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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.06.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-06-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930629029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893062902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893062902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-06
- Tag 1893-06-29
-
Monat
1893-06
-
Jahr
1893
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Ertea-Vrilagen (gesalzt), nur mit btt Morgen-LuSaab», ohne PostbefSrder»»» ^ SU -, mit Postbesörderung 70.-^. ^anahmeschluß für Anzeige«: Nb «nd-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Marge a-Au-gabe: Nachmittag» 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh '/F Uhr. V«i den Filialen und Annahmestelle» je ei»« halb» Stunde früher. Anzeige, sind stet» an dt, Ertzevtti»» za richte». Druck und Verlag von L. Pol» i» Leipzig ^ 328. Donnerstag den 29. Juni 1893. 87. Jahrgang. Politische Tagesschau. » Lettzztg. SV. Juni Daß der neue Reick «tag die oach dem Antrag Huene umgearbritete MUttatrvsrlige an nehmen wird, kann keinem Zweisel mehr unterliegen, wenn auch die Stellung einer Anzahl der neugewähltrn Ubg«»rdnetrn zu dieser Frage »och unsicher ist. Aber waS Graf Caprivi mit der neuen Volks Vertretung sonst noch wird zu Stande bringen können: darüber zerbrechen sich die kundigsten politischen „Wrttermacher" vergebens dir Köpfe. Nur da- steht sest, daß gerade mit der Partei, auf die Graf Caprivi am liebsten sich stützen mochte, mit dem Tentrnm, Positive- sich nicht mehr schaffen lassen wird. Diese- Werkzeug ist dem Kanzler bei den Wahlen zerbrochen. Gerade die Centrum-- partei, deren Bestand sonst für so unerschütterlich galt, hat bei den Wahlen sehr empfindliche Verluste und Absplitte rungen erlitten. Sie hat aus dem FractivnSverhand gestoßen die militairfrenndlichen Abgeordneten Lender (Baden) und Prinz Arenberg (Malmedy), ferner da« Mandat von Olpe dem wegen Unbotmäßigkeit gegen die Parteileitung nicht in die Fraktion zugelassenrn Abgeordnetsn FuSaiigel überlassen müssen. Verloren hat st, ferner die Mandate von MörS an den katholisch - konservativen Abgeordneten Grsthrr, Lörrach und Esten an dir Natlonalliberalcn, Allen» stein an einen militairfrenndlichen Polen, Landkreis Danzig an die RcichSpartri, Bre-lau - Ntumarkt an dir Konservativen, Neurode an dle Socialdemokratrn. In Bayern hat die Fraktion dir Mandate von Straubing, Pfarr kirchen und Kelheim an particularistische Bauernbündler verloren. Da« sind 13 Verluste, denen nur der Gewinn von Bochum grgknübrrsteht. Dazu kommen dir Ver luste der wclfischcn CentrumShvspitanten an National- liberale und Frriconservative in Osnabrück, Gisbor», GoSlar (denen der Uebergang von HildrSbeim an die Welfen aegenübersteht) und dir Schwächung der klerikal-prstrstlerischrn Vertretung im Elsaß Da- Centrum wirb sonach zahlen mäßig nicht unerheblich geschwächt im neuen Reich-tag austrrten. Eine noch weit eingreifeudereUmgestaltung aberwird dir politische Stellung und Mach» de- Centrum- im Reick-tag vornehmlich durch den Zusammenbruch der freisinnigen Parte, erfahren, der eine Majorität gegen die alten Cartelparteirn gar nicht mehr oder höchstens mit Zuhilfenahme der Socialdemokraten und kleinerer anderer Gruppen zuläßt. Das Centrum hat in Folge dieser Veränderungen die Entscheidung im Reich-tag lange nicht mehr in dem früheren Maße in der Hand. Seine ganze politische Stellung und Wirksamkeit aber wird auch dadurch gründlich umgestaltrt werden, daß r- au- den Wahlen al- ausgesprochene demokratische Oppositionspartei zurückkehrt und diese Roll« bi- auf Weiteres fortzusührrn gedenkt und genöthigt ist. Davon und von der gründlichen Entsremdung zwischen Cenlrum »nd konservativen zeugten schon di« vor gestrigen Vorgänge im preußischen Abgeordnetenhaus». Den brNagrn-wrrthrn Umstand, daß bei den deutschen Reich-tagSwahlen eine starke Regung der alten deutschen Erbkrankheit, der GsntzertHüneelet, sich fühlbar machte, bat man auch in Englaud mit Ausmerkfamkeit beobachtet. Dir „Time-" meint sogar, die Wiederbelebung des ParticulariSmuS sei geradezu der merkwürdigste Umstand brr den Wablen. Es ist eine sehr beunruhigende Thaksache, so führt das Blatt au-, daß der ParticutariSmuS, wenn auch nur unter dem Deckmantel eine- wirthschastlichen Proteste-, sich geltend machen konnte. Da deutsche Volk erlitt in den Tagen »er Kleinstaaterei Erniedri gungen, von denen daS jetzige Geschlecht sich keinen Begriff machen kann. Dir Einheit ist durch Blut und Eisen gewonnen worden. Soll dieselbe durch eioe „unwissende Ungeduld in Bezug aus Besteuerung" zu Grunde gerichtet werden? DaS wäre um so uuwürdiger, wenn man iss Betracht zieht, daß Deutschland- Reichthum, Handel und Industrie, seit eS ein mächtiges Reich geworden, sehr gewachsen sind. Der Protest gegen dir Aufrrchterhaltung der bewaffneten Macht d«S Reiches im Verhältnisse zu seinen Bedürfnissen wird durch die Abneigung, welche von jeher in den kleineren Staaten argen Preußen zu sinken war, angelegt. Deutsche vater land-freunde, welche Bürger dieser Staaten sind, würden aut thun, wenn sie sich fragten, was der Endau-aang einer Politik sein kann, zu deren Förderung Socialdenlokraten und UllramoNtane sich Verbünden ? Die russische Presse legt sich den deutschen RrichS- tag-wahlen gegenüber eine gewisse Reserve ans, indem sic meist nur die Einzelheiten mitlbeilt, ebne an sie Betrach tiingei, zu knüpfen. Der „Swiet" ist auf den Gedanken vcr fallen, die Wablen al- einen Wertbmrsser für dir Popularität Kaiser Wilbelm'S binzustellen. Der „kriegslustige" Monarch wollte sein Heer verstärken. Die stets richtigen (?) Instincte der Bevölkerung hielten ihn davon zurück. Der „Grasbdani»" ergebt sich in billigen Witzen Über die große Zahl politischer Parteien Denlschlands, in denen man sich nicht »>ebr zurechtsinden könne ES lohne sich nicht, de» russischen Leser in dieses Labyrinth einzuführrn, er sei zu weit entfernt von solcher Hypercultur. In Rußland gebe es Gott sei Dank keine Parteien, dafür werde es auch stet- so viele Soldaten haben, als die Obrigkeit beseble. Dieses Bewußtsein wirke aus Ihn sehr beruhigend. Eioe sehr große Befriedigung empfindet da- reaclionaire Blatt auch in dem Ergrbniß der Petersburger Stadtwahlen, indem eS voll Freude auörufl: „Wie würden sich die Wablen zu eine», russische» Reichstage gestalten, wenn in St. Peters burg die Halste der Stadtverordnete» von der Regierung ernannt werden müßte!" Wir wollen den Fürsten MettckerSkl in dieser Freude nickt stören, sondern sogar an derselben tbril- nehmeti, weil e< den Interessen Europas nur förderlich sein kann, wenn Rußland immer mebr zu den Formen astatischer Staaten zurückkehrt; tokte Massen bilden keine Gefahr für die Kultur. In Frankreich ist nunmehr al» Termin dir bevorstehenden allgemeine» Wahlen zur Depulirtenkammcr der SO. August festgesetzt worden, während die Stichwahlen am g. September stattsinden sollen Bi-der wurde der 1. Oktober al- Hauptwabliag genannt. Da» Ministerium hat jrdensall- »ingeseben. daß eS sich empfiehl», dir Frist nicht »itbr allzu lange hinauszuschieben, wen» ander- da- gegenwärtige Cahinct dir Wahlen noch leiten soll. Gerade die jüngste» Vorgänge haben gezeigt, wir unsicher dir parlamentarische», Verhältnisse stad. Mag auch da- Ministerium Dupuy zufrieden mit dem klägliche«, AuSgangr der von den Boulangistrn inscenirten Intrigue sei», so unterliegt es doch keinem Zweifel, daß daS Cabinet, selbst wenn e- die Milievohe'S Und Genossen sich nach Herzenslust bloßstollc» lasse» wollte, koch gegenüber b«r englischen Regierung in inkorrekter Weise vorgeganae» ist. I» den« „Figaro" berichtet denn auch rin Mit arbeiter dr- Blattes über eine Unterredung mit Sir villier- Lister, dem angeblichen Verfasser der von dem Fälscher Nort«« gelieferten ^Acten". Obgleich rer vcainte des eng tischen auswärtigen Amtes betonte, wie sebr man über die unglaublich abgeschmackten Phantasien der Boulangisten ge lacht bade, unterließ er dock nicht, auf die Frage, wie man in den englischen RegierungSkreisen über die Sache denke, hinzuzufügen: „Man lacht darüber. Indessen waren wir erstaunt, als wir erführe», daß die sranzösischc Regierung sich Nicht forniell der Verlesung dieser'^Briese Widersrute, von denen inan ihr sagte, daß sie in der englischen Kanzlei gestohlen waren. Ick garantire Ihnen, daß ein ähnlicher Skandal im englischen Parlament nickt stattgesniidcn hätte" An Deutlichkeit läßt diese Sprache jedenfalls nichts zu wünschen Übrig. Der König »an Tahomey ist allem Anscheine nach keines wegs geneigt, sich den Franzosen bediiigung-lo- zu unter werfen. Emissairr von ihm sind in Lago« ringelrvsfrn und melden, der König sei über den ungenauen Bericht, der über seine jüngsten Verhandlungen mit General DoddS veröffent licht worden, sebr erregt. General Dodd- forderte nämlich, anstatt sich aus Verhandlungen einzulassrn, daß Vehanzin seinen ersten Häuptling nach Weitab senden sollt». Dies geschah, und der Häuptlin^rrliirlt den Auftrag an den König, sich mit einer kleinen Suite nach AUadab zu begeben. Bebanzi» wies da» zurück. Darauf schrieb der Generat zurück, daß Weitab, GodomeS, Abomcb Kalavi und Savi unter französisches Protektorat gestellt worden seien. Der General wollt« den König nach dem Senegal verbannen. Ter betreffende Brief wurde gleichzeitig dem Fürste», den Häuptlingen, den HaupNeulcn und dem Volke mitgetheilt, welche säinmtlich erklärten, daß der König daS Land erst verlassen dürfe, wenn die Dahomeyer vernicklet Ware» Während der Verhandlungen bade» die Franzose» zwei Dörfer angegrisseu und verbrannt, aber sie haben Osfleiere im Kampfe verloren. Der König verzweifelt daran, eine» FricdonSvertrag mit de» Behörden von Weitab abzuscklirßc», wegen der in jene», Lande herrschende» Voruri heile. Er hat den Eniissairen denAuftraa gegeben, direct mit dem Präsidenten Carnot zu verhandeln Er appellirt energisch an die Ehre des französischen Volte- »Nd verlangt gerechte und an ständige Bedingungen, wir sie einem unabhängigen Herrscher gebühren, der keine Angriffskriege uiitcrnttilmt, sondern nur den häuslichen Herd vcrlbridigt. von rem Gerechtigkeitssinn de- französische» Volkes erhofft er Berücksichtigung. Unter der Regierung de« Fürsten Ferdinand hat Bul -arten trotz aller Anfriudungen von Seiten Rußlands von Iabr zu Jahr einen immer größeren Aufschwung genommen, dergestalt, daß der junge türkische Vasallenstaat, obwohl sei» Fürst bi- heule neck nicht ossiciell von den allzu große Rück sicht auf de» eiiipsindlichen Zaren nehmenden Großmächten anertannt ist, schon heule der angesehenste Staat der ganzen Balkanhalbiiisel zu sein sich rühmen darf. Dies dankt Bul garien sowohl seinem liebenswürdigen, kluge» Fürsten, als auch seinem tbatkrästigen ersten Minister Stambnlow, der nicht mit Unrecht der Bismarck Bulgarien- genannt wird, und der Tüchtigkeit der Bulgare» selber, nicht m letzter Linie aber dem guten Einvernehmen zwischen dem Vasallenstaat und seinen Eouzeraiii, dem Sultan, der hinsichtlich der thatsachlicken Anerkennung deS Fürsten Ferdinand im Grunde schon so viel getban hat, daß ibm zu Ihn» säst nichts »lehr übrig bleibt. Um so unbegreiflicher ist ein Schritt, den die Pforte, wir bereit» kurz erwähnt, neuerdings getban und der Mit Recht in den maßgebenden Kreisen Bulgarien- eine — hoffentlich bald vorübergehende --- Verstimmung beroorgernstii hat, obwohl dir Pforte mit diesem Schritte zweifellos nicht dein ihr »nentbehtiichen Baialien staat zu nahe treten, vielmehr nur den betreffende» Kircke»- sUrsten ihre Mackt fühlen lassen wollte. In Sofia also wünscht man eine persönlich« AuSfproche mit dem Erarchen Joses, der in Konstantinopel thront. Es handelte ssch um di« durch die Verfassungsänderung dervorgerusrnc Neuände- rung der Dinge, um da- Verfahren gegen den inhasiirten Metropoliten Kleine»! vo» Tirnovo und nicht zum Mindesten auch darum, daß der Exarch seinen Einfluß auf die Geistlich keit geltend mache, um ähnliche politische Eingrifsr in Zukunft zu beseitigen. Getreu den türkischen Vorschriften sür hohe Kirckenfürsten suchte der Exarch uni die Er laubniß zur Reise in einen ausländischen Badeort bei der Pforte nach. Er wollte Karlsbad besuchen und dabei den Weg über Sofia wählen. Daß er auch nach der bulgarischen Hauptstadt einer besonderen Er- laubniß bedürfe, konnte er nicht annebnie», den» das Fürstentbuin Bulgarien als Vasallenstaat der Türlei muß »ach normalem verstände doch zum Inland« ge»kämet werde». Aber da- gerade Denken ist am Goldenen Horn nicht immer die Regel. Dem Exarchen Joses wurde die Reiseerlaiibniß ins Ausland verweigert, und er darf auck nicht Sofia besuchen. Darüber herrscht große Verstimmung in den bulgarischen Regiernng-Ireisen und die „Swoboda" macht sich zu ihrem Dolmetsch, indem sie betont, daß die Pforte einen Plan verhindere, dessen Ausführung wesentlich zur Ausgleichung bestehender Gegensätze und zur Herstellung deS kirchliche» Friedens in Bulgarien brigetragen hätte. Russische Einslüste haben inteß dic-inal jctensall« nicht die Pforte zu dein unbedachten Stritte veranlaßt; denn waö Rußland damit erreichen wollte, wen» e- dabei seine Hand im Spiele gcbabt bätle, ist wenigstens nicht klar, da der Exarch ja bcreiio seinen übrigens ohnedies unwirksamen Widerstand gegen die Veränderung der bulgarische» Verfassung aufgcgedcn batte und iiia» in Sofia schließlich auch recht gut vorwärts kommen wird, wenn der Besuch des Exarchen daselbst wider seinen eigenen Willen unterbleibt. Von Jahrzehnt zu Jahrzehnt macht die Regierung der lkaprolonic alle erdenklich»» Anstrengungen, die Kasfrrn- frage in einer das englische Mutterland befriedigenden 'Weise zu lösen, dabei aber wird diese Frage von Seilen der mehr herrschsüchtigen als zur Herrschaft fähigen Söhne Albion» mit einer Ungeschicklichkeit behandelt, daß man sich schier darüber Wunder» muß, wie wenig die sonst so praktischen Engländer bisher hinsichtlich der Behandlung der Kaffer» in Afrika von ihren Grenznachbar», den Holländern, gelernt habe». Die Gnindzüge für Behandlung der Kaffer» liegen klar auf der Hand: Will man sie zur Höhe der Weißen emporbringcn und sic als gleichberechtigt mit diesen behandeln, so muß man auch die gleiche» A»sorder»»gc>, an sie stellen. Gleiche Rcchle, gleiche Pflichten! Die zweite Grundbedingung ist ebenso einfach: Will man die Kasfern auf die Höhr europäischer Civilisalion emporbringcn, so muß man sie ibrei» Urzustände entreißen. Der Schritt schien bedcnllich, so lange die robc Nalurkrast der .Kaffer» zu fürcklcn war. Aber längst schon darf die Gefahr eines Kasfern» AukstautcS als beseitigt gelten. Bei distrielwciser, vorsichtiger Einführung strenger Gesetze, welche mit dem allen Schlendrian drecken, kann der Erfolg nicht seblcu. DaS einzige Hinrcrniß bei Lösung dieser südafrikanischen Frage ist die Unfähigkeit der Engländer, sich mit ihre» Maßnahme» nach den Eigen schaften der einzelne» Völkerschaften zu richte». Offenen Blick finden wir hingegen bei de» Holländern. Man gebe z B. »achBloenisoiitcin »nd bctracklc die dortige Kafscrnlocativn. Dir Eingeborenen leben größteutbeils in regelrecht gebauten Häuser», welch« sich bereits vielfach in geraten Straßen an einander reiben. Sic geben ordentlich bekleidet und besitze» eine» sich rasch entwickelnden Gcmciiidcsiun. Ihr höchster Ehrgeiz richtet sich aus Besitz einer eigenen Ge», -ndehalle, wo sie öffentliche Feste ahhallen können »nd dergl. — kurz hier ist der Anfang zu einem Leben naä' europäischem Müller gemacht und damit die schwierige Frage aus kleinem Um sauge bereits gelöst, welche zu lösen die Engländer heute noch vergeblich sich abmUben. Deutsches «eich. rjss Berlin, 28. I»ni. Da- politische Interesse ist aus schließlich dem Reichstag zugewendct und selbst im Land tage unterhält man sich mehr von dem Aussall der Wahlen utid den Aussichten der Militairvorlazc, als von de» »och durch beide Häuser deS Landtag» zu erledigende» Ausgaben. Die Sle» er gesetze werben keine Schwierigkeiten „lehr »lachen, davon ist der Fiiiallzministcr ebenso überzeugt wie die Parlamentarier. Die Gesetze über den Erlaß kircctcr Staats- steuern, über die ErgänzungSstkuer und über Ausbesserung deS Volksichulwesens sind vom Plenum des HerreuhauseS, dem Anträge der Commission entsprechend, »»verändert in der Fassung des Abgeordnetenhauses gut geheißen worden, und da- Coiiinilinalabgahciigcsctz wird das Herrenhaus höchstens uoä, am Freiing beschäftigen. Spätestens am Montag steht eS aus der Tagesordnung des Abgeordnetenhauses, daS wegen etwaiger, jedenfalls nickt bclangreickcr Aciidcrunzcii deS andere» Hauses keine Schwierigkeiten »lache» wird. Der Schluß de« Landtages wird also jedenfalls, wenn nicht am DienSIag, so koch am Mittwoch cintreten F-uill-ts«. Heber Nlippen. Lj Roman von LaroNne Deutsch. ria»dnit vteh.ikn. (Fortsetzung.) ' ll. Durch den dichten, schattigen Laubgang de- Pfarrgaxteti- schritten zwei junge Männer Arm in Arm. Sie waren beide hochgewachsen und doch verschieden in ihrer Erscheinung. Der Eine mit breiten, mächtigen Schultern, dunkel gebräunte« Zügen glich jenen erzgrgossenen Gestalten, wie sie dir Tlwrr mittelalterliche» Städte oder di« Eingänge der Museen schmücken. Dunkle, feurige und zugleich düster blickende Augen; da« Abbild einer strengen, ln sich geschlossenen Persönlichkeit — Der Andere schlanker, klarer, Keller, mit freundlichen, heiteren Zügen, mit jenem milden, innigen Leuchten ,n den blauen Augen, dir auf einen großen serlftchrn Reick- tbum schließen lassen Er trug den lange«, von »ben bi- unten zugeknöpften Priesterrock, Redrrrnda genannt» und da war da» einzige Dunkle an seiner brr,gewinnende» Erscheinung. Schwer drangen dir Sannrnstrahlen durch di» dichten Lindenkronen, die den Laubgang bildeten; vereinzelte Lichter Grühten am Boden aus, und der berauschende Duft »er Blüthen erfüllte dir Lust. Sir hatte» da- Ende de« Gatigr- erre»cht, und in dem sonnigen und lautlosen Frieden der Mittag-schwüle lag vor ihnen da« Pastorbau«. Zwei inächtiar Nußbäume bewachten den Eingang, und hübsche, gutgepflrgte Blumenbeete zagen sich um da- Gebäude Durch »in« niedrige, lebendig« Hecke, dir wie mit Blütben übersät war, geschieden, strebte zur rechten Seit» der schlint, stattliche Vau der prv- testantischen Kirche empor, unv da» suntelnd« Kreuz dr-Dtz«rme- schien hach oben in der blauen Inst j» schweben Der Htnter- garten hatte keine Umfriedung; »er Fluß zog dicht daran vorüber, bei Regenwettrr wild und in kurzen, schäumenden Stößen, jetzt floß er träge und langsam dahin, und seine Delle» schienen sich in ver brütende» Mittag-schwüle kaum zu bewegen; nur die funkelnden Sonnenlichter tanzten darüber hin , „Dein Hau« ist wie eine Idylle, Stefan! Nicht« fehlt zu dem Bilde al- eine liebliche Hau-frau", sprach der Eine der jungen Männer, nachdem er eine Weile vor sich hingeblickt hatte. „O, da- kann auch noch kommen!" versetzte der ju"Sk Pfarrberr mit heiterem Aufblick und setzte sich auf die Bant, die im Schatten de« Laudgang- stand. „Ich stelle keine allzu großen Ansprüche. Ein heitere- Auge, rin freundliches Gemülh und ein bi-chen Liebe... DaS wird doch zu finden sein! Aber Du Franz, der Du so freigebig mit derartigen Recepten bist — Du konntest Dir bei dieser Gelegenheit auch gleich rin- verschreiben!... Was meinst Du dazu? Deine Amts wohnung liegt ebenso schön, ist noch großer und — noch leerer... Ich habe wenigstens eine weibliche, sorgende Hand, meine alte, tlrue Marka, aber Du — Du brauchst eine Frau!" „Da- ist nicht sür mich", versetzle der Andere abwehrend und mit finsterem Au-drucke. „Die Ehe ist «in gegenseitiger Glückscontract» and wer ehrlich ist. muh seine Verpflichtung einltzsrn. Männer wie Du, da- ist etwa« Andrer»! Euer ganzes Wesen ist aus Beglücken un» Veglückiwerden eingerichtet; an meiner starren Natur würbe sich eine Frauenseele nur zu bald wund stoßen." „Tu bist der alt« Grübler und SelbflquZler" sagte Pastor KiS, faßte ihn bei der Hand und zog Ihn lleorvoll zu sich nieder. „Du thust Dir nie grnua, bist nie mit Dir einig und zufrieden, und darum wäre für Dich eitle Frau —oder lagen wir, die Liebe, «ine Nothwendigkrit.... sie würde die streitenden und überauellendrn Kräslr in Dir besänftigen und zu schönem Einklang bringen." „Gianbst Du denn, daß ein Mensch aus den andern einen derarkigtN Einfluß, la überhaupt einen Einfluß üben kann? Ich bestreite e« im klebrigen, daß ein Mensch auf den andern Wirken, daß ein Mensch den andern vermögen kann, einen festen Standpunkt zu verlassen, etwa« anszugeben, wa« eine ttebrrreugung, ja nicht einmal, wenn r« nur eine starre Ge wohnheit ist." „Ja, ja, da- ist unser alter Streit und bat un- Beiden schon so manche» trüben Augenblick bereitet!" versetzte Stefan, und etwas wie eine leise Trauer klang ans seilirr Stimme. „Du sprichst der Versuchung jede Macht ab »nd demzilsvlge der Nachsicht »nd Duldung jede Berechtigung" „DaS tb»e ich", sagte Persaü mit einem strengen, barten Ausdruck. „ES siebe Jeder sür seine Handlungen allein ein, da- würde mehr Verantwortlichkeit, also auch Ueberlegung geben!" „ES kennt Keiner die Gewalien, die wie gefesselte Tkierc in uns ruhen, bi- der geeignete Augenblick da ist", versetzte Ki« milden Tone- „Wir steigen Alle einen steinigen, abgrund reichen Ausstieg empor, »Md können wir uns gegenseitig beim Straucheln und AuSglriten mcht basten, so sollten wir doch wenigsten- Mitleid und Nachsicht mit rinanter haben." „Ja, sa, Du lieber Menschenfreund mit Deiner ewigen Nachsicht und Duldung!" sprach Franz. Ein leiser Spott lag in der Stimme, aber ein säst warmer Ausdruck in den dunkle», ernsten Augen. „Und weißt D», wozu die Gefängnisse tan» bienen würdest? Den gesunden Tdeil der menschliche» Gesell schaft ailsjunrbinen, um ihn vor dem erkrankten zu schlitzen." „Deine Stellung hier bat Dich verbittert", erwiderte Pastor Ki» nach einer Weilt. „Und ich war so glücklich, al- Du hierher versetzt wurdest und mir sobald nachfolaiest. Auch -achte ich. daß gerade diese Gegend da- eigentliche Feld sür Dich sei, für Deine Dbatkrast, Dein strenge- Rechi-gefiihl. Aber Du mußt Dich mit dem Tropfen um Tropfen begnügen, Franz! Bedenk nur, wie viel Zeit rin steiniger Acker braucht, »m ,n ein Saatfeld umgewandrlt ju werden! Du mußt Geduld haben." „Ich habe aber keine!" versetzte der junge Beamte, und in seinen dunklen Augen blitzte e« fass leidenschaftlich auf, „ich habe keine Geduld unredlicher, gemeiner Gesinnung gegen über. Ick möchte dltse au-rottest, wie man eine Pflanze mit den Wurzeln au< der Erde hebt! Wa- bade ich genutzt in brr Zeit, seitdem ich hier bin? Wohl strafe ich die Tbat, aber die Krankheit bleibt in den Gemütyern zurück Man staunt mich an wie rin Wundrrthier, weil ich al- ehrlicher Beamter meine Pflicht thu«; ich stoße aus Widerstand, aus feindliche Gesinnungen, und nicht nur bei den Einwohnern, sonderst bei meisten eigenen Untergebenen; ich weiß, ich fühle r-." Und Diese sind vielleicht weniger schuldig, al« Du denkst, Franz! Sic baden lange Iabrc unter ciiiein Vorgesetzten gearbeitet, der^daS vollständige Gegentbeil von Dem war, waö Wahrheit, Recht »nd Treue ist. Untergeordnete Beamte haben selten eine eigene Meinung; die stete Furcht, ihr Amt zu ver lieren, macht sie seige »nd zerstört die eigene Ueberzeugunz. Ma» ergiedt sich darei», weil man ja dock nickt Helsen kan». Dann wirkt als weitere« Beispiel daS glückliche Gelingen, das zur Mitbetbeilignug ausfordert. So schlüpft daS Unrecht durch viele Thiircn, weil es die erste ossc» gesnuden bat; kenn die »ici,schlicke Nalur ist schwach, und ein Schurke macht zehn andere." „Nur nickt ein Tugendhafter einen zweiten", erwiderte Franz Persall mit tiefer Bitterkeit. „Ich glaube nickt, daß sie mir dcrarlige gedanken- und üborzcuguiigSlosc Nachbeter werden, wie dem seligen Herrn Bura» . . . ." „Ln hast es gleich von Anfang an mit ihnen verdorben, Franz! Wer ans die Menschen wirken will, muß mit ihnen leben Du hast »och nicht einmal die üblichen Besuche gemacht. Du nimmst nicht Tbeil a» ibrem öffentlichen Gesellschaftsleben, verkehrst nickt in den Clubs, Vereine», Kaffeehäusern; daS ist in kleinen Orte» ein wichtiger, nickt zu »»lelschätzcnder Punct." „Bin ich hierher versetzt worden, um gesellschaftliche Rück sichten zu üben, um zur Vermehrung ihrer Geselligkeit bei- zuirageii?!" ries der Stublrickter ans, und wieder blitzte eS in den dunklen Augen aus. „Unk dann ick verkehre nur mit Gleichgesinnten, nickt mit Menschen, die ick verachte, die wein ganzes inneres Sein aufwühlen und mit Zorn und Entrüstung erfüllen." Laute- Tellerklirren ertönte in diesem Augenblicke von der Richtung de- Hanse- her und unterbrach seine Rede. ,.Marka» Tisckglocke! Sir kommt diesmal zur rechten Zeit!" sagte Stefan KiS, erhob sich lät elnd und faßte den Freund de, der Hand „Komm, Du sollst Deine Erregung durch ein GlaS Wein wegspülen!" M. Glich daS Pfarrhaus mit seiner Umgebung einer Idylle, einem Märchen, so war Marka Strunek. die Schaffnerin de« HauseS, der Erdgeist darin. Klein, runzlig, verwittert, sah sie mit dem zigeuuerhast
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