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Zes Reichskanzlers Antinort an Key Der deutsche Tagesbericht Das Wölfische Bureau meldet amtlich: Großes Hauptquartier, 23. Mai. Westlicher Kriegsschauplatz Die Absicht eines Gegenangriffes der Engländer südwest lich von Gioenchy-en-Gohelle wurde erkannt, die Aus führung durch Sperrfeuer verhinderet. Kleinere englische Bor stöße in Gegend von Roerincourk wurden abgewiefen. 3m Maas-Gebiet war die Gefechtstätigkeit infolge ausgedehnter Eegenstohversuche des Feindes besonders lebhaft. Links des Flusses nahmen wir südlich des Eamard- Waldes ein französisches Blockhaus. Feindliche Angriffe öst lich der Höhe 304 und am Südhang des „Toten ManneS" scheiterten. Rechts des Flusses kam es auf der Front nördlich des Gehöfts Thiaumont bis in den Caillette-Wald zu heftigen Infanteriekämpfen. 3m Anschluß an starke Feuer vorbereitung -rangen die Franzosen in unsere vorderste« Stellungen ein. Unsere Gegenstöße warfen sie auf den Flügeln des Angriffsabschnittes wieder zurück. Südlich des Dorfes und südlich der ehemaligen Feste Douaumont, die übrigens fest in unserer Hand blieb, ist der Kampf noch nicht abgeschlossen. Nordwestlich der Feste Baux wurde ein vorgestern vorübergehend in Feindeshanb gefallener Sappenkopf zurückerobert. Durch Sprengung zerstörten wir auf der Lombres- Höhe die erste und zweite französische Linie in erheblicher Ausdehnung. Bei Baux-les-Palameix und Seuzey (auf den Maashöhen südöstlich von Berdun) brachen feindliche Angriffe in der Hauptsache im Sperrfeuer zusammen; kleine in unsere Gräben eingedrungene Abteilungen wurden dort nieder gekämpft. Ein feindliches Flugzeug wurde südwestlich von Bailly abgeschossen. Oestlicher und Balkankriegsschauplatz Nichts Neues. Oberste Heeresleitung. Französischer Generalstabsbericht n'tb. Paris. 23. Mai. (Drahtbericht.) Amtlicher Bericht von Montag nachmittag: Südlich von Berry au Bac spreng ten die Franzosen an der Höhe 48 zwei Minen erfolgreich. In der Champagne sandten die Deutschen in dem Abschnitt zwischen der Straße Soualn — Somme-Py und der Straße St. Souplet — St. Hilaire Gaswolken erfolglos aus, da die Acnderung in der Windrichtung beinahe sofort den ganzen Gaüschleier gegen die deut schen Schützengräben zurücktricb. Auf dem linken MaaSufer dauerten die Infanteriekämpfe in dem Gehölz von Avocourt die Nacht hindurch fort. Die Franzosen errangen im Handgranatenkampf einige Vorteile und besetzten mehrere Blockhäuser, nachdem sie die Deutschen daraus vertrieben hatten. In der Gegend westlich des TotenMannes war der Kampf besonders lebhaft; verschiedene Ver suche der Deutschen, ihre Fortschritte weiter auszudehnen, wurden dnrch Sperrfeuer abgewiesen. Dagegen machten die französischen Truppen einen heftigen Angriff, durch den es ihnen gelang, einen Teil des in der Nacht zum 21. Mai verlorenen Geländes zurückzugewinnen. Auf dem rechten Maasufer machlen die Deutschen wiederholt Gegen angriffe auf die ihnen gestern durch die Franzosen entrissenen Stel lungen in den Steinbrüchen bei Haudromont. Alle Angriffe wur den aufgehalten und kosteten den Deutschen schwere Verluste. An den Zugängen des Dorfes Vaux machte eine kleine Unternehmung vor mittags die Franzosen zu Herren eines deutschen Schützengrabens. Bei Les Eparges flogen mehrere Minen auf, ohne viel Schaden an- zurichten. Iwangsrekrutierung der in England ankommenden Belgier (r.) Köln, 22. Mai. (Eig. Drahtbericht.) Der .Köln. Zig." wird aus Amsterdam gemeldet: In England ankommende Belgier werden in einem in London neu errichteten belgischen Militär- bureau untersucht und dann in einem Hotel untcrgcbracht, das von belgischen Soldaten bewacht wird. Die Diensttauglichen werden mit einem Dampfer nach Havre geschickt und in das belgische Heerelngerelhl. Es wird den Besatzungen der nach Holland abgehenden Dampfer ausdrücklich verboten, über diese Maßnahme zu sprechen, weil man fürchtet, daß dann keine diensttauglichen Belgier mehr nach England kommen. Ium Rücktritt Blondels S Bukarest, 22. Mai. fDrahlberlcht.) In den hiesigen politischen Kreisen verlautet, der Rücktritt des französischen Gesandten Blon de! sei der Beginn umfastender Aenderungen unter den in Bukarest beglaubigten Diplomaten des Vierverbandes. Das Bukarester Vier verbandsorgan .La Politiquc' glaubt, daß die Angriffe des politischen Redakteurs der «Nevue des deux mondes', Plnon, und anderer französischer Schriftsteller auf die Entente-Gesandten in Rumänien ein« solche Acnderung zur Folge haben werden. Der Behauptung, Blondel sei wegen angegriffener Gesundheit auf eigenes Ansuchen zurückgetreten, wird hier kein Glauben geschenkt. Es ist nirgends Geheimnis, daß er abberufen wurde, weil seine Politik ge scheitert ist. Die ehrenvollen Nachrufe, die die vicrverbandsfreund- liche Presse ihm widmet, und in denen seine Geschicklichkeit ganz be sonders unterstrichen wird, ändern an dieser Auffassung nichts. Ein zweiter Amerikaner in Irland verhaftet wtb. Berlin, 23. Mai. (Drahtbericht.) Wie die «Voss. Zig." berichtet, ist außer dem in Irland zum Tode verurteilten amerikani schen Staatsbürger Lynch auch der frühere Konsul aus San Domingo, James Sulliman, von der irischen Militärbe- Hörde verhaftet worden. Die amerikanischen Behörden haben trotz dringender Aufforderungen noch nicht erfahren können, wo Sulli man untergebracht ist. Wie England die neutrale Schiffahrt vergewaltigt vtb. Haag, 22. Mai. (Drahtbericht.) Dem Korrespondenz- Burean wird von befugter Seile mikgekeilt, daß der holländische Dampfer .Maashaven" mit ungefähr 4000 Tonnen Getreide und Baumwollsaat, der am 26. April auf eine Mine gestoßen und bei Harwich an den Strand gesetzt worden war, jetzt die Themse hcraufgeschleppt und bei Gravesend an den Strand gesetzt wurde. Die britischen Behörden haben bis jetzt nicht zugestanden, daß die nötigen Reparaturen von englischen Wersten für Rechnung der holländischen Reederei vorgenommen werden, oder daß die Ladung, die zu verderben beginnt, ganz oder teilweise in Leichterkähne umgeladen wird, es sei denn unter der Bedingung, daß der Dampfer nach Vornahme der nötigen Reparaturen und nach Löschung der Ladung in Rotterdam an «ine englische Firma ver mietet wird. Außerdem wollen die Engländer die Ausfuhr von SchiffSbeflandkeilen, die für die auf holländischen Werften im Bau befindlichen Dampfer bestimmt sind, nur dann erlauben, wenn diese Schiffe für die Dauer des Krieges englischen Firmen vermietet werden. — Das Korrespondenz-Bureau bemerkt dazu: Dies bestätigt, daß das ip den Blättern vom 6. Mai veröffentlichte Telegramm des Reuter- scheu Bureaus die Maßregeln der britischen Admiralität gegenüber der holländischen Schiffahrt nicht korrekt wiedcrgegcben hat. Lloyds ermäßigen die Versicherungsprämien ^vtb. London, 23. Mal. (Drahtbericht.) Reuter teilt mit: In folge der verminderten Tätigkeit der deutschen Unterseeboote haben Lloyds ihre Versicherungs prämien für Kriegsrisiko bedeutend herabgesetzt. Die Prämien, die jetzt verlangt werden, sind meistens um 10 bis 25 Schilling per Hundert niedriger als die bisher geltenden Ver- sicherungssätze, und sie sind im Begriff, noch weiter zurückzugehen. Englischer Landsturm (r.) Zürich, 22. Mai. (Eig. Drahtbericht.) Nach der .Neuen Zürcher Ztg." schlägt der Londoner .Daily Expreß" vor, in Groß britannien eine Art von Landsturm zu organisieren, in den alle Wehrpflichtigen vom 11. bis zum 00. Alkersjahr eingereiht würden und alle nur wegen leichter körperlicher Gebrechen Zu- rückgcstellten. Der .Daily Expreß" weist darauf hin, daß die freiwillige Rekrutierung bereits den Beweis gegeben habe von dem patriotischen Aufschwung, dessen die Nation fähig sei. Die geringe Ermutigung, die den Freiwilligen zuteil geworden jei, habe ihre Begeisterung abgckühlt und sie glau ben lasten, daß sie trotz ihres Eifers dem Lande wenig dienen könnten. Man schätzt indessen, daß 2>L Millionen auf diese Art ausgehoben werden könnten. Man würde sie für eine verhält nismäßig kurze Zeit verwenden. Clcmeneeau an den Schwätzer Briand ntb Paris, 23. Mai. (Drahtbericht.) Clemenceau geißelt in seinem Blatic mit bitterer Ironie, wodurch der ernste Unwille über den durch die Regierung verschuldeten Gang der Ereignisse hindurch schimmert, Briands Worte beim Zusammentritt der Kammer: .Wir befinden uns in eincr nlschci'cnchn Stunde, in der wir Recht auf alle Hoffnungen haben." Wenn Sie, rüst El.vneueeau Briand zu, nach zwei Jahren schwerster VcranlworiUchkcilen, die frisch und fröhlich übernommen, um nicht zu sagen erstrebt wurden, vor Frankreichs Volksvertretern das Work er greifen, haben Sie die Pflicht, uns allen anderes zu sagen, als die Stunde anzukündigen, wo uns Hoffen erlaubt sein werde. Sie schulden uns die Abrechnung über Taten. Ls heißt aber die Grenzen der Unverfrorenheit überschreiten, wenn man uns sagt, daß wir, um Ihr Werk zu beurteilen erst die Zeit abwarten sotten, bis die Kanonen aufhören zu donnern. Unsere Front rührte sich nach zwanzig Monaten nicht. Trotz der Opfer, wie sie die Geschichte nicht kennt, erfuhr sie vielmehr trotz des Widerstandes, der der höchste Ruhm unseres Vaterlandes ist sogar eine Einknickung bei Berdun. Wir haben dar. Recht aus andere Dinge als schöne Worte über Hoffnungen, und brauchen Erklärungen über Taten, um die Fehler gut zumachen, wenn welche gemacht sind. Es hieße Frankreich verraten, für Sic, wenn Sic sic vclwrigcin. siir uns, wenn wir nicht den Willen, den Fehler guizumachcn, durchsetzen. — Die heutige Kritik der militärischen Lage im .Homm: enckaine" siel gänzlich dem Zensurstist zum Opfer. Ein LömLnangrist an, den Stab Smuts' (r.) London, 23. Mai. «Drahtbericht.) Der Kapstadter Korr.spondcnt der .Daily Mail" berichtet, daß General Smuts, der die Kriegs operationen gegen die Deutschen in Ostasrika leitet, vor kurzem mit seinem gesamten Stabe am Kilimandjaro einem Angriff von Löwen ausgesetzt war. Während der ganzen Nacht mußten sie in den Automobilen fortwährend Feuer unterhalten, um die Löwen zurüchzndal^n (.Frkf. Zlg.') Bethmann HoArVLg gegen Grey H Am Montag, den 15. Mai, wurde in der deutschen Presse der Inhalt einer Unterredung veröffentlicht, die Sir Edward Grey einem amerikanischen Berichterstatter gewährt Halle. Aus des Deutschen Reiches Kanzler lagen in diesen Tagen schwere Sorgen, die ihn von Berlin nach dem Großen Hauptquartier hin und her führten, bis nun gestern die Entscheidungen getroffen wurden über die neuen Männer, die Versäumtes nachholen und die Miß stände auf dem Gebiete der Nahrungsmittelversorgung des deut schen Volkes von Grund aus beseitigen sollen. Hier die richtige Wahl zu treffen, erschien Herrn von Bcthmann Hollweg anschei nend wichtiger zu sein, als ans Sir Edward Greys und Poincares Worte und Reden einzugehen. Wenn er nun trotzdem auch dieser Mühe sich noch unterzogen und dabei den beiden Verantwort lichen in London und Paris eine so treffliche Abfuhr bereitet hat, so danken wir ihm das mit doppelter Freude. Wir haben das Gerede der Grey und Poincare seinerzeit ausführlich abgetan und brauchen unsere Leser nur aus das damals Gesagte zu verweisen, da Herr von Bethmann Hollweg bei seiner Antwort im wesent lichen denselben Gedankcngängen folgte, die wir einschlugen, und zu derselben Hauptschlußfolgcrung kam, zu der wir gelangten. Nur einzelnes Besondere brauchen wir deshalb aus des Kanzlers Ausführungen noch zu unterstreichen. Mit Recht betonte Herr von Bethmann Hollweg, daß aus Greys Worten wohl hervorgehe, daß man sich in England davon überzeugt habe, daß Deutschland nicht zermalmt und vernichtet werden könne. Ilm so unbegreiflicher sei es, daß der — aller dings sehr weltfremde — Leiter der auswärtigen britischen Politik immer noch mit dem Gedanken eines Gegensatzes zwischen Deütsch- lanü und Preußen operieren zu können glaube, den ihm die .wunderbare und heldenmütige Einheit des gesamten deutschen Volkes" während dieser 22 Kriegsmonate doch wohl ausgetrieben haben könnte. Mit dem gleichen Rechte stellt der Reichskanzler fest, daß nicht Deutschland, sondern England in den letzten 20 Jahren Politik mit Militarismus getrieben habe, und nennt zum Beweise für seine Behauptung Faschoda, Aegypten, den Burenkricg, Algeciras und Agadir. Gerade in der Marokkokrisis hat England die sich anbahnende Verständigung zwischen Deutsch land und Frankreich hintertrieben und gezeigt, daß die Ein kreisungspolitik Eduard VII. auch vor einem Weltkrieg nicht zu- rückschreckle, um die gefährliche wirtschaftliche Konkurrenz Deutschlands zu brechen. Neu und bedeutungsvoll ist in diesem Zusammenhang Herrn von Bethmann Hollwegs Mitteilung, daß während der bosnischen Krisis gerade die von Sir Edward Grey geleitete Politik mit einem Kriege mit Deutschland alles Ernstes gespielt hat, während bisher die englischen Politiker ihre bei dieser Gelegenheit den Mittelmächten erwiesenen guten Dienste beson ders unterstrichen. Man darf annehmcn, daß ein Krieg damals nur vermieden wurde, weil Frankreich und namentlich Rußland dazu nicht genügend vorbereitet waren. Sir Edward Grey hak die Schuld Deutschlands an dem Welt krieg und Englands angebliche Friedensliebe besonders hervor gehoben. Demgegenüber stellt Herr von Bethmann Hollweg noch einmal dreierlei fest. Einmal hat er von England nicht absolute Neutralität auch für einen deutschen Angriffskrieg, sondern nur dessen wohlwollende Neutralität gefordert, wenn Deutschland ein Krieg aufgczwungen werden sollte. Die gegenteiligen Behaup tungen Greys weist der deutsche Reichskanzler als den Tatsachen nicht entsprechend zurück. Zum andern zerpflückt er das Spiel mit dem englische Konfcrenzvorschlag, der angeblich den Krieg vermieden hätte, und stellt fest, daß die russische Regierung bereits mit der Mobilisierung ihrer Niesenheere begonnen hatte, als der Greysche Konferenzvorschlag erfolgte. Unter diesen Umständen war Deutschland, das mit einem Kriege nach zwei Fronten zu rechnen hatte, ein Eingehen aus diesen Vorschlag unmöglich, um so weniger, als, wie der Reichskanzler mit feiner Ironie bemerkt, England die deutschen Provinzen doch wohl kaum vor einem Ein fall der Kosaken geschützt batte. Dagegen hätte England, wenn es in Petersburg ein ernstes Wort gesprochen hätte, den Krieg wohl zu vermeiden vermocht. Zum dritten aber fertigt Herr von Bethmann Hollweg noch einmal die englische Phrase, daß es zum Schuhe der belgischen Neutralität die Waffen ergriffen habe, gründlich ab, indem er auf die Ansicht der englischen Regierung in früheren Jahren zu dieser Frage und die in Brüssel gefundenen Dokumente zurückgreift und denen die jetzigen Reden der Grey und Asquith gcgcnüberstellt. Hatte Herr von Bethmann Hollweg schon zur Zurückweisung dieser alten, immer wiedcrkehrenden Beschuldigungen der deut schen Politik treffliche Worte gefunden, so trifft das noch mehr zu bei dem, waS er über die Zukunft sagte. Die vergiftenden Ver leumdungen der deutschen Kriegführung, die sich Sir Edward Grey erlaubt hatte, überging er mit stolzer Nichtachtung, da man darüber wirklich kein Wort mehr zu verlieren braucht, ein so starkes Hindernis für den Frieden auch in ihnen liegen mag. Er sagte aber dem Leiter der englischen auswärtigen Politik deutlich und klar, um was es sich handelt. Den Gedanken, irgendwie in die deutschen inneren Verhältnisse cingreifen zu können, möge er sich ein für allemal aus dem Kopfe schlagen und sich dafür lieber mit den Zuständen in Irland befassen. Reden wie die der Grey und Poincare schürten nur den Haß weiter, während Deutschland schon zweimal ehrlich die Hand zum Frieden geboten habe, und an Frieden sei überhaupt nicht zu denken, wenn man sich in Lon don und Paris nicht dazu entschließen könne, die Kriegslage so zu nehmen, wie sie jede Kriegskarte zeigt. Mit Recht konnte also der dentsche Reichskanzler zum Schluffe seiner Unterredung mit