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M 2S0, S4. Jahrgang Mittwoch, den 30. November 1932 siulsmherFageblatt Vezirksanzeiger M zuzügl.vringeclohnl Wöchentlich nur 51m Falls Sherer Gewalt, Krieg, streik oder sonstiger Mbsstorungen hat der Be- ZX Dl ziehet keinen Anspruch auf Lieferung oder Rückzahlung. Fernsprecher: Amt Pulsnitz 18. Tel.-Adr.: Tageblatt Pulsnitz. Postsch.-Konto: Dresden 11764. ^^int un jedem Werktag nachmittags z phr ^überlegeneSchneNigkeitunfererBerichterstattung zu koutrollierea. Wir stehen im Anzeigen-Grundpreise: Di« 41 »m breite Zeile (Mosses Zeilenmesser 14) 1 mm Höhe 1V Rpfg.; amtlich 1 mm 20 Rpfg.; Reklameteil 1 mm 20 Rpfg. Tabellarischer Satz SO V, Aufschlag. Bei Einziehung der Anzeigengebühren durch Klage oder im Konkurs- oder Vergleichsfalle kommen etwa gewährte Rabatte in Wegfall. — Bi» ^410 Uhr vormittags eingehende Anzeigen fin den noch am gleichen Tage Aufnahme. Bank-Konto: Commerz» und Privatbank, Zweigst. Pulsnitz. DaozlLglger Funkdienst der lelegrophe»- Uaioa. wir bl««» unser« Leser, dauernd di« wesentlichen leibst tSrobftadt- zeitnngen nicht nach. Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft und des Finanzamtes zu Kamenz, des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt In Lerbindung mit der Nebenausgabe „Ohorner Tageblatt", Hauptblatt, älteste und meistgelesene Zeitung im Bezirk Pulsnitz, umfassend die Orte Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Großröhrsdorf, Bretnig, Haus walde, Ohorn, Obersteina, Niedersteina, Weißbach, Ober- und Niederlichtenau, Friedersdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundo f, Lichtenberg, Kleindittmannsdorf Tägliche schnellste Berichterstattung über das Geschehen in der engeren Heimat, in Deutschland und im Ausland. Nachrichtendienst durch ganztägigen fast ununterbrochenen Funkdienst der Telegraphea-llnio» Geschäftsstelle: Pulsnitz, Albertstraße Nr. 2 Berlag: Pulsnitzer Tageblatt, G. m. b. Pulsnitz — Druck: A. Pabst, Königsbrück. Schriftleiter; I. W. Mohr in Pulsnitz Noch immer keine Klärung Schleicher sucht wieder Fühlung mit Adolf Hitler — Nationalsozialistische Führerzusammenkunst in Weimar Annäherung der Ansichten über die deutsche Gleichberechtigungssorderung zwischen Norman Davis und Herriot? Annäherung zwischen den Ansichten? Paris, 30. Nov. (Funkmeldung) Der amerikanische Abordnungsführer Nor- manDavis hat, wie in politischen Kreisen verlautet, in seiner Unterredung, die er am Dienstagabend im Ouai d'Orsay in Gegen wart des Kriegsministers Paul-Bon- cour hatte, den französischen Ministerpräsi denten ebenfalls auf die Zweckmäßigkeit sei ner Anwesenheit in Genf aufmerksam ge macht. Man sagt, daß zwischen den Ansichten Norman Davis' und Herriots über die Ab rüstung und die Fünfer-Kommission eine An näherung erfolgt sei, doch wird beiderseits völliges Stillschweigen über den Inhalt ihres Gedankenaustausches beobachtet. Der „Petit Parrsien" will erfahren haben, daß die Über zeugungskraft Herriots und das Verständnis Norman Davis' Früchte getragen hätten, so daß die Abreise Herriots nach Genf nun nicht mehr lange verschoben zu werden brauche. Norman Davis habe den Tag seiner Abreffe auch noch nicht bestimmt. Er werde aber kaum sehr viel früher, wenn überhaupt vor dem französischen Ministerpräsidenten Her riot abreisen. Amtliche Bekanntmachungen im Anzeigenteil Kurz das Ameste Reichsfinanzminister Graf Schwerin- Krosigk sp^ch Dienstagabend über die Entwicklung der öffentlichen Finanzen wobei er u- a. erklärte, daß seit 1929 ein Steuer ausfall von 6 Milliarden Mark eingetreten fei und sich insgesamt eine Verschlechterung des öffentlichen Etats um rund 10 Milliar den Mark ergeben haben Der Reichsverband der deutschen Industrie dementiert die Meldung, wonach er sich an geblich im Sinne einer Beeinflussung der Besprechungen über die Regierungskrise aus gesprochen hätte. Die Zentrumsfraktion des Reichstages hat am Dienstag eine Sitzung abgehalten, wobei sie nach -Wie vor für die Schaffung einer Not- und Arbeitsgemeinschaft eingetreten ist. -Dor französisch-russische Nichtangriffs- und Schiedsgerichtsvertrag ist am Dienstagnach- mNtag unterzeichnet worden. Der englische Außenminister Simon wird am Donnerstag wieder nach Genf zurück kehren. Uber die Reisepläne Macdonalds ist indessen noch keine endgültige Entscheidung gefallen. Die Lage des Ministerpräsidenten Her riot wird immer kritischer. Herriot hat für den Fall einer Erörterung der Schulden frage in der Kammer die Stellung der Ver trauensfrage angekündigt. Das internationale Arbeitsamt in Genf hat alle Mitgliedsstaaten sowie Amerika und Sowietrußland zu einer großen internatio nalen Konferenz für den 10. Januar einge- laden. Der Reichspräsident hat am Dienstag den aus Genf zurückgekehrten Reichsaußenmini- sler von Neurath zur Berichterstattung empfangen. Der Präsident des Statistischen Reichsamts, Prof. Wagemann, der am Dienstag vordem Wirtschaftsverband für den Regierungsbezirk Magdeburg sprach, ist der Ansicht, daß der Tiefpunkt der seit 1929 andauernden wirtschaftlichen Abwärtsbewegung erreicht sein dürfte. Als Voraussetzung für eine Ge- sunLung der Privatwirtschaft bezeichnete Wagemann die Kreditausweitung. „Milde" Opposition der NSDAP.? Berlin, 30. Nov. (Funkmeldung) Entsprechend einem Wunsche Schlei chers hat sich Adolf Hitler entschlossen, zu einer Aussprache mit dem Reichswehr minister für den heutigen Mittwoch nach Berlin zu kommen. Hitler ist am Dienstag abend aus München abgereist. Durch die Verhandlungen, die am Diens tag stattfanden, ist das Helldunkel der politi schen Lage nicht beseitigt worden. Es wird auch bezweifelt, ob der Mittwoch eine Klä rung bringen wird. In politischen Kreisen verlautet, daß, wenn Hitler eine Tolerierung eines Kabinetts Schleicher ablehnt, die Frage zur Aussprache stehen wird, ob sich für die Opposition der NSDAP. nicht eine mildere Form finden ließe. Die Bespre chung soll auch den Plänen gellen, den Reichstag nach seiner Konstituierung zunächst zu vertagen, um Raum für endgültige Ver handlungen über die Regierungsbildung zu schaffen/ Wie weiterhin verlautet, haben am Diens tag auch neue Besprechungen zwischen der NSDAP, und dem Zentrum über die Preu- henfrage stattgefunden. * Es ist nicht zweifelhaft, daß Herr von Papen seinen Weg als Reichskanzler gern weitergehen würde. Das ist kein Kleben am Amt. Herr von Papen hat — niemand strei tet ihm das ab — persönlichen Mut auch in politischen Dingen, und deshalb scheut er nicht vor der Verantwortung zurück, politische Maßnahmen durchzuführen, die ihn im Not stand als rechtlich tragbar erscheinen, die aber, wenn solche politische Aktionen schiefgehen, leicht als illegal abgestempelt werden können. Der noch amtierende Reichskanzler glaubt selbst durchaus an das, was vielen Hörern seiner Reden oft als überschwengliche Rheto rik erschienen ist. Herrn von Papen wird beispielsweise vorgeworfen, daß er die Par teien unnötig beschimpft habe, und daß noch nie ein Reichskanzler über die Politiker ver gangener Regierungen öffentlich so schlecht ge sprochen habe, wie Herr von Papen. Diese Vorwürfe treffen Herrn von Papen deshalb nicht, weil er wirklich der Überzeugung ist, daß er sich von der Politik und den Politi kern der letzten Jahre bewußt und scharf abwenden müsse. Oft wird auch nicht ver standen, daß Herr von Papen noch immer bereit sei, die politisch und wirtschaftlich schwere Augenblickslage hinzunehmen und zu regieren, obwohl er kaum einen politischen Rückhalt hat. Es ist aber unbestreitbar, daß Herr von Papen wirklich das Reichskanzler amt gerne weiterführen würde, weil er an seine politische Aufgabe glaubt. Auf der anderen Seite sehen wir in der Person des Herrn von Schleicher noch immer einen Unterhändler, der sich in seiner Nüchternheit keine Blößen gibt. Er hat sich wie wir bereits andeuteten, gegenüber den Gewerkschaften nicht fest ge legt, aber die Verbindung erneuert. Er sucht die Verbindung mit Hitler in einer so vorsichtigen Weise, daß so leicht keine Schärfen entstehen können. Herr von Schleicher bleibt für den Außen stehenden auch heute noch undurchsichtig. Wer aber etwas genauer zusieht, erkennt bereits, daß die wirkliche historische Bedeutung der Verhandlungen im Laufe des November 1932 wieder bei Herrn von Schleicher liegt. Dieser Mann tut keinen übereilten Schritt. Er hat stets Bewegungsfreiheit. Er hält sich bis zuletzt die Möglichkeit offen, einen schar fen Verfassungskonflikt zu verhindern. Um so stärker wird dann sein Einfluß sein, wenn es doch zu einem Verfassungskonflikt kommt, und umso stärker wird auch die Stellung der Regierung sein, die diesen Verfassungskonflikt durchzufechten hätte. Die Verhandlungen haben zum mindesten Las Ergebnis gehabt, daß unter den gegen wärtigen Verhältnissen sogar die Sozial demokraten ein Kabinett, das alleinaufdieeinzigverbliebene Machtvolle Grenzlandkundgebung Die Arbeitsgemeinschaft landsmannschaftlicher Vereine veranstaltete in der Kölner Messe halle eine eindrucksvolle Kundgebung „Deutsches Grenzland in Not", von der unsere Auf nahme einen Ausschnitt wiedergibt. Autorität des Reichspräsiden ten gestellt wäre, mit einigen Vorbehalten gegenüber der Öffent lichkeit ertragen würden, wenn der Leiter dieses Kabinetts in der Tonart ver söhnlicher wäre. Aber politisch wissen die Unterhändler mit diesem Zugeständnis, dessen sie sicher sind, nichts anzusangen, weil gerade diese Versöhnlichkeit der gemäßigten Linken eine Belastung gegenüber Ler radikalen Rechten ist. * Hitler in Weimar München, 30. Nov. (Funkmeldung) Der „Völkische Beobachter" schreibt: Ent gegen anderslautenden Gerüchten ist Adots Hitler nicht nach Berlin gefahren, sondern be findet sich in Weimar, da in Thüringen die Wahlkämpfe für die Gemeinderakswahlen stattfinden. Auch Dr. Goebbels ist in Thürin gen. Zur Berichterstattung über die poli tische Lage haben sich Göring, Dr. Frick und Straßer nach Weimar begeben. * Die nationalsozialistische Führerbesprechung Berlin, 30. Nov. (Funkmeldung) Wie von zuverlässiger Seite verlautet, hat der Führer der NSDAP., Adolf Hitler, eine persönliche vorherige Fühlungnahme mit sei nem Führerkreis für notwendig gehalten, ehe er der Bereitschaft das Generals von Schlei cher, mit ihm in Berlin zu verhandeln, Folge leistete. Hitler hat sich demzufolge am Diens tagabend in München zwar in den Berliner Zug begeben, ist aber heute früh in Weimar ausgestiegen, wo nunmehr der nationalsozia listische Führerrat stattfindet. Von Lem Er gebnis dieser Führerbesprechung dürfte es abhängen, ob Hitler nach Berlin kommt oder nicht. Eine Entscheidung hierüber wird in Berlin erst in den Nachmittagsstunden er wartet. Reichswehrminister von Schleicher befindet sich in Berlin. * Berlin, 30. Nov. (Funkmeldung) Bevor eine weitere Besprechung beim Reichspräsidenten stattfindet und eine Ent scheidung über das Ende der Regierungskrise fällt, wird auf jeden Fall das Ergebnis der nationalsozialistischen Führerberatung in Weimar abgewartet werden. Über die end gültige Haltung Hitlers wird frühestens in den Nachmittagsstunden Klarheit geschaffen sein. Man erwartet jedenfalls immer noch, daß Hitler doch noch nach Berlin kommt. Nach der neuen Wendung der Dinge infolge der Zwischenschaltung der nationalsozialisti schen Führerberatung in Weimar ist es sehr zweifelhaft geworden, ob überhaupt noch heute eine Entscheidung über das Ende der Regierungskrise fällt. Macdonald begleitet Simon nach Genf? London, 30. Nov. (Funkmeldung) In politischen Kreisen Londons wird jetzt damit gerechnet, daß Macdonald am Don nerstag den Außenminister Sir John Simon nach Genf begleiten wird, wenn bis dahin die englische Antwortnote an Amerika in der Kriegsschuldenfratge fertiggestellt ist. Man erwartet, daß die Fünf-Mächte-Besprechung in Genf über die Möglichkeit einer Rückkehr Deutschlands zum Konferenztisch am Freitag beginnen können, falls Freiherr von Neurath in Ler Lage ist, an ihnen teilzunehmen. Wie verlautet, wurde bei Len Besprechungen des zur Zeit in London weilenden englischen Bot schafters in Paris, Lord Tyrrell, mit Macdo nald Lie Frage der Fünf-Mächte-Besprechung erörert.