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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeraiiono- Preis 22; Sgr. Thlr.) »ienelswttüb, Z Lblr. iur das ganze Jahr, «Hue Er- höduna, in allen Tbeilen der PreuSMen Monarchie. für die Man »rönumerirt aus diese« Literatur-Blatt in Bersin in der Expedition der ÄUg. Pr. Siaate-geiiung jFriedrichssir. Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslände dei den Wohllöbi. Post - Aemtern. Literatur dcö Aus land cs. 9i. Berlin, Mittwoch den 29. Juli I8E Algier. Add-cl-Kader und seine neue Residenz. (Aaclr den <t««< V oz-uxrx.) > Der Emir. Als die Französischen Waffen jene Türke-Afrikanischen Piraten bis in ihr Nest verfolgten, von welchem aus sie seit dem Anfänge deS Uiten JahrhnnvertS vaS Mittcllänvische Meer bemiruhigten, als der Ruf von unserem Siege über Algier nach Europa und nach dem Inneren Afrika'S drang, da wurde von mancher Seite her die Eifer sucht wach. Hier zeigte sic sich in der Gestalt eines ohnmächtsgen Schmerzes über uothgevrungeue Entäußerung, dort war cS nationale Rivalitat, und wieder anderswo war eS die Gier, ein Stück von der Beute zu erlangen, die wir Franzosen so eben gegen das Blut unserer Tapferen cingetauscht hatten. England, die Türkei, Tunis und Marokko zeigten, jedes auf landesübliche Manier, ibre üble Laune, daß der Sieg uns zum Herrscher eines großen Landes gemacht hat, wo Ruhm uns schon sicher und Ruhen möglich war. Reden von der Tribüne, diploma tische Reclamationcn, offene und geheime Versuche, nichts wurde vernachlässigt, um unsere Niederlassung zu beeinträchtigen. Nicht allgemein bekannt ist der Antheil, welchen Vic Beherrscher von Marokko, theils aus eigenem Antrieb, theils unter dem Einflüsse auswärtiger Aufreizungen, an den inneren Unruhen Algiers gehabt haben und noch jetzt haben. Vielen wird es auch unbekannt sepn, daß wir in verschiedenen Städten unseres Territoriums, selbst bis zu den Thoren Algiers, zu Mcveah und Milianah, Gouverneure ge habt haben, die ausdrücklich von Marokko gesandt waren und die nicht eher zurückgcrnfen wurden, als bis der Graf von Mornay beim Kaiser Mulcy Abvcrratman im Namen der Franzosen ernstliche Vorstellungen darüber machte. Man kennt auch schlecht die Rolle, welche Vieser Sultan bei der Jnsurreciion des jungen Thaleb") sviclt, der jetzt durch uns selbst, in unserer unverständigen Sorglosigkeit, mit dem Titel und den Vorrechten eines Emirs, ja sogar eines Emir-el-Mumenin verherrlicht ist.") Ich spreche von jenem Abd- el-Kaver, gegen welchen jetzt Französische Armeen ziehen müssen mit unseren Prinzen, ja mit unserem Thronerben an der Spitze. Der Marabut Sivi°°°) Ehada den el Mochtar war wegen seiner Heiligkeit in der ganzen Provinz Oran berühmt. Er ist zu Kaschero, 30 Meilen P) südwestlich von Maskara, begraben, wo man auf seinem Grabe ein Mausoleum errichtet hat, welches die Andacht der Gläubigen zur Stätte frommer Verehrung gemacht. Sein Sohn Sibi Mustapha trat in seine Fußstapfcn auf dem Wege religiösen Eifers, der in seiner Familie erblich war. Er starb auf einer Wall fahrt nach Mekka und hinterließ seinem ältesten Sohne die Mission der Gebete und erblichen Heiligkeit. Dieser Sohu führte den be deutsamen Namen Mohi-ed-di» oder der die Religion Belebende. Er hatte einen Bruder, Ali Abn-Thaleb, und eine Schwester, Kcl- tuma. Er hatte vier Frauen, die ihm fünf Kinder gaben, Sidi Mohamcd-el-Said, Abd-cl-Aadcr, Mustapha, vaS vierte Kind ein Mädchen, Cbavidja, das fünfte wieder ein Sohn, El-Hosain. Chadidja ist mit ihrem Vetter Sidi Mustapha ben-Ahmed ben-Tehami verhrtrathct, und Abd-el-Kader, der mit ihr eine Mutter ha', heirathete seine Cousine Chaira, von der er zwei Töchter und einen Sohn hatte, welchen Letzteren er im Jahre >8:i7, zwei Jahre alt, verloren hat. DaS ist daS zuverlässige Geschlechts-Register einer Familie, in deren Mitte Abd-el-Kader glänzt, ans einem Throne sitzend, welchen ihm unsere einfältige-ff) Nachgiebigkeit aufgcbaut hat. ') Tbaleb, d. h. Forscher, Gelehrter. Sv ließ sich Abd-el-Kader anfangs gern nennen. "> Emir bedeutet- lmgeratar, und Emir-el-M 11 meniu Imperator siä-Uum iin-^iennum); ersteres war der Name großer Statthalter und kleiner miabhängiacr Könige, letzteres dagegen der Titel der Chaltten, die Herrscher aller Gläubigen waren. Omar war der Erste, der dielen Namen führte, und sme Arabische Fürsten licncu ihn ausschließlich den nachfolgenden Chaltsen, s, . dcrrahnian IN. von Cordova sich ihn auch beilegte. Abderrahman > IN,, """ sechs Nachfolger wagten noch nicht, den Ti-el zu führen, den sort- wanrend ihre Todfeinde, die Abbasf,den. behielten. Spater ahmten mehrere -öas Beispiel Abderrahman'« NI. nach. t «Idj bedeutet Mein Herr, montanue„r, und Sidi Herr, birlgaoor. ö 'sttd letztere legten die Araber in Spanien dem berühmten Nodrigo Diaz als Ehrentitel bei, weshalb man spater aus Unlunde den Helden klon Cid genannt hat. »uni . "k ganzen folgenden Abhandlung ist unter Meile die Französische "llua l !ü! ^'iaii ale gNm»aal-r, was eigcnliMi bedeutet: ans Trägheit so gniig >>»», Alles mit sich machen zu lassen. D. Nebers. Wcün man cinigen Zeugnissen Glauben schenken will, so reicht sein Stammbaum dis zu den alten Fatimitischen Chalifeu Aegyptens hinauf, deren Abkunft sich bekanntlich vom Propheten selbst, durch seine einzige Tochter Fatime und seinen Schwiegersohn und Neffen, den großen Ali, herschreibt. Nach dieser Genealogie ist Abd-cl-Kavcr ein geborener Schcrif. Die Aliden sind zwar von den Chaliscu d'cS Orients als Ketzer verschrieen worden und haben diesen Namen noch heute, aber Abv-el-Kaser wird allgemein als sehr orthodor anerkannt. °) Dieses Letzte, was hier nur im Borübergehen gesagt wird, hätte doch in unserer Stellung bedeutsam werden können, wenn unsere Sorglosigkeit geringer gewesen wäre, wenn wir unS von dem unterrichtet hätten, was zu wissen uns nöthig war. Die reli giösen Spaltungen nämlich hätten uns Verbündete gegeben, welche uns ihren glühenden Haß für ihre Glaubensgeguer in der Lehre deS Propheten als Bürgschaft ihrer Anhänglichkeit gegeben hätten. Wir hätten gegen den orthodoxen Abd-el-Kader den Tedjini gehabt mit allen Stämmen, welche im Süden von Algier, von der Insel Gerbe im Osten bis Ain-Madi im Westen, ihm anhängen. Aber unsere herrliche Nachlässigkeit kümmert sich nicht um solche Kleinigkeiten, ja wir verschmähen sogar, Arabisch zu lernen, und Gott weiß, wie viele Fehler wir durch unsere Ignoranz in der Geschichte, in de» Boruriheiien und in der Sprache der Völker begehen, mit denen wir abwechselnd kämpfen und unterhandeln. Wir Franzosen mit unserem Solvatengeistc sind immer nur so lange thätig, als es gilt, darauf loszuschlagcn, und wir begnügen uns mit dem Ruhme der Tapferkeit, ohne ihren wahren Nutzen- DaS Land zu erobern, eS mit siegreichen Waffen zu durchziehen, das verstehen wir, das schmeichelt unserem Rationalstolze; aber die Eroberung zu erhalten und zu befruchten, das verstehen wir nicht. Das ist cs auch, was Abv-el-Kader auf seine jetzige Höhe gestellt hat. Wir entwerfen hier kein Bild dieses Mannes und verweisen deshalb den Leser auf einige Werke, wo er vollständige Auskunft finvet. °°) Das eine sind die „Annnlon nlgörionnen" von Pellissier, einem scharfsinnigen Beobachter, der die Gelegenheit hatte, die Dinge m der Nahe zu sehen, und der nur ein wenig zu günstig für die Arabische Bevölkerung eingenommen ist. Im zweiten Bande giebt Pellissier eine Lebensbeschreibung des merkwürdigen Mannes, die ganz erschöpfend, aber ein bischen übertrieben im Lobe ist. Ein zweites Werk ist das vom Herrn .,üo t'rnmw", der die Geschichte seiner und eines unglücklichen Gefährten Gefangenschaft unter dem Titel „l.an prixuuüor.-« ü'Xkü-el-Guter", hcrauSgegcben hat. Ein dritter Aufsatz, noch instruktiver, obgleich kürz, ist der, welchen der General Oudmot im November 1838 in den.„8pontntour nülirnire" unter dem Titel „^tutelkmter -c la I'rnvmce ü'Oran" hat ein rücken lassen; ein Aufsatz, welcher durch die Natur und die Genauig keit der dort zusammcngetragcnen Details merkwürdig ist. ES scheint aus mehreren Zeugnissen hcrvorzugehen, daß der Ge danke, eine Arabische Monarchie in Algier zu gründen, im Geiste des Mohi-ed-Din seit langer Zeit Wurzel gefaßt habe. Nach der Rückkehr von der Pilgerschaft, wo er den achtjährigen Abd-el-Kader bei sich hatte, fing er heimlich an, scinen Landsleuten von überna türlichen Erscheinungen zu erzählen, die ihm die zukünftige Größe seines Sohnes verhießen. Die Währung, welche diese wiederholten Eröffnungen im Vertrauen bei der Arabischen Bevölkerung Hervor ricfen, erweckte endlich die Aufmerksamkeit der im Lande herrschenden Türken. Vater und Sohn wurden verhaftet und entgingen einer schmählichen Hinrichtung nur durch die Verwendung einiger mächti gen Freunde, welche bei dem damaligen Bep von Oran die Ent- laffuüg der beiden Gefangenen unter der Bedingung sofortiger Ver bannung bewirkten. Möhi-ed-Din und sein Sohn machten sich abermals auf den Weg nach Mekka, und zwar diesmal über Tunis und Alexandrien. Von Mekka aus durchwanderten sie die Wüste und gingen nach Bagdad, wo sie nach dem Grabe eines berühmten MarabutS wallfahrte- '> Von den beiden Religions-Parteien, in welche die Moslems zerfallen, den Schillen und Sunniten, ist die erste dem Hause Ali zugcthan und dehauvlet, diesem gehöre nach göttlichem Rechte das Chalifat über alle Glaudigen. Die Sunniten betrachten sich als die Srlhodoren und glaube« auch an Aussprüche, die vom Propheten hcrrühren sollen, aber nicht im Koran sichen, wahrend die Sebinen nur an den Koran glauben. D- llebcrs. "l Auch in dielen Plättern haben schon öfters Notizen über das Leben und Wüten Add-cl-Kader's gestanden.