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I Nr. 265 — 94. Jahrgang Wilsdruff-Dresden Mittwoch, den 13. November 1935 Drahtanschrift: „Tageblatt Postscheck: Dresden 2049 M md die ErzcWiiMW PsAM? Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Stadt rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt gesamten Wirtschaftsleben Danzigs, das ja in erster Linie von seinem Hafen lebt. Gingen aber früher die Danziger Regierungen nach Genf, so versucht es heute die national sozialistische Regierung Danzigs, entsprechend der vom Deutschen Reich eingeleiteten und durchgeführten Ver ständigungspolitik mit seinem östlichen Nachbarn, in direkter Aussprache mit Polen, einen wirtschaftlichen Aus gleich zu erzielen. ,. - , . So lebt Danzig seit jetzt 15 Jahren staatlich sem Sonderleben, volklich aber auch heute noch in engster Gemeinschaft mit dem großen Mutterland Deutschland. Denn wenn auch der Danziger heute seine eigene, die Danziger Staatsangehörigkeit hat, blutmätzig ist er, wie es seine Vorfahren feit Hunderten von Jahren waren, deutsch geblieben. Daran hat auch der Spruch von Ver sailles nichts ändern können. Wie litauische Versprechungen anssehen. Maßgebend für die Ernennung des Präsidenten des Direktoriums ist nach dem Statut nichts anderes als das Wahlergebnis. Die fünf litauischen Abgeordneten, also auch der litauische Agcordnete Borchertas, sind nur auf den Krücken der aus Großlitauen zum größten Teil widerrechtlich eingebürgerten Ele mente in den Landtag hineingekommen. Ihnen gegen über steht die geschlossene Einheitsliste mit 24 Abgeord neten. Es ist sonderbar, daß der litauische Gouverneur in dieser unvergleichlich größeren Anzahl keinen Präsi denten finden will. Die Beauftragung eines Vertreters der kleinen litauischen Minderheit ist wiederum eine Heraus forderung der gesamten Bevölkerung des Memel- gcbietcs und steht in krassestem Gegensatz zu den Be stimmungen des Statuts, zum Haager Urteil vom 11. August 1932 und vor allem den in jüngster Zeit Der zweite Arbeitstag in Goslar. Wer erkennen will, was alles dazu gehört, die Er zeugungsschlacht zum Erfolg zu führen, dem haben die Arbeitstagungen des Reichsnährstandes auf dem Reichs bauerntag in Goslar einen nachhaltigen Eindruck vermit telt. Auf den verschiedensten Gebieten wird ein straffer einheitlicher Wille sichtbar, der das Bauern- tum zu der großen Gemeinschaftslcistung anspornt, die Ernährung des deutschen Volkes sicherzustellen. Das erste Erfordernis für das Gelingen der großen Auf gabe ist die Einsatzbereitschaft aller daran beteiligten Men schen. Zu der bäuerlichen Lebensgemeinschaft, die es zu vertiefen gilt, gehört insbesondere auch der Landar beiter, gegen den in früheren Zeiten viel gesündigt worden ist. Der Reichsnährstand hat die Aufgabe der Be treuung aller seiner Glieder übernommen, also auch der Landarbeiter und der gesamten Hofgefolgschaft. Bei Be handlung der Richtlinien für die Winterarbeit auf diesem Gebiet wurde insbesondere die Frage des Neubaues und der Verbesserung von Landarbeiter- Wohnungen erörtert; vor allem muß der Landarbeiter die Möglichkeit des Aufstieges haben. Das wichtigste neben dem Menschen ist der Boden. Eine neue einheitliche Bestandsaufnahme des Bodens bie tet die unentbehrliche Grundlage für die Planung und Steuerung der Erzeugung. Ebenso ist sie von entscheiden der Bedeutung für die Besteuerung der Landwirtschaft, Der Gouverneur des Memelgebietes hat einen der fünf litauischen Abgeordneten des Memellän dischen Landtages, den früheren Hafendirektor Bor- chcrtas, mit der Bildung des Direktoriums beauftragt. über den Auftrag veröffentlicht die Litauische Telegraphenagentur folgende Meldung: Schon bei der Vorstellung des Präsidiums beim Gouverneur wurde die Frage der Bildung des Direktoriums berührt. Darauf hat der Gouverneur das Mitglied des Landtages, Borchertas, beauftragt, mit den Fraktionen wegen der Bildung eines Direktoriums Verhandlungen aufzu nehmen. Borchertas hat seine Fühlungnahme bereits aus genommen. wteveryoit angegebenen leserlichen Versprechungen der litauischen Regierung gegenüber den Signatar mächten und sogar vor dem Völkerbund. Ebensogut wie Borchertas hätte man auch den zurück getretenen Bruvelaitis wieder beauftragen können. Man hat den Signatarmächten der Memelkonvention selbst schriftlich versprochen, ein Direktorium nach den Bestimmungen des Statuts zu bilden, d. h. also ein solches Direktorium, das das Vertrauen des Landtages erhält. Borchertas, der früher Borchert hieß, gehört seit jeher zu den extremsten und fanatischsten Vertretern der litauischen Parteien im Memelgebiet und hat stets in einem unüberbrückbaren Gegensatz zu der autonomie treuen großen Mehrheit der memelländischen Bevölke rung gestanden. Er war bereits Mitglied des ersten litauischen Direktoriums Gailius, das nach dem litaui schen Einfall ins Memclgcbiet gebildet wurde; später gehörte er dem Direktorium Falk und dem darauffolgen den litauischen Direktorium Schwellnus an. And was gedenken die SignatarmLchie zu iun? Aus diesem Auftrag des litauischen Gouverneurs ist zu ersehen, daß die litauische Regierung nach wie vor nicht daran denkt, die Autonomie entsprechend den Be stimmungen des Statuts durchführen zu lassen. Zum mindesten muß die vom litauischen Gouverneur ein- geleitete Aktion als eine Verschleppung der Direktoriumsbildung bewertet werden. Es bleibt abzuwarten, wie sich die S i g n a t a r m ä ch t e der Memelkonvention zu diesem Vorgehen der litauischen Behörden stellen werden, nachdem die Versprechungen des litauischen Außenministers Lozoraitis in dieser Weise gehalten werden. auch hierüber wurde in Goslar beraten. Die Auswirkun gen der Steuergesetzgebung muß der Reichsnährstand bis zum letzten Steuerpflichtigen beobachten können. Bei der organischen Regelung der landwirtschaftlichen Geld- und Kreditverhältnisse ist das Ziel des Reichsnährstandes die Selbstfinanzierung, die in erster Linie für kurz- und mittel fristige Betriebskredite herbeizuführen ist. Auf einer Sondertagung der Hauptvereinigung der deutschen Eierwirtschaft wurde hervorgehoben, daß eine wesentlich erhöhte und verbesserte Eier-Erzeugung fest gestellt werden kann. Vor allem ist auch das Auf und Nie der der Börsennotierung abgestellt. Die gerechte Preis entwicklung gewährleistet eine stetige Hühnerhaltung. Deutsches Ausfuhrverbot für wichtige Lebensmittel und industrielle Rohstoffe. Die Sperre ab 16. November in Kraft. Nur eine vorübergehende Notmaßnahme. Im Rcichsanzeigcr vom 12. November 1935 ist eine Verordnung der Reichsregicrung veröffent licht worden, durch die die Ausfuhr gewisser wichtiger Lebensmittel und industrieller Rohstoffe verboten wird. Bei den Lebensmitteln han delt cs sich um alle Speisefette und -öle sowie um Kartoffeln; bei den industriellen Rohstoffen in der Hauptsache um die Rohstoffe für die T ext i l i n d u st r i e, für die E i s e n - u n d M c t a l l i n d u st r i e und für die Kautschukindustrie sowie um Häute, Felle und Lle aller Art. Nicht in der Verordnung aufgeführt sind Kohle und Kupfer, für die schon seit langem eine Ausfuhrkontrolle besteht. Die neuen Ausfuhrverbote haben ausschließlich den Zweck, innerwirtschaftlichen Notwendig keiten Deutschlands Rechnung zu tragen. In den letzten Wochen hat sich nämlich zunehmend die Tendenz be merkbar gemacht, daß von den um Deutschland liegenden Ländern die genannten Lebensmittel, und Rohstoffe aus Deutschland ausgeführt werden. Unter anderem ist Margarine aufgekauft und ausgeführt worden. Bei Kartoffeln veranlaßt die Tatsache zur Vorsicht, daß Deutschland in diesem Jahr nicht die gewohnte reichliche Ernte bat. Für die genannten industriellen Rohstoffe Neue unglaubliche Heraus forderung der Memeldeutschen Litauer Borcheritas mit der Bildung des neuen Memeldirektoriums beauftragt. Fünfzehn Jahre Freie Stadt Danzig. Erinnerung an den 15. November 192ü. Es war am Abend des 9. November 1920, als sich im Uhrensaal des Auswärtigen Amts in Paris die Vertreter Danzigs vor den Bevollmächtigten der Staaten der Entente einfanden, um den endgültig festgelegten Vertrag zu unterzeichnen. Der bestimmte, daß ab 15. November 1920 der Freistaat Danzig konstituiert sei, auf Grund der Artikel 100 bis 108 des Vertrages von Versailles. An diesem Tage erklärte dann in Danzig der vom Völkerbund als Oberkommissar eingesetzte englische Oberst Strutt in Anwesenheit der Vertreter der fremden Staaten in der 43. verfassunggebenden Versammlung die Stadt Danzig mit dem umliegenden Landgebiet feierlich zur Freien Stadt. Man hat sich in Versailles darauf berufen, daß Danzig zu Polen zurückzukchren habe, da die Stadt Jahr hunderte hindurch polnisch gewesen sei, und wenn die volle Angliederung an Polen nicht durchführbar sei, müsse wenigstens in völliger Trennung Danzigs von Deutsch land eine staatliche Neugründung erfolgen. In diesen Ge danken verfangen, hat man völlig übersehen, daß die alte Stadt, groß geworden durch deutsche Arbeit und durch deutsche Kulturkraft, eine deutsche Gründung gewesen ist, daß hierbei die Deutsche Hanse und der Deutsche Orden mitbestimmend tätig gewesen sind. In der späteren Ent wicklung erhoben oft beutclüsterne Nachbarn Ansprüche auf den Besitz der Stadt, fo vor allem die Herzöge von Pommerellen, der Orden, aber auch die Markgrafen von Brandenburg, später die Könige von Polen. So hat die beschichte der Stadt ein wechsclvolles Gesicht. Aber trotz aller Wirrsale hatte sie einen sichtbaren Aufstieg, ihr Handel dehnte und reckte sich, und machte den Namen Danzigs weithin bekannt. Eine besonders schwere Zeit drach »her die Stadt herein, als im Kriege 1806/07 ein französisches Heer die Festung Danzig belagerte. Nach wer Monaten tapferster Gegenwehr mußte die Besatzung kapitulieren, die Franzosen hielten ihren Einzug. Jetzt begann für die Stadt eine wahre Lcidenszeit, die sieben ^ahre währte. Im Frieden zu Tilsit wurde Danzig von Preußen abgetrennt und — schon damals also — zum Freistaat erklärt. Er sollte zwar unter dem gemeinsamen Schutze der Könige von Preußen und Sachsen stehen, aber Napoleons Absicht ging dahin, durch diese Neugründung einen Stützpunkt für seine militätischen Operationen zu haben. Damals sagte ein Talleyrand: „. . . wenn der Kaiser die Stadt einnimmt, so behält er sie für sich, um von hier aus Herr der Ostsee zu sein". Und so war es auch: Schwerstes hatte Danzig gerade unter den Vor bereitungen zum russischen Feldzug zu leiden, und als dann die Franzosen geschlagen zurückfluteten, als Preußen und Russen die Stadt belagerten, die der französische General Rapp monatelang verteidigte, da fielen wieder diele Bürgerhäuser und Speicher der Beschießung zum Opfer, mancher Danziger Bürger wurde von Kugeln oder Seuchen dahingerafft. So war, als endlich der Franzose kapitulierte, vom alten Wohlstand nichts übriggeblieben, Ruinen überall. Nachdem die drohende Gefahr, auf Betreiben russischer Kreise, wieder Freistaat, diesmal unter russischer Aufsicht, Zu werden, abgewandt und Danzig, was durchaus dem Wunsch der Bürgerschaft entsprach, wieder mit Preußen vereinigt worden war, setzte langsam der Auf stieg ein, für Danzig brach eine neue, eine glückliche Zeit an. Danzig wurde Hauptstadt der neugebildetcn Provinz Westpreußen, infolgedessen Sitz zahlreicher Behörden, es wurde eine starke Garnison und bekam die Technische Hoch schule, kurz, das Leben der Stadt versprach viel Gutes für die Zukunft. Dieser Blüte machte der Weltkrieg mit seinem Zusammenbruch, Versailles mit seinem gegen Deutschland gerichteten Haßfrieden ein Ende. Auch wenn es nicht gelang, die französisch-polnischen Wünsche zu Hundert Prozent durchzusetzen, — vornehmlich scheiterte dieses Vorhaben am englischen Einspruch — so wurde doch Danzig vom deutschen Volkskörper ab geschnitten und zum Freistaat ernannt, ohne daß die deutsche Bevölkerung nach ihren Wünschen gefragt worden wäre. Der Völkerbund hat den Schutz des Freistaates übernommen, der Völkerbund selbst, der doch sonst stets Nicht laut genug das Selbstbestimmungsrecht der Völker verkündete. Als an jenem historischen 15. November 1920 Danzigs Schicksal verkündet wurde, lag der entscheidende Genfer Ratsbeschluß noch gar nicht vor. Er erfolgte erst Zwei Tage später, am 17. November. Die grundlegende Verfassung bekam dann Mitte Mai 1922 ihre endgültige Gestalt. Der Freistaat Danzig ist ein Z w a n g s g e b i l d e von Versailles, darum weist sein jetzt 15jähriges >eben immer neu auftretende Schwierigkeiten auf. Der im Rovember 1920 in Paris abgeschlossene Vertrag, der die staatsrechtlichen Beziehungen zwischen Danzig und Polen regelte, hat das eigenstaatlichc Leben Danzigs ganz erheb lich beschränkt, namentlich aus dem Gebiet des Hafens, des Zolls und der Eisenbahn. Besonders lastete und lastet auch heute noch die Konkurrenz des von Polen mit gewaltigen -Ritteln ausaebauten Raüwarbafens von Gdingen auf dem Rationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Dal „Wilsdruffer Tageblatt' erscheint werliags nachm. 4 Uhr. BezugSpr. monatt. 2RM. frei Haus, bei Postbestellung IM) RM. zuzügl. Bestellgeld. Einzelnummer Ul Rps. Alle Postanstatten, Postboten, unsere Austräger u. Geschäftsstelle nehmen zu jeder Zeit Be- . stellungen entgegen. Im 8-1- höherer Gewalt oder Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend sonstiger Betri-bsstörun. gm besteht kein Anspruch ' auf Lieferung der Zei ¬ tung oder Kürzung des Bezugspreises. 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