Volltext Seite (XML)
Die „Weißeritz. Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend, — Preis Vierteljährlich 1 M. Lk Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Mchmtz-ZeitiW. Amtsblatt Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage de» Bluttes eine sehr wirt- sume Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Naum berechnet. — Ta bellarische und coniplicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeil« 20 Pfg. für die Königliche Wnishauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Carl Irhnt in Dippoldiswalde. Nr. 51. Donnerstag, den 30. April 1885. 51. Jahrgang. ! ! ! Land- und Seemächte. Der englisch-russische Konflikt, in welchem nun be reits seit Wochen das Zünglein der diplomatischen Waage bald nach der Kriegs- bald nach der Friedens seite neigt, giebt Anlaß zu einer hochinteressanten Be trachtung, nämlich einer Vergleichung der Schicksale der Seemächte im Verhältniß zu den Landmächten. Zn der gesammten Weltgeschichte macht man die Be obachtung, daß Seestatten, die ihre Macht auf Handel und Kolonien stützen und bei einem verhältnißmäßig nur kleinen Landbesitz des Mutterlandes in der Regel auch nur ein kleines Söldnerheer hielten, sich rasch zu Macht und Ansehen, Reichthum und Luxus entwickelten, aber dann stets von einer Landmacht besiegt, verdrängt oder gar vernichtet wurden. Man denke nur an das Schicksal des althistorischen Seestaates Phönizien, welcher von den Landmächten eines Cyrus und Alexanders zerstört wurde, an die See- und Handels stadt Karthago, welche in tragischer Weise Rom erlag, ferner an die Beispiele der mittleren und neueren Ge schichte, Genua, Venedig, Portugal und Holland, welche einst Großmächte waren und nun entweder ganz ver schwunden oder doch zu Mächten dritten Ranges herab gesunken sind. Da drängt sich dem Beobachter unwill kürlich der Gedanke auf, ob der Seestaat England nicht auch einem ähnlichen Loose entgegengehe, denn finden wir in England nicht dieselbe Entwickelung und Verhältnisse vor als in den untergegangenen oder von ihrer Macht herabgesunkenen ehemaligen See mächten? Wie jetzt England durch ein Handelsmonopol, durch Industrie und Kolonien schwer reich geworden ist, so war es auch einst mit Phönizien, Karthago, Genua und Venedig der Fall, wie England fremde Völker und Fürsten in Abhängigkeit und Handelstribut hat, so besaßen auch Karthago und Venedig ihre tributären Staaten und Alles dies war vorzugsweise erreicht worden durch keckes Zugreifen, Handelslist und ein — Söldnerheer, alles Zustände, die wir auch bei England beobachten. Es soll ja auch nicht ge leugnet werden, daß die Seestaaten große Thatkraft und industriellen Fleiß in vielen Perioden gezeigt haben, aber ihr Hauptziel war die Aufhäufung von kolossalen Reichthümern, ein luxuriöses Leben und die Abwälzung der Lasten der Vaterlandsvertheidigung auf — geworbene Söldner, ein Zustand, der auch im heutigen England anzutreffen ist. Daraus ergiebt sich, daß in den Seestaaten in demselben Verhältniß wie der Reichthum und Luxus zunimmt, die wirklichen entscheidenden Machtfaktoren, zumal was die allgemeine Wehrfähigkeit anbetrifft, abnehmen und schließlich die wirkliche Macht der Seestaaten in ein schreiendes Miß- verhältniß zu der eingebildeten Macht geräth. Die Staaten dagegen, welche vorzugsweise Landmacht sind, entwickeln sich in ihrem Wohlstände viel langsamer und solider, haben auch wegen ihrer stets den Nach barvölkern zugänglichen Grenzen einen viel härteren Kampf um das Dasein und sind in Folge dessen kriegstüchtiger als die Seemächte. Schließlich muß nun aber auch der zum Monopol ausgeartete Neich- thum und Handelsvorzug der Seestaalen den einen oder anderen Landstaat reizen, sich auch im Besitz ähnlicher Vortheile zu setzen und daraus entsteht ganz natürlich ein Kampf der betreffenden Landmacht gegen ine Seemacht, in welchem letzteren aus den vor erwähnten Gründen schließlich unterliegen muß. Nom und Karthago sind dafür ein ewiges Beispiel in der Weltgeschichte und England, das Karthago der Gegen wart, mag sich hüten, daß ihm in Rußland kein Neu- Rom entsteht. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Wir wollen nicht unterlassen, auf die den 1. Mai stattfindende Zählung der Fa brikarbeiter an dieser Stelle aufmerksam zu machen. Formulare hierzu können von den betreffenden Ge werbeunternehmern in den zum amtshauptmannschaft lichen Bezirk gehörigen Städten und ländlichen Ort schaften von der kgl. Amtshauptmannschaft bezogen werden. Ein derartiges Formular auszufüllen sind diejenigen Gewerbunternehmer verpflichtet, welche in ihren Anlagen entweder mindestens 10 Arbeiter be schäftigen, oder Dampfkessel verwenden, »der mit Wind-, Wasser-, Gasmaschinen- oder Heißluftmaschinen-Betrieb arbeiten oder nach § 16 der Gewerbeordnung und den Nachträgen hierzu besonderer Genehmigung unter liegen. — Wie aus einer Bekanntmachung der königl. Generaldirektion der Staatsbahnen in heutiger Nummer hervorgeht, werden an Sonn- und Festtagen vom 3. Mai ab am Nachmittag ein Extrazug nach und Abends ein solcher von Kipsdorf verkehren. Hoffent lich bringt uns dann der am I. Juni beginnende Sommerfahrplan eine täglich viermalige Verbindung nach jeder Richtung. — Bekanntlich haben die auf den königl. sächs. Staatsbahüen zur Ausgabe kommenden gewöhnlichen Tagesbillets eine Giltigkeitsdauer von 3 Tagen, den Tag der Lösung voll gerechnet; und ist dem In haber solcher Billets auch gestattet, seine Fahrtqur zweimal unterbrechen zu können, einmal auf dem Hin wege und einmal auf der Rücktour, nur bedarf solches einer Bescheinigung durch den betreffenden Stations beamten. Hierbei tritt nun seitens des Publikums so vielfach die irrige Meinung auf, daß mit dergleichen Bescheinigung auch eine Verlängerung der Giltigkeits dauer über 3 Tage hinaus verbunden werden könne event. verbunden sei. Dies ist jedoch nicht an dem. Eine wirkliche Verlängerung der festgesetzten Giltig keitsdauer kann daher nur die kgl. Generaldirektion bewilligen, wohin daher auch Seiten der Interessenten dergleichen Gesuche zu richten sind. Dresden. Wie der Jahresbericht der allgemeinen Brandversicherungsgesellschaft sächsischer Lehrer auf das Jahr 1884 ergiebt, sind in genanntem Jahre 370 neue Mitglieder mit 1,352,170 M. Versicherungs summe eingetreten, 204 Mitglieder prolongirten ihre Versicherungen (1,147,400 M.) und 244 Mitglieder erhöhten ihre Versicherungssummen um 454,850 M. Nach Abzug der durch Tod rc. aus der Gesellschaft Ausgeschiedenen ergiebt sich für den 31. Dezember 1884 folgender Bestand: 4735 Mitglieder mit 20,769,670 Mark Versicherungssumme. Der vorhandene Reserve fond beträgt 55,561 M. 23 Pf. — In Bezug auf Aufstellung des Festzuges zum 6. deutschen Turnfest werden wahrscheinlich nach dem Vorschläge der betreffenden Kommission folgende Straßen in Neustadt berücksichtigt werden: die Hospital- straße (550 in), die Georgenstraße und Glacisstruße (550 m), Bautzner Straße, südlicher Promenadenweg vom Alberttheater bis zur Kurfürstenstraße und letztere Straße bis zum Kurfürstenplatz (750 in), Bautzner Straße, nördlicher Promenadenweg, bis zur Mark grafenstraße (600 in), die Alaunstraße in ihrer Ge- fammtlänge (850 m), Antonstraße bis zum Hainweg (450 m), Karolinenstraße und Quer-Allee (250 in), Theresienstraße (550 m). Wenn die Aufstellung in einer Breite von 8 Mann erfolgt und auf die einzelne Reihe 1 m gerechnet wird, gewähren die genannten Straßen einen Raum für 36,400 Mann. Sollte aber eine 6 Mann breite Aufstellung beliebt werden, so können immerhin 27,300 Mann placirt werden. Im Fall der obengenannte Theil der Kurfürstenstraße von der Behörde zur Aufstellung nicht genehmigt wird, ist der südliche Theil der Bautznerstraße bis zur Holzhof gasse in Aussicht genommen. Soweit das Bild von dem Zuge bis jetzt feststeht, dürfte dasselbe ein groß artiges werde». In seinem Grundcharakter wird der selbe aus 15 Turnkreisen gebildet sein, von denen die Kreise 1—13 auf einander folgen, dann müßte der 15. Kreis sich ««schließen und den Schluß der 14. (Sachsen) bilden. Die Nunimernreihenfolge wurde dem bisherigen Gebrauche des Looses vorgezogen, und dies dürfte auch bei späteren Turnfesten Anwendung finden, und zwar so, daß dann der 2. Kreis beginnt, der 1. Kreis die vorletzte und der festgebende die letzte Stelle einnimmt. Die Formation des Zuges wird im Wesentlichen die folgende sein: 1) Berittene Turner; 2) Uniformirtes berittenes Musikchor; 3) Der Reit verein im Galaanzug; 4) Ein Zug Turner (16 Mann) aus dem Dresdner Gau mit einem Führer; 5) Em Trommlerchor; 6) Die Scheibenschützengesellschaft; 7) Führer vom Ordnungsausschuß; 8) Musikchor; 9) De putationen fremder Turner (nach dem Alphabet ge ordnet); 10) Ehrenpräsident und Ehrengäste in zwei- bez. vierspännigen Wagen; 11) Zugführer vom Ord nungsausschuß; 12) Bundesfahne von Turnern des Dresdner Gaues begleitet (24 Mann und' 1 Führer); 13) Ausschuß der deutschen Turnerschaft; 14) Central ausschuß; 15) 1. Turnkreis (Ostpreußen, Westpreußen, Posen), ca. 250 Mann; 16) Ein Zugführer vom Ord nungsausschuß; 17) Der Turnausschuß; 18) 2. Turn kreis (Schlesien und Süd-Posen), ca. 800 bis 1000 Mann ; 19) Zugführer vom Ordnungsausschuß; 20) Der Finanzausschuß; 21) 3. Turnkreis (Pommern, Brandenburg), ca. 1200 Mann; 22) Zugführer vom Ordnungsausschuß; 23) Der Fest- und Ordnungsaus schuß; 24) 3o. Turnkreis (Provinz Sachsen und An halt), ca. 200 Mann, 4. Turnkreis (Schleswig-Hol stein, Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Hamburg, Lübeck) ca. 200 Mann, 5. Turnkreis (Bremen, Hannover, Oldenburg) ca. 200 Mann; 25) Zugführer vom Ordnungsausschuß; 26) Der Bau- und Ausschmückungs-Ausschuß; 27) 6. Turnkreis (Hannover, Braunschweig, Schaumburg-Lippe, Waldeck, Lauenburg) ca. 120 Mann, 7. Turnkreis (Hannover, Hessen, Waldeck, Braunschweig) ca. 200 Mann, 8. Turnkreis (Rheinprovinz, Westfalen, Lippe) ca. 500 Mann; 28) Zugführer vom Ordnungsausschuß; 29) Der Wohnungsausschuß; 30) Die Rudervereine; 31) 9. Turnkreis (Großherzogthum Hessen, Birkenfeld, Rheinprovinz, Hessen-Nassau, Bayern, Elsaß) ca. 500 Mann, 10. Turnkreis (Baden, Pfalz, Reichsland) ca. 200 Mann; 32) Zugführer vom Ordnungsaus- schuß; 33) Wirthschafts-Ausschuß; 34) 11. Turnkreis (Württemberg, Hohenzolleru) ca. 250 Mann, 12. Turn kreis (Bayern) ca. 600 Mann; 35) Zugführer vom Ordnungsausschuß; 36) Der Empfangs- und ärztliche Ausschuß; 37) Der Kartellverband der akademischen Turnvereine circa 250 Mann; 38) 13. Turnkreis (Thüringische Staaten) ca. 800 Mann; 39) Ein Zug führer vom Ordnungsausschuß; 40) Der Preßaus- schuß; 41) 15. Turnkreis (Deutsch-Oesterreich) unter brochen von mehreren Musikchören, ca. 3000 Mann; 42) Zugführer vom Ordnungsausschuß; 43) Der Julius-Otto-Bund und der Elbgausängerbund; 44) Ein Zugführer vom Ordnungsausschuß mit einem aus den Klassen Oberprima bis Obersecunda der hiesigen höheren Schulanstalten gebildeten Zug; 45) 14. Turn kreis (Sachsen) unterbrochen von mehreren Musik chören. — Den einzelnen Ausschüssen, Kreisen, Gauen, Vereinen rc. müssen Standarten mit den betreffenden Namen vorausgetragen werden. Am Altmarkt werden wahrscheinlich Rath und Stadtverordnete den Festzug bei seinem Vorbeimarsch vor dem Nathhause begrüßen. Auf dem Georgplatz dürste eine Tribüne errichtet werden, die für die weißgekleideten Ehrenjungfrauen der Stadt bestimmt, welche den Zug von hier aus be willkommnen sollen. Hinsichtlich der Theilnahme der Innungen hat man die Fußwege des Altmarkts von der Ecke der Schloßstraße nach der Badergaffe, Kreuz kirchenecke und Straßenecke für das Publikum bestimmt, dagegen beschlossen, die Innungen auf den gedachten drei Seiten auf den Fahrstraßen Aufstellung nehme» zu lassen, damit der Altmarkt vollständig für den Fest zug reservirt bleibt. An den verschiedensten Stellen des Zuges werden Musikchöre vertheilt sein.