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Dresdner neueste Nachrichten : 04.10.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-10-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id490223001-192410043
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id490223001-19241004
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-490223001-19241004
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner neueste Nachrichten
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-10
- Tag 1924-10-04
-
Monat
1924-10
-
Jahr
1924
- Titel
- Dresdner neueste Nachrichten : 04.10.1924
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Dresdner Neuefte Nachrichten O« M - ««-——’M««MM«."’ WW »- MM»W»»-s«» unabhängige Tageszeiimig W askcs«»sxsxng»kssgzk.:.k IM- M Eos-akt- zoo oto ««m W« « U GOW postbezug fix- Mpmi onst-a- 2.00 Gotdmakr. F- die Tichscho-Stpwak-i M TM RGO-oh MMÆ W Mmbw mit Handels . und Ittdustriesseiiung mvvsklsch d Kr. u. Kreuzbqndlendungem im Inlaadi wöchentljch » Wiss-« »- ««·s««2-««i« »Es-M M . «.. FMMMW 10 Qspssimsg KMMW PMB UND Wseschästssiecle Dresden-A» Fadimmdstr. 4. · Sei-umf: 2 0 024, 22 981, 22 USE-, 22 gös. - Tetegkammu Reuesie Dresden. · Pvstschecks DlCde 2060 RWWW WMMSV Mne MEDIUM WMI »Ob« zurückgesandi M aufbewahrt - Im Falle höher-r Gewalt- Betriebsstömnq oder Sirt-sit- daben unst- Bezlebek Lein-n Anspruch Auf Rachliekmma oder Erstakiuns M Mfspkschsndm EMCØW M-- Mc M. 234 M. Jahrg. Sonnabend-, 4. Oiioher 1924 Unsichere Lage des Kabinetts Mardonasi Eine akute Krise vorläufig vermieden Eine französtfche Note über Deutschlands Eintritt in den Völkerbnnd Die Besprechungen des Kanzlers mit Sozialisten nnd Deutfchnationalen Der Inhalt der französischen Note Teleqranun unsres Lorrespondenten ah. Paris. s. Oktober Nach dein gestrigen Kabinettsrah der sich mit der zslnssnug Deutschlands snni Völker innd besasste. kann als settstehend gelten, daß Vereint wbcdingt ans eine gemeinschaftliche Antwort der alliierten Danntinächte hinarbeitet nnd bereits nach dieser Richtung hin Schritte unternommen hat. Wie ich höre. ist int gestrigen Ministerrat der Entwurs zu einer Note vorgelegt worden, die das sranzös sische Kabinett nach Brüssel, London nnd Rom im Lanse des heutigen Tages absenden will. Diese Note soll iu erster Linie den Standpunkt vertreten, dass die Ank xmhme Deutschlands in den Völkerbnnd zur Beruhi gnug Europas nnd znr besseren Ausgestaltung der internationalen Beziehungen wesentlich bei tragen würde. Es wäre als ein günstiges Ereignis zn begrüßen, wenn Deutschland an den Arbeiten des Böckerbnnded teilnehmen nnd den Schiedsgerichtsvertrng nnterzeichnen würde. Fraue reicht erblicke anch in Deutschlands Ausnahme als st ä n d i g e s Mitglied des Völkerbnndsrates l ein Hindernis, denn es würde die Mitarbeit Deutsch lands in allen Enge-An interessierenden Fragen site k» wichtig halten. Dagegen fühle sich die ftauzdsische Regierung genötigt, anf das hinzuweifen. was Minifterpräsident Herriot bereits in Genf erklärt habe: Die Eintrittsbedingnnaen feien fiir Deutschland die gleichen wie fitr jeden andern Staat. Außerdem würde es die Welt nicht begreifen, wenn dem Lande das im Jahre 1914 den Angriff ausgeführt habe (!), heute besondere Bedingungen für den Eintritt in den Völkerbnnd gewährt würden. Zn den in der den t - fchen Note ausgesprochenen Wünfchen äußert fich die französische Note nicht. Vielmehr regt fie an, daß iibcr diefe thnfche ein Meinungs anstanfch zwifchen den Alliierten statt f i n d e n möge. Es wird als wahrfcheinlich angesehen. daß im Januar eine außerordentliche Tagnna des Vjilker b n n d es iiber den Eintritt Dentfchs lands nnd der Türkei in den Völkerbnnd verhandeln wird. Jn französischen Regierung-Streifen wird jeden falls damit gerechnet, daß eine Verftändignng zwifehen den alliierten Mächten über die Abfendnng einer ac meinfchaftlichen Note an Deutschland nicht znftande kommt. Beichte Entfvanmmg in London G London, s. Oktober-. (Gia. Drahtbericht.) Die innerpolitische Lage hat e in e E n t s p a n n n n q erfahren. da man sich im Fall Eampbell mit der Ein setznnq eines narlancentarischen Unter suchungsansschn Hes begnügen wolle. Die L i b e r a l e n sollen damit einverstanden sein. Anschei ncud werden die K o n s c r v at i v c n nnter diesen Um ständen auch dafür stimmen. Die Möglichkeit von Ren walzlen ist dadurch bis znr B cr atnn g d es Russenvertrages, alio ntn weitere vier Woch e n, hinansgeichobetn Im liberalen Lager ist die Angst vor Nenwahlcn wieder größer geworden-, nnd von dort kommen auch die meisten Bedenklichkeiten. Der konservative ~D a il n T c le azr a n h« glaubt nicht, daß der Fall Camnbell zn Ncnwahlen führen werde, erwartet diese aber nach der Abstimmung über den rus sifchen Vertrag. Die »Times« beschränken sich auf eine wohlerwogenc, natürlich nicht regiernngssrenndliche Darlegung der gegenwärtigen Verhältnisse der eng lischen Politik. »W e st in i n st e r G a z et te« holst, daß die Wochenschristasiaire nicht zn Nenwahlen fährt. Blatte einige Proklamationen an die eng lisch e Heeres m a ch t, in denen er auffvrderte, S old aten r ä te in allen Kafernen und auf allen Schiffen zu bilden und den Gehorsam im Falle eines Krieges oder von Streikunruhen zu verweigern. Der englische Generalstaatsanwalt, Si r P. Hastings, ein früherer Ingenieur, der seit einiger Zeit Mitglied der Labour Party ist, leitete eine Untersuchung gegen CampbelleinwegenAufreizung zur Meuterei. Diese Untersuchung wurde unter bisher nicht ganz ausgeklürten musteriösen Umständen nach einigen Tagen plötzlich wieder eingestellt. Die Regierung gab als Grund zunächst an, Sir Campbell sei nur »in gewissem Grade« für die Proklamation verantwortlich zu machen, da er die Artikel nicht selbst geschrieben habe nnd ferner nur vorübergehend als Stellvertreter des Herausgebers Mitglied der Reduktion gewesen sei. Diese Rückzugssront wurde der Regierung aber durch Campbell und die Kommunistifche Partei selbst ver leg t. Camubell erklärte nach Niederschlagung der Untersuchung, er übernehme die volle Ver antwortung für den Artikel und sei stolz darauf, englische Soldaten zur Meuterei aufgereizt zu haben. Trotzdem ist bisher eine Wiederaufnahme der Untersuchung nicht erfolgt. Jm Unterhans bat dies der Generalstaatsanwalt damit begründet, die kommu nistische Partei wolle aus Campbell einen M ii r t o r e r machen, um dieses Märtyrertum bei der bevorstehenden Wahlagitation gegen die Labonr Party auönützen zu können. Die Regierung habe deswegen alle Ursache, den Kommunisten durch ein Vorgehen gegen Campbell diesen Gefallen nicht zu tun. Sicherlich eine überaus schwache Verteidigungsfrontt Man merkt deutlich die Angst vor dem radikalen und pazifistischen Flügel der eigenen Parteil Die konservatioe Partei hat dies auch ausgenütit und ein Mißtrauensvotum gegen die R e gie ru n g eingebracht. Die akute Krise begann, als die l i b e r a l e P a r t e i beschloß, unter bestimmten Voraussetzungen diesem konservativen Tadelsvotum zuzustimmetr Damit zeichnete sich die Mit g lich ke it einer Alter«-konservativen Koalition erneut am Horizont ab. Das aber wäre natürlich das Ende des Kabinetts Maedonald, das von der Gnade der Liberalen lebt. Auf jeden Fall stehen dem eng lischen Ministerium keine leichten Tage bevor, denn die gleiche Koalition, die sich in der CampbellsFrage susammensand, steht auch in der weit bedeutsameren Frage des englisch-russischen Vertrags zu sammen. Der englisch-russische Vertrag wurde von den maßgebenden Führern der liberalen Partei nicht weniger scharf verurteilt wie von den Konservativen Asquith, Grey und vor allem Lloyd George haben sich alle öffentlich gegen die Ratifikation dieses Vertrags ausgesprochen- Nur ein verhältnismäßig kleiner Flügel sucht nach einer Vermittlung, findet aber, da mit teilweiser Ausnahme des »Manchester Guardian-· die Parteipresse gegen den Vertrag -ft, keinen Widerhall im Lande. Es ist also mdglich, daß das führende und zugleich einzige Blatt der englischen Labour Partv, der «D aily H e r ald«, nicht so unrecht bat, wenn er an der Spiue seiner Ausgabe in Fettdruck die Aufforderung bringt: Bereitet euch ans Reuwablen oort«, selbst wenn das Kabinett, wie es deute den Anschein bat- tiltex W Weil-stif- Die Entstehung der Krife 0 London, Z. Oktober. (Eig. DrahtberichU Alle Blätter sind sich darüber einig, daß die Lebensdauer des gegenwärtigen Kabinetis sehr begrenzt ist und daß es sich höchstens noch um Wochen handeln könne. Immerhin sind auch heute noch Zw eisel angebracht, ob es letzten Endeg zu der erwarteten Entscheidung kommen wird. Es ist zweifellos, daß der Führer der Liberalen, Usanitb, eine unzweideutige Haltung ein nimmt. Seine Erklärungen über den russischen Ber trag lassen keine andre Deutung zu, als daß die liberale Parteisiihrung den Sturz der Regierung gegen Ende Oktober herbeiführen will. Aber es fehlt nicht an Stimmen, die fragen, ob die Parole des Parteisiibrers von allen Mitgliedern befolgt werden wird, da man der Meinung ist, daß viele der liberalen Parteitnitglieder die letzten Konsequenzen scheuen werden. »Evening Standard« berichtet von einem sebr koni tsllzierten Projekt, das angeblich geschaffen worden ist, um dem Dilemma, das sich durch einen Sturz der Re gierung in politischer Hinsicht ergeben würde, zu ent gehen. Wenn nämlich die Regierung infolge des M i sz tranenbvotuins gegen den General staat ganwalt (nergl. die gestrige Ausgabe der Dr. N. N. —· D. Red.) schon in den nächsten Wochen gestürzt werden sollte, dann soll zur Beendigung der irtschen Gesetzgebung ein Zwischenministerinm Asgnith ku die Presche springen, das dann nach einiger Zeit Nenwablen augschreiben würde. Aus diese Weise ließe sich eine nnaugenebme Situation, die sich durch die Unterbrechung der notwendigen gesetzgeberischen Maß- Uabmen ergeben würde, vermeiden.. Eine endgültige Eutscheidung wird wobl erst im Laufe der nächsten Woche fallen, wenn es zur Abstimmung über das Miß ttauendvotum der Konservativen kommen wird. . Die nächste Ursache der plstzlicheu par-lautete tuUscheu Krise, die sich, wenn auch nur turse Zett, recht Vedtvblich unlieb, liegt tm sogenannten Fall C amp belL Mr. Campbell vertrat während des Sommer utlcmbs den chefredattenr des bekannten tout-unmitt schen Wochenblattes »O orte t I« Wee I l y«. Ende Mm-MM W g m W Moskau als Sinnbild des anfemums Von Adolf Grabowsky Der hastig Reisende findet wenig an Moskau. Er wird den Kreml gelten lassen und den Roten Platz davor, vielleicht gefällt ihm auch diese oder jene Kirche mit bizarren Kuppeln, sonst aber gähnt er über die Stadt. Ganze Straßeitziige charakterlos und banal, ein träger, reizloser Fluß, wenia Paris-T überhaupt wenig lxssreudigkein In großer Ebene dehnt sich die Siedlung, ohne Anfang und ohne Ende, im Sommer von grauen Staubmassen überschüttet. Schreckliches- Pslaster, nur in zwei, drei Straßen Laden, die wert find, daß man hinschaut. Das war auch in zarisclzer Zeit nicht viel anders. Gewiß, die Kaufballen mit ihren zwei Stockwerke hohen Passaan am Roten Platz sind pompöser als der Basar in Peter-Wurm aber sonst ist Moskau im Punkte der Elegauz immer tiefste Pro vinz gegen Petersburg gewesen. Es ist nicht curopaisch, aber es ist auch nicht asiatisch. Das Flirrende des Orieuts, die Buntheit, Magie und Phantastik suchst dn hier vergebens-. « « Was ist denn nun eigentlich Moskau? Ungeglücktes Gemisch von Morgen- und AbendlanM Jst es wirk lich Kombination von Magdeburg und Tiflis, wie mir einmal ein Freund er«klärte? - . » Mach’ viele Gänge, aeruhsame, ausmerksame Gänge durch die riesige Stadt. Riesig war sie immer, weil hier über eine Million Menschen in meist kleinen Häusern wohnten, riesig ist sie heut mehr als jemals, wo 298 bis 3 Millionen in ihr hausen, aedrängt wie die Sardinen in ihren Dosen. Riesig also nicht nur in der Ausdehnung sondern in der Intensität: quirlend, brodelnd die Straßen, Häuser und Plätze. Das aller dings schließt nicht aus, daß es im Innern der Stadt wie an der Peripherie tausend Eckchen nnd Winkelchen gibt, die an weltverlorenc Dörfer erinnern oder an süddeutsche Kleinstcldte mit Sonswegromantih Eine halbe Minute davon aber iagt das Leben. Mancherlei Schönheit siehst du auf deinen lang samen Gängen. Du wanderst auf das rechte Ufer der Moskwa hinüber und läßt das Bild des sireml jenseits des Flusses auf dich wirken. Im Kreml selbst stört dich die Häusung der Kirchen nnd Paläste, jetzt aber ragt das Ganze wie eine vieltürmiae Burg mit kolos salischen Wällen·nnd Zinnen gegen den Himmel. Wie die Burg aller Burgen. Ragt in den Himmel und breitet sich doch massig aus aus der Erde, Sinnbild des Russentums, das erdhaft auf unendlicher Fläche wur zelt und sich dabei mostisch der Gottheit entgegenstreckt. Kreml heißt ja nichts andres als Stadtbura. Viele rnfsische Städte haben einen Kreml, alle diese Burgen aber, die ich sah, sind, wenn auch kleiner, der Moskau-ZU verwandt: angelegt auf breitem Hügel, nicht gotisch’ also, nicht die Vertikale betonend, sondern horizontal! bestimmt. Die russische Frömmigkeit ist keine gotische Frömmigkeit - der Aufschwung kommt ihr nicht von der Himuielssehnsucht, sondern von irdischer Massivität. So ist der russische Glaube alles eher denn protestans tisch, die geballte Masse, die gedrängte Gemeinschaft nur findet den Weg zu Gott, nicht der einzelne. Sehr viel Mystik, aber nur als Gemeinscl)aftsmystik. Um Gott zu nahen, mußt du den Menschen nahen. Daher kommt es auch, daß die russische Seele ihren Aufschwung nicht in der Natur findet. Beinahe fremd steht der Russe der Natur gegenüber. Er bat seine Schwärmereien, die der Nichtrusse kaum begreift z. B. die Liebe für die nur stellenweise schöne und im posanie Wolga —, aber er lebt nicht mit der Natur wie mit einer Gefährtin. Am sremdesten ist ihm das Meer, am unfaßbarsten; aber auch zum Gebirge hat er keine Beziehung. Er ist weniger noch als Binnen liinder, nämlich nur Bewohner der Ebene. Und auch hier bietet ihm die kahle Fläche intensiveren Reiz als der Wald. Die Fläche verbindet, der Wald isoliert, er aber ist für das Verbindende. T Darum der Mangel an Grün in russischen Städten. Moskau hat nur zwei große Gärten, den PetrowstisPark im Nordwesten und den Sokolniki- Park im N)rdosten. Und auch der PetrowskisPark ist mehr Spielplatz mit Wiesen und Baumgruppen als grüne Wirrnis. Charakteristisch, daß die eigentlichen Erholungsstätten Moskaus die schön bepslanzten Bouleoards sind. Hier lebt das Volk im Sommer, hier sind die Bänke besetzt von morgens bis zum Abend, hier, wo die Masse komoakt zusammenhockt. Im Frühjahr und Herbst aber sind diese Bouleoards dürr und schmutzig, und erst der Winter gibt ihnen wieder den Zauber der weichen, lichten Gestalt· Ueberhauvt darf man Moskau nur im Sommer oder im Winter betreten, und dies gilt eigentlich für ganz Russland Im Frühjahr und herbst wird das Land zu einem einzigen trüben Sumpf. Gut unr, daß diese Ueber gangsseiten sehr kurz sind. Erste-tunlich besonders, wie in Moskau der Winter, der bis Mitte April dauert, fast unmittelbar in den heissesten Sommer til-erschlägt Dieser Wechsel der Exireme in der Natur hat sein Gegenstück in der russischeu Seele. Der Russe ist Ent . - . . W M g M W Besit mus, nur mit dem kurzen Uebergang der Kerenskis Epoche, jäh in den Bolschewismus verfallen. Aber ist nicht doch das Russentum als Ganzes Uebergang von Europa zu Asien, oder Mischung von Europa und Asien, so wie es nach dem Urteil meines Freundes Moskau ist? Nein, gerade da liegt der Irr tum. Ruszland ist nicht Uebergang, nicht Mischung, Ruszland ist ein Ding sitr sich, unvertvechsclbar und im Grunde kaum zerlegbar. So auch Moskau. Echter Ausdruck des Russentums ist es, während das ento piiische, an der äußersten Grenze gelegene Petersbnrg niemals etwas zu schaffen hatte mit der russischen Seele. Wiewohl der Kommunismus mit der Ver legung der Hauptstadt nach Moskau zunächst nur bessere Beherrschung des Landes beabsichtigte, hatte er sich damit doch den Quellen des Russentums genähert. Das aber reinigt ihn immer wieder von allem Frem den, das er in sich ausnimmt und ausnehmen muß, wenn er seiner internationalen Mission genügen will. Die eigentümliche Schönheit Moskaus und damit das erregende Wesen des Russeutums wird am klarsten aus dem Roten Platz. Ein ungeheurer Raum vor der uordöstlichen Mauer des KremL Ungeheuer, un gegliedert. Ein Meer von bolurigem Pslast-:r. Jn die äußerste Ecke gedrückt die Basiliuskatbedrale aus der Mitte des sechzebnten Jahrhunderts-, ein Bau, regel los und grotesk wie sonst nichts aus der Erde. Eine Menge Kuppeln und Kupvelchen mit buntesten Orna mcnten und unter jeder Kuppel eine kleine Kirche, die nur durch labyrinthische Gänge mit der Nebenkirche zusammenbringt Eine Gemeinschaft von Kapellen also unter einem Dach, aber doch wieder nicht to, daß der Bau auseinanderfliegt. Vielmehr spürt man, daß eine Kapelle ohne die andre nicht möglich ist, daß eine ohne die andre gering wirkt und kleinlich, und daß nur in der Gemeinschaft der Gedanke dieses Bauwerks wirk lich Leben gewinnt. Die Endlosigkeit und das Ver sließende des Platzes, die abenieuerliche Kapelle-n -gemeinschast der Basiliuskathcdrale all das iit Russentum. Scheinbar ungegliedert, aber doch im letzten irgendwie zusammengchalteiu So bemerkt man auch bei näherem Zusehen an diesem Moskau, das zuerst erschien wie ein großes, wogendes, zusammengestoppeltes Dorf, das Organische des Aufbaues Der Kreml als innerste Zelle mit Mauern und Türmen hat aus sich heraus eine äußere Zelle geboren, die Kitai Gorod - wörtlich Sinnes-en stadt —, die City, ebenfalls mit phantastischen Mauern, Türmen und Toren. Ein weiterer Kreis, begrenzt durch die inneren, ein noch weiterer, begrenzt durch die äußeren Boulevards. Und dann die Vorstädte, die sich allmählich mit Wald und Ebene berühren. In die Stadt hinein aber fällt die Moskwa, kein dürftiger Fluß mehr, wenn man sie so begreift, sondern wund-r -liches Ornament von einer Fülle der Windungen und Biegungen, daß der Fluß bald weit draußen liegt, bald wieder unmittelbar in die Stadt hereinipringt. Auch die Moskwa ist Russentum. « » « « Noch immer wird das Bild der Stadt bestimmt durch die Unzahl der Kirchen. Man bat sie zum Teil andern Zwecken dienstbar gemacht, aber die Farbigkeit ihrer Fassaden und die Vielfältigkeit ihrer Kuppcln sind geblieben. Ost hindern sie arg den Verkehr, Straßen sperren sie ab und Plätze. Auch das gehört zur russischen Seele. Ohne Uebergang schwingt diese Seele von der Erde zum Himmel und wieder zurück. Die Klöster des Westens oder Asiens liegen meist scrn vom Leben in der Stille, die russischen Klöster aber sind in ihrer Mehrzahl bewußt hineingesetzt in die belebtesten Gegenden der Städte. An dem Hauptplatz Moskaus, aus dem das PuschkinsDenkmal steht, das Dostojewski mit einer berühmten Rede entbcillte, erhebt sich das große Strastnoi-Kloster, das heute auf gehoben ist wie alle andern Konvente. Hier konnten die Mönche non ihren Zellen Stunde um Stunde die lebendigste Bewegung beobachten, hier sahen non unten ber die Gläubigen mitten in ihren Geschäften hinaus zu den Zellen der schwarzen Gastlichkeit Keine Tåelfttfluchh sondern Zusammenhang mit der Gemein s a . Und doch wieder kein Volksleben wie im Süden. keine Restaurants und Casåg, in denen sich die Menge staut. Nur bin und wieder eine einfache Kneipr. in der man sitzt, obne lange zu verweilen. Gewiß, trüber gab es Luxusrestaurants, aber doch mehr fiir die reichen Fremden als für die Moskau-lieu der Kauf-. mann, der aus der Provinz kam, Geschäfte zu mache-. suchte Mädchen und Zigeunermusir. Heute ist mit dem Wegfall all dieser Veranstaltungen das eigentliche russifche Leben aurückgekehrk man findet sich sit ein ander in den Wohnungen oder tu Zirtelcn die man Kluds nennt, die aber mit dem feudalen Kludleden des Westens aar nichts zu tun haben. Viele Arbeitendan4 darunter. Man schwand hört Vorträge. debatitert und singt wohl auch- ader man vergißt dabei nicht den Magen- Wenn man es nur irgend kam-. wird reich lich W in den W
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