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Wilsdruffer Tageblatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, .»il«kr»k« T-a-dlatt» er-chcint tL-lich »ach». 8 Uh« sLr dr» Ta«. V«,ug;pr-i»: Bki Abh^luno in »M GifchSsttfirll« »nd den «ur,,beftel!e» r Wk. i» Monat, bei Z-ftell»», d«ch die «ote» r,3v Mk., bei Postbestellun, M inrLalich Abtrag, gebühr. Einzelnummern Wochenblatt für Wilsdruff «. Umgegend GL«««» eatoegen. Z» Falle HLHeeer Demalt, »ric, »der sonstiger Betrieb,st»run,e» besteht Kei» Anspruch auf Lieserung t« Zeitu»« -der Lürputg d» Vezng.pretse». — Rüchs-»du», ei»,es-Ubier SchrMLck« erf»l«t »ur, »eu» Port- bei»«,«. Fernsprecher! Amt Wilsdrx» Nr. « LUSK^SW: durchFernrusübermittelte»Auzcigrn Lbe-U-Hm-N wir keine Garantie. g«d«Rabat.anspruch erlischt »e«^rB-Ä^K^ Äla°. ei,°.z°,«, «erden »»b ober der Anftra ,,-b-r in »ankur. «er-t. «nzei, en n-hmL äll- V^'L^ »a« Wilsdruffer Tageblatt euthSlt die amtlichen Bekauntmachrmge« der Amtshauptmannschast Meitze«, des Amtsgerichts «xd Stadtrats zu Wilsdruff, Forstreutamts Tharandt, Finanzamt« Rosse«. Nr. 132 — 85 Jahrgang Teirgr Adr: .Amtsblatt« Wi!»drNfs"Dre»den Postscheck: Dresden 2640 Mittwoch den 9. Juni 1926 Der Brief Hindenburgs. Äußerungen der Presse. . Der an Herrn von Loebell gerichtete Brief Hindew "urgs, in dem der Reichspräsident seine private Stellung nahme gegen die Enteignung der ehemals regierenden Fürstenhäuser festlegt, hat in der Öffentlichkeit, wie nicht anders zu erwarten war, starke Beachtung gefunden. Di« Presse der Neichshauptstadt, die das Schreiben Hinden burgs wörtlich an hervorragender Stelle wiedergibt, knüpft an die Ausführungen des Reichspräsidenten län- . I gere Kommentare» in denen, je nach ihrer parteipolitischen Zugehörigkeit, Stellung zu den Äußerungen Hindenburgs genommen wird. In der Rechtspresse werden die Ausführungen des Reichspräsidenten vorbehaltlos gutgeheißen. , Der Berliner Lokalanzeiger weist darauf hin, daß der Brief den Reichspräsidenten wieder als das zeigt, lvas er so oft schon gewesen ist, als den getreuen Ekke hard seines Volkes. Klarer und schärfer, als Herr von Hindenburg seine persönliche Auffassung zu dem Volksent scheid fern voa Loebell entwickelt hat, klarer und schärfer kön nen dlc Gefahren, vor denen wir stehen, gar nicht bezeichnet werden. — Die Deutsche Tageszeitung weist darauf hin, daß weiteste Kreise der Bevölkerung es dankbar begrüßen Herden, daß der Reichspräsident sich in dieser klaren und ent schiedenen Weise zum Volksentscheid geäußert hat. Ganz be sonders wird man in der Landwirtschaft, die mit der Sicherheit des Eigentumsbegriffs steht und fällt, Herrn von Hindenburg Dank für dieses offene Wort wissen. Mit der ihm eigenen peinlichen Korrektheit in Verfassnngsfragen er klärt der Reichspräsident, daß er sich seine Entschließung gegen über dem Ergebnis des 20. Juni Vorbehalten müsse. Nach Ver öffentlichung dieses Briefes aber weiß das deutsche Volk, daß die Linke mit der Fürstenenteignung nicht nur die Beraubung der Fürsten selber und auch nicht nur die Zerstörung des ganzen. Eigentumsrechts beabsichtigt, sondern außerdem noch Ke«. Stellung des Reichspräsidenten zu unter graben hofft. Die der Volkspartei nahestehende Deutsche All gem e i n e' Z e i t u n g begleitet den Brief Hmdenburgs mit folgenden Worten: Die Auffassung, die aus dem Schreiben spricht, durfte auch der Rcichsrcgierung bekannt sein. Die Relchsregierung, die in ihrer Halinug E" den Volksentscheid m durchaus scstgelegt ist batte die Absicht, wie wir bereits Mitteilten, diese Stcl- lungnahm^ eurer Kundgebung zu erneuern. Vielleicht gibt ibr der in seinem Charakter natürlich persönlich gehaltene Hindenburg-Brief erwünschten Anlaß dazu. * Die demokratische Presse weist darauf hin, daß es keineswegs überraschend sei, daß Reichspräsident von Hindenburg gegen die Enteignung der Fürstenhäuser sei. Die Kommentare der demokratischen Blätter lassen nach Möglichkeit den Reichspräsidenten aus dem Spiel. Ihre Angriffe richten sich vielmehr gegen Herrn von Loebell. So schreibt das Berliner Tageblatt, daß Herr von Loebell Herrn von Hindenburg veranlaßt und so den Reichs- Präsidenten wieder einmal in den Kampf der Parteien hincin- llezerrt habe. Herr von Loebell und andere Anwälte der Fürsten versuchen, den Reichspräsidenten mit einem großen Teil des arbeitenden Volkes zu entzweien. Ähnlichen Ge- . dankengängen folgen die Ausführungen der Rassischen l Zeitung, die betont, daß die Rechtsradikalen den Reichs- Präsidenten aus seiner überragenden Stellung herausmanö vrieren und ihn zum Gefangenen der Loebell-Leute machen l wollen. Auch der sozialdemokratische Vorwärts zieht scharf gegen Herrn von Loebell los und schreibt: Wenn der Reichspräsident die Veröffentlichung genehmigt üch »n Aue bauz unmögliche Lage gebracht. Mischt sieh der Reichspräsident in den Streit der Parteien, so muß er sich auch gefallen lassen, behandelt zu werden wie jeder andere. Das Blatt bringt seine Meinung zu der Brief- angelcgenheit auf folgende Formel: Wir halten den Reichs präsidenten für eine einfache Natur und einen in den Ideen der Vergangenheit befangenen ehrlichen Mann. Aber gewisse Leute, die sich an ihn herandrängen und die sich seiner zu be mächtigen suchen, halten wir für schofle Intriganten und Per fide, vor keinem Mittel zurückschrcckende Feinde der Republik. Die Rote Fahne gebärdet sich sehr aufgeregt. Sie ruft zur siegreichen Gegenwehr auf und will den außerparlamentarischen Kampf zum 20. Juni so mobilisieren, daß nicht nur die Fürsten, sondern auch ihre Schützer und Hüter „abgefunden" werden können. * Von zuständiger Seite wird mitgeteilt, daß der ! Reichspräsident sich dahin geäußert hat, daß er sclbstver- ! stündlich zu seinem Briefe an den früheren Staatsminister d- Loebell stehe und daß er auch die Veröffentlichung dieses l f Briefes nicht beanstande. Ser deutsche Flvttenbesuch in Spanien. Barcelona ehrt die deutschen Gäste. Der Besuch der deutschen Linienschiffe in Barce- »ona wurde durch zahlreiche eindrucksvolle Veranstal tungen gefeiert. Die spanischen Sportklubs ließen Ein ladungen zu sportlichen Wettkämpfen ergehen, an denen die deutsche Kolonie und die Schisssbesatzungen, insge samt mehrere Tausend Deutsche, teilnahmen. Am 7. Juni folgten der Admiral, Offiziere und Mannschaften der Ein- ladung zu einem Stiergefecht. Am Abend gab die Stadt An Festbankett, bei dem der Oberbürgermeister, Baron Biber, die deutschen Gäste begrüßte und gleichzeitig den Vie Usggrnvrroriinung in Uran. Neue Ausführungsbestimmungen zur Zlaggeuverordnung Beratungen über die Einheitsflagge. Die Flaggenverordnung, die Reichskanzler Dr. Luthei kurz vor seinem Sturz erlassen hat und die den diplomati schcn Missionen im Ausland, die von deutschen Schiffe, angclaufcn werden, die Hissung der schwarz-weiss rote, Fahne mit einer schwarz-rot-goldenen Gösch vorschreibj ist bereits bei einigen Auslandsvertretungen in Kraft ge treten, so in Schweden, Spanien und Amerika, die ir dieser Zeit den offiziellen Besuch deutscher Kriegsschiff, empfangen haben. An diese Auslandsvertretungen ifi von. Auswärtigen Amt telegraphisch die Anweisung er gangen, dass dort die Flaggenverordnung sofort in Krass gesetzt werden soll. Demnächst werden noch weitere Aus! s ü h r u n g s b e st i m m u n g e n über die Flaggenvcr ordnung erlassen werden, die sich auf die Frage der Gösch aus die Grösse der Flagge und darauf beziehen werden wo die Flagge angebracht werden soll. Sobald dies, Ausführungsbestimmungen erlassen sind, wird zugleich mit der Verordnung das Flaggentuch an die auslän dischen Missionen abgesandt werden. Die Verordnunk selbst soll bis zum 11. August, dem Versaffungstag, atz allen Stelle» in Kraft sein. Das Neichskabinett ist bei den Beratungen über du Flaggenfrage bisher zu keinen: Entschluß gekommen. Es hat vielmehr beschlossen, die Angelegenheit zunächst durch vorgesehene» -nussmusi oeyanoem zu ragen Welterhrn wird der Reichskunstwart dem Reichskabinett über dw bisher eingegangenen Vorschläge Bericht er- An^ivahl^^ HEt, stehen drei Entwürfe zur engeress 1. Der Vorschlag des Neichskunstwarts, ein schwarzer Kreuz mit vier Feldern in den Farben Rot und Gold, 2' dasselbe Kreuz auf einer vierfarbigen Flagge mit Schwarz-Weiß-Rot und Gold, 3. eine fchwarz-weiß-rote Flagge mit zwei schwarz- rot-goldenen Querbalken. Im Kabinett war man grundsätzlich der Auffassung, daß vor dem Volksentscheid eine praktische Aufwerfung der Flaggenfrage nicht mehr in Frage kommen könne. Parteiführerbesprechungen beim Reichskanzler. Der Reichskanzler empfing Dienstag nachmittag di« Vertreter der Regierungsparteien zu einer Aussprach« über den Regierungsentwurs für die vermögensrechtlicht Auseinandersetzung mit den ehemaligen Fürstenhäusern. Nach dieser Besprechung soll die erste Lesung der Regie- rungsvorlage um Mittwoch vormittag stattsinden. Di« Regierung wird in einer Erklärung um möglichst schnelle Verabschiedung der Vorlage ersuchen. Die Frage der sog. Präambel, wodurch das Gesetz des verfassungs- ändernden Charakters entkleidet werden soll, damit es mit einfacher Mehrheit angenommen werden kann, wird nicht von der Regierung aufgeworfen werden, sondern von den Regierungsparteien im Rechtsausschuß, an den di« Vorlage überwiesen werden wird. zum erstenmal in Barcelona anwesenden deutschen Botschafter, Grafen Welczek, feierte. Der Botschafter pries in seiner Antwort die weit vorgeschrittene Handels- und Industriestadt Barcelona und gedachte der treuen Freundschaft Spaniens in guten und in schweren Zeiten. In zahlreichen Kundgebungen der Presse und der Öffentlichkeit kam die Sympathie für die deutschen Gäste zum Ausdruck. öAerreW Zmanzkonttolle aufgehoben. AustrittBrasiliensausdem Völkerbund? Wie aus Rio de Janeiro gemeldet wird, kündigt die Zeitung „El Globe" den Austritt Brasiliens aus dem Völkerbunde an. Die offizielle Modifikation werde in Genf bald erfolgen. Die amtlichen brasilianischen Kreise iveigerten sich, diese Nachricht, die inspiriert zu sein scheint, zu bestätigen oder zu widerlegen. Das Natskomitce für Österreich hat beschlossen, den Posten des Generalkommissars für die Finanzkon trolle des Völkerbundes in Österreich Ende dieses Monats endgültig auszuheben und den General kommissar Zimmermann zu diesen: Zeitpunkt abzuberufen. Das Ratskomitee für Ungarn hat sich gegen die voll kommene Abschaffung der Finanzkontrolle des Völker bundes in Ungarn ausgesprochen. Der Generalkommissar Smith wird zwar in der nächsten Zeit, voraussichtlich Ende dieses Monats, seinen Posten verlassen und soll auch keinen Nachfolger erhalten. Dagegen bleibt die Kontrolle Uber die Pfänder und über die Restbestände der Völker bundanleihe in Höhe von 83 Millionen Goldkronen be stehen. Die technischen Einzelheiten zur weiteren Aus übung der Kontrolle sollen vom Finanzausschuß des Völkerbundes noch einer Prüfung unterzogen werden. Beim Völkerbundrat ist ein Antrag Frankreichs ein gegangen, wonach zwischen den Mitgliederstaaten des Völkerbundes ein Abkommen geschlossen werden soll, nach dem sie sich im Falle von Münzfälschungen gegen seitig Hilfe zusichern. In dem Antrag wird der Fall der ungarischen Frankfälscheraffäre nicht erwähnt. Der Hochschulkonsiiki in Hannover. 250 drohende Relegationen. Die Hannoverschen Studenten sind von ihrem Aus flug nach Braunschweig, wo sie zusammen mit den Stu denten der dortigen Hochschule gegen die Relegation von zehn Kommilitonen demonstrierten, wieder in die Leine stadt zurückgekehrt. Wie es heißt, sind mit der Ausweisung der zehn Studenten die vom preußischen Kultusminister angeordneten Strafmaßnahmen keineswegs zum Abschluß gelangt. Nach Mitteilungen des Rektors werden, die Untersuchungen gegen die 250 Studenten weitergeführt und wahrscheinlich zur Verweisung der Studenten von der Hochschule führen. Das Verfahren dürfte noch zwei bis drei Wochen dauern. Der Rektor, Professor Osterlen, hat erneut m:t Pro- feffor Lessing verhandelt, um ihn zum Rücktritt zu be wegen. Wie gemeldet wird, soll Professor Lessing zum Rücktritt bereit sein, wenn er in einer rhm geeignet er scheinenden Form darum gebeten werden sollte. Deutscher Reichstag. (208. Sitzung.) 6L. Berlin, 8. Juni. Der Reichstag war heute nur schwach von Abgeordnete« besetzt. Dagegen hatte sich ein zahlreiches Tribünenpublikuni eingesunden, das wohl in Anbetracht der etwas gespanntes politischen Lage in Erwartung besonderer Sensationen g« kommen war. Diese blieben aber aus. Die zweite Beratung der Novelle zum Reichsknappschastsgeseh wurde fortgesetzt. Abg. Jmbusch (Ztr.) meinte, wenn da! Reichsknappschaftsgcsetz den sozialen Frieden nicht gefördert habe, so sei das nicht Schuld des Gesetzes, sondern der Unteri nehmer im Bergbau, die das Gesetz nicht richtig durchgeführl haben und durch ihren Widerstand erst die jetzige Novelle noü wendig gemacht hätten. Die sozialen Ausgaben und der Loh« zusammen seien im deutschen Bergbau nicht so hoch wie allei« der Lohn im englischen Bergbau. Neichsarbeitsminister Dr. Brauns bezeichnete die von Arbcitgeberseite verbreitete Schätzung bei Belastung durch die Novelle als eine Privatarbeit. Die Höher schätzung der Lasten, zu der die Arbeitgeber im Gegensatz zuw Arbcitsministerinm kämen, stützen sich aus nicht stichhaltige Gründe. Die Arbeitgeber berechneten z. B. schon Beitrags erhöhungen, die später beschlossen werden könnten. Um solche ungelegten Eier sollte man sich doch nicht kümmern. (Seh: richtig! links.) Weiter würden Lasten für Rücklagen berechnet, obwohl weitere Rücklagen nach den bisherigen gar nicht nötig seien. Dann wies der Minister darauf hin, daß die Novelle den Arbeitnehmern eine durchaus angemessene Vertretung in den Sclbstverwaltungskörpern der Knappschaftsversicherung verschaffe. Das Arbeitsministerium sei immer für die Durch- führung der Familienhilfen eingetreten. Abg. Schwan (Komm.) erklärte, die Regierung hatte sich durch ihre Passivität daran mitschuldig gemacht, wenn die Unternehmer den Bergarbeitern bisher die Familienhilfe vor- cnthalten hätten. Die Novelle sei nicht geeignet, die berechtigten Ansprüche der Bergarbeiter zu befriedigen. Der Redner bezeichnete die Lage der Bergarbeiter als un erträglich. Er erinnerte an den Generalstreik der englischen Bergarbeiter und meinte, die deutschen Bergarbeiter würdey bald dem Beispiel ihrer englischen Kameraden folgen. i Abg. Schneider-Berlin (Dem.) wies die Kostenberechnung der Unternehmerverbände als unzutreffend zurück. Tatsächlich berechnet die Novelle nur eine Mehrbelastung um vier Mil lionen. Das Unrecht, das von den Arbeitgebern durch die Auf hebung oder Nichtcinführung der Familienhilfe begangen wor den sei, müsse jetzt gutgemacht werden durch die gesetzliche r;est, legung der Familienhilfe. Durch die Eiustthrung von Lohn klassen Würde sicherlich in einigen Jahren eine Ersparnis em- Abg. Schirmer (Naher. Vp.) bezeichnete die NoveA in der Ausschutzfassung als einen gesunden Ausgleich zwischen den Forderungen der Unternehmer und denen der Kommunisten. Von einer übermäßigen Belastung der Unternehmer könne Aba^SWHr (Völk.) trat für die Novelle ein. Sie bedeute für die Arbeitnehmerschaft im Bergbau einen sozialpolitischen Fortschritt und sei für den Bergbau auch in seiner jetzigen kritMM ^^^ine schloß. Die Einzelberatung wurde auf Mittwoch vertagt. In dieser Sitzung sollen außer dem noch der deutsch-schwedische Handelsvertrag Mb der Gesetz entwurf über die Auseinandersetzung mit den Fürstenhäusern in erster Lesung beraten werden.