Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 18.02.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-02-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110218018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911021801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911021801
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-02
- Tag 1911-02-18
-
Monat
1911-02
-
Jahr
1911
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
ZvezugS-Prei» tär und «Ottirr» d«rch »»«, Lräg« »n» Kp«dii»ur« S»«t täglich i»4 Hau« gebrach«: SO nvnaU., L.7V vi«t»liährl vri uni«, Filialen ». An» oahiaeilellen abgeholu 7L ch «anall., R.RL vierttliäbrl. Durch die Vak: i»o«hald Learjchland« und der deallche» Leloaie» »teneljLhrl. rl.» monatl. lätä aaslchl. Postdrllcllg^ld. Ferner i» Belgien, Dänemark, den Donaasiaate». Z«allen, Lurrmdurg, Niederlande. Nor wegen, Oesterreich Ungarn, Nobland, Schwede», Schweiz ». Spanien. In allen übrigen Staaten nur direkt durch die «chchäschstellr de« «laNe« «rhtttltch. La« Leipziger Dagedlan «rlcheidl 2 «al täglich, Soun, a geierlag« nur morgen«. «vonllmuent-<lnnadm-- Aagukv«platz 8, d«t uuleren Drägern, Filialen, Spediteuren und Aaaahmeftellen, iowie lLostümter» nab - «nefträgern. ?!»t«>»»rk»»I«p»»i. «er Morgen» »»«gab« 1v der Äbendtu«gab» » ch» Redaktion a»d Teschäfläkrlle: Jol»anni»galle s. Sernivercheri 146»L l«SL^ t4«4. Morgen-Ausgabe. UcWigtrTagMaü Handelszeitung. Amtsblatt des Rates «nd des Volizeiamtes Ser Ltadt Leipzig. Lnzetstp»-Preis H» Jcherar» «u« Leipzig und Umgedunq di, Sgeipaltrn« S0 nun breit» Peüt^il- 2b di» 74 nun dr«u, steklain^eil» l »o« ««wärt» 7V «tellame» l.2v JMernr» »»» «ebdrde» i» emillchen Den di» 74 n>ch breit» PeNtzeik 40 «eichäittanzeigrn m« Vlapdortchnlte» and m »er »deildauSzad« ,w Preii, «rtzthi. draüati nach Larn. lileilogegebübr ü gU ». Daulend rxkl. «ostgeditdr. gefterteLt» vuiträgr kdnnen nicht zurück- gezogen wetten. Für da« iincheine» an bestimmten lagen und Plätzen wir» kein» Haranti» üderndmmea. »nzeigen.rlnnLhme, Vugustn«pk»tz tz«, lämtlichrn Filialen n. alle» tlnnoncei»- tlpeditwaen de» Za» und Luälaade«. Saapt-Sillal» verliat Sarl Lancker. -erzogt Saar, -ofbuch- danolong LUtzowftrag« Kl sDelipho» VO Nr. 4608). Haupt-Silial« Vreädrur Leeitrrtze 4,1 (Teleptzon 4621). Nr. 49 Sonnsvenü. üen 18. /evrusr 19N los. Ishrgsng. Dss Wichtigste. * Der Kaiser wird voraussichtlich im Mai eine Reise nach London unternehmen. * Im Deutschen Landwirtschaftsrat, in dem am Freitag über die deutschen Moore und ihre Bedeutung für die deutsche Volkswirtschaft verhandelt wurde, hielt der Kaiser eine längere Rede zu diesem Thema. (S. d. des. Art.) * Im Reichstag fand am Freitag die zweite Lesung des Etats für Kiautschau statt, in deren Verlauf Staatssekretär v. Tirpitz ein Tele gramm des Gouverneurs von Tsingtau über den Ver lauf der Pest in China verlas. (S. Reichstagsber.) * Drei deutsche Aerzte folgen einer Einla dung der chinesischen Regierung zu einer Studien reise in das Pestg « biet. (S. K. u. W.) * Der verstorbene Ehef des Wiener Bankhatstes Rothschild hat zwei Millionen Kronen für Wohltätigkeitszwecke hinterlassen. (S. Letzte Dep.) * Don Erand-Carteret erscheinr oemnächst ein Werk über Kaiser Wilhelm H., beul te i l t v o n d e n F r a n z o s e n. (S. K. u. W.) * Zn Tirol geriet eine militärische Schnee schuhpatrouille in eine Lawine, in der zwei Mann den Tod fanden. (S. Tageschr.) Indiskretionen. Man darf von Zeit zu Zeit mit einem Gefühl der Befriedigung konstatieren, daß wir hinter dem hochgepriesenen Vorbilde aller konstitu tionellen Staaten, hinter England, in einem Punkte wenigstens nicht gar so weit zurück geblieben sind. Das ist in der Anwendung dessen, was der Engländer caut nennt. Das Wort ist schwer zu übersetzen. „Heuchelsprache" gibt den Sinn am besten, ist aber nicht so ganz klar. Gemeint ist mit dem englischen Worte das, was in dem Andersenschen Märchen von des Königs neuen Kleidern passiert: Wie auf Verabredung bekennen alle, die Hofleute, die Minister, das Volk, sie hätten noch nie so präch tige Kleider gesehen wie die des Königs, der nackt ist. Das ist so ein Schulbeispiel für den cum. Wir wissen ihn glorios anzuwenden. Das ist jüngst erst wieder erwiesen worden, als Presse, Regierung und Parlamentarier — nur in einem verschwindenden Teile der Presse fanden wir Ausnahmen — gar herzzerbrechend über die schweren Gefahren stöhnten, die das Vaterland durch Indiskretionen über vertrauliche M itteilunge n des Staatssekretärs v. Kiderlen- Wächter in Reichstagskommissionen gelaufen sein solle. Daß es mitunter schwer ist, keine Satire zu schreiben: an dieses Wort Iuvenals haben wir uns bei dieser Gelegenheit erneut gemahnt ge fühlt. „Vertrauliche Mitteilungen", noch dazu über auswärtige Politik; und diese ausgeschwatzt, durch die Presse verbreitet. Schaudervoll, höchst schaudervoll, sagt der sorgenreiche Dänenprinz Shakespeares. Demgegenüber fragen wir: Wer auf aller Welt wird so unklug sein, einer Ver sammlung von achtundzwanzig Mitgliedern, von deren Vertrauenswürdigkeit er sich nie persönlich überzeugen konnte, zu der überdies jeder von 369 weiteren Personen, den's gelüstet, Zutritt hat, gewichtige Geheimnisse anzuver trauen? Solche Unklugheit traut man Diplo maten zu, die ihre Erfolge und Kenntnisse zum guten Teil von Berufswegen auf der Schwatz haftigkeit des >>owo sapiens in seinen unterschied lichen Spielarten aufbauen. Die alte liebe Geschichte von des Königs neuen Kleidern wird auch hier wieder erlebt. Die vertraulichen Mitteilungen sind entweder relativ belang los, oder die Spatzen pfeifen ihren Inhalt von allen Dächern; oder endlich, sie werden vielleicht in der sicheren Erwartung gemacht, daß sie eiligst weitergetragen werden. Der Diplomat denkt überhaupt nicht eben günstig über das Wissensbedürfnis der Volks boten. Der groteske Unsinn der sozialdemo kratischen Forderung nach Abschaffung der Ge heimdiplomatie ist oft genug verspottet worden. Ohne eine Fülle von vertraulichen Beziehungen und Mitteilungen kann kein Leiter eines mittleren Betriebes auskommen. Und der Diplomat sollte es vermögen? Diese seltsame Vermutung wird aber gar nicht so selten von Volksvertretern gehegt. Denn darauf läuft das seit einigen Jahren von der Zentrums partei wieder aufgewärmte, ehrwürdig alte Verlangen hinaus, daß dem Reichstage die diplomatischen Aktenstücke von Zeit zu Zeit, unter Ausscheidung der nicht mitteil baren (deren Existenz und Existenzberechtigung mithin wenigstens anerkannt werden), regel mäßig vorgelegt werden möchten. Dieses Ver langen wird auch diesmal bei der Besprechung des Etats des Auswärtigen Amts wiederholt werden; und da ist's einmal ganz interessant, wenn man sich ins Gedächtnis zurückruft, was Bismarck als Kanzler des Norddeutschen Bundes einst auf die gleiche Forderung geantwortet hat. Bismarck erwiderte, ihm sei es sehr viel lieber, wenn er sich nicht zu der in anderen Ländern üblichen regelmäßigen Blaubuchvorle gung zu verstehen brauche. Denn dieser Gebrauch erfordere eine „doppelte Buchführung": „Ich würde genötigt sein, über denselben Gegen stand zweierlei Depeschen zu schreiben; einmal solche, die wirklich in der Diplomatie ihre prak tische Geltung haben sollen, und dann solche, die ich beabsichtige zu veröffentlichen (Heiter keit), und es wäre nicht bloß eine ausnahms weise Vorliebe für Heimlichkeiten von meiner Seite, sondern es geschieht dies ohne Zweifel überall." Nachdem er dann ein gehend die Gefahren für die guten Beziehungen zu anderen Staaten dargelegt hatte, die auch beim größten Takte die Veröffentlichung von diplomatischen Noten infolge ihrer ursprünglich vertraulichen Natur habe, gab er die mit schallender Heiterkeit aufgenommene Erklärung ab: „Sollten die Herren darauf bestehen, so will ich versuchen, für das nächste Jahr etwas Un schädliches zusammenzustellen. ... Es wäre mir lieber, Sie beständen nicht darauf; ist aber ocr Wunsch ein allgemeiner, so werden wir geben, was wir geben können: teils eine etwas frühere Publikation einer Zeitgeschichte von Daten, welche auf die augenblickliche Situa tion keinen verwirrenden Einfluß mehr üben können; teils solche Depeschen, welche geschrieben zu haben wir für die Männer angesehen zu werden wünschen". Die Meinung Lothar Buchers, eine so große Körperschaft wie eine Volksvertretung sei außer stande, die auswärtige Politik eines modernen Eroßstaates zu kontrollieren, hat sehr viel für sich. Ebensowenig kann die Regierung eines Eroßstaates von allen Zielen und Mitteln ihrer Politik bis ins einzelne Rechenschaft geben. Diese Meinung ist niemals mit mehr Offenheit und allerdings selten mit weniger Respekt vor den Volksboten vertreten worden. Wir wollen uns nicht einbilden, die heute amtierenden Diplo maten teilten sie nicht, wenn sie sie auch kaum mit der „massiven Offenheit" Bismarckscher Observanz zugeben würden. Die Mitarbeit der Volksvertretung an der auswärtigen Politik ihres Landes soll natürlich nicht ausgeschaltet werden, sie kann aber, nach der Natur der internationalen Beziehungen, eben nur innerhalb enger Grenzen vor sich gehen. Fruchtlos braucht sie darum aber gewiß nicht zu bleiben. Die Erinnerung an den Fall Mannesmann — in dessen Klar legung und schneidender Kritik freilich die Presse unendlich mehr geleistet hat als der Reichstag — zeigt das eine Gebiet, auf dem sie nützliche Arbeit leisten kann: begangene Fehler aufdecken, beleuchten, mitleidlos scharf kritisieren, für ihre Abstellung, für Vermeidung ihrer Wiederholung sorgen. Ein zweites ist die Kritik der auswärtigen Politik in ihren großen Zügen. Ein bisher noch so gut wie unangebautes Gebiet, zu dessen Be stellung allerdings etwas mehr Sachkunde ge hört, als die war, über die einst die Landtags kritiker Bismarcks verfügten. Wann wird's hiermit im Deutschen Reichstage anders, bester werden? Im gegenwärtigen gewiß nicht mehr. 2m nächsten? Hoffnung läßt nicht zuschanden werden. Und obgleich ein anderes geflügeltes Wort abmahnen könnte, wollen wir darauf doch hoffen und harren. Der Sailer im DeutlchenLanüwirMaktsrat Berlin, 17. Februar. Zur heutigen Schlußsitzung des Deutschen Land« Wirtschaftsrates, auf deren Tagesordnung an erster Stelle die Frage der deutschen Moore und deren Be deutung für die deutsche Volkswirtschaft stand, war der Kaiser bereits vor dem auf 10 Uhr festgesetzten Beginn erschienen. Die Mitglieder des Landwirt« schaftsrates hatten sich um -^10 Uhr vollzählig im Sitzungssaal« des Herrenhauses versammelt. Die Tribünen waren mit einem erlesenen Publikum dicht gefüllt. Präsident Graf Schwerin-Löwitz be grüßte den Kaiser in der Mitte des Deutschen Land wirtschaftsrates und brachte ein dreifaches Hoch auf ihn aus, in das die Anwesenden begeistert ein stimmten. Dann wurde sofort in die Tagesordnung ein getreten und Professor Dr. Tacke-Bremcn erstattete sein Referat über Die deutschen Moore und ihre Bedeutung für die deutsche Bolkswirtschaft. Das Interesse an den Mooren ist in der letzten Zeit nach der volks- und landwirtschaftlichen Seite hin erheblich gewachsen, und mit vollem Recht, kenn die Moore haben eine große Bedeutung für die deutsche Landwirtschaft. Es ist erwiesen, daß die Mehrzahl der Moorböden mit wirtschaftlich durchaus zu rechtfertigenden Kosten in ertragreichstes Kultur land umgewandelt werden kann. Die anfangs viel fach zur Anwendung gebrachte Moordammkultur ist neuerdings nach dem Aufschwung der Wiesen- und Weidewirtschaft auf dem nichtbefandeten Niederungs moor ganz in den Hintergrund getreten. Der für die Torfbereitung untaugliche Abraum wird auf die ab getönten Flächen gebracht und nach Vermischen mit Sand aus dem Untergrund des Moores mit Zuhilfe nahme tierischer und künstlicher Düngemittel in Acker- und Wiesenland verwandelt. Auch die schon vor längerer Zeit erfolgte Erschließung großer nord westdeutscher Moore in der Absicht, die Fehnkultur vorzubereiten, hat keinen Erfolg gehabt, aber die deutsche Hochmoorkultur in diesen weiten Moor gebieten vorbereitet. Sie ist nicht, wie die Fehn kultur, an ein Abtorfen des Moores gebunden und daher unbegrenzt ausdehnungsfähig. Die Kultivie rung und Besiedelung der Moore im Deutschen Reiche vermag dem deutschen Markte jährlich mindestens 8 Millionen Doppelzentner schlachtreifes Vieh zu zuführen und 80 000 Bauernfamilien eine Existenz zu bieten. Vom Referenten Professor Dr. Tacke wird ge meinsam mit Rittergutsbesitzer Bäseler-Kunrau und dem 1. Vorsitzenden des Bundes der Landwirte Frei herrn v. Wangenheim folgender Antrag unterbreitet: „Die großzügige Förderung der Kultur und Besiedelung unserer Oedsläcken in Moor und Heide ist bei dem heutigen Stande der Technik mit vollem wirtschaftlichen Erfolg möglich. Der Staat als Hauptinteressen« muß in erster Linie für diese Zwecke, vor allem auch im Interesse der inneren Ko lonisation, große Mittel zur Verfügung stellen, die. soweit Privatbesitz in Frage kommt, in der Haupt sache in der Form verzinslicher und amortisierbarer Darlehen zu geben sind. Die Heranziehung des P r i v a t k a p i t a l s ist wünschenswert, darf aber im Intereste einer gesunden inneren Kolonisation niemals zur Bodenspekulation führen. Ein Verkauf der im staatlichen Besitz befindlichen Flächen an Privatunternehmer ist unter allen Um ständen zu vermeiden; auch der Staat muß es sich versagen, aus diesen Flächen, die ihm bisher nur Kosten machten, große Einnahmen zu erzielen. Er soll sich damit begnügen, im wesentlichen bei der Be siedelung seine für die Aufschließung der Moore ge machten Ausgaben w i e d e r z u e r l a n g e n. Zur Sicherung der sachverständigen Ausführung und Kon trolle dieser Arbeiten sind Landcskulturbehörden zu schaffen, in denen auch Praktiker Sitz und Stimme haben. Die geeignetsten Träaer des gesamten Werkes sind im Intereste größerer Beweglichkeit die Pro vinz i a l v e r w a l t u n qe n , die sich der Mit wirkung gemeinnütziger Privatgesellschaften-bedienen können. Die technische Ausnutzung der Moore ist zu fördern unter der Voraussetzung, daß dadurch die nachfolgende landwirtschaftliche Kultur nicht er schwert wird, und diese sofort der technischen Nutzung folgt. Um die Vergeudung großer Werte zu verhüten, sind die Versuche zur Konstruktion rationeller Torf feuerungen zu unterstützen. Zur Durchführung der Meliorationsarbeiten ist die Arbeit der Ge fangenen unter einheitlicher Leitung in umfassen dem Maße nutzbar zu machen, eine zeitgemäßere Re form der Strafvollstreckung ist notwendig." Vorsitzender Graf Schwerin-Löwitz: „Se. Majestät der Kaiser wünscht der Versammlung selbst einige Mitteilungen zu machen." Darauf betrat der Kaiser mit einer großen Mappe, in der er ein Manuskript hatte, das Rednerpult und gab eine Schilderung seiner eigenen Moorkulturtätigkeit auf seinem Gute Kabinen. Der Versammlung, die sich erhoben hatte, gab er ein Zeichen, sich zu setzen. In seinem längeren Vortrage (Wir veröffentlichten bereits in der gestrigen Abendausgabe einen aus führlichen Auszug aus der Kaiserrede. D. Red.) führte der Kaiser aus: Ich möchte im Anschluß an den Vortrag des Herrn Professors Tacke Ihre Auf merksamkeit auf eine Privatarbeit, die in den letzten Jahren von mir in Kadinen auf ähnlichem Gebiet und in ähnlicher Weise, wie der Vortragende sie für Nordwestdeutschland geschildert hat, auf meinen Be fehl durchgeführt worden ist. Es handelt sich in Kadinen um eine Melioration von ungefähr rund 500 Morgen bis dahin gänzlich unbrauchbaren sumpfigen Torflandes. Als Kadinen 1899 erworben worden war, ließen die wirtschaftlichen Verhältnisse dort sehr viel zu wünschen übrig. Besonders un günstig waren die Zustände auf den dem Gute gehö rigen, nach dem Haffstrande zu liegenden Ländereien. Dies« schwierigen Gelände sollten im Laufe der Zeit durch Meliorationen der Bewirtschaftung erschlossen werden. Auf dem Gelände standen Erlen, Schilf, Sumpfgras. Naturgemäß brachte dieses Land i«hr wenig Gewinn. Erne alte natürliche Entwässerungsanlage war verfallen. Im übrigen befand sich auf dem Gelände nur «ine leidliche Entenjagd. Hier und da stand ja einmal ein Rehbock, aber wenn man ihn schießen wollte, verschwand man im Master und wer ihn holen wollte, setzte sich der Gefahr des Ertrinkens aus. Die Leut« mußten zu diesem Zweck möglichst hohe Wasstr- stiefel anziehen. Das war der Zustand dieses Ge ländes, als ich das Gut übernahm. Ich befahl nun, daß diese Mißstände behoben werden sollten. Infolge dessen berief ich «in« Konferenz zusammen und ließ einen Arbeitsplan ausarbeiten. Wir einigten uns dahin, daß zunächst einmal das Haffwasser von diesem (siclände abgeschlossen werden mußte; es mußte also eine Entwässerungsanlage angelegt werden. Nach dem die Bedenken des Verwalters gegen meine Schatulle überwunden waren (Heiterkeit), wurden die dazu er forderlichen Mittel bewilligt und es ging an die Arbeit. Ich werde Ihnen nachher in einer Reihe von Bildern zeigen, was wir durch intensive Ar beit dort erreicht haben. Wir zogen zunächst einen drei Kilometer langen Wall, um eine Uebcrflutung des (beländes zu verhüten. Dann legten wir, da eine natürlick-e Entwässerung wegen der niedrigen Lage des Geländes nicht in Frage kommen konnte, ein Schöpfwerk an. Das Schöpfwerk wurde durch einen elektrischen Motor getrieben. Di« Kabelleitung zu diesem Motor wurde so gelegt, daß sie zu gleicher Zeit über die zu dem Gut gehörigen Felder führte und dort den Anschluß abgab für das elektrische Dreschen. Einige höher liegende Stellen konnten sich bei niedrigem Haffwasserstand selbst entwässern. Im Jahre 1900 waren fünf Sechstel des gesamten in Frage kommenden Geländes eingedämmt, die Ent wässerung war durchgeführt und es war die Vorbe dingung gegeben für die Herstellung guter Wies«. Das Schöpfwerk wurde im Oktober fertiggestellt und bereits im nächsten Sommer war das gesamte sumpfige Gelände trocken gelegt, so daß man mit einem Automobil darüber hmwegfahren konnte. Auch nach den stärksten Niederschlägen war es ein leichtes, die Wiesen in 1)4 Stunden trocken zu legen. Als die Entwässerung vollständig durchgeführt war, wandte ich mich an die Bremer Hochmoorkulturstation. Es wurde mir ein interessanter Bericht cingeschickt und die Bewirtschaftung des Bodens warm empfohlen. Die moorigsten Flächen wurden mit Sand befahren und es wurde auch künstliche Düngung zu Hilfe gc nommen. Die Gesamtkosten für die Anlage beliefen sich auf 73 850 oder auf 150 pro Morgen. Das Ergebnis der ausgeführten Meliorationen war in jeder Beziehung zufriedenstellend, alle^ Erwartungen wurden übertroffen. Schon jetzt in der kurzen Zeit haben sich die wirtschaftlichen Verhältnisse wesent lich verbessert. Der Ertraaswert des Meliorations geoietes, für das, wie gesagt, insgesamt 73 850 angewendet waren, belief sich im letzten Jahre aus 12 000 ^tl. Neben diesen Meliorationsarbeiten ging einher unser Bestreben, die Viehhaltung zu verbessern. Ich wandte mich an Hagenbeck, um eine Verbesserung der Milchproduktion auf Cadinen zu erreichen. Hagen- deck riet mir Kreuzungsversuche zu machen mit dem indischen Zedubullen, Zebu indicus major. Die Bezeichnung „major" gibt diesem Rinde aber nicht das Recht, in die Gattung der Stabsoffiziere ausgenommen zu werden. (Allgemeine Heiterkeit.^ Was aus den Kreuzungsversuchen hcrausgekommen ist, kann ich Ihnen hier auf einem Bilde zeigen. (Landwirtschaftsminister Freiherr v. Schorlemer- Lieser überreicht dem Kaiser ein Bild, das dieser der Versammlung ,ur näheren Besichtigung zur Ver fügung stellt.) Ich habe keine photographische Auf nahme mitbringen können, weil die B i e st c r nicht zum Stehe n zu bringen waren. (Heiterkeit.) In folgedessen hat mein Porzellanmaler von der Majo likafabrik in Ladinen sich die Mühe genommen und hat die Eltern mit dem Kinde porträtiert. (Heiter keit.) Sie sehen nun, was für ein kolossales Tier da herausgekommen ist. (Erneute Heiterkeit.) Sonst bin ich ja gegen Kreuzungen etwas skeptisch. Ich erinnere mich einer Episode aus meiner L e u t n a n t s ze i t, als in Potsdam vor einer Jahrmarktsbude ausgerufen wurde, daß dort zu sehen sei die Kreuzung eines Bibers und einer Ente. (Große Heiterkeit.) Ich entrichtete meinen Obolus, um nachzusehen, was daraus entstanden war. In der Bude fand ich nun einen Mann, der in tiefster Trauer vor mir stand und sagte: „Herr Leutnant, es ist schrecklich, das Kind ist tot, aber die Eltern leben noch!" (Stürmische Heiterkeit.) Ich verlangte nun die Eltern zu sehen. Darauf zeigte mir der Mann einen großen Bottich und sagte: „Manchmal sind die Biester draußen, dann können Sie sie sehen, und manchmal sind sie drinnen, dann können Sie sie nicht sehen!" (Erneute stürmische Heiterkeit.) Hier in Cadinen liegt der Fall nicht so. Es ist tatsächlich etwas zustande gekommen und es ist zu hoffen, daß in den nächsten Monaten noch mehr kom men. (Heiterkeit.) Das wäre in Kürze, was ich Ihnen zu sagen hatte. Ich möchte hinzufügen, daß auch ich mich dem Appell anschließe, den der Herr Reichskanzler neulich auf dem Diner des Land- wirtschaftsrals den Herren gegenüber ausgesprochen hat, nämlich daß die Deutsch« Landwirtschaft ihre Viehhaltung ver» größern muß und auch vergrößern kann. Es muß vor allen Dingen dahin gestrebt werden, daß wir die Fleischoersorgung des deutschen Volkes unabhängig machen vom Ausland«. Dieser Wille muß zur Tat werden, und ich versuche ja in diesem Falle persönlich mitzu wirken. In Cadinen habe rch einen bescheidenen Anfang in dieser Be ziehung gemacht. Ich möchte auch nicht unerwähnt lasten, daß die Cadiner Anlagen insofern auch einen großen moralischen Erfolg gehabt haben, als sie zu ähnlichen Maßnahmen inder ganzen Nach barschaft geführt haben, während früher dort nie daran gedacht worden war. Aus den Nachbarorten kommen alljährlich zahlreiche Landwirte, um sich die Anlagen zu besichtigen, und zu meiner Freude wird auch ein leidlich günstiges Urteil über die Anlagen von diesen Fachleuten gefällt. So ist zu hoffen, daß die Anlagen vorbildlich wirken und Nachahmung finden werden. (Lebhafter, allseitiger Beifall.) Präsident Graf Schwerin-Löwitz bittet den Kaiser, Worte der Dankbarkeit seitens des Deutschen Landwirtjchaftsrat» entgegen,unehmen, sowohl für die interessanten lehrreichen Mitteilungen als auch für das besonders warme Interesse, das er für die Entwicklung der deutschen Landwirtschaft und für die Landeskulturarbeit durch seine eigene Betätigung
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite