerbsgelegenheiten sind bedenklich eingeschrumpft, weil Handel und Gewerbe, soweit sie fortarbeiten, nicht annähernd der ungeheuren Masse arbeitslos Ge wordener Unterschlupf zu bieten vermögen. In solchen Bedräng nissen auf beiden Seiten verblassen Konfliktsstimmungen ohnehin es ist aber anzuerkennen, daß die Arbeiterorganisationen außer dem erklärt haben, daß sie während der Kriegszeit die stets vor handenen Streikgelüste gänzlich abtun wollen. Unternehmerorganisationen gehen vielfach noch einen Schritt weiter. Sie wollen nicht nur den Frieden aufrechterhalten, sondern auch „mit voller Vorurteilslosigkeit und unter Zurück setzung aller Differenzen, die in Friedenszeiten zwischen den ein zelnen Berufsständen .des Volkes bestanden“, durch positive Maß nahmen dazu beitragen, daß die schweren Zeiten leichter sich über stehen lassen. Die Arbeitgeberverbände betrachten es als eine ihrer dringendsten Aufgaben, einen Ausgleich zwischen dem An gebot und der Nachfrage von Arbeitskräften herbeizuführen, zu nächst in der Landwirtschaft und in den Rüstungsindustrien und darüber hinaus dauernd in der gesamten Industrie. Für diese Tätigkeit kommen besonders die Arbeitgebernachweise in Be tracht, die mit der „Reichszentrale für Arbeitsnachweise“ Hand in Hand gehen. Der „Kriegsausschuß für die Industrie“ ferner, den der Zentral verband Deutscher Industrieller und der Bund der In dustriellen gemeinsam ins Leben gerufen haben, soll die staatlichen Aufträge nach Möglichkeit in weitem Kreise verteilen und auch sonst die aus der Mobilmachung erwachsenden Pflichten im Rahmen des Arbeitsverhältnisses fürsorgend und ordnend erfüllen. Das kann natürlich nur geschehen, wenn die einzelnen Arbeitgeber verbände den Mahnungen zur sozialen Betätigung Folge leisten. Hieran fehlt es aber nicht; einzelne Abweichungen dürfen den all gemeinen Eindruck opferwilliger Gesinnung nicht verwischen. So wird den einberufenen Angestellten und Arbeitern vielfach der Lohn wenigstens teilweise fortgezahlt oder den zurückgelasseneh Familien werden Unterstützungen gewährt. Daneben wird die Unterstützung bedrängter Firmen oder Betriebe nicht verabsäumt, schon um die Fortführung der Arbeiten im Interesse der Arbeiter schaft zu ermöglichen. Die Arbeitgeberverbände haben ihren ur sprünglichen Charakter als Kampforganisationen gegenwärtig ab gestreift und wirken für den sozialen Frieden, dessen Aufrich tung eine herrliche Morgengabe des Krieges an das Vaterland wäre.