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und Tageblatt. Amtsblatt für die königlichen und stiidtilchen Behörden zn Freiberg nnd Brand. Bersstw örtlich er Redakteur Julius Bras« i» Freiberg. — 33. Sohr,«»,. , -K/» rychemt jeden Wochentag Abend« a Uhr für den , Inserate werden bi« Vormittag» 11 Uhr angenom- i - rLÄch^LÄ^LLM: Sonnabend, dm 17. September. 1881. Wetter-Prsguose für Sonnabend, den 17. September: Keine wesentliche Aendernng in dm bestehenden WitternugsverhAtniffe« zn erwarte«. Vie Wendung in Nordafrika. Unsere Zeit ist ungemein schnelllebig; denn kaum schien dem Konflikte zwischen Frankreich und Tunis durch den bekannten Vertrag mit dem Bey ein erwünschtes Ende be reitet, da tauchre hinter diesem lokalifirten und unblutigen Feldzuge das Schreckgebilde einer allgemeinen mohameda- nischcn Erhebung von den Säulen des Herkules bis zum Rothen Meere auf. Zu den Propheten, die am Rande der Sahara die Fahne des heiligen Krieges erhoben, wie Bu Amema, gesellten sich andere an der Grenze Ober- Egyptens in Sudan. Wohl war die Hand der Pforte in dieser Propaganda ebenso unverkennbar, wie cs ja in der Natur der Dinge lag, daß Abdul Hamid weder als Sultan und Herr von Tripolis, an dessen Pforten der Aufstand pochte, noch als Khalif der Gläubigen dabei un- betheiligt bleiben konnte. Aber wenn auch damit in ferner Perspektive die Möglichkeit neuer Verwicklungen für Europa gegeben war, so mochte man sich damit trösten, daß dafür viel Brennstoff entfernt würde, wenn die Pro menade nach Tunis zu einem Kriege im großen Styl an schwoll, der Frankreich nöthigte, unter einem mörderischen Klima und in einem unwirthlichen Lande eine Armee von 100000 Mann komplett und in fcldtüchtigem Zustande zu erhalten. Da rückt Plötzlich über Nacht eine Soldaten-Emeute in Kairo die bisher nur als dunkle Wolke am Horizonte schwebende Gefahr einer europäischen Verwickelung in un mittelbarste Nähe. Viertausend Mann mit 30 Geschützen, nahezu die Hälfte der stehenden Armee, umringen den Palast Tewfik Paschas und erzwingen den Rücktritt des seit einem Jahre amtirenden Ministeriums Riaz Pascha. Daß dieses Pronunziamento Zustände schaffen wird, die eine Intervention der Mächte in Egypten veranlassen, dürfte schon heute feststehen. Schlimmer noch ist es, daß Diejenigen, die man dreist als Regisseure dieser Kasernen- Revolution betrachten mag, es eben auf die Provozirung einer solchen Einmischung abgesehen. Wie Napoleon I. von der russischen Polizei sagte, sic sei die beste der ganzen Welt, weil sie um jeden Diebstahl immer schon wisse, ehe er noch verübt sei: so ist bereits vor dem Auf stande in Kairo Generalkonsul Mallet von Alexandrien nach Konstantinopel abgereist, um dort mit Duffcrin die Maßregeln zu besprechen, die unmittelbar nach demselben zu ergreifen sein würden. Das spricht lauter als ganze Bände von Kommentaren über das Ereigniß, dessen Ursprung sür Niemand zweifelhaft sein kann, zumal wenn man sich er innert, wie schnell und geheimnißvoll Beaconsfield am Vorabende des Orientkrieges bei der Hand war, durch den Aktienankauf seine Hand auf den Suezkanal zu legen und mit welcher Zähigkeit seitdem England bestrebt war, die Verwaltung Egyptens unter möglichst spärlicher Zulassung des französischen Einflusses zu okkupiren. Man glaubte durch Einsetzung eines neuen Khedive eine Sicherung der europäischen Interessen erreicht zu haben, und nun muß man sich überzeugen, daß auch der neue Khedive dem natürlichen Bestreben gehorcht, sich und sein Land von der europäischen Vormundschaft zu be freien. Für England ist Egypten wegen des Weges nach Indien von größter Bedeutung, und auch Gladstone betrachtet es als eine Nothwendigkcit, darüber zu wachen, daß der Suezkanal in englischen Händen bleibe. Allein Gladstone fürchtet den Widerspruch und die Rivalität der anderen europäischen Staaten, und so greift er jetzt zu dem Auskunftsmittel, die Hilfe der Türkei anzurufcn. Die Türkei soll also in Egypten erscheinen, um die Ordnung wieder herzustellen, sic soll an den Ufern des Nil die Zivilisation beschützen. Was für Europa chamit gewonnen werden soll, ist nicht leicht einzusehen, und eine definitive Lösung der egyptischen Frage wird durch die türkische Intervention gewiß nicht herbeigesührt werden. Andererseits irrt sich Gladstone, wenn er glaubt, auf diese Weise das Mißtrauen der europäischen Mächte beschwichtigen zu können. Die Mächte, welche an das Mittelländische Meer grenzen und welche im Oriente ein vitales Interesse zu vertreten haben, werden die Schritte Englands in Egypten mit größter Sorgfalt überwachen. Während der letzten Orientkrise, hatte sich den Völkern noch nicht das richtige Vcrständniß für die Orientinteresscn erschlossen. Die öffentliche Meinung war noch von alten Traditionen beherrscht, die nicht mehr zu den modernen Verhältnissen passen und man konnte sich nicht recht mit dem Gedanken vertraut machen, daß wirklich die große Stunde gekommen sei, wo die längst angekündigten Veränderungen im Oriente sich endlich vollziehen müssen. Jetzt aber stehen die Dinge ganz anders und keine Macht mehr kann gegenüber der Orientfrage sich zu einer Poli tik totaler Passivität bekennen. Rußland sucht Genug- thuung wegen der Behandlung, die ihm Europa zu Theil werden ließ; Rußland denkt vor Allem an die Zerreißung des Berliner Vertrages. Oesterreich hat in Bosnien eine Position gewonnen, die es vcrtheidigcn muß und die für diesen Staat die Verpflichtung ergiebt, bei der Ord nung der Orientfrage sich das Recht eines ent scheidenden Einflusses zu bewahren. Frankreich hat be reits durch die Expedition in Tunis bewiesen, daß es sich nicht zu einer Politik unfruchtbarer Neutralität verurthcilt sehen will und die französische Republik ist nicht gesonnen, noch einmal der Rolle sich anzubcquemen, die ihr während der Oricntkrise zugefallen ist. Italien fühlt sich durch Frankreich überflügelt und die italienische Regierung ist von der Ansicht beherrscht, daß, wenn nicht ihre ganze Autorität vernichtet werden soll, sie nicht einem zweiten Trauerspiel im Oriente als stummer Zeuge beiwohnen darf, wie es bei der Orientkrise der Fall gewesen. So hat gegenüber der Oricntfrage bei den europäischen Mächten das Gefühl der Verantwortlichkeit sich verschärft und ein neuer Ausbruch der Orientkrise würde wahrschein lich die meisten europäischen Regierungen in fieberhafte Thätigkeit versetzen. Wenn aber die Regierungen sich aus unmittelbare thatsächliche Erfolge angewiesen sehen, dann sind Veränderungen nicht zu vermeiden und jeder Staat ist dann gezwungen, der öffentlichen Meinung bis zu einem gewissen Grade Rechnung zu tragen. Es muß dann jene Politik inauguirt, muß dann jenes System sanktionirt werden, welches geeignet ist, den Erfolg zu ver bürgen. In dem gegenwärtigen Augenblick würde daher das Erwachen der Oricntfrage wichtige Veränderungen im Innern der Staaten zur Folge haben. Die Staaten haben erkannt, wie folgenschwer die Fehler in der^Orient- politik sich rächen können und man würde daher alles aufbieten, damit nicht zum zweiten Male Fehler begangen würden. Das ist die wahre Ursache, weshalb die Verwicklungen in Egypten eine so große Beunruhigung bei den euro päischen Regierungen hervorgcrufen und daher wird man auch Alles aufbieten, damit in Egypten nothdürftige Ordnung hcrgestellt werde und man wird keine Mühe sparen, um die egyptische Frage möglichst rasch wieder zur Ruhe zu bringen. Die Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen, daß dies wirklich gelingen kann, aber dennoch ist cs eine vergebliche Hoffnung, daß die Orientfrage noch auf längere Zeit vertagt werden könnte. Eben jene große mohamcda- nische Bewegung, welche ganz Asim und weite Gebiete in Afrika umfaßt, wird Europa zwingen, aus seiner Ruhe herauszutreten, wird auch die europäische Politik in Be wegung versetzen. Dann wird es sich zeigen, inwieweit die neueste deutsch-russische Annäherung wirklich eine Basis des Friedens ist. Tagesschau. Freiberg, 16. September. Gestern Nachmittag gegen 2 Uhr traf Kaiser Wil helm von dem Fcldmanöver der 17. gegen die 18. Division in der Gegend von Hanorau wieder in Itzehoe ein. Wir haben bereits seines Aufenthalts in Hamburg gedacht, glauben jedoch auf die dabei gehaltenen Ansprachen noch mals in etwas ausführlicherer Weise zurückkommen zu dürfen. Auf der dortigen deutschen Seewarte schloß Herr Prof. vr. Neumayer nach einem Hinweise auf die wiffen« schaftlichc und praktische Bedeutung des Instituts mit den Worten: „Andere Zetten werden kommen und andere Personen werden LeS Lebens und Amtes Mühen und Freuden zu tragen haben. Sowie die Seewarte ihrer Ausgabe gemäß noch manchen Sturm der Atmosphäre zu prognostiziren haben wird, so werden auch noch manche Stürme daö Menschengeschlecht in seinem Ringen nach Kulturbedeutung bewegen. Was immer sich auch daraus entwickeln möge, so können wir doch der Ueber- zeugung uns nicht entschiagen, daß die edlen, gemeinnützigen Ziele der Wissenschaft, auch in ihrer Anwendung auf daö all tägliche Leben, für alle Zeiten werben hochgehalten werden. Mit derselben nicht zu erschütternden Zuversicht und überdies mit treuer Verehrung trägt die deutsche Nation daS Bewußtsein, daß die Geschichte die Kunde von der unversiegbaren Güte, der nimmer ruhenden Sorgfalt, womit Eure Kaiserliche und Königliche Majestät alle Klassen der Bevölkerung in gleichem Maße zu beglücken allerhuldvollst geruhen, und wovon diese Stunde abermals ein so beredtes Zeuantß abgelegt, zu den fernsten Generationen gelangen lassen wird." Hierauf ergriff Herr Senator Herz das Wort, um an den Kaiser die Bitte zu richten, die maritime Ausstellung eröffnen zu wollen; er sagte unter Anderem: „Ew. Majestät wollen erfüllen, was das Komitee zu hoffen gewagt, wodurch Ew. Majestät aul's Neue bcthätigen, in wie gütiger Weise der ruhmgekcönte Feldherr den Werken deS Frie dens seine Theilnahme schenkt! Für die Weihe, die Ew. Maje- tät beute der ersten deutschen maritimen Ausstellung für alle Zeiten geben, erlaube ich mir, Ew. Majestät Namens des Ko mitees den ehrerbietigsten, tief und wahr empfundenen Dank darzubringen und an denselben die innigsten Wünsche für das Wohl Eurer Majestät zu knüpfen! Möge der gütige Gott, der Ew. Majestät bisher so sichtbar beschützt hat, auch ferner seine segnende und behütende Hand über dem ge heiligten Haupte Ew. Majestät halten und Ew. Majestät Ge sundheit und langes Leben schenken zum Heile unseres großen, geliebten, herrlichen Vaterlandes!" Der Kaiser, der die beiden Reden stehend angehört hatte, verneigte sich nach Beendigung derselben zum Zeichen des Dankes gegen die Redner und erwiederte mit weithin vernehmbarer, klangvoller Stimme Folgendes: „Ich bin der Einladung mit großer Freude gefolgt, um diesem Tage und dieser Feier beizuwohnen. Es ist ein neuer Beweis, )aß die nie ruhende menschliche Forschung und das Ringen nach neuen Erfahrungen, was wir hier im neuen Gepräge und neuen Lichte schauen und lichtvoll gestaltet sich ent wickeln sehen, von Erfolg gekrönt werden. Die Dinge, die Sie in Ihrer Ansprache berührten, sind so mannig faltig und vielfältig, daß Laien dem nicht zu folgen ver mögen. So geht es mir also auch; es ist mir daher eine große Freude gewesen, diese Anstalt zu sehen und ihrer Einweihung beiwohnen zu können. Ich kann nur hoffen, daß die Hoffnungen und Wünsche, die ganz Deutschland auf dieses Institut setzt, auch in vollem Maße in Erfüllung gehen, und die Herren, die damit beschäftigt sind, sind mir Bürge dafür, daß sie in Erfüllung gehen werden, daß die Wissenschaft sich immer mehr erweitert zur Sicherheit derjenigen, welche sich auf dem Elemente bewegen, dem die Seewartc vor Allem ihre Thätigkeit widmet. Und es ist diese Aufgabe eine so großartige, daß ich nur meinen Dank dafür aussprechen kann, daß ich dieser Feier bei wohnen konnte, und möge der Segen des Himmels, auf den ja im mcnfchlichen Leben Alles ankommt, auf diesem Hause ruhen sort und fort." Von offiziöser Seite wird heute als wahrscheinlich ge meldet, daß noch vor dem preußischen Landtage eine kurze