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chöMlM TaMaN erscheint täglich mit Ausnahme der Tag- nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. S5 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Kirchgasse 255. und aldenburger Anzeiger. Amtsblatt lar de» Aadtrath zu Waldeudarg. Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Max Lieb-zeit; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. Härtig, Mandelgasse; in Rochsburg bei Herrn Suchhalter Fauth-, in Lunzenau bei Hrn. Buchhdlr. G. Diepe, in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein b. Hrn.Buchh. I. Wehrman«. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenftein-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursoorf, Lange«- leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsintz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Ruhdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. 145. Sonntag, den 26. Juni 1887. Witteruugsaussichte» für deu 26. Jnni: Ziemlich warmes, theils heiteres und trockenes, theils wolkiges Wetter bei mastiger nördlicher Luftströmung. Barometerstand am 25. Juni, nachmittags 3 Uhr: 764 mm. Kirschen Auctio«. Die diesjährige Kirschennutzung von den Bäumen an der Altenburger Straße soll nächsten Dienstag, den 28. d. M., Vormittags 9 Uhr unter den vor Beginn der Auction bekannt zu machenden Bedingungen vor der Wohnung des Unterzeichneten versteigert werden. Waldenburg, den 23. Juni 1887. Fürstlich Schönbnrg'sche Garten-Berwaltung. Rehder. "Waldenburg, 25. Juni 1887. Während das officielle Verhältniß Rußlands zu Deutschland durch die Befestigung der Stellung des Herrn v. Giers, durch die Warnungen gegen Katkow und Genossen, durch die befestigte Stellung des am deutschen Hofe wohl gelittenen Grafen Schuwaloff und ähnliche Dinge im Aeußeren eine wesentliche Verbesse- j rung zu zeigen scheint, wüthet nicht nur in den Ost- . seeprovinzen, sondern gegen alles Deutsche im Innern Rußlands ein Kampf, der an Schärfe seines Gleichen sucht, gegen den selbst die französischen Spiongesetze harmlose Aeußerungen eines ehrgeizigen Kriegsmini sters sind. Die Deutschen in Rußland werden, so schreibt die „Kr.-Ztg.", durch den neuesten Ukas der Regierung einfach ihres Besitzes beraubt, ohne Ursache, ohne ir gend welchen sichtbaren Grund, als den des Neides über ihr Geschick und ihren Fleiß, mit dem sie ver standen haben, die brach liegenden Reichthümer des Landes zu heben und die todten Aecker zu befruchten. Denn es ist eine thatsächliche Beraubung, wenn ein ausländischer Besitz — und fast alle solche sind in deutschen oder österreichischen Händen — im Falle des Absterbens des Besitzers 3 Jahre nach dem Tode des selben von den Erben verkauft werden muß, widrigen falls von den russischen Behörden — und wer kennt deren Eifer und Uneigennützigkeit nicht — die Güter öffentlich subhastirt werden. Da außerdem bei Nicht zahlung von Rückkaufgeldern der ausländische Gläu biger im Subhastationsverfahren kein Gut erwerben kann, so liegt es offen auf der Hand, daß hier eine einfache Besitzesberaubung vorliegt. Wenn das Gesetz mit der Ausnahme versüßt scheint, daß der Ukas auf Erben in directer absteigender Linie, welche vor Erlaß dieses Gesetzes in Rußland ihren Wohnsitz hatten, und welche nicht aus einem Testament, sondern auf Grund gesetzlichen Erbrechtes succediren, keine Anwendung fin det, so ist diese Specialbestimmung fast eine Ironie zu nennen, da sie einfach in den allerwenigsten Fällen , zutrifft. Aber das Depossediren der Deutschen scheint der russischen Regierung noch nicht radical genug, um de ren Einfluß zu brechen; man sucht diesen, so wie den Werth des thatsächlichen Grundbesitzes noch dadurch herabzumindern, daß auch sämmtliche Beamte der aus ländischen Besitzer, die doch meist Deutsche oder Oester reicher sind, nicht mehr als solche fungiren dürfen. Da nun aber selbst beim besten Willen für die Be sitzer eine baldige Entäußerung der russischen Besitzungen nicht angängig ist, weil es an russischen zahlungs fähigen Käufern fast gänzlich mangelt, so ist es klar, daß schon jetzt die Besitzer schwer geschädigt, ja manche gänzlich ruinirt werden. Noch schlimmer sind die nach vielen Tausenden zählenden deutschen Beamten da ran, die einfach brodlos gemacht und ins Elend ge schickt werden. Der „Figaro", welcher, wie die französische Presse allgemein über diese Maßnahmen „innerhalb des „Drei-Kaiser-Bundes" laut frohlockt, erwähnt, daß die Prinzen Radziwill und Hohenlohe, letzterer im Werthe von 6—7 Millionen Rubel an 40,000 Hekt., die Grafen Henckel v. Donnersmarck, v. Potocki und Fürst Sanguszkow, sowie ein großer Theil des galizischen Adels kolossale Besitzungen in Rußland haben, und manche gegen 100,000 Rubel jährlicher Gehälter an deutsche, bezw. österreichische Beamte zahlen. Ebenso weiß jeder Kenner russischer Verhältnisse, daß eine Unzahl fleißiger Industrieller, tüchtiger Landwirthe und Unternehmer, auch größere Areale mittleren Besitzes in Rußland erworben haben, denen nun auch der Be sitz unleidlich gemacht wird. Es fragt sich nun: Was haben wir gegen dieses brüske Verfahren der russischen Regierung zu thun? Es liegt auf der Hand, daß die Reichsregierung nur indirect mit Zollmaß regeln antworten kann, die einigermaßen das Gleichge wicht wieder Herstellen könnten. Wohl aber soll der deutsche Capitalist sich gegen diese Unbill wehren, nicht aus moralischen Ursachen allein, sondern aus Gründen der Selbsterhaltung. Es ist klar, daß alle die Deutschen, welche russische Papiere besitzen, sich eines unsicheren Besitzes erfreuen; denn dasselbe Rußland, welches auch nicht eine Spur von Bedenken getragen hat, den Besitz und die Rechte der Deutschen auf russischem Boden zu schädigen, wird noch viel weniger scrupulös sein, wenn es ihm paßt, die außerhalb russischer Grenzen wohnenden Besitzer russischer Werthpapiere zu benachtheiligen; und dieselbe russische Regierung, welche in gewöhnlichen Zeitläuften schon in solcher Weise gegen harmlose Besitzer vorgeht, wird sich noch weit weniger scheuen, in Zeiten der Geldbedrängniß den Staatsgläubigern im Auslande ihr Eigenthum zu nehmen. Wenn solche Dinge schon in friedlichen Zeiten sich sehr wohl ereignen können, wie viel mehr wird man es in Rußland bei ernsten politischen oder gar kriegerischen Verwicklungen für eine patriotische Großthat halten, einfach die im Auslande coursirenden Werthe zu Falle zu bringen. Für Deutschland bedeutet aber der Verlust dieser Werthe Milliarden, die lei der geradem den Händen der mittleren Stände sich befinden, welche bei dem Zurückgehen des Zinsfußes der inländischen consolidirten Papiere sich in den Besitz russischer Werthe, die höhere Zinsen geben, gesetzt haben. Man kann daher nicht ernst genug davor warnen, Papiere zu be halten, die von einem so wenig gewissenhaften Staate abhängig sind. Die Engländer und Franzosen haben bei ihren geschäftlichen Organen die Gefahr seit länge rer Zeit schon erkannt und fast alle russischen Werthe abgeschüttelt. Nur die Deutschen, die sich leider von den, von der Börse abhängenden Blättern verführen ließen, sitzen mit 2 bis 3 Milliarden fest. Was soll man nun aber sagen, wenn neuerdings wieder eine neue Convertirung von 100 Millionen Rubel russischer Boden-Credit-Pfandbriefe von den Firmen Rothschild und Bleichröder übernommen wor den ist und zur Realisirung ausgelegt werden wird. Soll man sich mehr über die Unverfrorenheit wun dern, mit welcher der Russe mit der einen Hand bettelt, während er mit der anderen die Knute hand habt, oder über den Patriotismus der Berliner Börse staunen, oder endlich über die Vertrauensseligkeit — um nicht ein stärkeres Wort zu brauchen — des deut schen Publikums sich ärgern, welches wiederum lamm fromm sein Geld auf die Schlachtbank legen wird. Endlich aber möchten wir an die deutsche Presse die Frage richten, ob unter so klar liegenden russischen Verhältnissen sie wirklich nicht den Muth finden möchte, auch einmal ein offenes Wort zu sprechen. Das deutsche Volk aber sollte mit dem Verkaufe der russischen Papiere antworten; denn wie hat Ruß land sich gegen die durch die That bewiesene Bereit willigkeit der Deutschen, 2—3 Milliarden seiner Werth papiere freundlichst zu versilbern, benommen? Es hat seinen Dank durch Herausgabe des Ukas vom 14./26. März gegen den deutschen Besitz, sowie durch die Prohibitivzölle für Eisen, Kohlen und Coaks, die eben falls ihre Spitze gegen Deutschland wenden, in die That übersetzt. Den Franzosen dagegen, welche die russischen Werthe abgelehnt und sich vollständig kühl gegen alle pecuniä- rm Anzapfungen von jener Seite verhalten haben, schmeicheln die Russen und schließen sich immer enger an dieselben an. Wer die Russen wirthschaftlich durch Zucker zu gewinnen suchen will, wird kein Glück haben; hart gegen hart" muß die Parole sein, um sie zu der Erkenntniß zu bringen, daß selbst die Lammesgeduld des deutschen Spießbürgers em Ende haben kann. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser erschien Freitag Mittag gegen '/4I Uhr beim Aufziehen der Wache auf der nach dem Opernplatze zu gelegenen Veranda des Palais und wurde, sobald die schon seit Stunden vor dem Palais und auf diesen Moment harrende Menge des Monar chen ansichtig wurde, mit enthusiastischen Hochrufen be grüßt. Der Kaiser, durch diese Ovation sichtlich be wegt, dankte nach allen Seiten durch ein mehrmaliges Neigen des Hauptes. Nach dem Vorbeimarsch der Wache wurde vom Publikum die Nationalhymne an gestimmt, worauf sich der Kaiser nach nochmaligem herzlichem Dank in sein Arbeitszimmer zurückzog. Ge gen 2 Uhr unternahm der Kaiser in Begleitung der Frau Großherzogin von Baden im offenen Wagen zum ersten Male nach seiner Wiederherstellung eine kurze Spazierfahrt. Später nahm der Kaiser noch mehrere Vorträge entgegen und arbeitete mit dem Mi litär- und Civil-Cabinet. Der deutsche Kronprinz bleibt, wie die „Voss. Ztg." aus verläßlicher Quelle erfährt, bei vortreff lichem Befinden; das Aussehen des Kehlkopfes ist völlig befriedigend und eine Congestion nicht vorhanden, ob- I wohl die Stimmbänder etwas abgespannt sind. Da ! der Kronprinz in dieser Woche unmöglich die nöthige ' Ruhe beobachten konnte, hat es Or. Mackenzie nicht I für wünschenswerth erachtet, eine neue Operation vor- > zunehmen. Er hat jedoch eine Auflösung von hyper- ! chlorsaurem Eisen bei mehreren Gelegenheiten ange wendet und wahrscheinlich wird ein weiterer Theil der Wucherung Anfangs nächster Woche entfernt werden.