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lhönbmM Tageblait Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn» und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 25 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Kirchgasse 255. — und Oldenburger Anzeiger. Amtsblatt für den Stadtrath ja Maldeabarg. Filialen: in Altstadtwaldrnburg bei Herrn Kaufmann Max Liebezeit; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. Härtig, Mandelqafse; in Rochsburg bei Herrn Buchhalter Fauth; in Lunzenau bei Hrn. Buchhdlr. E. Dietze; in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein b. Hrn.Buchh. I. Wehrmann. — Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstein-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchurs^orf, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Neichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. Dienstag, den 22. Februar 1887. Witterungsaussichteu für de« 22. Februar: Bei schwachen umlaufenden Winden veränderliche Bewölkung, Niederschläge nicht ausgeschlossen. Temperatur unverändert. Bekanntmachung. Die diesjährigen Passionsgottesdicuste nehmen am nächsten Freitag ihren Anfang und sollen, so Gott will, an jedem Freitag abends 6 Uhr abgehalten wer den. Mit denselben wird am 11. März (Bußtag) und am 25. März die Feier des heil. Abendmahls verbunden werden. Außerdem findet Communion am Sonn tag Jnvocavit und am heil. Charfreitag früh und abends statt. Waldenburg, den 20. Februar 1887. Das Pfarramt daselbst. Oberpfarrer Thomas. "Waldenburg, 21. Februar 1887. Die Wahlen zum Reichstage haben stattgefunden, wenn diese Blätter den Lesern in die Hände kommen, auch der Wahlkampf ist im Großen und Ganzen vor über, und nur in den Wahlbezirken, in welchen Stich wahlen stattzufinden haben, wird sich abermals ein heftiger Kampf um den Sieg entspinnen. Die Stich wahlen sollen, wie bekannt, mit thunlichster Beschleu nigung stattfinden, damit in dem Zusammentritt des Reichstages keine Verzögerung erfolgt. Für die Stich wahlen pflegt der Ausfall der Hauptwahlen entschei dend zu sein. Das große erste Resultat gewinnt die noch schwankenden Wähler in den zweifelhaften Wahl kreisen, und deshalb bildet das Stichwahlresultat in der Regel nur eine Ergänzung desjenigen der Haupt wahl. Wie wird letzteres aber sein? Das ist die Frage, die mit tausend Zweifeln uno Bedenken aufge worfen wird, auf welche aber erst in zwei Tagen eine bestimmtere Antwort erfolgen kann; die ersten Wahl nachrichten sind die aus den großen Städten, in wel chen sich weniger zu verändern pflegt. Den Ausschlag geben die Provinz-Wahlkreise, in denen das Zünglein der Waage bald hinüber, bald herüber schwankt. Das Prophezeien ist ein übles Ding, und wir wol len uns auch jetzt nicht darauf einlassen. Die allge meine Ansicht geht dahin, daß eine radikale Aenderung der Reichstagszusammensetzung nicht eintreten wird. Alle Parteien haben einen beträchtlichen Theil von Sitzen fest, und nur in einer Minderheit kann ein Wechsel eintreten. Es ist nicht ausgeschlossen, daß diese oder jene Partei einen hübschen Profit erwirbt, aber es ist nicht recht anzunehmcn, daß dieser so groß sein wird, um im Reichstage die Dinge auf den Kopf zu stellen. Sehr lebhaft wird leider eine Verstärkung der Anzahl der socialdemokratischen Abgeordneten be fürchtet. Keine andere Reichstagspartei hat mit solchem geradezu fieberhaftem Eifer gearbeitet, wie die der Socialisten, und ihr kommt noch die Uneinigkeit der ihr gegenüberstehenden Ordnungsparteien ganz beson ders zu statten. Es ist zweifellos, daß die Socialde- uiokraten in beträchtlicher Zahl zur Stichwahl kommen werden; mag dann wenigstens der Gegensatz unter allen gutgesinnten Wählern schwinden und die social demokratische Sturmfluth noch zu rechter Zeit - einge dämmt werden. Es wäre doch gar zu horrend, wenn die socialdemokratische Partei dahin in Folge dieser Wahlen gelangen sollte, im Reichstage bei zweifelhaf ten Fällen den Ausschlag zu geben. Aber daß diese Gefahr nahe liegt, kann nicht verkannt werden. Jetzt, wo die Wahl erfolgt, kann es ruhig ausge sprochen werden, daß schon in den letzten acht Tagen kaum noch ein Zweifel daran obwaltete, daß der neue Reichstag das Militär-Septennat annehmen wird. Wenn auch nur Nationalliberale und Conservative in derselben Stärke erscheinen sollten, und das ist ja doch anzunehmen, so ist die Sache entschieden: Ein Theil der Abgeordneten der Centrumspartei, liberale Wilde, einige Elsaß-Lothringer werden die zur Annahme des Septennates noch nöthigen Kräfte beisteuern. Trotz der beiden vatikanischen Noten wird kaum eine größere Zahl katholischer Abgeordneter gewählt werden, welche der Centrumspartei nicht beitreten. Fassen wir die Nachrichten aus den einzelnen Wahlkreisen aufmerksam zusammen, so finden wir allerdings manche Stimme, die sich gegen Windthorst und die Centrumspartei aus sprach. Als Symptoni für die Zukunft ist das ge wiß beachtenswerth, geringer aber die praktische Bedeu tung. Denn, wenn man der Wahrheit die Ehre giebt, muß man eingestehen, daß das Centrum in seinen Wahlkreisen im Großen und Ganzen den alten Einfluß behauptet hat. Später kann sich das ändern, für dies mal blieb wesentlich Alles wie früher. Aber das Alles wird doch nicht hindern, daß eine genügende Zahl von Centrumsabgeordneten später im Reichstag für das Septennat eintreten wird und Herr Windthorst denkt gar nicht daran, es zu hindern. Sein Hauptziel war die Erhaltung der Einigkeit der Centrumspartei ande ren Parteien gegenüber. Wenn in der Militärvorlage nun ein Theil seiner Getreuen den Worten des Pap- - stes folgt, so wird es die kleine Excellenz eben geschehen lassen, schon deshalb, weil sie nichts dagegen machen kann. : Der Reichstag soll möglichst schnell zusammentreten - und die Militärvorlage ihm sofort zugehen. Aus dem Wahlkampfe wird noch manche Rechnung beglichen wer den, und daß es bei den Debatten an Pfeffer und Salz nicht fehlen wird, darauf kann man sich ver lassen. Aber was soll über die Militärvorlage selbst noch Neues gesagt werden? Man wird trotz allen an gestrengten Suchens keine Motive für und wider ent decken, und es ist also überflüssig, das Gesetz von Neuem einer Commission zu überweisen. Beschließt das Haus nach der ersten Lesung, die zweite im Ple num vorzunehmen, so ist schon damit die Annahme des Gesetzes gesichert. Das vergesse man aber nicht: Mit der Annahme des Militär-Septennates wird erst eine der Streitfragen entschieden sein, welche das Reich be wegen, es stehen aber noch eine ganze Reihe anderer in Aussicht. Ein Kampf ist mit der Militärvorlage vorüber, neue aber werden folgen; wenn nicht schon in dieser Session, so doch in der nächsten. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Sonntag Vormittag empfing der Kaiser den Be such des Herzogs Johann Albrecht von Mecklenburg, sowie eine Deputation des 2. Leib HnsarewRegiments und den deutschen Gesandten in Bukarest Or. Busch. Vor dem Diner, welches die Majestäten allein ein nahmen, hielt Graf Herbert Bismarck Vortrag. — Prinz Leopold von Preußen ist in Singapore ange kommen. Die Taufe des jüngsten Sohnes des Prinzen Wil helm von Preußen wird, wie nunmehr feststeht, am 11. März im Potsdamer Stadtschlosse statlfinden. An seinem 90. Geburtstage wird der Kaiser die Ver lobung des Prinzen Heinrich mit der Prinzessin Irene von Hessen proclamiren. Zu den Uebungen der Ersatzreservisten sind im Etatsjahr 1887/88 aus der Ersatz-Reserve 1. Klasse einberufen a) zu einer ersten (10wöchigen) Uebung 13,998 Mann, d) zu einer zweiten (4wöchigen) Uebung 10,000 Mann, o) zu einer dritten (14tägigen) Uebung 8500 Mann, ä) zu einer vierten (14tägigen) Uebung 7200 Mann. Ueber die Rekrutirung der Armee im kommen den Herbst sind die Bestimmungen veröffentlicht wor den. Darnach werden bei jedem Jnfanteriebataillon mit hohem Etat 230 Rekruten statt bisher 225 Rekruten, bei den Jnfanteriebataillonen mit niedrigem Etat je 200 statt bisher 190 Rekruten eingestellt werden. Die reitenden Batterieen mit hohem Etat stellen 30 Rekruten ein, die Feldbatterieen mit hohem Etat 35 Rekruten, die Bataillone der Fußartillerie mit hohem Etat 200 Rekruten. Die Traincompagnieen stellen an Mannschaften zu halbjähriger Dienstzeit 38 statt bisher 44 Rekruten eilt. Im Uebrigen verbleibt es bei den bisherigen Zahlen. Die Einstellung findet statt in der Zeit vom 1. bis 5. November. Die größere Rekrutenzahl bei obigen Truppentheilen steht in Ver bindung mit der erhöhten Friedenspräsenzstärke nach Maßgabe der neuen Militärvorlage. Wenn ja noch ein Zweifel an der Durchführung der letzteren bestan den hat, so ist er also hierdurch gehoben. Der Reichskanzler hat seine Genehmigung zu dem Erlaß einer Verordnung über den Erwerb und Be sitz von Grund und Boden, sowie einer Grund buchordnung für den deutschen Theil von Neu-Guinea ertheilt. Bereits der Schutzbrief vom 17. Mai 1885 übertrug der Neu-Guinea-Compagnie die ausschließliche Verfügung über das Grundeigenthum, und eine nach folgende Bekanntmachung des australischen Commissar's von Aerzten machte die Uebertragung von Land Sei tens der Eingeborenen an Fremde von der Zustimmung der Compagnie abhängig. Die obengenannte Verord nung beschäftigt sich des Näheren mit der Feststellung und Sicherung des Grunderwerbes, indem sie davon ausgeht, daß eine rechtsgiltige Uebertragung von Grund eigenthum nur mit Genehmigung der Compagnie er folgen kann. Der katholische Adel in Schlesien, welcher dem Militär-Septennat zustimmt, bat sich mit der Frage beschäftigt, ob eine katholisch-conservative Par tei zu bilden sei. Diese Frage ist aber verneint worden. Nur der frühere Rittmeister Graf Schaff- gotsch zu Brieg erklärt in der „Schief. Ztg.": „Dem Aufruf des rheinischen Adels behufs Bildung einer katholisch-conservativen Partei gegenüber der bisherigen Centrumspartei stimme ich voll und ganz bei und spreche die feste Hoffnung aus, daß auch aus unserem theuren Schlesien recht zahlreiche Zustimmungserklä rungen ergehen werden." Inzwischen hat einer der 37 Unterzeichner des rheinischen Aufrufes, Graf Spee zu Heltorf, in einem Schreiben an das Düsseldorfer Volks blatt seine Unterschrift zurückgezogen. Den Socialdemokraten in Berlin sind in den letzten Tagen ganze Ballen Flugblätter abgefangen worden; die kleineren Druckereien wurden polizeilich observirt, und es gelang wiederholentlich, ganze Stöße von Flugblättern in dem Moment zu confisciren, in welchem sie auf die Wagen gebracht werden sollten. Die Socialdemokraten kamen daher auf die Idee, die Flugblätter außerhalb Berlins Herstellen zu lassen. Aber wenn die Ballen auf dem Bahnhof ankamen, war auch die Polizei da. Trotzdem ist den Social demokraten es geglückt, namenlich im 2. und 3. Wahl kreise, Flugblätter massenhaft zu vertheilen; aus jeder