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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.06.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-06-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189106204
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18910620
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18910620
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1891
-
Monat
1891-06
- Tag 1891-06-20
-
Monat
1891-06
-
Jahr
1891
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.06.1891
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Ersch srül eint täglich üh 6'/, Uhr Redaktion und Lrpeditio» Johannesgasje 8. Aprechlinnden der Redaktion vormittags 10—12 Uhr. Nachmittags 5— 6 Uhr. ziirtU «>»i>»k»dtrr V!anu)cr>,» mach! sich die Nedacnon aahl vndindttch. Annahme her für die nächstfolgende Nummer desrtmmten Jntrrate an Wochentagen bis 8 Uhr Nachmittags, «»Sonn- und Aefttage» früh bis' ,VUHr. 3n den Fitiaten für Ins.-^nnahmr: Ott« lUemm'S Lortim. iAlsrrd Hahn», Universiiaisiiraßr 1, Lout» Lösche, Katharinenstr. 14, pari. und König-Platz 7, nur bi» ' ,8 Uhr. Anzeiger. Drgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Nbonnementspreis vierteljährlich 4>/, Mk. in Alt-Leipzig, iucl. Bringerlohn 5, Ml-, durch die Post bezogen 6 Mk. Einzelne Nrn. 20 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren iür Extrabeilagen iin Tageblatt-Forniat gesalzt) ohne Poslbejörderung 60 Mk., mit Postdesvrderung 70 Mk. Inserate 6 gespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut uns. Preisverzeichnis. Tabellarischer u.Zisfernsatz nach Höhen» Taril. Reklamen unter dem Redactionsstrich die gespalt. Zeile 50Ps., vor den Fainil iennachrichten die Ogespaltene Zeile 40 Pf. Inserate sind stets an die I-rpeSitton za senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pratilumeraullo oder durch Post» Nachnahme. l7l. Sormabeitö den 20. Juni 1891. 85. Jahrgang. Zur gefälligen Lcachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den Ä1. Juni, Vormittags nur bis Vr-i- Uhr Lcöstnet. IhXp6<lltlon <Io» '1'nL<0»Inft<'8. Die Lpureulse öer Gemeinde Möckern bei Leipzig verzinst die Einlagen vom I. Juli 1891 au mit U'/,und expedirt TiriiStag und Freitag (Fest- und Feiertage ausgenommen) Nachmittags von !t—L Uhr. Amtliche Bekanntmachnngen. Lekannlmachung. Das 21. Stück des diesjährige» RetchSgrsrtzblattrS ist bei uns eingegangen und wird bt» zum II. Jutt VS. Js. aus dem Ralh- haussaale zur Einsichtnahine üffeutlich auShängen. Dasselbe enthält: Nr. 1863. Gesetz, betreffend dir Abänderung des K. 157 des Jnvalidiläts- und Altersversicherungsgesetzes. Vom 8. Juni 1881. Nr. 1964. Gesetz, betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Besteuerung des Branntweins vom 24. Juni 1887. Vom 8. Juni 1891. Leipzig, den 15. Juni 1891. Der Rath der Ltadt Leipzig. lu. 1963.l>r. Georgi. Krumbiegel. Lekanntmachung. Mit Zustimmung der Herren Stadtverordneten haben wir be> schlossen, nach Maßgabe de« Planes Nr. 5551 unseres Riß-Archivs die Fluchtlinien für die über eine» Tdeil der Parcellen Nr. 315, 316, 319 und 320 des Flurbuches für Gohlis anzulegenden Straßen festzustellen. Dieser Bebauungsplan liegt in unserer Tiefbau-Verwaltung sRalhhaus, Zimmer Nr. 14, II. Stock) vier Wochen vom Ablause des Tage- nach der Ausgabe der die Einrückung dieser Bekannt machung enthaltenden Amtsblätter an gerechnet, zu Jedermanns Einsicht aus. Widersprüche gegen den Plan sind innerhalb dieser Frist bei deren Verlust schriftlich bei uils anzubriugen. Leipzig, am 15. Juni 1891. Der Rath der Stadt Leipzig. le. 8055/691. vr. Geo rgi. Redlich. Lekanntmachung. Die geringe Benutzung des VernehmungsziminerS in Leipzig Kleinzschocher veranlaßt uns, dasselbe auszuhebe» und alle von Leipzig-Kleinzschocher zu stellenden Anträge aus Ertheiluna des Bürgerrechts u. s. w. von Montag den 22. dss. Mts. ab nach dem Bernehmungszimmer im Ralhhaus Plagwitz, I. Obergeschoß, zn verweisen. Leipzig, den 18. Juni 1891. Der Rath der Stadt Leipzig. Ia. 2781. Or. Georgi. Größe! In Gemäßheit des 8. 1 der Vorschriften für die Ausführung von Anlagen zur Benutzung der Sladttvasscrkunst vom 6. Februar 1888 machen wir hierdurch bekannt, daß der Klempner Herr Hermann Ltirf in Leipzig-Neuschönescid, Könradstraße Rr. 23, zur Uebernahme solcher Arbeiten bei uns sich angemeldet und den Besitz der hierzu erforderlichen Vorrichtungen uachgewiesen hat. Leipzig, den 18. Juni 1891. Ter Rath der Ltadt Leipzig. X. 3915. vr. Georgi. Stuhl. In Gemäßheit des 8- 1 der 'Vorschriften für die Ausführung von Anlagen zur Benutzung der Stadtwasserknnst vom 6. Februar 1888 machen wir hierdurch bekannt, daß der Klempner Herr Josef Hefte, Harkortstraße Nr. 5, zur Uebeniahme solcher Arbeiten bei uns sich angemeldet und den Besitz der hierzu ersorderlichcn Vorrichtungen nachgcwicscn hat. Leipzig, den 18. Juni 1891. Der Rath der Ltadt Leipzig. X. 377l. Or. Georgi. Rittst. Gewölbe-Vermiethnng. Das ln dem der Stadtgeineinde gehörigen Hausgrundstück Magaziugasie Rr. 27 gelegene Pertaussgewülde ist vom 1. Juli d. I. an gegen etnlialbjährige Kündigung oder fest bis zum LI. Tecrinlier 1894 anderweit zu vermirtven. Mielhgesuche werden aus dem Raihhause, 1. Obergeschoß, Zimmer Nr. 8, kutgcgenaenonimcn, wo über die Bcrmiethungsbedingungen und auch sonst Auskunft erthcilt wird. Leipzig, den 18. Juni 189l. Ter Rath der Stadt Leipzig. Ia. 2259. Or. Georgi. Wagner Die bei dem hiesigen Leihhaus« in den Monaten Juli, August und September 1890 versetzten oder erneuerten, aber nicht wieder eingelösten Pfänder sollen vom s. August 1891 ab im Erdgeschosse des Leihhauses öffentlich versteigert werden. Das Einlösen und Versetzen anderer Pfänder sindct während der Auction von früh 8 bis Nachmittag 2 Uhr in den gewöhnlichen Räumen statt. Leipzig, den 19. Juni 1891. tes Raths Teputation für Leihhaus und Lparcafte. Sfch'^ Tarif-Ermiikigung für Mickerkoffcr Deutscher Handlungs-Utisender in Oesterreich-Ungarn Laut einer Mittheilung des Reichsamts deS Innern an das Präsidium de- Deutschen Handelstags sind die Ausweis«, deren deutsche Handlungsreisende bedürfen, um in Oesterreich-Ungarn der Tarif-Ermäßigung sür Musterkosfcr theiihastig zu werden, nach dem dafür vorgesehenen Muster von denselben Behörden auszusertigen denen nach dem Handelsvertrag mit Oeslerreich-Ungorn vom 23. Ma 1881 die Ausstellung der Gewerbr-Legitimattonskarleu für dieH-ud- lungsreiscndcn obliegt. Leipzig, den 19. Juni 1891. Tie Handelskammer. A. Thieine, Vorsitzender. Or. Gensei, S Ualichiillsulllbau zu Uaunhof. Hierdurch wird die Lieferung der Vlttznblritrrardrtten und elektrische» Klingelanlagen ausgeschrieben Die in der RatdSexpedition zu entnehmenden Kostenanschlags- sormulare sind bi» j»m 29. d. M. Mittags mit entsprechender Aufschrift verschlossen anher cinzureichcn. Freie Wahl unter sämmtlichen Bewerbern wird Vorbehalten. Naunhof, am 18. Juni 18SI. Ter Stabtgemrigberath. Lenker», Bürgermeister. Zur inneren Lage. ES ist eine sehr erfreuliche Thatsacbe, daß wir im Deutschen Reiche unzweifelhaft fortschreiieu auf ailcu Gebieten des öffentlichen Lebens nicht minder wie ans denen der Privat- tbäligkeit. Mau erörtert in einzelnen Kreisen mit großem Eifer die Frage, ob ein Nothsland besteht, oder wenigstens in gefahrdrohende Nähe gerückt ist. DaS hat ungefähr dieselbe Bedeutung, als wen» Leute, die lange mit der Notb des Lebens u kämpfe» halten, nachdem sie in bessere Verhältnisse gekommen ind, deS neuen ungewohnten Zustandes »och nicht sroh werden können und sich mil Grillen plagen, statt mntdig und hoff nungsvoll der Zukunft entgegen zu blicken. Eni Nothstand, wie er in den Spalte» der freisinnigen Blätter erscheint, hat immer bestanden, eS hat stets Lcule gegeben, die hungern und darben mußten, während andere im llcberslnß schwelgten. DaS ist aber kein Nolbstand, es ist lediglich eine Folge der Unvollkommenheit aller menschlichen Einrichtungen. Im ver gangene» Winler wurden Masiciivcrsaminlnnge» von Arbeitern okne Arbeit abgehaltcn, welche ebenfalls daS Bestehen eines Nolbstanteö scststcllten und den Magistrat zur Bereit- icllung von ArbeitSgelegenbcit aufforderten. Die Sache ist innerhalb der Sladlvertrelung berathen worden, und man ist u dem Ergebniß gekommen, daß der behauptete 'Nothstand nicht vorhanden sei. Tie Zabl der Obdachlosen erreichte aller dings während der strengen Kälte zeitweise die Durchschnittszahl von t500 für den Tag, welche Unterkunft während der Nacht stichle» und fanden, aber diese Zahl ging über das Maß dessen nicht hinauö, waS in Weltstädten bei solchen Anlässen u geschehen Pflegt. Ter Winter ist vorüber gegangen, ohne daß irgend welche Besorgnis; erregende Erscheinungen hcrvor- gclrelen wären, welche auf die Sicherheit, auf Ruhe undOrkiiung einen fühlbaren Einfluß geübt Kälten. Daß die Lcbcnöniittel- prcisc hoch sind und Höker, als sich mit den Einnahmen Bieter in Einklang bringen läßt, soll nicht bestritten werden, aber eine Lage, welche einer großen Zabl von Personen Ent behrunge» auscrlegt und ihnen Verlegenheiten bereitet, ist noch kein Nothstand, welcher daS Einfchreitcn der StaatS- regierung bedingt. Ebensowenig wie die Gewäbrung von besonderer Arbeilögels>zcnhcit im vergangenen Winter die beliebenden Schwierigkeiten vieler unbeschäftigter Arbeiter zu beseitigen vermochte, würde die zeitweise Snspcndirung der Getreidezöllc wesentlich auf die Höhe des BrodpreiscS ein- wirken. Das sind vorübergehende Zustände, welche sich unter geordneten staatlichen Verhältnissen ohne äußere Einwirkung regeln. Daß Frankreich den Getreidezoll herabsetzt, ist für Deutschland nicht maßgebend, wir wollen für die Zukunft sorgen, Frankreich beschränkt sich daraus, den Forderungen deS Augenblick« zu genügen. Tie Zollbcratbung im fran zösischen Abgeordiicteuhaufe nimmt einen glatteren Verlauf, wenn die Aufmerksamkeit von der Hauptsache, dcni Zolltarif, auf die Nebensache, nämlich die zeitweise Ermäßigung des Getreidezolles abgclcnkt wird. Für daS Deutsche Reich fällt in erster Linie inS Gewicht, daß der Friede auf lange Zeit hinaus als gesichert erscheint. Die Bemühungen, den Dreibund zu sprengen, welche in neuester Zeit wieder mit besonderem Flciße betrieben wurden, haben keinen Erfolg gehabt. Italien bat den Werth dieses Bunde« in vollem Maße erkannt und gewußt, und daö Ministerium Rudini hat sich so entschieden für die Fortsetzung der Bündnisse erklärt, daß an ihrer Erneuerung noch vor dem Ablauf der Frist nicht gezweiselt werken kann. Der Dreibund übt einen sehr fühlbaren Einfluß auch ans die inneren Verhältnisse Deutschlands aus, die Gesetzgebung wird dadurch gefördert und erleichtert. Wir haben in der verflossenen Reichstagssession keine größere Vorlage für Militairzwecke gehabt, die bestehenden HcercS-Einrichlungen erweisen sich als vorläufig dem Bedürfnis genügend, und eö war dadurch die Möglichkeit geboten, den inneren Angelegen« beiten eine erhöhte Aufmerksamkeit zuznwenkeu. DaS ist hauptsächlich durch die Abänderung der Gewerbeordnung geschehen, welche einen erweiterten Schutz für die industriellen Arbeiter bezweckt. Die öffentliche Meinung ist diesem Gesetze günstig, weil sic davon eine Verbesserung der Lage der arbeitenden Elassen erwartet, was auck von den Social- demvkraten anerkannt wird, obgleich sic daS Gewährte nicht für genügend erklären. Dieser Etandpunct kann nickt als der richtige gellen, weil es den Socialdemokralcn vorwiegend um Agilattonszwecke zu tbun ist, wie ihr Widerstand gegen die Bestrafung des Eontractbruchs und die Forderung bewiesen bat, daß Arbeitgeber, welche die Arbeiter wegen ihrer Partei« ftrllung von der Arbeit ausschließen, bestraft werden sollen. Tie socialdemokratiscke Partei ist offenbar in einer Krisis begriffen, welche bestimmt erscheint, die weltstürmenden Pläne der Führer aus praktische Ziele einznschränken, von der Socialisirung der Menschen abzuseken und dem staatlichen Leben nur diejenigen Veränderungen zn geben, welche von der veränderten ProductionSweise geboten sind. Solcher Staat und Gesellschaft der zahlreichen Bevölkerung der Industrie-Arbeiter Schutz angedcihen lassen. Die gesamntte neueste Gesetzgebung in Preußen ist von dem Gruiidgetauken bestimmt, eine auSglcichende Gcrcchliakeit der durch die Elasten der Gesellschaft vcranlaßteii Ver schiedenheit zu gewähre». Tie Gleichheit der Lasten, der Rechte und Pflichten der Staatsbürger ist die einzige, welche annähernd erreicht werden kann, denn die vollkommene Gleichheit auch ans diesem Gebiete beruht auf Voraus setzungen, welche niemals zur That werten können. Die menschliche Entwickelung verfolgt daS Ziel der Vervollkommnung unausgesetzt, daS Streben in der Verfolgung dieses Zieles stößt abpr ans so viele Schwierigkeiten, daß der Gang der Ent wickelung sich dadurch, entgegen Len Absichten der führenden Kräfte, verlangsamt. Wir Halen in Deutschland einen Kaiser an der Spitze, der von den besten Absichten, von den heißesten Wünschen für daS Wohl deS Reiches beseelt ist. Aber welche Schwierigkeiten stellen sich der Ausführung dieser Absichten ans Schritt und Tritt entgegen? Es ist als ein ganz außer gewöhnliches Ergebniß deS Feuereifers unseres Kaisers anzu- schen, Laß alle die Vorlagen, welche dem Reichstage gemacht worden sind, zum Gesetz erhoben werde» konnte», und die gleiche Frucht seiner Energie ist in Preußen zu Tage getreten. Wir kommen vorwärls aus allen Gebieten deö öffentlichen Lebens und daö Privatleben zieht davon ebenfalls große Vor- tbeilc — daS ist das Gepräge unserer inneren Lage, und alleni Anschein nach wird cs sich je länger desto mehr zur Geltung bringen. , Leipzig, 20. Juni. * Von dem Feste auf der Pfaucninsel werden noch einige einzelne Vorgänge bekannt. Ter Kaiser äußerte sich, nach der „Magdcb. Ztg.", >»it großer Befriedigung darüber, oaß sich der alte beklagenSwcrtbe Hader der Fractionen in der ianfenden Tagung kaum geltend gemacht und daß die Einmütbigkcit der Gesinnung erfreuliche und anerkcnnenS- wcrlhe Früchte gezeitigt babe. Bezüglich deS Wildschaden gesetzes betonte er wiederholt, von wie hohem Werlüe cs für ihn sei, daß daS Herrenhaus sich den rechtschaffenen Bemühungen deS Abgeordnetenhauses noch in später Stunde ansckließe, um die großen Unliebsamkeitcn, die in der jetzigen Gesetzgebung zu Tage träten, zu beseitige». Könnten die vorliegenden Beschlüsse deS Abgeordnetenhauses auch nickt als solche an- escbcn werken, die einer heftigen Agitation ein Ende machten, babe er doch die Ueberzcugiilia, daß in den weitaus größten Fällen den berechtigten Wünschen deS Kleinbesitzes ganz wesentlich cittgegciigckommen würde, so daß nkr in besonderen AnSiiahmefällcii der Landmann in dir Gefahr käme, durch Wild schaden sich in seinen Interessen verletzt zu sehen. Der Kaiser schloß mit der Zuversicht, daß daö Herrenhaus diesen günstigen Augenblick benutzen werde, um zu beweisen, daß, wenn cS auch nicht auü Volkswahlcn hervorgegangen sei, dennoch voll und ganz bereit sei, für die Interessen deS Landes auch Opfer zu bringen. „DaS Herrenbaus könne hier eine Art VerjüngungScur durchmachcn." Mit dem Abgeordneten v. Below, dem der Kaiser als altem Husaren ein weit gehendes persönliches Wohlwollen entgegenbringt, und dem Grasen DouglaS sprach er über seine Besitzung in Urville (Elsaß-Lothringen) und nahm mil Interesse davon Kenntniß, daß Herr v. Below nur durch Zwischenfälle verhindert gewesen sei, das Nachbargut LandonvillcrS zu erstehen. Er gab der Ueberzeuguna kräftigen Ausdruck, wie dienlich und lohnend »ach jeder Richtung eS sein werde, wenn deutsche Männer ans dem Boden der Reichslande ein Heim für ihre jüngeren Söhne begründeten. Das Klima sei herrlich, die Bodenverhältnisse seien eigenartig und regten zur Arbeit an; die Bevölkerung sei liebenswürdig, so daß er sich freuen würde, zu hören, wenn mehr Ankäufe in Elsaß-Lothringen gemacht würden, namentlich wenn auch seitens der Mitglieder jener alten fränkischen und niedcrsächsischen Geschlechter, die seiner Zeit auS Deutschland in die baltischen Provinzen ein wanderten, dort Boden gefaßt würde. Mit dem Abgeordneten Oetker unterhielt sich der Kaiser eine Viertelstunde über die Einwirkung der Arbeitcrschutz- und Versicherungsgesetzgebuiig auf die Socialdemokratie; er versprach sich großen Erfolg von dieser Gesetzgebung. Weiter verbreitete er sich über hessische Verhältnisse und stellte seinen Besuch in Kassel sür dieses Jahr in Aussicht. * Wie die „Köln. Ztg." mittbeilt, bat Se. Majestät der Kaiser sein Dildniß (ein Kupferstich nach Lenbach) nicht nur dem Minister Hcrrfurtb, sondern gleichzeitig auch dem Minister Or. Miguel zustellcn lassen und ihm in einem längeren cigenbändigen Briefe in warmen Worten seinen Dank sür das Gelingen des ersten Schrittes der Steuerreform ausgesprochen. * Pom „Militair-Dochenblatt" ist am Donnerstag eine Extraausgabe erschienen. Die an der Spitze desselben verfügte Eommandirung des Generals L I» noit« deS Kaiser-, General majors Grasen v. Wedel, zur Dienstleistung beim Auswärtigen Amt wird nach Miltkeilungen auö der diplomatische» Welt ans eine bereits bestimmte hohe Stellung deS Grasen im diplomatischen Dienste gedeutet. Selbstverständlich ist aber zu Erreichten wohl zufrieden sein können. st Zuf zebn Jahre drängen sich deniokralen mit dem In den Zeitraum der letztvcrslossenen Reformen von so großer Bedeutung und Tragweite zusammen, daß auf liberaler Seite daS Bedursniß empfunden wird, eine Pause in der socialpolitischen Gesetzgebung eintrcten zu lassen, damit der Staat nicht Verpflichtungen übernehme, welche seine Kräfte übersteigen. Auch der Staats-SocialiSmuS bat seine Grenzen, wenn die LebcnSbedingungen deS Staates nicht dadurch in Frage gestellt werten sollen, so brennend auch die sociale Frage ist, fo bat der Staat doch noch andere Ausgaben zn lösen, als die Existenz der industriellen Arbeiter und ibrer Familien sicher zu stellen. Der Schluß, welchen der socialdemokratische Abgeordnete von Bollmar ans der bisherigen Entwickelung der socialistischen Bewegung in Deutschland zieht, daß sich in der Weltanschauung eines TbcileS der civilisirten Menschheit eine Revolution zu voll ziehen beginnt, und daß er sich mit diesem vorläufigen Er- gebniß zufrieden gestellt erklärt, gewährt unS einen Einblick in die Werkstatt der socialistischen Bewegung, welche weit davon entfernt ist, die wellstürzenden Pläne Liebknecht*- als ausführbare anzusehe», sondern eS dankbar hinuimml, wenn nächst nur, daß Graf Wedel iu der That sür eine hohe Position, wie einen Botschaflrrsosteii anSersehcn ist; über di« specielle Bcsliinmuug deS Grafen ist aber Zuverlässiges bisher kaum zu sagen. * Die bereits kur; erwähnte Auslassung des „ReichS- anzeigerS" über die Prüfung der Eisenbahn brücken in Deutschland lautet: Der Zusammensturz der Eisenbahnbrücke über die BlrS im Zug« der schweizerischen Jurabahn ist geeignet, im Publicum Beunruhigung bervorzurufeii. Mit Recht wird man die Frage autwersen. welche Maßnahmen für dir beutjchen Lilenbahnen getroffen sind, um solche Unqlückställe thmttichst zu verhüte». Wir sind i» der Lage, hierüber Folgendes mitzotbeile». Da e» an Erfahrungen über di« Dauer eiserner Brückenbauwerke mangelt, so kann eine Gewißheit über die unverminderle Wider« siandeiähigkeit derarttqer Eonslroctionen nur dadurch erlangt werde» Laß dieselben regelmäßig wiederkehrendea Untersuchungen und hiermit zu verbindenden Probebelaslungen unterworfen werden. Labet kann cs gleichgiltig sei«, ob die Widerstandsfähigkeit der Construction mehr durch niechanische oder mehr durch chemisch« Einwirkungen ungünstig beeinflußt wird; immer wird sich aus den bet der Probe- belaslung beobachteten Durchbiegungen der einzelnen Träger ermitteln lassen, ob und in wie weil die Tragfähigkeit derselben, sowie der übrigen Loustruclionstheiie etwa eia« Einbuße erlitten hat. Ans de» Leulichen Eisenbahnen werden deadalb aus Veranlassung de- ReichS-Ettenbahuamts schon seit dem Jahre 1883 die größeren Brückenbauwerke, namentlich dt« eisernen Brucken, neben der alliähr- ltch vorzunehmenden allgemeine» Prüfung deS baulich«» Znftnmh«« der Eisenbahnen, in bestimmten Zeitabschnitten nach den vom ReichS- Eiienbahnamt vorgeschriebenen Bestimmungen einer sorgfältige» be- onleren Unlersuchnug untenvorien, welche sich aus den delriebs- sicl erea Zustand sowohl des Mauerwerks als auch deS eisernen Neb.rbaues erslreckl. Bei den mil diesen Untersuchungen verbünde- neu Probebelaslungen der eisernen Coiistructioiien werden außer den Durchbiegungen der Träger bei ruhender und bei bewegter Last auch die linier der Einwirkung der Verkehrsbelastung etwa entstan denen, bleibenden Einscnkungen, sowie ferner bei Bauwerken mit größere» Lichtweiten die cseitenschwankuligen seslgeslellt. Die Er gebnisse der Untersuchungen werde» »ach vorgängiger Sichtung bei den betreffende» Venvattungsbehörden im ReichsKIcsenbahiiantt einer ciiigebenden Prüfung unterzogen. Wiederholt haben diese Prüsungen im Laufe der Zeit nicht allein zu Verstärkungen einzelner Theile, pudern auch zum Umbau ganzer Eonstruclionen geführt. Aus deir deutsche» Eisenbahnen wird mithin den Brückenbauwerken diejenige orgsalt zugemcndet, welche deren fortdauernde Betriebssicherheil nach Möglichkeit gewährleistet. * lieber die Handclsvertragsvcrbandlunssen wird auS Berlin geschrieben: Von anderer Seite wurde neulich richtig gemeldet, daß zu Beginn der gegenwärtig i» Wien laltfiiidenden HandclSvcrtragSvcrhaiidtungen Deutschlands »nd Oestcrreich-llngarnö mit der Schweiz die Evmmissare der Eidgenossenschaft ungemein Hobe und zum Tbcil ganz un erfüllbare Forderungen gestellt hätten und daß somit die Verhandlungen nicht so schnell verlaufen würden, als früher, angenommen worden war; mit Rücksicht auf die bekannte Erfahrung, daß die verhandelnden Theile, um möglichst viel zu erreichen, auch möglichst hohe Preise zu stellen und im weiteren Fortgang der Sache sich einander mehr und mehr zu näbern pflegen, dürfe aber die Hoffnung aus Ueberwintung der ersten Schwierigkeiten und auf einen günstigen Ablauf nicht ansgegeben werden. Dies hat sich inzwischen, wie mau in Ber liner politische» Kreisen annimmt, bestätigt, und wenn auch den Uiitcrkändlcrn noch einige schwere Wochen bevorstehen, so hat sich doch die ansängliche Differenz zwischen Angeboten und For derungen schon wefeullich vermindert. Die Verhandlungen mit Italien sind sür die Stadt Bern zu Ende Juli oder An- ang August in Aussicht genommen. Damit ist zugleich aus gesprochen, daß bis dahin aus einen günstigen Abschluß der Verhandlungen mit der Schweiz gerechnet wird. Denn eS oll von den geeinigten Gruppen immer nur mit einem Staate nach dem anderen, nicht mit mehreren zugleich — waö auch zu einer unerwünschten Zersplitterung der verfügbaren coni- missarischen Kräfte führe» müßte — verhandelt werden, und mau würde keine schweizerische Stadt sür die Verhandlungen mit Italien wählen, falls die Eidgenossenschaft der deutsch- vstcrreichlsch-ungarischen Einigung nicht bcilräte. Eine Aus nahme von dem Plane, von Schritt zu Schritt vorzugehcn, werden die Verhandlungen Oesterreich-Ungarns mit Serbien machen, die walirschcinlich noch vor dem Abläufe der schwebenden Verhandlungen beginnen werden. Im klebrigen aber wird der Termin sür weitere Verbandlunge», namentlich mit Belgien, von dem Gaiige der bereits eingelciieien und der vorbereiteten abhängen." * DieAgitation gegen die Getreidezöllc will trotz der krampfhaftesten Anstrengungen der socialdemvtratischcn und dcutschsreisinnigen Parle, nicht recht in Fluß kommen, ja eS ist bereits ein entschiedener Rückgang zu bemerken. Die in den Blättern dieser Parteien eigens eingerichleten Rubriken werden jeden Tag dürftiger. Was will cs beißen, wenn auf Geheiß der Parteileitungen hier und dort eine Versammlung abgebaiten wird und dieselben stet- wiekerkebrendcn Reso lutionen beschlossen werde»! Dazu reicht die freisinnige und socialdemolratische Organisation noch gerade aus, aber von einer gewaltigen urwüchsigen Bewegung ist dies mattglimmende, künstlich angefachte Fcueriei» himmelweit entfernt. DieAgitation erzielt kaum größere Erfolge, als sie die ganzen langen Jahre, seit wir überhaupt Getreidezöllc haben, zu bemerken waren. Sie wurde in Zeiten, wo sie noch weniger gerecht fertigt war als beute, so maßlos ab- und auSgcnutzl, daß sic mehr und niebr ihre Wirkung einbüßt. In der vorigen RcickStagSperiode lagen unendlich mcbr Petitionen sür, a>S gegen Aufrcchlerhaltung der Getreidezöllc vor. Herr von Bennigsen bat auf dem nationallibcralcn Delegirtentag ohne Widerspruch darauf bingewiesen, daß der Kampf um den Schutz der landwirthschastlichcn Production mehr und mehr an Hesligkeit verloren habe, daß die Notbwendigkeit eines solchen Schutzes überwiegend anerkannt werde und daß cS sich eigentlich nur noch um Maß, Umfang und Form dieses Schutzes bandle, nicht um Len Schutz selbst. Damit stckt cs in Ucbereinstimnlung, daß man den gegenwärtig geltenden Zoll für Getreide nicht gerade als einen sür alle Ewigkeit unantastbaren Satz betrachtet, der das einzig richtige unab änderliche Maß jenes Schutze« darftelll, sondern daß Wand lungen eiutretcn können, welche eine mäßige Herabsetzung angezeigt erscheinen taffen, »m damit anderweite Vorlhcile für das nationale Erwerbsleben und eine möglichst dauernde, gegen das beständige Rütteln befestigte Gestaltung dieser Berhältniffe zu erzielen. Dieser Entschluß wird allen, An schein nach im Zusammenhang mit den Handelsverträgen an unS herantreten. Auch den eifrigsten Befürwortern eines kräftigen landwirldschafttichen Zollsckutzes dürfte ein etwas ermäßigter, aber ungleich mehr befestigter und gesicherter Schutz bei ruhiger Ueberlegung werthvollcr erscheinen alö elwaS höhere Zollsätze, die fortwährend der Agitation neue Nahrung geben und weit weniaer Sicherheit für einen dauernden Bestand bieten. Die Negierung hat wiederholt mil größter Entschiedenheit die Unterstellung zurückgewiesen, als ob sie es je an dem nölhigcn Ernst sür Len Schutz der landwirthschastlichcn Production seklen lassen könne, und man bat keinerlei Ursache, ihr in dieser Hinsicht zn mißtrauen. Der Reichstag wird sich mil diesen Fragen >m nächsten Herbst ründlich zn beschäftigen haben, wir glauben aber, daß die andcls- und zollpolitischei, Absichten der Negierung, soweit mau jetzt schon zu einem Urtheil darüber befähigt ist, nament lich auch auf dem Gebiete deö landwirtbschastlicken Gewerbes, sich im Einklang mit der Mehrheit des deutschen Volkes und seiner Vertreter befinden werden. * In Wilhelmshaven gilt die auS Rom und Triest kommende telegraphische Meldung von der Entsendung eines deutschen Geschwaders unter Prinz Heinrich zur Theil- nahme an den österreichisch-italienischen Flottenmanövern als höchst unwahrscheinlich. AuS Wien wird über die selbe Angelegenheit gemeldet: Alle Meldungen über eine abzuhaltente osterreichisch-ilalienisch-dentsche Flottenrevuc sind ganz unbegründet. Ebenso ist ein Einlaufen des deutschen Geschwaders in unsere Gewässer bisher nicht angckündigt. * AuS Darmstadt wird geschrieben: In der dieser Tage dahier abgrhaUoxu Sitzung des LandeSauSschuffeS der
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