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SllMm-yer Tageblatt ««d Filialen: in Altstadtroaldenburg bei Herrn Kaufmann Otto Förster^ in Kauftmgen bei Herrn Fr. Janaschek; m Langenchiwsdorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herrn Wi elm Dahler, EigarrengeschSft au der Brücke; m Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Wollenburg bei Herrn Trust Rösch«; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis vormittags 11 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. Sü Pf. Einzelne Nrn. S Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Tabellarischer Satz wird doppelt berechnet. Amtsblatt für den Stadtrath zu Maldenburg. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Luuzeua«, Lichteufteiu-Calluberg, und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Mstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kausungen, Langenchursdorf, Langen leuba-Niederham, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, OelSnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. Sonnabend, den 22. Oktober 1898. Witternngsbericht, ausgenommen am 21. October, nachm. 4 Uhr. Barometerstand 761 mm. reducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerftand -j- 11' 0. (Morgens 8 Uhr -i- 4° 6.) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 74"/«. Thaupvukt -s- 6,, Grad. Windrichtung: Süd. Daher Wttternngsausfichten für den 22. October: Wechselnde Bewölkung bis halbheiter. "Waldenburg, 21. October 1898- Das Osmanenreich ist alt geworden und müde; es hält mit den letzten Resten seiner Kraft sich aufwärts im wehenden Winde, wie ein zerwühlter Stamm. Braust aber ein Orkan heran, dann kracht der Stamm splitternd und krachend zusammen. Es wird wohl kein stilles Schauspiel einmal werden, wenn der Halbmond von der Sophien-Moschee in Kon stantinopel sinkt. Vor ein paar Jahren, als der große Armenier-Aufstand in Konstantinopel wüthete und eine fremde Einmischung drohte, erklärte Sultan Abdul Hamid, dessen Gast Kaiser Wilhelm nun ist: „Soll das Os manenreich unt-rgehen, dann stirbt mit ihm jeder Moslem und Stambul!" Das ist keine Prahlerei, bricht einst der letzte Tag der Sultansherrschaft in Konstantinopel an, mag es ein Völkerdrama werden. Doch wer will den Tag voraussagen? In weißer Pracht baut sich Konstantinopel über den Meeresflulhen aus, prunkvolle Paläste und blendender Marmor grüßen dm Fremdling. Von den Höhen herab winkt ein dunkles Tlün und ein leuchtend blauer Himmel spiegelt sich in den Wellen. Hier zogen die Griechen, die Perser, die Römer vorüber, hier nahm Alexander der Große seinen Weg zur Welteroberung nach Asien, hier errichtete Kon stantin, der der Große heißt und eins der entsetzlichsten Scheusale in der Geschichte war, seine Residenz, in der zuerst das christliche Kreuz als Zeichen deS Imperators der ewigen Roma erschien. Noch lange, nachdem Rom seine Weltmachtstellung eingebüßt, fristete im Osten mit seiner Hauptstadt Konstantinopel das oströmische Kaiser reich ein schwaches Dasein, bis der Moslem das Kreuz zu Boden schlug. Wie ein Märchen erscheint Konstantinopel dem Be sucher vom Meere her, wie ein Traum aus tausend und einer Nacht. Die Wunderschlösfer, welche die früheren Sultane an die Ufer des Bosporus hingezaubert, sind aber heute entweder unbewohnt oder sie bergen Gefangene. An dem glatten Marmor, an dem Gold der Prunksäle klebt mancher Tropfen Blut von Nachfolgern des Pro pheten. Das Ende des Sultans Abdul Aziz vor etwas mehr als zwei Jahrzehnten, der sich mit einer Scheere bekanntlich die Pulsadern durchschnitten haben sollte, war noch keins der grausigsten unter den Sultans- Dramen. Vor 60 Jahren ward in Stambul das ganze CorpS der Janitscharen, das in Meuterei wegen der Er richtung einer regulären Armee auSbrach, auf Befehl des Sultans zusammengehauen. An 30,000 Menschen fielen in diesem Verzweiflungskampfe. Aber dem Konstantinopel von der See her, mit dem reichen Schiffs- und Barkenverkehr, entspricht das Kon stantinopel im Innern nur sehr wenig. Wohl ist gegen früher Manches geschehen, wohl bietet das Fremdenviertel Und die große Brücke von Pera einen Verkehr von Angehörigen aller europäischen und asiatischen Nationen, wie man ihn sonst wohl kaum auf der Welt in dieser bunten Abwechselung wieder sieht, aber mit dem, was wir Deutsche als Voraussetzung für eine wohlgeordnete Stadtverwaltung anschen, was wir als selbstverständliche Bequemlichkeiten für die modernen Menschen betrachten, sieht cs in Konstantinopel außerordentlich jammervoll aus. Großstädtische moderne Einrichtungen fehlen fast ganz; die Alltürken, die allen europäischen Neuerungen abhold sind, verstehen vortrefflich, die Einführung von solchen zu verhindern. Der Schmutz ist überall groß, nicht ein- Mal von einem geordneten Bauwesen ist die Rede. Die Preise sind dafür um so höher. Wenn ein fürstlicher Besuch in Aussicht steht, werden die schreiendsten Miß stände wohl beseitigt, aber da es an Geld zu gründlichen Reparaturen fehlt und hinterher der türkische Schlendrian noch ins Spiel kommt, so ist bald Alles wieder so, wie es war. In den Palästen giebt es Kostbarkeiten über Kostbar keiten, Beamte und Soldaten haben dagegen wegen Ebbe in der Staatskaffe ost wochenlang aus ihre Bezüge zu warten. Ohne die sprichwörtliche Genügsamkeit und Schickung in das Kismet der Moslems würde eS alle Tage Mord und Todtschlag geben. Was an Staats einnahmen von Bedeutung vorhanden ist, ist fast ohne Ausnahme an Bankiers verpfändet. So entsprechen auch Handel und Verkehr bei Weitem nicht dem, was man hier eigentlich als selbstverständlich annehmen müßte. Konstantinopel könnte bei anderem Regiment ein Handelsmarkt ohne Gleichen sein, das Geld müßte hier nur so rollen. Dagegen findet sich überall Bettelarmuth. Konflantinopolis ist eine Königin, der alle Prunkgewänder verblichen sind. Nur im äußeren, fernen Bilde zeigt sich die Stadt der stolzen Majestät, bewundernd fliegt der Blick nach allen Seiten an dieser Stelle, wo zwei Erdtheile einander so nahe. Und Ströme von Blut sind um den Besitz dieser Stadt schon vergossen, Ströme von Blut werden vielleicht noch fließen, bis der Streit einmal endet. Nächst Rom war keine Stadt begehrter, als Konstantinopel. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Zum Besuch unseres Kaiserpaares wird aus Kon stantinopel weiter berichtet, daß auf den Straßen leb hafter Verkehr herrscht. Bei der sonst ruhigen türkischen Bevölkerung ist eine angeregte Stimmung deutlich be merkbar. Die Häuser, in welchen deutsche Staatsange hörige wohnen, aber auch eine Anzahl fremder, sind be flaggt. Der Kaiser und die Kaiserin kehrten am Mitt woch von der prachtvollen Beleuchtung der Ufer deS Bosporus erst um Mitternacht zu Schiff nach Jildiz zurück. Am Donnerstag früh begaben die Majestäten sich nach dem asiatischen Ufer und von dort mit der anatolischen Bahn nach Hereke, woselbst die große Teppich- sabrik deS Sultans besichtigt wurde. Gegen Abend er folgte die Rückkehr nach Konstantinopel, woselbst im Merassim-Kiosk das Diner stattfand. Das Tagesgespräch ist in Konstantinopel das Hissen der deutschen Flagge auf allen Thürmen, und zwar nicht der Handelsflagge, sondern der Marineflagge mit dem Kreuz, neben dem ottomanischen Halbmond. Seit der Eroberung Konstan tinopels durch die Türken ist keine Standarte mit dem Kreuz officiell gehißt worden. In Galata hat die Ver brüderung der türkischen Soldaten und der deutschen Mannschaften schon riesenhafte Fortschritte gemacht. Aus gefallen ist es übrigens, daß weder die französischen, noch die russischen Handelsdampfer über die Toppen geflaggt hatten, als das Kaisergeschwader einfuhr. Die Illumi nation des Bosporus und der kaiserlichen Schlösser, so wie des Hafens war glänzend. Der Gesammteindruck aber wurde durch zeitweise recht starken Nebel beeinträch tigt. Die weiße Leibgarde des Kaisers, mit dem Stahl helm geschmückt, kam abends auf einen dreistündigen Ur laub an Land und erregte überall Aufsehen. Die Men- schenmaffen starrten ^>icse Riesen an und folgten ihnen. Sie drangen in die Lokale hinter ihnen ein, und die Polizei hatte genug zu thun, um die Passage frei zu halten. In Galata wurden zwei Leute durchgeprügelt, weil sie vor dem Porträt deS Kaisers der Ansicht Aus druck gegeben, er sei aber ja doch nur ein Fremdgläu biger. DaS Geschenk des Kaisers, zwei Statuetten Kaiser Wilhelm'S I. und der Kaiserin Augusta, ist in Bronze gegossen. Der greise Monarch erscheint hier in JnterimS- uniform; die Linke hält ein Actenstück, die Rechte ein Vergrößerungsglas, wie cs der Kaiser zu benutzen pflegte. Der Kopf zeigt einen sinnenden Ausdruck; es ist, als ob der Herrscher dem Vortrage seines großen Kanzlers lauscht. Die im Betriebe befindlichen 69 deutschen Eisen bahnen mit einer Gcsammtlänge von 41,533,99 kw vereinnahmten im September d. I. aus dem Personen verkehr 42,580,408 Mk. oder gegen denselben Monat des Vorjahres 2,335,104 Mk. mehr; auf 1 Km ent fielen 1048 Mk. oder 44 Mk. mehr. Die Einnahme aus dem Güterverkehr bezifferte sich auf 91,952,783 Mk. DaS ist um 5,369,667 Mk. mehr gegen das Vor jahr. 1 km erbrachte 2223 Mk., mithin gegen 101 Mk. mehr. Zur Eröffnung des Freihafengebiets der Kiau- tschaubucht kommt die folgende bemerkenSwcrthe Mit« theilung aus Deutsche China: Die chinesischen Händler und Kaufleute find mit dem Tausche, den sie gemacht, wohl am wenigsten unzufrieden; allenthalben merkt man die Spuren des Wohlstandes; mit dem äußeren Be hagen ist auch das Bedürfniß nach größerer Reinlichkeit eingezogen. Nur der Kuli kann sich an die neue Ord nung der Dinge nicht gewöhnen; in seiner Bedürfniß- losigkeit läßt er lieber den Verdienst fahren, als daß er sich einer größeren Arbeitsleistung unterzöge. Erst wenn größere UnterkunftSräume für Arbeiter auS anderen Distrikten geschaffen sind, wird eS gelingen, einen zu verlässigen Arbeiterstamm zu bewahren; wohl oder übel werden dann auch die hiesigen Bauern und Fischerleutr ihr Phlegma fahren lassen und sich dazu bequemen, stetig zu arbeiten, um überhaupt nicht aus dem Markt ver drängt zu werden. Behufs Einführung deS 10-Pfennig-BriefportoS im Verkehr mit Deutschland, England und Frankreich hat der nordamerikanische Generalpostmeister die Initia tive ergriffen; diesbezügliche Unterhandlungen sollen schon in allernächster Zeit beginnen. Zu der Anarchisten-Verschwörung wird heute auS Alexandria berichtet, daß das Complott sich in immer dichteres Dunkel zu hüllen beginnt. Die egyptische Poli zei sagt nichts, und die englischen Vorgesetzten der cgyp- tischen Detektioe-Osfiziere erklären nur, daß sic sehr be lastende Druckschriften gefunden haben, in denen offen zum Fürstenmord aufgereizt wird. Ueber die aufgefun denen Bomben äußern die Herren sich überhaupt nicht. Dagegen lassen sie ihren Unmuth darüber aus, daß die bestehenden Kapitulationen ihnen die Hände binden. In folge dessen erinnert die „Voss. Ztg." daran, daß Eng land mit Eifer die Abschaffung der internationalen Ge richtsbarkeit und der Kapitulationen in Egypten betreibt. Auffallend ist es, daß der Reichsanzeiger bis heute auch nicht das Geringste über die Verschwörung mittheilt. Nach Berichten nordamerikanischer Blätter gelangen nächstens 4000 nordamerikanische Fahrräder von New-Jork über Hamburg nach Deutschland zur Versen dung. Da in Deutschland der Einfuhrzoll für ein Fahr rad nur 3 Mark beträgt, in Nordamerika dagegen 120 Mark, so können zwar die nordamerikanischen Fahrrad« sabrikanten lohnende Geschäfte in Deutschland machen und thun es auch, nicht aber die deutschen Fabrikanten in Nordamerika. Ein derartiger einseitiger Handelsverkehr