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Nobiles Mannschaft in zwei Teile getrennt. Bor einem neuen Bürgerkrieg in China? — Poimare stabilisiert die Währung. kin Funk-Bericht von der „Ztalia" nach Rom. Die Schwierigkeiten des Rettungswerkes. Oslo. 11. Juni. Die „Citta di Milano« hat am Sonntag wieder Verbindung mit der Mannschaft der „Jtalia« gehabt. Der Grund sttr das Scheitern der „Jtalia" ist noch nicht be kannt, doch nimmt man an, das, die „Jtalia" durch Schnee und Eis niedergedrückt worden ist und die Propeller durch Eisschollen zerschmettert worden sind. Zwei Mann der Besatzung sind schwer verletzt. Wie aus den Funksprüchen hervorgeht, versucht die „Jtalia"- Mannschast alles mögliche, um sich in Richtung aus die Miste sortzuarbeiten, doch sind die Aussichten dafür nur gering. Es mangelt an Ausrüstungsgegenständen und Fußbekleidung. Der Kapitän der „Eitta di Milano" hat einem Vertreter der Kopenhagener „Vcrlingske Tidendc" erklärt, er habe am Sonnabend in einem halbstündigen klaren Gespräch von Viagi gehört, daß die Mannschaft der „Jtalia" sich aus zwei grasten Wschollcn befände, sich also .. in zwei Teile geteilt hätte, die beide einander nicht sehen könnten. Die beiden Eis schollen seien ziemlich weit vom Lande weg. Die eine werde in Richtung aus Land getrieben. ES sei sehr schwierig, den ttnlen zn Hilfe zu kommen. Die einziae Möglichkeit sei, das, ein Flugzeug aus einer grasten Eisscholle landen könnte, um dann nach und nach die Leute zn holen. Wie das Unglück geschah. Berlin, 11. Juni. Wie aus dem ersten Bericht des Generals Nobile an die italienische Negierung hervorgeht, hat sich bei dem der „Jtalia" zugcslvstcncn Unfall die Gondel von der Umhüllung des Luftschiffes getrennt. In der Gondel be fanden sich General Nobile und weitere acht Mann, darunter der Navigationsoffizier. Die übrigen sieben Mann der Be satzung wurden dagegen mit der Hülle des Luftschiffes etwa !)l> Kilometer weiter nach Osten fortgeschlcppt. Beide Gruppen befinden sich in Sicht des Nordostlandes von Spitz bergen. Tie mit der Umhüllung des Luftschiffes und den drei Motorgondeln sortgeschleppte Gruppe besteht aus zwei Wissenschaftlern, einem Monteur, drei Mechanikern und dem Journalisten Dr. Lago vom „Popolo d'Jtalia". Auf dem Rumpf des Lustschisses befinden sich auch Lebensmittel, Waffen und Kleider. Von der Gruppe des Generals Nobile haben zwei Personen Gelenkverletzungcn erlitten. Ter Arzt des Dampfers „Citta di Milano" hat General Nobile Wei sungen und medizinische Ratschläge über die Behandlung der Verletzten gefunkt. Das Treibeis, aus dem sich die Leute von der „Jtalia" befinden, treibt gegenwärtig nach Westen. Auf -er Suche. Oslow, 11. Juni. Kapitän Riiser Larsen ist heute früh zu dem Dampfer „Hobby" geflogen. Er wird mit Lützow Holm versuchen, die „Jtalia" zu finden. Der Dampfer „Svalbard" ist nach Green Harbour abgcgangen, um dort Hunde für die „Braganza" aufzutreiben, die nach Kap Nord, Kap Platen und Dovebay fahren wird. Riiser Larsenist bei der „Hobby" angelangt. Es herrscht gutes Wetter. In einem italienischen Telegramm Riiser Larsens an den Kriegsminister heißt es: Ich habe dem Kapitän der „Citta di Milano" empfohlen, den stärksten sowjctrussischen Eisbrecher herbeizurufen, um zu der angegebenen Position der „Jtalia" Vordringen zu können. Ich habe auch empfohlen, noch ein Hundcgespann von Green Harbour heranzuziehen, nm längs des Nvrdostlandes Lebens- mittcllagcr anzulegen, falls der Eisbrecher nicht Vordringen kann. Die Katastrophe Noch keine Aufklärung über -ie Ursache. lDrahtmeldung unseres Sonderberichterstatters., Berlin, 11. Juni. Zu dem schweren Eisenbahnunglück bei Nürnberg wird ergänzend berichtet, daß die Untersuchung über die Ursache der Katastrophe zwar in vollem Gange ist, adß sich jedoch, wie von zuständiger Seite mitgeteilt wird, bisher noch nicht der geringste Amhalt dafür ergeben hat. was »ur Entgleisung des Sch icllzngcS geführt hat. — Dabei sei von vornherein betont, daß nach Auffassung der amtlichen Stellen von einem Attentat kein-? Rede fein kann, weil sich in keiner Hinsicht etwas Verdächtiges hat feststellen lassen. Die furchtbare Zerstörung an der Un- Sliicksstelle, insbesondere am Bahndamm selbst, erschwert die Untersuchung erheblich. An dem Platz der Lokomotive und der zerstörten Personenwagen ist der Oberbau völlig ver nichtet, so daß hier Feststellungen überhaupt nicht möglich sind. Dagegen so llnach den bisherigen Meldungen, daß etwa SO bis lüg Meter nach Bahnhof Siegclsdvrf zuliegcndc Gleis Be schädigungen ausweise», die wahrscheinlich einen Anhalts punkt für die Zugentgleisung geben. Der Bahnhof Siegels- borf, der 1 Kilometer hinter Nürnberg liegt, verfügt nicht nur über die üblichen Ausweich- und Rangiergleise, sondern auch über eine Abzweigung »ach Markterlbach, so daß der durch fahrende Schnellzug mehrere Weichen zu passieren hatte. Borschriftsgemäs, hatte der Lokomotivführer wegen der bei Ciegclsdorf befindlichen Linkskurve die Geschwindigkeit von 8g Kilometer auf 80 Kilometer herabgcmindert. Die Signale und Weichen des genannten Bahnhofes befanden sich sämtlich in ordnungsmäßiger Stellung, so daß ein Verschulden von Stellwcrkbcamtcn nicht in Frage kommt. Dagegen scheinen Beschädigungen an den Schiene» i» der Nähe der an der Ausfahrt »ach Puschendorf liegenden Weiche daraus hinzudcute», daß hier bereits der Lans des Zuges nicht einwandfrei war, und zwar bürste die Loko motive, die ja als erste entgleiste, auS bisher »och unbekannten Gründen ins Schlingern gekommen sei». ES ist nicht unwahrscheinlich, daß irgendein Defekt am Radgcstcll, ein Achscnbrnch oder eine ähnliche Beschädi gung den unsicheren Laus der Maschine hervorgcruscn und dann etwa lllll Meter weiter die Katastrophe hcrbci- gesührt hat. Auf diese Annahme scheint auch die Bekundung des Stcll- werkwärtcrs hinzudcute», wonach es de» Anschein batte, als ob die Lokomotive ihr vorderes Drehgestell verloren habe und daß sie infolgedessen plötzlich »ach vor» seitwärts von der Böschung fiel. Die Totcnliste hat sich aus L!l erhöht. Wie bekanntgegebcn wird, habe» der Reichspräsident, der Reichskanzler, der RcichSverkchrsmiiiistcr und der preußische bei Siegelsdorf. Ministerpräsident an den Direktor der Deutschen Neichsbahn- gcscllschast Beileidstelegramme abgesandt. Unter den Toten befinden sich allein acht Eisenbahner und drei Frauen von Eisenbahnern. In einem Telegramm spricht der Direktor der Reichsbahn insbesondere den Angehörigen dieser ums Leben gekommenen Eisenbahner sowie sämtlichen anderen Angehörigen von Verunglückten sein Beileid aus und versichert, daß die Reichsbahn alles tun wird, um die Folgen des Unglücks für die Betroffenen oder ihre Hinterbliebenen so erträglich wie irgendmöglich zu machen. Der im Nürnberger Krankenhaus liegende Heizer des verunglückten O-Zuges, Fleschhut, erzählt einem Mit arbeiter der „B. Z." folgendes: Ich befand mich aus meinem Heizcrstand, als wir die Station Siegelsdorf durchfuhren. Kurz nachdem der Zug die Kurve hinter sich hatte, bemerkte ich, daß die Lokomotive schwankte. Das war etwa in der Höhe des Stellwerkes. Ich hatte den Eindruck, daß schon damals die Lokomotive aus den Schienen gesprungen war. Das Schwanken wurde plötzlich so bedroh lich, daß der Führer mit aller Wucht die Bremsen zog. Dann war in einer Sekunde das ganze Unglück geschehen. Flesch hut weist dann darauf hin, daß er zum dritten Male auf einer Lokomotive gefahren sei, die verunglückt ist. Schwerer Sagelschlag in -er Umgebung Münchens. In der Umgebung Münchens, vor allem im Isartal, so wie bis in die Gegend des Starnberger Sees und des Würm, tales richtete am Sonntag starker Hagelschlag großen Schaden an. Die Schloßen sielen in der Größe von Hühner eiern. Viele Ausflügler erlitten blutende Kopf- und Hand verletzungen. Tausende von Fensterscheiben sind zertrümmert worden. Viele Dächer wurden durchschlagen. In den Gemüse gärten richtete das Unwetter besonders große Verwüstungen an. Auf weite Strecken sind die Bäume entlaubt worden. Unwetter auch im südlichen Brandenburg. Kottbus, 11. Juni. Aus de» südlichen Teilen der Pro vinz Brandenburg und dem angrenzenden Schlesien werben schwere Unwetter gemeldet. Ueber Guben zog ein schweres Gewitter herauf, das mit einem gewaltigen Wirbelsturm ver- bnnden war. Der Sturm, der in de» Außenbezirken besonders stark wütete, entwurzelte weit über 100 Bäume, legte Masten der Telegraphen- und Lichtleitungen um und zerstörte den Geräteschuppen und die Umkletdcräume auf dem Sportplatz des Männerturnvcreins. Ein siebenjähriger Knabe kam hcrabgerisscncn Drähten der Lichtleitung zu nahe und wnrdc getötet. Auf der Strecke Guben—Breslau wurde ei» Eiscn- bahnwärterhaus dem Erdboden gleich gemacht. Südslawisch - deutscher Kulturaustausch. Deutschlandsahrt südslawischer Gelehrter und Industrieller. Von Dr. Franz Thterscldcr, Deutsche Akademie, München. Am 10. Juni trafen auf eine Einladung der Deutschen Akademie fünfzehn der hervorragendsten Wissenschaftler aus dem Königreiche der Serben, Kroaten und Slowenen in Mün chen ein, um zum ersten Male nach dem Kriege die viel fältigen geistigen Fäden neu zu knüpfen, die das Reich von jeher mit Städten wie Belgrad, Agram und Laibach ver bunden haben. Es entspricht den Bestrebungen der Deutsche» Akademie, mit der Pflege des Deutschtums im Innern des Vaterlandes zugleich die Ausstrahlungen deutschen Wesens nach außen zu verstärken, nicht im Sinne äußerlicher Pro paganda, sondern auf der Grundlage aufrichtiger Gegen seitigkeit. So lag cs nahe, daß sic auf die wiederholten Achtungsbczeugungen vor deutscher Leistung, die in letzter Zeit aus Südslawien herüberklangen, einging und gemein schaftlich mit ihren Freunden in West- und Mitteldeutschland eine Anzahl der namhaftesten Südslawen zu einer Studien- und Vortragsretse nach Deutschland einlud. Die Einladung ist in Belgrad mit lebhafter Genugtuung ausgenommen worden, und unter den Gästen, die zunächst drei Tage in München bleiben, befinden sich die markantesten Köpfe des Königreiches. Es sei nur an den früheren Minister und ehemaligen südslawischen Gesandten in Wien, Iowano - witsch, erinnert, der erst kürzlich in der Skupschtina offen anerkannte, welche Bedeutung die deutsche Kultur gerade für Südslawien habe,- Belgrad wir- ferner vertreten durch den früheren Präsidenten des Finanzausschusses Professor Dr. Nadonitsch, durch Frau Professor Dr. Isidora Sekulitsch, die hervorragende serbische Schriftstellerin, die am Montagabend in der Universität einen Vortrag über südslawische Literatur hält, durch den Vizepräsidenten der Handelskammer, Mi lut in S t a n o j e w i t s ch, das Mit glied der Jndustrtekammer Dr. Vlado Djordsch witsch und den früheren Ministcrgehtlfen Sabo Jelitsch, einen der besten Kenner des südslawischen Eisenbahnwesens. Agram hat den Präsidenten der Südslawischen Akademie der Wtssen- schaftcn entsandt, den bekannten Professor Dr. Gavro M a n o j l o w i t sch: die Universität ist außerdem durch den Nattonalükonomen Tchischitsch und Proseffor Dr. Alber Bazala vertreten. Der Rektor der Handelshochschule, Dr. Karlowitsch, dürfte in den wirtschaftlichen Kreisen Deutsch lands besonderes Interesse durch die Ankündigung eines Vortrages „über die Möglichkeiten einer beschleunigten wirt schaftlichen Annäherung zwischen dem Deutschen Reiche und Sem Königreiche der Serben, Kroaten und Slowenen" er regen. Außer ihm vertritt das wirtschaftliche Agram der Sekretär der Handelskammer Dr. Juhn. Aus Laibach werden' der Prorektor der Universität Professor Dr. Pitamitz, und der Sekretär der Handelskammer, Dr. Mohorowitsch, anwesend sein, unter Umständen auch der Spezialist für Elektrizttätswissenschaft Professor Milan Vidmar. Aus Neusatz endlich haben Universitätsprofessor D r. Kositsch und das deutsche Handelskammermitglted D r. Ertel ihr Erscheinen zugesagt. Die Deutsche Akademie begrüßt es ganz besonders, daß die Beteiligung eines An gehörigen der deutschen Minderheit an dieser Reise auf eigene Initiative des südslawischen Vorbereitungsausschusses erfolgt ist: sieht sie doch in dem deutschen Bevölkerungsteile Süd- slawtens einen wichtigen Mittler zwischen diesem Lande und dem Deutschen Reiche. Die südslawischen Gäste werden sich nach einem drei tägigen Aufenthalte in München, wo sie eine Reihe in dustrieller Anlagen, vor allem das Walchensecwcrk, die Kraft anlagen der Mittleren Isar, die Maschinenfabrik von Mafsei u. a. besichtigen und Einladungen der Deutschen Akademie und Stadt folgen werden, nach Regensburg, Augsburg, Nürn berg, Stuttgart, Frankfurt, Bonn, Köln, Düsseldorf, Weimar, Leipzig und Dresden begeben. In den genannten Städten werden die Freundeskreise der Deutschen Akademie für einen würdigen Empfang Sorge tragen. — Ein deutscher Gegen besuch in Südslawien ist noch für dieses Jahr vorgesehen. Baldige Frankenskabilisierung. Paris, 11. Juni. Im Verlaufe des am Sonnabend ab- gehaltenen Ministerrats hat Ministerpräsident Poincars, wie „Echo de Paris" berichtet, seinen Kollegen von einer Note des Rates der Bank von Frankreich über die legale Stabilisie rung Kenntnis gegeben. Sämtliche Minister mit Ausnahme von Louis Marin hätten sich der Meinung Potncarös an- gcschlosscn, daß man so schnell wie möglich die französische Währung zum gegenwärtigen Kurse stabilisieren müsse; der PenstonSminister habe jedoch die Ansicht vertreten, daß man den Franken zunächst staffeln'eise noch mehr rcvalorisieren müsse. Poincarö habe Marin darauf hingcwiesen, baß, falls er auf Grund dieser Meinungs verschiedenheiten aus dem Kabinett austretcn sollte, er selbst mit dem ganzen Kabinett zurücktreten würde. Diese Mög lichkeit bezeichnet „Echo de Paris" als ansgcschaltet und er klärt, daß der Ministerpräsident bereits Ende der Woche zur Frage der Stabilisierung Stellung nehmen werde.