Volltext Seite (XML)
einen schnei ¬ bestimmt ein Thema, das ist die formale Anlage und von kontrastreicher Komposition: Zwei lyri- umrahmen Der sowjetische Komponist Sergej Pro kofjew schrieb zwei Violinkonzerte. Das irste, op. 19, D-Dur, entstand bereits in den ahren 1915 bis 1917 — die in Petrograd vor- lesehene Uraufführung mußte wegen der Re- olutionsereignisse abgesagt werden —, das weite, op. 63, g-Moll, wurde 1935 vollendet. Vährend der Arbeit am 1. Violinkon- ert, das 1922 in Paris zum erstenmal der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, beschäftigte ich Prokofjew gleichzeitig mit der dritten Kla- iersonate und der Dostojewski-Oper „Der Spieler". Das Konzert besitzt einen reichbe lachten virtuosen Solopart. Seine grundsätz- iche Haltung ist jedoch mehr — dem Soloin- '^ment entsprechend - lyrisch, gesangvoll, Be weichlich zu sein, mit sinfonischem Form- ewußtsein konzipiert. Daß in dem liebens- rürdigen Werke, das Prokofjew wegen einiger .träumerischer Motive" besonders schätzte, ruch die humorvoll-spritzige, spielerisch-an- nutige Seite seines ausgeprägten Personal- ;tils zur Geltung kommt, versteht sich fast von ;elbst. Ungewöhnlich Jieser reifen, klaren Thematik getragenen sehe langsame Sätze len Scherzosatz. Den ersten Satz (Andantino) zartes, träumerisch-sangliches später noch einmal, in der Coda des Finales, erklingt. Virtuose Passagen und Triller leiten zum chromatischen, humorigen Nebenthema über, dessen muntere Kapriolen in denkbar großem Gegensatz zur melodischen Lyrik des Hauptthemas stehen. In der geistvollen Durch führung werden die beiden Themen vollstän dig verwandelt, einmal durch die steigende Beschleunigung des Zeitmaßes, zum anderen durch die für Prokofjew so typische sarkastisch ironische Verzerrung ihres ursprünglichen Cha rakters. Aber in der Reprise erklingt das kan- ble Hauptthema in seiner originalen Gestalt ’ Orchester, während es die Violine figurativ umspielt. Der zweite Satz (Vivacissimo), for mal einem fünfteiligen Rondo entsprechend, hat ausgesprochenen Scherzocharakter (man beachte auch die Verwandtschaft zum Scher ¬ zo des zweiten Klavierkonzertes). Ununterbro chene Bewegung zeichnet diesen grotesk-lau nischen, brillanten Satz mit seinem prägnan ten, chromatisch aufsteigenden ersten Thema aus. Der temperamentvolle musikalische Übermut, der in den melodischen Sprüngen, Glissandis und Flageolettes dieses Scherzos steckt, wird auch nicht durch vorübergehende trübe Stimmungen, die Episoden bleiben, be ¬ einträchtigt. Die lyrische, lichte Atmosphäre des ersten Satzes wird im dritten Satz (Mode rato), „der Bilder eines heiter-klaren Traumes enthält" (W. Delson), wieder aufgenommen. Starke Gefühlskräfte prägen das Hauptthe ma, das die Violinen gleich zu Anfang anstim men. Auch hier gewinnen die dunklen Ge genkräfte nicht die Oberhand. In der umfang reichen Coda, die den Satz beschließt, wer den auf dem Höhepunkt das lyrische Haupt thema des Eröffnungssatzes (in der Solovioline und den ersten Geigen) und das Hauptthe ma des Schlußsatzes (im Orchester) miteinan der verknüpft. Strahlende Klanglichkeit faszi niert den Hörer. über das sinfonische Schaffen PeterTschai- k o w s k i s äußerte Dmitri Schostakowitsch einmal: „Tschaikowski fügt zur philosophischen Verinnerlichung in der sinfonischen Musik Beet hovens jene leidenschaftliche lyrische Aussage der verborgensten menschlichen Gefühle, die die Sinfonie, dieses komplizierteste Formge- biide der Musik, der breiten Masse des Volkes zugänglich macht und nahebringt." Und tat sächlich haben gerade die Sinfonien Tschai kowskis — ganz besonders seine 5. und 6. Sin fonie, die Gipfelwerke der Sinfonik überhaupt darstellen — eine Popularität wie wenige an dere Werke dieser Gattung erreicht und ent scheidend dazu beigetragen, den Namen ihres Schöpfers, der daneben vor allem durch seine Opern „Eugen Onegin" und „Pique Dame", seine Ballette „Schwanensee", „Dornröschen" und „Der Nußknacker", seine sinfonischen Dichtungen, seine Klavierkonzerte, sein Violin konzert und seine Kammermusikwerke interna tionalen Ruhm errang, in aller Welt berühmt zu machen. Das gesamte, äußerst vielseitige Werk dieses großen Meisters ist durchdrungen von der tiefen Verwurzelung in der Volksmusik seiner russischen Heimat, gleichzeitig aber stets überaus eng mit dem Leben und Erleben des Komponisten verknüpft. Tschaikowskis 5. Sinfonie e-Moll op. 6 4 entstand im Sommer 1888 und wurde noch im gleichen Jahre unter Leitung des Komponi sten in Petersburg uraufgeführt, überein Jahr zehnt war seit der Vollendung seiner 4. Sinfo nie, der die 5. in der kompositorischen Anlage wie in ihrem Ideengehalt verwandt ist, vergan gen. Nur zögernd begann er, von erfolgreichen Gastreisen im Ausland in den Jahren 1887/88 zurückgekehrt, mit der neuen Arbeit. „Ich bin nun endlich dabei, aus meinem stumpf gewor denen Hirn schwerfällig eine Sinfonie heraus zuquetschen", äußerte er in dieser Zeit. Den noch beendete Tschaikowski das Werk schließ lich weit eher, als er gedacht hatte. Aber ge rade bei dieser Sinfonie kamen dem sehr selbstkritischen Komponisten immer wieder Zweifel, sie schwankte außerordentlich in sei ner eigenen Einschätzung. So schrieb er noch kurz nach der Uraufführung: „Nachdem ich nun meine neue Sinfonie zweimal in Petersburg und einmal in Prag gespielt habe, habe ich die Überzeugung gewonnen, daß sie kein Erfolgs werk ist. Sie enthält etwas Abstoßendes, ein Übermaß an Farbigkeit und Unechtheit, etwas Gewolltes, was das Publikum instinktiv er kennt . . . Bin ich denn wirklich ausgeschrie ben, wie die Leute sagen?" Wie sehr Tschai kowski sich mit diesen Zweifeln an dem blei benden Erfolg seiner 5. Sinfonie irrte, ist längst erwiesen. Dieses Werk, dessen Programm ähnlich wie in Beethovens 5. Sinfonie die Über windung des Schicksals, des Zweifels und der Dunkelheit durch Daseinsfreude und Zukunfts licht bildet, hat seine starke, unmittelbare Wir kung auf die Hörer bis heute immer wieder unter Beweis gestellt. Mit einer langsamen, dunklen Einleitung, de ren Thema das Grundthema der Sinfonie, ein in allen Sätzen wiederkehrendes Schicksals- VORANKÜNDIGUNG: Programmblätter der Dresdner Philharmonie Spielzeit 1985/86 Redaktion: Prof. Dr. habil. Dieter Härtwig motiv, darstellt, beginnt der erste Satz (Allegro con anima). Ein schnelles, rhythmisch-erregtes Thema, immer mehr gesteigert, folgt, „Zweifel, Klagen, Vorwürfe" schrieb der Komponist ne ben die Skizze dieses Themas. Es kommt zu einer dramatischen Durchführung — dann en det der Satz düster resignierend, verlöschend im Pianissimo der tiefen Streicher, der Fagotte und der Pauke —. Im zweiten Satz, dem be rühmten Andante cantabile, erklingt eine schwärmerische, lyrische Hornmelodie voller Sehnen und Glücksempfinden. Obwohl auch hier wieder zweimal die mahnende Stimme des düsteren Grundthemas drohend eindringt, do miniert doch in diesem Satz das angedeutete Bild einer lichten Welt. — Ein rauschendat langsamer Walzer erscheint im dritten Satzf^B dem freilich auch das dunkle Schicksalsmonv wieder auftritt, an der Stelle des sonst übli chen Scherzos. — Doch das Finale bringt in sei ner Wendung von Moll zu strahlendem E-Dur, in der Veränderung des Schicksalsthemas in einen heroischen Marsch schließlich Triumph und Sieg — die Überwindung der dunklen Mächte. Nach volkstümlichen russischen Tanz episoden im Hauptteil dieses Satzes wird das Werk in überschäumendem Jubel und Festes freude beschlossen. Prof. Dr. habil. Dieter Härtwig Sonnabend, den 12. Oktober 1985, 20.00 Uhr (Anrecht A 2) Sonntag, den 13. Oktober 1985, 20.00 Uhr (Anrecht A 1) Festsaal des Kulturpalastes Dresden 2. PHILHARMONISCHES KONZERT Im Rahmen der Heinrich-Schütz-Festtage der DDR Ausführende: Dresdner Philharmonie (Leitung: Volker Rohde, Dresden), Philharmonischer Kinderchor^^ Dresden (Leitung: Wolfgang Berger), Philharmonischer Chor Dresden (Einstudierung: Matthias Geissler). Blechbläserensemble Ludwig Güttler (Leitung: Ludwig Güttler, Dresden) Werke von Köhler, Schütz sowie Instrumental- und Vokalmusik der Schütz-Zeit Foto: Barbara Stroff Druck: GGV, BT Heidenau 111-25-16 490670 2,8)10 009-52-85 EVP -.25 M , p H I L H A R M O N I SC H ES KO NZE RT 1 9S5/ 86