Volltext Seite (XML)
74. Dienstag, den 2l. September 18«N. für Wilsdruff, Tharandt, Noffen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsökatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Ltadtrath daselbst. Ueber Kirchweihfeste und deren Entstehung. Da mit dem Schlüsse der Ernte auch in dem Kreise, welchem vorzugsweise dieses Blatt angehört, die Kirchweihfeste ihren Anfang nehmen, so glaubt Einsender dieses nichts Ueberflüssiges zu thun, wenn er zu Nutz und Frommen des Landmanns Etwas' über Kirch weihfeste überhaupt und deren Entstehung insbesondere veröffcnt- licht. Schon im grauen Alterthumc finden sich bei fast allen Völkern Spuren, daß sie Altäre, Haine und Tempel zum gottesdienstlichen Gebrauche einweihten. Die biblischen Stellen I. Kön. 8, sowie 2. Chron. 5, 6 und 7 liefern den Beweis zu dem eben ausge stellten Satze. Im 4. Jahrhundert n. Ehr. finden wir das erste Bei spiel unter den Christen, daß auch sie diesen heiligen Gebrauch nach ahmten. Die Mutter des ersteü christlicben Kaisers, Constantin des Großen (306—337), hatte nämlich ungefähr um das Jahr 335 n. Chr.zu Jerusalem an dem Orte, wo man glaubte, daß die Grabstätte des Heilands gewesen, eine schöne Kapelle bauen lassen, zu welcher auch von jetzt au häufige Wallfahrten unternommen wurden, weil sich das Dogma (Lehrgesetz) in der christlichen Kirche immer mehr aus- bildetc, daß derartige Reisen und Besuche heiliger Oerter äußerst verdienstlich seien und Sündenvergebung sicherten und verschafften. Nachdem nun die Kirche zum heiligen Grabe als vollendet dastand, wurde in Rücksicht aus die Tempelwcihe SalomoniS (2. Chron. 5, 6 und 7) ebenfalls eine feierliche Einweihung derselben mit Gesang, Gebet, Austheilung des heiligen Abendmahls re. in Gegenwart vieler Bischöfe, Geistlichen und einer zahlreichen Volksmenge vorgenommen. Das kann als die erste christliche Äirchweihe betrachtet werden, und man kann behaupten, daß von jetzt an die Kirchweihen bei den Christen allgemeinen Eingang fanden. Verordnete doch schon Con stantin der Große*) daß zur Erinnerung der Einweihung d.-r Kirche zum heiligen Grabe alle Jahre derselbe Tag (der 14. September) feierlich begangen werde. Anfangs dauerte das Fest 8 Tage und es trafen sich daselbst Freunde aus entfernten Gegenden, wie aus der Nähe, um sich gegenseitig beim Frcudenmahle zu vergnügen. Dein Beispiele und Gesetze Constantins folgend, wurden nun alle neuer bauten Kirchen auf eine ähnliche Art cingewciht und die Kirchwcihe alle Jahre wieder begangen, daher die Erklärung des Wortes Kirch weihe: eine Retigionshandlung, welche au einem zu gottesdienstlichen Zwecken bestimmten Gebäude feierlich vollzogen wird. Bei den Katholiken pflegen die Bischöfe, bei uns Protestanten die Superintendenten die Weihung der Kirche» zu vollziehen. Die Katholiken pflegen ihre Kirchen gewöhnlich einem besonderen Heiligen (Schutzpatron) zu weihen, daher die gewöhnlichen Namen der Kir chen: Peters-, BonifaciuS-, Marien-, Sophienkirche rc. Aus dem Worte Kirchenweihe wurde allmählich Kirchenmesse, weil die Messe als das Höchste in der katholischen Kirche betrachtet wird. Nun nannte man das Kirchweihfest blos Kirchenmesse, woraus das im gewöhnlichen Leben gebräuchliche Wort Kirmse (bisweilen auch Kirmst genannt) entstanden ist, bei dem sich Alt und Jung des Dorfes mit Entzücken an die an diesem Festtage gewöhnlichen Lust barkeiten erinnert. Nicht nur die Feierlichkeiten der Kirmse, sondern ebenso die dabei vorkommenden Gebräuche und Lustbarkeiten haben ihren Ursprung aus uralten Zeilen. Jede christliche Gemeinde, mit wenigen Ausnahmen, feiert in unserer Zeit dies Fest, doch immer die eine zeitiger, als die andere; aber fast alle nach vollbrachter Ernte in der Hcrbstzeit. Daraus folgt jedoch keineswegs, daß gerade zu der Zeit alle Kirchen ciugeweiht worden seien, vielmehr wählte man diese Zeit wahrscheinlich einzig und allein aus dem Grunde, weil sie, wegen der nun meist durchgängigen Beendigung der aariculturen Hauptarbeiten und Verrichtungen, sich eher zur Abwartung des Got tesdienstes, wie zur Abwartung allerlei Lustbarkeiten eignet. Städte verbinden gewöhnlich mit der Kirmse einen Jahrmarkt, und auf dem * Constantin hatte schon wahrend der Kämpfe nm die Herrschaft die zahl reichen Ehristengcmeind-n beschützt nnd ohne selbst zum Christenthume überzutretcn <erst kurz vor feinem Tode ließ tr sich tauM), viele Kirchen gebaut und heidnische Tempel zerstört. Als Alleinherrscher machte er das Christenthum zur Släatsreli- gion. Lande wird meist überall Mvulags früh ein besonderer Gottesdienst, diesem Zwecke entsprechend, abgehalten. — Wenn nun sonach am Kirchweihfeste sich alle Betheiligten der großen Wvhlthat erinnern sollen, die ihnen zu Theil geworden, daß sie Jehova gemeinschaftlich in einem Tempel verehren können, wenn ferner das Kirchiveihfcst uns zu großem Danke gegen den allmächtigen Hüter dieses Hauses verpflichtet, so folgt schon hieraus, wie wichtig ein solches. Fest jedem wahren Christen sein wird. Wie aber läßt es sich mit einer würdigen Begehung dieses Festes vereinbaren, wenn man, wie dies an vielen Orten geschieht, sofort ans dem Hause des Herrn auf den Tanzboden eilt und durch rasende Tänze, üppige Reden, tolles Trinken und durch Völkern in Speise und Trank überhaupt, dieses Fest entheiligt und sich ganz als einen Sklaven der Lust in Wort, Geberden und Thaten beweist ? Da drängt sich mit Recht jedem Menschenfreund und Gottesverehrer der Wunsch auf: Möchte doch auch bei uns, wie cs in Böhmen rind Altenburg der Fall ist, angeorduct werden, daß die Kirchweihe durchs ganze Land an Einem Tage begangen würde, und möchten vorzüglich dcr Ortsrichter, Gemeindevorstände und Schäntwirthe rc. es nicht dulden, daß sofort die Fidel anf dem Tanzsaale erklingen dürfe, wenn die letzte Ton dcr Orgel verklungen. Eine anständige Freude und un schuldige Ergötzlichkeit wird hierdurch keineswegs verdammt und als der Festfeier entgegenlaufend dargestellt. —» « 1". Tag esgeschich te. In Dresden wird sich in diesen Tagen ein sächsischer Agen- tcnverein constiluircn, der sich über das ganze Land verbreiten soll. Der Hauptzweck des Vereins ist, den Agentenstand würdig ZN heben, die menschliche Gesellschaft indirect vor gefährlichem Treiben solcher Personen, die sich für Agenten anSgebcn, zn schützen, durch Errich tung einer Börse schneller und billiger die Geschäfte zu realisiren und und durch einstige Errichtung einer Dahrlehns- und UuicrstützungS- kasse den rechtlichen Agenten einen Stab zu geben, worauf sie sich mit Zuversicht stützen und der Zukunft ruhiger und gesicherter entge gen scheu können. Döhlen, 17. September. Am heutigen Vormittage beging man zu Ehren der am 2. August in den Burgker Schächten verun glückten Bergleute eine große Feierlichkeit, welche bei dem Riesengrabe in der Nähe des Segcn-Gottes-Schachtes stattfand. An dieser bc- theiligten sich außer den Hinterlassenen der Verunglückten, Se. Exell. Herr KreiS-Dir. von Könneritz, Herr AnttShauptmann von Vieth, 14 Geistliche, die Beamten des Gerichtsamtes Döhlen und der benach barten Koblenwerke, das Hilfs-Comitee, der Bauherr mit Beamten- pcrsonal, der schichtfreien Mannschaften der Burgker und übrigen Werke hiesiger Umgegend mit ihren Musikchöreu, 1500 Mann 'in ; Trauerparadeunisorm, verschiedene Gesangvereine und eine unabseh- 1 bare Menge anderer Leute von Nah und Fern. Die Feierlichkeit be gann mit dem Gesänge eines besonders dazu verfaßten Liedes »ach der Melodie: „Nun lasset uns den Leib begraben." Hierauf folgte die vom Herrn Pastor Römisch in Döhlen gehaltene Hauptpredigt, die von Herzen zu Herzen ging und nicht nur die Hinterlassenen mit Trost erfüllte, sondern auch einem großen Theil der übrigen Anwe senden Thräncn entlockte. An diese schloß sich dcr Gesang der Arie: „Mag auch die Liebe weinen rc." dem der Segensspruch des Herrn Diac. Peter aus Dresden, abermaliger Gesang und schließlich ein von Herrn Consistorialaath I)r. Kvhlschüiter gesprochenes Gebet folgte. Dem Dr. I. berichtet man aus Olbernhau vom 16. Septem ber: Gestern in der 3. Morgenstunde brach in Heidersdorf in dem Wohnhause des Wirthschaflsbesitzers Dietrich Feuer aus, welches, be günstigt von dcr leichten Bauart des Gebäudes so schnell um sich griff, daß leider auch 7 Personen in den Flammen umkamen; näm lich 4 Kinder des obengenannten Besitzers (3 Mädchen im Alter Von 17, 11 und 5 Jahren, und 1 Knabe von 7'Z Jahren), sowie der Handelsmann Richler aus Böhiujsch-Grünthal, die Ehefrau des Aus züglers Bähr und eine Handelsfrau, Namens Wagner.