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Dresdner Journal : 03.12.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-12-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188712030
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18871203
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18871203
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-12
- Tag 1887-12-03
-
Monat
1887-12
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 03.12.1887
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«280. l» L»i«d»: I5t»rliol>t.... 18 H»r^. ^MdrUok: 4 iä»rk 80 ?k. Lu»«Io« HaiLworv: 10?k. Ln>»»rv»1d äs» äovtoekov ksielis» tritt kost- ooä 8tsmp«l,u»ot^i»8 tü»su Lvkancklxaoxsxedkdroi, r kär äsa k»vlv «iosr js«»p»It«llso 2vilo ^Ismor Sokritt 80 kk. Outor „kio^ssiutät" äi« 2sU« 80 kk. Loi loboUso- aoä 2iSvru,»t» sutspr. ^uksoll»^. Lr»eli»ln«»r kkEUod mit Av»L»tuus ävr 8ovo- lmä kviort»^« »bsoäs. koru»prsod-^LSot»Iusi: Ur. HS8. Sonnabend, den 3. Dezember, abends. DresdnerIMrml. Für die Gesamtleitung verantwortlich: Dtto Banck, Professor der Litteratur. und Kunstgeschichte. 1887. 4nn»k»G V», LutiNnälU»^» »»»HrKrt», I^tpol»: Lran«t«tettsr, 6oll»ioi«iooLr äs, Orssäoor ^oruDiü»; S»mdnrU 5«U»rrt«o LstpslU >»»«!-Irs^s, »rsv^tsrl s. N.: ^/aasenstein L ko-t«r, N«rllL-V!»»-S»»dor,- kr»^-L«tpitU-rr»LkNlrt ». ». Nüook«»: /t»«< äto««,' ksrt, Lo»6o»-8»rU» rr»Lk/»N » N It»«U»rt: Da^d« F O'o . - NorU»: /nvaittlsnÄant, SSrUt». LkaUsr« U»llLv^»r: t/. Loll» ». 8.1 / Lo^et 4 Oo s»r»i>« ss« dorr Nviü^I. Lrpsäivoo äs» Drssäoor ^ooro»I», vrssäsL, ILvlll^srstrsssv SO. koriuiprood-Aiuiodla», k^r. 18-5. Ankündigungen für die Weihnachtszeit finden im Dresdner Aournal" die geeignetste Verbreitung. Hierbei versäumen wir nicht, darauf aufmerksam zu machen, daß aus Anlaß des Weihnachtsfestes Handel- und Geverb- treibenden bei Ankündigungen mit mehrmaliger Wiederholung außerordentliche Vergünstigungen gewährt werden. Amtlicher Teil. Bekanntmachung. Die nächste Ausnahme-Prüfung von Expektanten für daS Königl. Sächf. Kadetten-Korps soll in der ersten Hälfte des Monats April künftigen Jahres stattfinden und werden die an dar Kommando des Kadetten Korps zu richtenden bezüglichen Anmeldungen ultimo Februar geschloffen. Die wissenschaftlichen Anforderungen an die Expek tanten für die Aufnahme in daS Kadetten-Korps, die übrigen Vorbedingungen, fowie die näheren Vorschrif ten, nach denen die etatsmäßigen Kadettenstellen mit einem jährlichen ErziehungSbeitrage von 90, 180 und 300 M. zur Verteilung kommen, sind aus dem Re gulativ für das Königl. Sächf. Kadetten-Korps vom Jahre 1882 — käuflich zu beziehen in der Hofbuch handlung von Karl Höckner, Dresden-Neustadl — zu ersehen. Dresden, den 1. Dezember 1887. K r i e g s - M i n i st e r i u m. v. Fabrice. Beyer. Bekanntmachung, die Anmeldung zu dem an der Königlichen Turnlehrer-Bildungsanstalt zu Dresden ab zuhaltenden Lehrkursus zur Ausbildung von Turnlehrerinnen betreffend. An der Königlichen Turnlehrer-Bildung-anstalt zu Dresden beginnt am 9 Januar 1888 ein Kursus zur Ausbildung von Turnlehrerinnen. Gesuche um Zulassung zu demselben sind unter Beifügung 1. des GeburtS- oder Taufscheins, 2. eines ärztlichen Zeugnisses über den Gesundheits zustand, 3. eines amtlichen Zeugnisses über die sittliche Führung, 4. der Zeugnisse über die frühere Schulbildung und über genossene turnerische Vorbildung und 5. eines selbstgefertigten Lebenslaufes bei dem un terzeichneten Ministerium bis zum SO. December u. e. einzureichen. Dresden, am 29. November 1887. Ministerium des Cultus und öffentlichen Unterrichts. v. Gerber. Götz. Verbot. Die unterzeichnete Königliche Kreishauptmannschaft hat die Nummern 8, 10, 11, 12, 14, 16, 17, 18, 19, 20, 2l, 27 und 28 des 3. Jahrgangs der zu New- Aor^ erscheinenden periodischen Druckschrift: Feuilleton. K. Hoftheater. — Neustadt. — Am 2. Dezember »Aschenbrödel" oder „Der gläserne Pantoffel". Märchen mit Gefang und Tanz in 6 Bildern von Görner für die Bühne bearbeitet. (Zum Besten des Pensionsfonds der darstellenden Mitglieder des Hof theaters.) Mit aufrichtiger Freude muß man den Entschluß der Wiederaufnahme dieses reizenden deutschen Volks märchens begrüßen, dessen geschickte Dramatisierung dereinst in ihrer überraschenden Ausstattungspracht im Jnterimstheater die Besucher so harmlos und nach haltig erbaut hat. Wie schön und gehaltvoll bietet ein solches Bestreben den besten Ersatz für die Posse, die wir nun doch einmal nicht einträglich und häufig vorführen können. Es hatte sich damals ein aller liebster Kranz von Märchenbearbeitungen zusammen gefunden; er fand eine unbefangene Pflege in an mutiger Weise und was scheinbar für Kinder geschrieben und geboten wurde, machte auch wieder die Erwachsenen zu fröhlich genießenden Kindern. Und gerade das darf mit gerechnet werden zu den liebenswürdigsten Aufgaben der Kunst. Auch bei dieser Aufführung, die sich hoffentlich in den besseren Geschmack weiter Kreise einbürgern und auch noch andere früher hier gegebene Märchen von neuem erwecken wird, hatten sich natürlich wiederum fleißige Kräfte »ur heiteren Arbeit vereinigt. Die Titelrolle, die früber Frl. Spettini so allerliebst piedergab, wurde vei Frl. Basti- gefälliger Dar- „Deutsch Amerikanische Bäcker-Zeitung". Herausgegeben vom National-Verbände der Bäcker - gehülfen der Vereinigten Staaten auf Grund von 8 l> des ReichsgesetzeS gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Socialdemokratie vom 21. October 1878 verboten Dresden, am 3. December 1887. Königliche Sächsische Kreishauptmannschaft, von Bosse. Nichtamtlicher Teil. KecegraphiscHe HlacHiTicHten. Pari-, 3. Dezember- (Tel. d. Dresdn. Journ.) Bei dem Einscdreiten der Polizei auf dem Eon- kordienplatze am gestrigen Abend wurden fünf Polizeiagenten, ein Offizier und mehrere Muni zipalgardisten durch Steinwürfe verletzt. Im gan- ren war die Bewegung in den Straßen gestern Alund viel geringer als vorgestern. Vor dem Elysee und in dem andern Quartier war eS voll kommen ruhig. Auf den Boulevards und beim Stadthause bildeten sich hin und wieder Gruppen, die von den Polizeibeamten mühelos zum AuS- einandergehen veranlaßt wurden. Gr^vy verließ das Elisee und verlegte seine Wohnung in die Avenue Jena. Die „Republique Arancaise" meint, der OstracivmuS, den man gegen Kerry zur An wendung bringen wolle, sei auf die Partei der Opportunisten gemünzt, diese würden sich aber nicht aus der Republik hinauSdrängen lassen. Madrid, 3. Dezember. (Tel. d. DreSdn.Journ.) In der Kammer brachte der Deputiert« Bushell einen Antrag auf Erhebung einer neuen Steuer ein, nämlich von IVO Pesetas per Hektoliter von Alkoholen zu industriellen Zwecken alS Oktroi abgabe. London, 3. Dezember. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Ler Bischof von Rochester ordnete in den Kirchen seiner Diözese Fürbitten für den Deutschen Kron prinzen an. Dresden, 2. Dezember. Inmitten der französischen Krisis. Für die Entscheidung der politischen Lage Frank- reich» hat sich bis heute mittags wenigsten» der eine Teil der Aktion vollzogen, — die Botschaft und Ab dankung Gravys. Es konnte leider nicht mehr unter Umständen und in einer Form geschehen, welche dieser Handlung den wünschenswerten Eindruck der Würde sicherten Der Präsident, der sich an das Steuer de» Staalsschiffes bis zum letzten Augcnblick festklammerte, vermochte es über sich, erst dann sein staatsmännisches Ehrgefühl und feinen Mannesstolz wachzurufen, at er seines hartnäckigen Bleibens wegen von den auf geregten Vertretern der Nation durch Insultationen moralisch halb getötet und in dieser kläglichen Situa tion des freien Willen» beraubt wurde. Er hat sich dadurch um den Nimbus gebracht, welchen sich auch der noch so schwer Bedrängte zu erhalten vermag: die Ambition der Selbstschätzung. Wir beklagen den greisen Staatslenker; er macht e» den wohlwollendsten Zeitgenossen schwer, ja fast unmöglich, ihm die Ge rechtigkeit und den Dank kommender Tage zu ver mitteln, deren Eroberung in seine Ha rd gegeben war. Da wir der letzten Entscheidung noch unwissend gegenüberstehen, müssen wir un» mit dem Bilde der letzten Tage begnügen. stellung von dem natürlichen Zauber einer ähnlichen Jugendfrische geschmückt. Frl. Berg gab die alte Fee WalpurgiS, Hr. Jaffi den Märchenkönig, Hr. Schubert den Baron Montecontecuculorum. D>ie Coulissen, die Costume, die Zauberkünste und Ber schwindungsapparate, daS elektrische Licht thaten in "glänzender Weise ihre Schuldigkeit und für recht leben dige Bilder und phantastische Feerien war bei den Leistungen unsere- vortrefflichen unermüdlichen Ballet corps und der Eleven seiner Schule gesorgt. Der Aufmarsch von WalpurgiL Leibgarde, ganz besonder» die phantastischen Vögel, der Spiegeltanz, da» Fest in der Küche gewährten eine überau- muntere und von viele» anmutigen Eindrücken belebte Unterhaltung. Die Darbietung ist eine willkommene Weihnacht-- gabe für den verständnisvollen Teil des Publikums. O. B. Frei tag, den 2. Dezember. DaS dritte Symphonie- Konzert der Königl. Kapelle unter Direktion des Hrn. Kapellmeisters Schuch begann mit der ersten Aufführung einer Symphonie (in La 6ur, Manuskript) von C Goldmark. Seit langer Zeit hat kein neue» Werk dieser Gattung einen so geist- und herzbewegen den und erfreuenden Eindruck gemacht. ES ist be deutend in gedanklicher, gehaltvoller, stets melodischer Erfindung, in kunstschöner und geistvoller Gestaltung. Phantasiereich poetisch, voll Wärme, Adel und Schwung der Empfindung entfaltet diefe Symphonie in'allen Sätzen volle frei wie sympatifch fesselnde, zwingende Indivi dualität der Komponisten. Sie ist eigenartig und dabei natürlich: in der Durchführung reich, manigfaltig, aber nie sthloar der Reflexion und Grübelei entsprungen; So unbeschreiblich auch der Wirrwarr ist, der vor gestern in Paris geherrscht hat, lassen sich gewisse leitende Fäden in diesem Skandal- und Jntriguenspiel doch leicht auffinden. Man weiß, daß die Radikalen und Intransigenten bei dem Ansturm auf Gravy ursprüng lich in erster Linie gestanden haben Die Haltung änderte sich aber, als man zu der Überzeugung kam, daß Ferry derjenige sei, der die besten Aussichten habe, Gravys Nachfolger zu werden. Zu diesem Ein druck hat die orleanistische Rechte anscheinend geflissent lich beigetragen — durch das Ausstreuen von Ge rüchten, daß sie für Ferry eintreten würde, daß auch der Papst die Wahl dieses Politikers empfehle u. dgl. — obwohl kaum daran zu zweifelnist, daß die Rechte vielmehr das Äußerste thun wird, um einen Erfolg der Kandidatur Ferry zu hintertreiben. Wie dem aber auch fein mag, jedenfalls alaubten die Intransi genten zu erkennen, daß sie aus einen ihren Wünschen günstigen Ausgang der Präsidentenkrisis nicht zu rech nen hätten, und wurden so zu der in der politischen Geschichte geradezu beispiellosen Schwenkung bestimmt, die sie aus den erbittertsten Gegnern Gravys zu seinen wärmsten Freunden machte und sie alles daran wenden ließ, um denselben Präsidenten, den sie Wochen lang mit Schmutz beworfen hatten, zu einem Verzicht auf den Entschluß, ins Privatleben zurückzutreten, den sie selbst neben anderen ihm aufgenötigt hatten, zu drängen. Wir müssen dabei indessen ausdrücklich hervorheben, daß die Mitglieder dieser Gruppe, die an Gravy in der letzten Zeit in der bezeichneten Weise hin und her gezerrt hat, nur ganz vereinzelt in der Kammer zu suchen sind, vielmehr — wie Darouläde, Rochefort rc. - zumeist aus Straßenpolitikern bestehen, bei denen nach ihrer ganzen Haltung in der jüngsten Zeit der dringende Zweifel gerechtfertigt ist, ob sie einer eigenen, wenn auch noch so extravaganten und tölpelhaften po litischen Überzeugung folgen, oder lediglich als bezahlte Agenten thätig sind. Grevy hat sich durch die Einflüsterungen dieser Leute, die ihm namentlich den Beistand des „Volkes" in Aussicht gestellt zu haben scheinen, nun thatsächlich verleiten lassen, seine Drmissionsabsicht aufzugeben und diefcn Wechsel in seinen Entschlüssen der mehr als überraschten Deputiertenkammer gestern bekannt zu geben. Die Folge war ein außerordentlich energischer Protest der Kammer, die mit 531 gegen 3 Stimmen den Beschluß faßte, sich bis zu dem Eingang der Mit teilung, daß der Präsident sich eines Besseren und Weiseren besonnen hätte, zu vertagen, und sich schließ lich in Permanenz erklärte. Andererseits mußte sich Grevy auch alsbald überzeugen, daß die „Hilfe des Volke-", mit der Deroulede zu seiner Hilse heran ziehen wollte, eine eitle Vorspiegelung war; denn in den Haufen, die gestern an verschiedenen Stellen in Paris tumultuierten, war von einer einheitlichen Willensmeinung keine Rede. Man ließ abwechselnd Grevy und Ferry hoch leben und trieb überhaupt ein so tolles und possenhaftes Charivari, daß der Gipfel punkt der Lächerlichkeit fchon erreicht war, als zum Überfluß der wie ein Wahnsinniger geschäftig umher laufende und wühlende Deroulede, der sich als Be herrscher der Massen geträumt hatte, kurzer Hand erst aus der Kammer gewiesen und sodann, ohne daß sich eine Hand für ihn gerührt hätte, von der Polizei arretiert wurde. Was nun Grevy und die voraussichtliche weitere Entwickelung dieser Krisis betrifft, so ist zweifellos, daß ersterer mit dem Entschluß, trotz seines bereits gegebenen Versprechens den Versuch zu machen, ob er sich nicht doch auf seinem Posten halten könnte, die Grenzlinie überschritten hat, von der ab weitere Sym pathien des Auslandes, d. h. des friedliebenden Aus landes, ihm unbedingt versagt bleiben müssen. Es heißt, daß Grevy sich mit dem Gedanken getragen im Gedankengang stets fließend in melodischen Linien und völlig frei von den musikalisch anständigen Phrasen und Flicksätzen; in der Ausdrucksweise dem Gedanken voll entsprechend, für Orchester gedacht, nicht instrumentiert, eigentümlich reizend, charakteristisch und klar im Ton kolorit. Diesen Eigenschaften eines Meisters steht feste Haltung der Form und Beherrschung der Mittel zur Seite; die Wirkung des schönen Werks steigert sich ungemein, weil sie durch keinen Teil desselben abgeschwächt wird. Mag auch der erste Sah in for meller Abrundung und Vollendung etwas zurückstehen, so tritt dadurch doch infolge seines Gedankenreichtums keine Abschwächung der Eindrucks ein. Der in seiner mit Einfachheit verbundenen Originalität entzückende Scherzoiatz mußte wiederholt werden Er bietet der Ausführung ungemeine Schwierigkeiten. Aber in ihm, wie in der Wiedergabe der ganzen Symphonie bewährten die Königl. Kapelle und ihr Dirigent die Meisterschaft ihres künstlerischen Können-; sie war eine vollendete, und in gleicher Vollendung erfolgte die Ausführung der Jagdouverture von Mehul und der A moIl-Symphonie von Mendelssohn. Unter den bisherigen Symphoniekonzerten dieser Saison gehörten die schönsten Leistungen der Königl. Kapelle diesem dritten an. Eine Wiederholung der Goldmarkschen Symphonie noch in dieser Wintersaison wäre sehr wünschenswert. ES erscheint zweckmäßiger, ein geniales neues Werk intimer kennen zu lernen, als eS vielleicht erst nach Jahren in ähnlicher Vollkommenheit wieder zu hören. Sollte nicht diese Symphonie in da» Programm de» Lschermittwochkonzert» ausgenommen werden können? C B. hätte, ein Ministerium Andrieux-Boulanger zu bilden. Auch ohne, daß wir diese Namen hören, steht aber fest, daß Grevy seine Stützen nur noch in Kreisen hätte suchen können, welche die Tendenz des politischen Abenteuers vertreten, und daß die krankhafte Sucht, im Besitz der Macht zu bleiben, ihn dahin gebracht hat, seiner ganzen Vergangenheit, die ihm den Ruf eines ehrenhaften und besonnenen Politikers eintrug, dem die Freunde des Friedens in Europa warme An erkennung entgegen bringen konnten, ins Gesicht zu schlagen. Das einzige praktische Resultat dieser Skandal episoden wird voraussichtlich eine neue Herabwürdig ung der Institution des Präsidenten der Republik vor der öffentlichen Meinung sein (ein Erfolg, der in zwischen schon eingetreten ist. D. R.). Nach diesem Ergebnis hin hat allem Anscheine nach die orleanisti sche Rechte die Fäden geleitet und bei den Intransigen ten wieder einmal willige Handlanger für ihr In» triguenfpiel gefunden. Es scheint gleichwohl, daß die Deroulede und Genossen, die vorgestern die ihnen fol gende Menge mit Hochrufen auf Rußland und Bou langer vor der russischen Botschaft demonstrieren ließen, ausgespielt haben, und daß die republikanische Mehrheit entschlossen ist, der weiteren Entwickelung der orleanistischen Jntrigue durch eine energische Einwirkung auf Grevy und eine rasche Einigung über seinen Nachfolger ein Ziel zu setzen Sollte diese Wahl auf Ferry fallen, was allerdings heute kaum wahrscheinlich erscheint, so würde Frankreich das beste Ende seiner gegenwärtigen Wirren gefunden haben, und es ist nicht unmöglich, daß die Abgründe, die sich vorgestern vor der Deputiertenkammer aufgethan haben, auch den Radikalen die Augen über die Ge fahren, vor denen die Republik steht, und über da» Maulwurfstreiben der Gegner dieser StaatSform und des europäischen Friedens geöffnet haben, und sie so zu einer andern Beurteilung Ferrys und dessen, wa» von diesem Manne erwartet werden kann, und wa» für jeden aufrichtigen Anhänger der Republik die Hauptsache sein müßte, geführt werden. Ein nicht völlig bedrohliches, aber doch ganz an deres Gesicht für die nächste Zukunft würde eine Wahl Freycinet darbieten, jedoch giebt bi- jetzt die große auf ihn in einer Vorabstimmung gefallene Stimmenzahl noch gar kein Ergebnis, mit dem sich rechnen läßt. Tagesgeschichte. * Berlin, 3. Dezember. Se. Majestät der Kaiser nahm heute mehrere Vorträge und demnächst im Bei sein des Kommandanten die persönlichen Meldungen mehrerer hoher Offiziere, fowie des japanischen Haupt manns Takeska Jamane und des türkischen Lieute nant- Sabit, welche beide zur Dienstleistung beim Garde Pionier-Bataillon kommandlert worden sind, entgegen. Mittags arbeitete der Kaiser längere Zeit allein, ließ sich vom Generalintendanten Grafen Hoch berg Vortrag halten und unternahm um 2 Uhr eine längere Spazierfahrt. Das Diner nahmen die Kaiserl. Majestäten heute nachmittags allein ein. Se Königl. Hoheit der Prinz Wilhelm ist mit dem Prinzen Ludwig von Bayern, dem Prinzen Friedrich Leopold von Preußen, dem Prinzen Friedrich von Hohenzollern rc. gestern abend 6 Uhr vom Lehrter Bahnhofe aus mittels Extrazuges nach Letzlingen abgereist, um daselbst heute und am Sonn abend Hofjagden auf Rot, Dam- und Schwarzwild abzuhalten. Der Herzog von Altenburg hatte sich direkt nach Letzlingen begeben. Der Prinz Wilhelm traf mit der hohen Jagdgesellschaft um H9 Uhr in Letzlingen ein. — Der Prinz Ludwig von Bayern und der Herzog von Sachsen-Altenburg werden nach beendeter Hofjagd in Letzlingen morgen abend Frieda. Erzählung von B. Mercator. (Fortsetzung.) „Wenn ich doch nur bald wieder besser wärel Ob eS ihm wohl leid thut?" Ihr Herz antwortete: „Ja, ja!" es thut ihm leid!" auch dann noch, als Wally spät abend- die Thüre aufriß und in das stille Kämmer chen rief: „Na, w'e geht es Dir? was machst Du für dumme Streiche! Hättest mit auf dem Rathaussaal sein sollen! Ich bin halb tot getanzt, dieser Assessor Schmidt ist doch ein famoser Mensch, hätte kaum ge dacht, daß er so amüsant sein könntet Ja, auch dann noch sagte die leise Herzensstimme: „Er ist doch traurig, daß ich nicht dabei war." Nur einmal, einmal hätte Friedchen es hören mögen vor der langen Nacht! Nur einen Gruß von ihm haben! Aber niemand brachte ihr den, obgleich Walter Schmidt, der längst aus der Festversammlung, die ihn so maßlos gelangweilt hatte, nach Hause zurückgekehrt war, eben lächelnd zu sich selbst sagte: „Freut mich doch, daß ich ihr die Veilchen geschickt habe! Arme-, liebe» Friedel, du! Mutter, wenn du wüßtest, wie gewiß ich meines Herzen- bin!" Dabei holte er einen Brief au» der Tasche und la» heute schon zum dritten Male, was seine geliebte Mutter ihm zur Beantwortung seines Geständnisses geschrieben hatte: „Mein lieber, lieber Sohn! Jnnigst danke ich Dir für Dein Schreiben! Da ist ja mein größtes Glück, daß meine Kinder mir er lauben, in ihrem Herzen Einkehr zu halten, ja sogar dort bisweilen ein wenig aufzuräumen Mein lieber
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