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Die „Vttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen p20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahm« von Inseraten bl, vormittag m Uhr. Inserate werden mit ,o p für di« Spaltzkilr ber«chn« LabellarischvHSatz nach drsondtrem Taris Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in töroß-Dkrilla Nr. 150. Freitag, den 14. Dezember 1906. 5. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Vttcndors-Dkrilla, den Dezember >yo6 — Aus die am Sonnabend stattfindende Vorstellung „Kater Lampe" sei besonders auf merksam gemacht, welches in Dresden am Residenztheater große Sensation und unzählige Wiederholungen erlebte. Ort und Handlung de« Werkes spielen im Sächsischen Erzgebirge. Jeder, der sich ein paar vergnügte Stunden bereiten will, versäume nicht „Kater Lampe" zu besuchen. Heiterkeit und lachen ist an diesem Abend die Parole. —* Zur schnellen Abwickelung des Post- schaltervrrkehrS während der Weihnachtszeit kann das kaufende Publikum selbst wesentlich beitragen. Die Einlieferung der WeihnachtS- päckcreien sollte nicht lediglich oder vorwiegend bis zu dem Abendstunden verschoben, namentlich müßten Familicnsendunqen an den Vormittagen ausgegtben werden. Selbstfrankierung der ein- zuliefernden Weihnachtspakete durch Postwert zeichen sollte die Regel bilden. Mit seinem Bedarf von Postwertzeichen müßte sich ein jeder schon vor dem 19. Dezember versehen. Für die am Schalter zu leistenden Zahlungen sollte der Auflieferer das Geld abgezählt bereit halten. Die Befolgung dieser Ratschläge würde der Post und dem Publikum sgleich- mäßjg zum Nutzen gereichen. Dresden. Eine russische Diebesbande die in zahlreichen Großstädten Diebstähle aller hand Art verübte und auch hier ihr licht scheues Gewerbe aukübte, wurde jetzt von der Kriminalpolizei ermittelt. Drei Personen, Meist noch in sehr jugendlichem Alter, wurden sestgenommew — Wie erst jetzt bekannt wird, hat kürzlich in der Dresdner Heide zwischen zwei Kavallerie- Osfizieren, deren einer noch aktiv ist, während der andere dem ReserveosfizierSstande angehört, kin Pistolen'Duell staltgefunden. Beide sind bekannte Herrenreiter und in 'Leipzig bez. Großenhain wohnhaft. Die Forderung lautete auf einmaligen Kugelwechsel mit gezogenen Pistolen. Einer der Teilnehmer wurde leicht verletzt. Kamenz. Zum Nachfolger des einen Rufe Nach Neschwitz gefolgten OrtSgeistlichen von Oßling Herrn Pfarrers Walther wurde vom dortigen Kirchenvorstand einstimmig Herr Pfarrer Paul Lehmann au« Luppa bei Bautzen gewählt, Sebnitz- Der Konsumverein „Eintracht" der über 39 Jahre bestanden hat und früher einer der größten seiner Art in Deutschland war, hat in einer außerordentlichen General versammlung seine Liquidation beschlossen. Das Geschäft übernimmt der Konsumverein »Vorwärts" Dresden, der in und bei Sebnitz seine 36. und 37. Filiale eröffnen wird. Zittau. In der sogenannten Hochburg des Freisinns herrscht die Gepflogenheit, Personen, die kurz vorher von der Bürg rschast als Stadtverordnete abgelehnt wurden, zum Ehren- »mte eines StadtralS zu berufen. So geschah es vor etwa sechs Jahren mit dem Kupfer- schmiedemeister Böning und am vorigen Frei tage mit dem Besitzer der freisinnigen Zittauer Morgenzeitung Emil Schwager. Beide Herren waren bei der Stadtverordnetenwahl selbst von ihren Parteifreunden im Stich gelassen worden Dies hinderte aber das in seiner Mehrheit sreisinnige Stadtverordneten Kollegium nicht ihnen einen Sitz im Rats-Kollegium zu ver schaffen, War schon die Bürgerschaft nach der Wahl BöningS in großer Aufregung, so gilt dies erhöhtem Maße jetzt bei dem Fall Schwager. Man wundert sich auch sehr da rüber, daß sich die G nannten unter dem vor liegenden Verhältnissen zur Annahme der Wahl bereit erklärt haben Gegen die Wahl Schwagers wird von dem Vorstand des hiesigen Bürgervereins, der auf nationalliberolem Boden steht, öffentlich verschiedenster und nachdrücklichster Protest erhoben. In einem im städtischen Amtsblatte veröffentlichten Inserat wird nun darauf hinqewiesen, daß doch Buchdruckerei besitzer Schwager, als er im vorigen Jahre zur Stadtverordnetenwahl kandidierte, von der Bürgerschaft abgelehnt worden sei. Die Wahl Schwagers zum Stadtrat sei ein Beweis da für, daß die „Morgenzeitungspartei" auf dem Rathause eine „unumschränkte Macht be gründen" und eine „brutale Alleinherrschaft" für sich in Anspruch nehmen wolle. — Der Verein für Feuerbestattung gibt be kannt, daß ihm vom Königlichen Ministerium des Innern die Genehmigung zur Leichen-Ein- äscherung in seinem neucrbauten Krematorium erteilt worden ist. Als Termin für die In betriebnahme ist der 15. Dezember festgesetzt. Riesa. Am Montag Abend kam in ein hiesiges Restaurant ein gut gekleideter Herr, stellte sich einem dort anwesenden Gaste als Kriminalbeamter vor und erklärte ihn für ver- haflet Der Verhaftete konnte sich zwar eines Vergehens nicht erinnern, wurde aber trotzdem wiederhol! und dringend von dem „Geheimen" zum Mitgehen aufgefordert. Nach einer kurzen Wegstrecke ließ der Unbekannte den Arrestanten frei und erklärte, daß er nur einen Spaß a la „Hauptmann von Köpenick" erlaubt habe. Rochlitz. Endlich ist es gelungen, des Menschen habhaft zu werden, der am 29, Oktober d. I. in der Nähe von Königsfeld Herrn Baumeister P. Junghaus von Rochlitz durch Messerstiche schwer verletzte. Der Täter wurde in der Person des an Verfolgungs wahnsinn leidenden Formers Ferdinand Bischoff in Osterwieck a. Harz verhaftet. Es handelt sich also bei dem Ueberfall weder um einen Raubanfall, noch einen Rackeakt, sondern um die Tat eines Geisteskranken, der infolge dieses Leidens außer Verfolgung gesetzt werden mußte. Leipzig. Wegen Darlehnsschwindeleien war bekanntlich gegen den Kaufmann Ernst Robert Riedel, den Inhaber des Bank- und Kommissions-Geschäft Erich Riedel in Leipzig Wkststraße 27, eine Untersuchung eingeleitet worden, Als man zur Verhaftung des Mannes schreiten wollte, sand man, daß der Vogel auögeflogen war. Dagegen gelang es, den Prokuristen des Geschäfts, Dittmar, festzu nehmen. Riedel selbst hat sich am Dienstag freiwillig der Behörde gestellt. — Großfeuer wurde am Dienstag vormittag in der neunten Stunde aus dem Kolonial waren- und Drogengeschäft von Kretzschmar, Aeußere Hallesche Straße 117 in L -Gohliö, gemeldet Der daselbst in Stellung befindliche sechzehnjährige Gehilfe Johann Heinrich ArduS, aus Greiz gebürtig, war in der Niederlage beschäftigt gewesen und hatte, um ein Geldstück das herabgefallcn war, zu suchen, ein Streich holz angebrannt. Letzteres fiel auf den Boden und setzte eine Quantität Spiritus, der aus einem Faß herausgelaufen war, in Brand. Das Feuer verbreitete sich sehr schnell. Es gelang dem Gehilfen und dessen Prinzipal die größte Gefahr zu beseitigen, noch bevor die Feuerwehr eintreffen konnte. Beide Leute er litten indes bei dem Löschen ziemlich erhebliche Brandwunden. Die Feuerwehr brauchte in der Hauptsache nur die Aufräumungsarbeiten zu besorgen. — Die Witwe Wippert in Halle wurde am Dienstag morgen in ihrer im Kellergeschoß des Grundstücks Karlstraße 31 gelegenen Wohnung erschlagen aufgefunden, Es liegt Raubmord vor, der wahrscheinlich schon am Sonntag nach mittag verübt worden ist. Die Ermordete wurde vermißt, und als man am Dienstag die Wohnung öffnete, fand man sie halb liegend und halb sitzend tot auf dem Sosa. Vor ihr stand eine Pfanne mit gebratenem Speck, aus der sie unmittelbar vor ihrem Ende gegessen hat. Obwnhl der Frau die Schädeldecke an zwei Stellen mit furchtbarer Gewalt vollständig zertrümmert ist, waren nur ausfällig geringe Blutspuren wahrnehmbar, die Stube befand sich in völliger Ordnung. Man nimmt an, daß die Bluttat von einem guten Bekannten, wenn nicht nahen Verwandten ausgesührt ist. Frau Wippert soll früher Hehlcrlei betrieben haben, sie hat sich aber seit Jahren tadellos geführt, wenn sie auch von ihrer früheren Tätigkeit her noch Beziehungen zu allerlei wenig vertrauenerweckenden Elementen unter hielt. Allgemein wurde in ihren Bekannten kreisen angenommen, daß sie sehr erhebliche Barmittel besitze. Bei der Leiche wurden nur zwei Portemonnaies gefunden, es war aber kein Pfennig darin. Acht Sparkassenbücher über hohe Beträge müssen gestohlen sein, in dessen müssen in dieser Hinsicht erst noch weitere Feststellungen getroffen werden. Die Ermordete halte zwei Töchter und einen Sohn. Eine der Töchter ist ein braves Dienstmädchen; während die andere unter Sittenkontrolle steht. Der Sohn ist als Tunichtgut bekannt, °er ist seit Freitag arbeitslos und wird seit Sonntag vermißt. Nach ihm fahndet die Polizei, die eine fieberhafte Tätigkeit entfaltet, besonders eifrig. — Es gelang, den der Tat verdächtigen Sohn zu verhaften. — Der unter dem Verdachte des Mutter mords verhaftete 20 Jahre alte Tischlergeselle Wippert leugnet noch hartnäckig, ist aber be reits überführt worden. Da ermittelt worden war, daß der Ermordeten unter anderem ein Beutel mit 158 Mark gestohlen ist, so fehlten noch etwa 100 M. Diese wurden dem Ver hafteten am Mittwoch morgen im Gerichts gefängnisse gewaltsam aus dem Munde geholt. Wippert hatte 5 Zwanzigmarkstücke während der stundenlangen Vernehmungen im Munde verborgen, und erst am Mittwoch wurde das Geld entdeckt, weil Wippert fortgesetzt eigen tümliche Kaubewegungen machte. Stünz Am Dienstag vormittag gegen 12 Uhr stießen auf der Verbindungsbahn in der Nähe des Stünzer Parks zwei Güterzuge zusammen. Eine Maschine, die mit zwei an- gehängten Güterwagen vom Eilenburger Bahnhof kam, fuhr direkt in die Flanke eines zweiten dort haltenden Güterzuges hinein. Die Lokomotive und mehrere Güterwagen er litten erhebliche Beschädigungen. Der dadurch angerichtete Materialschaden ist ganz bedeutend. Menschenleben waren zum Glück nicht ge fährdet. Der Verkehr erlitt beträchtliche Störungen. Die Untersuchung darüber, wen die Schuld an dem Zusammenstöße trifft, ist noch nicht abgeschlossen, Freiberg. Der Wollwaren - Fabrikant Presperich, der bereits hier und in Apolda die Wallwarenfabrikation betreibt, wird hier ein neues großes Fabrikgebäude zur Erweiterung seines Unternehmens errichten. Er hat zu diesem Zwecke von der Stadt ein größeres Areal an dem Silberhof angekauft. Werdau. Der Streik in der Sächsischen Waggonfabrik Werdau ist beendet worden, ohne daß von feiten der ausständigen Arbeiter etwas erreicht worden ist, letztere hatten schließlich um die bedingungslose Wiedereinstellung gebeten. Es konnte die Direktion leider aber nur die Hälfte wieder annehmen, da die anderen Posten inzwischen durch neu eingestellte Leute besetzt waren. Chemnitz. Am Dienstag vormittag fand im Zeisigwald ein Pistolenduell statt. Die Duellanten waren auswärtige, Herren, an scheinend aus Dresden. Das Duell verlief un blutig. Hartmannsdorf. Durch einen Gauner wurde der hiesige Gutsbesitzer Bauer erheblich geschädigt. In einer der letzten Nächte machten sich Spitzbuben an die Arbeit und fischten den reichbcsetzten Karpfenteich des Genannten voll ständig aus. Die Fische repräsentierten einen erheblichen Wert. Schneeberg. Montag mittag brach hier in der Werkstätte des Herrn Tischlermeisters Georgi in der Ritterstraße Feuer aus, durch das diese, sowie das Wohnhaus mit Hinter gebäude zerstört wurde. Mit verbrannt sind erhebliche Holzvorräte Aus dem Wohnhause ist fast alles gerettet worden. Von den Nachbarhäusern, die zum Teil hölzerne Hinter gebäude haben, brannte das jetzt dem Fleischer meister Fischer, früher Schlossermeister Muth gehörige Wohnhaus ab. Schneeberg. Das Schadenfeuer, durch das am Montag hier zwei Häuser zerstört und mehrere Nachbargebäude beschädigt wurden, ist van einem 10 Jahre alten Waisenknaben ver ursacht worden. Der Knabe hatte beim Ab tragen von Holzabfällen vom Boden über der Werkstätte ein brennendes Streichholz wegge- wocfen, das in die Späne gefallen war. Von dem Feuer sind 8 Familien von denen nur eine versichert hat, betroffen worden. Niederschlema. Ein Unglücksfall mit tödlichem Ausgang hat sich am Sonnabend hier ereignet. Der beim Bau einer Bergstützmauer beschäftigte Fabrikarbeiter Möckel wurde während der Arbeit von zssammenstürzenden Erdmassen verschüttet und so schwer verletzt, daß er noch an demselben Abend gestorben ist. Er hinterläßt nichts außer der Witwe und sechs unerzogenen Kinder. Rabenstein. Als am Sonnabend früh Arbeiter des hiesigen Rittergutes im Walde in der Nähe des Bahnhofes Niederrabenstein mit dem Fällen von Christbäumen beschäftigt waren, stießen sie auf eine aus Holz und Dachpappe hergestellte Höhle, in welcher ein Mann schlafend vorgefunden wurde. Es war dies der von seiner Ehefrau getrennt lebende Handarbeiter Findeisen von Rabenstein. Mehrere in diesem Orte vorgekommenen Ein- bruchödiebstähle legt man F. zur Last, er hatte es hauptsächlich !auf Nahrungsmittel abgesehen und wurden auch noch solche in seinen Versteck gesunden. Reichenbach i. V. Trotz aller Nach forschungen ist von dem Aufenthalte des seit dem 1. Dezember im benachbarten Schulorte Schönbrunn verschwundenen, seit sieben Jahren dort amtierenden 34 Jahre alten Lehrers Ernst Emil Günther noch keine Spur gefunden worden. Man vermutet, daß er ins Ausland geflüchtet ist. Die Gründe, die ihn dazu ver anlaßt haben könnten, sind unbekannt. Der Genannte ist verheiratet, Vatter von zwei Kindern und erfreute sich nicht nur in der Gemeinde selbst, sondern auch bei seiner vor gesetzten Behörde großer Achtung und Be liebtheit. Plauen. Am Dienstag nachmittag herrschte hier mächtiger, anhaltender Schneesturm. Der Straßenbahn- und der andere Fährverkehr wurde erheblich gestört. — Aufsehen erregender Fluchtversuch. Wegen Verdachts des betrügerischen Bankrotts war der Fabrikant Carl Perlet, Inhaber der in Konkurs geratenen mechanischen Weberei und Spitzenfabrik in Schöneck, vor einigen Tagen in das Amtsgerichtsgefängnis Oelsnitz und am Dienstag nachmittag in das hiesige Land- gerichtögesängnis eingeliefert worden. Aus dem Transporte vom hiesigen oberen Bahnhof nach dem Gefängnis entsprang Perlet seinem Transporteur am Eingang der Bahnhosstraße rannte in wilder Flucht die Albertstraße und dann die Forststraße entlang. Den nacheilenden Transporteur Heinig und mehreren Passanten, die sich an der Verfolgung mit beteiligten, ge lang es schließlich, den Flüchtling wieder ein zufangen. Perlet wurde sodann gefesselt und nunmehr ging der Transport nach dem Ge fängnis ohne Zwischenfall von statten, lieber das Vermögen Perlets ist in kurzer Zeit zwei mal der Konkurs eröffnet worden. Am 13. Dezember findet in Oelsnitz die erste Gläubigerversammlung statt, Perlet ist ver dächtig, seine Gläubiger durch die Abtretung einer großen Anzahl von Forderungen — es handelt sich beinahe um sämtliche Außenstände — benachteiligt zu haben- Diese Forderungeu hat Perlet sämtlich an seine Verwandten ab getreten.