Volltext Seite (XML)
MlsdrufferTageblatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Jfis77 °7 nehmt» zu jeder Zeit Be. »alle doberer Gewalt, Krieg oder sonstiger BeiriedsstSrungen besteht kein Anspruch auf Lieferung »« Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Aüchsendung eingefandter Schliftftüche erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Anzeigenpreis: die »gespaltene «aumzcile ro Goldpfennig, die 2gefpaltene geile »er amtlichen Bekanntmachungen 4VGold- Pfennig, die S gespalteneBeklamczeNe im textlichen Teile INN GvIdpfcnnig. Nachweisungsgebühr 20 Goldpfennigc. Dor- ^n7^^ Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 annahmedisoorm.lvUhr Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Radattanspruch erlischt, wcnn der Bctrag durch Klage cingezogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Bermrttlungssiellen entgegen Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Weiften, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstreniamts Tharandl, Finanzamts Noffen Nr. 298. — 83. Jahrgang. Lelcgr.-Ndr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2840 Sonntag, 21. Dezember 1924 DieRegierungsbildungvertagt Curzons Vorwände. Der Artikel 42S des Versailler Vertrages sagt: »Wer» ven die Bedingungen des gegenwärtigen Vertrages von Deutschland pünklich erfüllt, so wird die im Art. 428 vor gesehene Besetzung nach und nach wie folgt eingeschränkt. 1. Nach Ablauf von fünf Jahren werden geräumt: der Brückenkopf von Köln und die Gebiete nördlich einer Linie, die dem Laus der Ruhr, dann der Eisenbahn Jülich—Düren—Euskirchen—Rheinbach, sodann der Strafte von Rheinbach nach Sinzig folgt und den Rhein bei der Aarmünbung erreicht, wobei die genannten Straßen, Ortschaften usw. außerhalb der Räumungszone bleiben . , . Wenn also irgendeiner der 440 Artikel der Versailler Vertrages von Deutschland nicht erfüllt sein sollte am 10. Januar nächsten Jahres, dann nehmen sich die Entente mächte daraus das Recht, an diesem Tage die Bestimmung des Art. 42ll nicht zu erfüllen. Schon als Der Vertrag als solcher unterschrieben wurde, ist allseitig betont worden, daß der Versailler Vertrag unerfüllbar ist. Das hat ja schließlich die Entente auch selbst eingesehen. Die zahlreichen Abänderungen des Vertrages seit dem Tage seiner Unter zeichnung stellen den Versuch dar, die Forderungen der Entente mit deutschen Erfüllungsmöglichkeiten zu verein- baren: allerdings, was der Vertrag an Tiefe abnahm, er setzte er an immer weiterer Ausdehnung in die Breite. Lord Curzon hat als Vertreter des englischen Mi nisterpräsidenten im Oberhaus nun die offizielle Erklärung abgegeben, daß am 10. Januar nächsten Jahres die KölnerZonenichtgeräumt wird. Als ein Havas- berrcht von dreien englisch-französischen Absichten der Nicht- räumung Kenntnis gab. hielt man das in Deutschland nicht für möglich: das Auswärtige Amt allerdings war unter richtet, daß dieser Entschluß bei der Zusammenkunft Austen Chamberlains, Des englischen Staats sekretärs des Auswärtigen, mit Herriot gesaßt und Dann von Mussolini, dem Vertreter der drittgrößten Enlentemacht, gebilligt worden war. Das muß be-sonders beton, werden, daß diese Beschlüsse der Entente durch die politische Entwicklung in Deutschland seit den Wahlen schon deswegen nicht beeinflußt wurden bzw. werden können, weil sie längst feststehen. Lord Curzon erklärte nun. daß Deutschland zwar die wirtschaftlichen Neparattonsver- pflichtungen. Vie ja durch den Londoner Palt ihre Regelung gefunden haben, tatsächlich erfüllt habe, daß aber dies nicht der Fall sei bei den militärischen Ver - p f l i ch 1 u n g e ir. Der Bericht der interalliierten Militär- und Kontrollkommission, der übrigens vor dem 10. Januar ganz unmöglich eingesehen werden könnte, lege dar, daß Deutschland die militärischen Vorschriften des Versailler Vertrages nicht ausgeführt habe. Außerdem seien die Arbeiten der Kommission „aus andauernde und hart näckige Hemmungen seitens Deuischlands gestoßen". Erst wenn der Bericht eingegangen sei, solle darüber be raten werden, und zwar von den Alliierten allein, in wel chem Maße die Bedingungen des Vertrages erfüllt worden seien und ob der erste Schritt der Räumung durchgesührt werden könne. Selbstverständlich fügt Lord Curzon hinzu, daß die Königlich britische Negierung den bringenden Wunsch habe, die Besetzung nicht zu verlängern, denn je früher die Besatzung abmarschieren könne, desto besser würde es für Europa sein. Und mit steinernen Gesichtern, ohne mit der Wimper zu zucken, hören sich das die edlen Lords des Oberhauses an, getreu dem alten Grundsatz, daß man Verträge hält, nur wenn es Rutzen bringt, und daß man um Gründe nicht verlegen ist, Verträge zu brechen. Die Franzosen haben auf der ganzen Linie gesiegt. Der „Matin" bringt es fertig, aus dem stückweise eintreffenden Bericht der interaüierten Kontrollkommission wutschnau bend eine der schwersten Verschlungen Deuischlands gegen die militärischen Bestimmungen des Versailler Vertrages der Öffentlichkeit zur Kenntnis zu bringen: Deutschland dürfe nur 701 000 Hufeisen für die Kavallerie und die Bespannungen der Reichswehr haben, es sei aber fest- gestellt, daß 704 000 vorhanden seien. So schreibt der „Matin"! So schreibt der Bericht. Es erübrigt sich wohl, auch nur ein Wort darüber zu verlieren. Man braucht nicht daran zu zweifeln, daß es den Alliierten gelingen wird, mittels dieses einseitig von der Militärkommission ohne jede deutsche Gegenäußerung her- gestellten deutschen Berichts das Recht der Entente sestzu- ftellen, die Kölner Zone vorläufig nicht zu räumen. Man wird dann an Deutschland etwa mit dem Geist, der aus den Schlußsätzen Lord Curzons spricht, die Mitteilung machen, daß man diese Versehlungen Deutschlands ganz außer ordentlich bedaure, ebenso den daraus sich ergebenden Zwang sür die Entente, die Kölner Zone solange besetzt zu halten, bis Deutschland seine Verfehlungen beseitigt hat. Vielleicht wird man dann noch hinzufügen, daß man sich von dieser Beseitigung aber erst durch eine neue Kon trolle überzengen müsse, ehe man an die Räumung Heran gehen könne. Und zu unserem Trost wird man uns dann vielleicht auch die schönen Reden aus der Genfer Völler- bundtagung als Beilage zu jener Note übersenden. MeMung erst im Zauuar. Berlin, 19. Dezember Reichskanzler Marx berichtete nach amtlicher Mittei lung ' 'ite dem Reichspräsidenten über seine Be spick.,, „ n mit ven Parteiführeren, die ergeben haben, daß die Fraktionen an ihren Beschlüssen festhalten und daher zurzeit die Bildung einer Mchryeitsregierung u n - möglich erscheint. Reichspräsident und Reichskanzler kamen bei dieser Sachlage dahin überein, daß die Neu bildung der Regierung bis kurz vor Zusammen- trittdes Reichstags hinausgeschoben wird und das Kabinett bis dahin die Geschäfte weiterführt. Der Reichs kanzler hielt später eine Ministerbesprcchung ab, in der er über die Lage Bericht erstattete. Die Minister traten den Ausführungen des Reichskanzlers bei und erklärten sich bereit, die Geschäfte weiterzuführen. Der Reichskanzler hatte bet seinen Verhandlungen noch die Führer der Demokraten und der Deut schen Volkspartei empfangen. Die demokratischen Unterhändler erklärten, daß sie unbedingt an ihrer a b - lehnenden Haltung gegenüber dem Bürgerblock fest- balten müßten, während die Führer der Deutschen Volks parle! mitteilten, der Beschluß der Deutschen Volkspartei, eine Koalition mit den Sozialdemokraten abzuweisew stehe unerschütterlich fest. Beschluß der Sozialdemokraten. Die sozialdemokratische Fraktion gibt folgenden Be schluß bekannt: „Die sozialdemokratische Fraktion ist der Auffassung, daß aus Gründen der äußern und der inneren Politik eine Regierung des Bürgerblocks verbinden wer- Eigener Fernsprechdlenst des „Wilsdruffer Tageblattes". Paris, 20. Dezember. Die Sachverständigen der deut- ! sehen Schwerindustris sind zum Teil gestern, zum Teil heute ! abend nach Deutschland zurückgekehrt. Die gestrige Sitzung hat gezeigt, daß eine Verständigung mit den französischen Vertretern vorläufig nicht Zustandekommen kann. Die Besprechungen sind daher vorläufig abgeschlossen worden. Die Sachverständigen kommen Anfang Januar wieder zusammen. Die deutsche Wirt schaftsdelegation stellt gegenwärtig das Ergebnis der bisherigen Besprechungen aus. Am Montag verläßt sie Paris, um am 30. Dezember wieder nach hier zuriickzukehren. Die erzielten Teilresultate können nicht mit der Tatsache versöhnen, daß aus allen Gebieten die Hauptgegensähe sich bisher nickst überbrücken ließen. * Wieder ein englisches Kriegsgerichtsurteil Eigener Fernsprechdlenst des „Wilsdruffer Tageblattes" Köln, 20. Dezember. Bor dem britischen Kriegsgericht standen zwei Direktoren, der Geschäftsführer, der Pförtner und ein Laufbursche vom hiesigen Monopol-Tanzpalast. Die An klage schiebt den Angeklagten die Verantwortung dafür zu, daß in der Nacht vom 30. November gegen 2 Uhr zwei englischen Polizerofflzieren bei ihrem dienstlichen Gang der Eintritt in das Haus verweigert wurde. Die beiden haben etwa sine Viertel- ! stunde vor der Tür warten muffen, ehe sie Einlaß fanden. Das i Gericht verhängte gegen den ersten Direktor 2000 Mark Geld strafe oder zwei Monate Gefängnis, gegen den zweiten Direktor einen Monat Gefängnis, gegen den Geschäftsführer Wei Mo nate Gefängnis, gegen den Pförtner zwei Wochen und gegen den Laufbursche!, eine Woche Gefängnis. HYMQNNS über dttS SicherungxprodleM. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Paris, 20. Dezember. Der soeben aus Nom zuröckge- kehrte belgische Außenminister Hymans hat dem Brüsseler „Temps"-Korrespondenten erklärt, er habe während seiner Un terredung mit Chamberlain eingehend die Lage Belgiens zur Sprache gebracht und ihm den Standpunkt in der Sicherungs frage dargelegt. Ich habe, so sagte Hymans, betont, daß wir vor den Gefahren, wie wir sie durchmachen mußten, in Zukunft ge schützt sein muffen. Belgien verspürt nicht den germgsterWunsch, an dem großen internationalen Wettbewerb tei'zunehmen. Es erstrebt Frieden und Sicherheit und ist der Ansicht, daß Son derabkommen (wie eine Bestimmung des Genfer Protokolls Vor sicht) direkte und wirksame Sicherungsgarantien an die Hand geben würden. Darauf Habs Dr. Benesch in Genf hingewieseu ven mutz. In Rücksicht auf die Haltung der Deutschen Volkspartei sieht sie in der Bildung der Weimarer Koalition die gegebene Lösung." Diese Koalition, die gewöhnlich als Wirth-Koalition bezeichnet wird, bestand aus Zentrum, Demokraten und Sozialdemokraten. Rheinisches Zentrum an Marx. Die heutige Parteikonferenz der rheinischen Zen trumspartei in Köln sprach der Reichstagsfraktion in einer einstimmng gefaßten Entschließung ihren Dank und Aner kennung aus für die Raschheit, Klarheit und Entschieden heit ihrer Stellungnahme zur Frage der Regierungsbil dung. Die rheinische Zentrumspartei schöpfe daraus die Zuversicht, daß die bisherige gerade Linie der Außen- und Innenpolitik des Reichskanzlers Marx von der neuge wählten Zentrumsfraktion folgerichtig weilergeführt werde. In einem Telegramm spricht das rheinische Zen trum serner dem Neichskanzlre Marx für seine Stellung nahme in und nach dem Wahlkampf seinen tiefen Dank aus. * 40V 000 ungültige WaHlstimmsn. Insgesamt sind im Reiche 399 987 Stimmen bei der letzten Reichstagswahl verloren gegangen. Diese Zahl er scheint an und für sich außerordentlich hoch, stellt sie doch annähernd 1'/- A der Zahl aller Wahlbeteiligten dar. Bei der Wahl am 4. Mai gab es jedoch noch wesentlich mehr ungültige Stimmen, nämlich 427 634. Demnach ist ein Rückgang um mehr als 27 000 Stimmen eingetreten, wo bei berücksichtigt werden mutz, daß die Wahlbeteiligung diesmal stärker gewesen ist als am 4. Mai. Die Wahlbe teiligung betrug diesmal 80 im Mai 77,4 A. und Briand stehe dieser Ides sympathisch gegenüber. Hymans gab der Ueberzeugung Ausdruck, daß auf das Genfer Protokoll zurückgegriffen werden wird. ChamderleLn über die Murokkofraae London, 20. Dezember. Ter liberale Abgeordnete Kenn worthy richtete an die Regierung eine Anfrage Wer die Lage in Marokko. Chamberlain erwiderte, daß das spanische Direk- Lorimn den Rückzug beschlossen habe, um «ne neue Marokko- poW! zu beginnen und um die spanische Oberhoheit auf andere Weife zu festigen. Chamberlain sagte, daß er die Haltung der britischen Regierung in der Maroklofiage noch nicht darlegen könne. Es sei jedoch klar, daß derartige Unruhen an den Re gierungen anderer Mächte nicht unbemerkt vorWergchen könn ten. Am interessiertesten sei natürlich Frankreich. Keine an Nsrdasrika interessierte Macht könne sich von den Ereignissen in irgendeinem Teile Nordafrikas vollkommen sernhÄten. Da mit solle nicht gesagt sein, daß daraufhin irgendwelche Ansprüche auf eine Intervention erhöbe« werden könnten. Doch handle es sich schließlich nm gemeinsame Interessen. Er setze voraus, daß die Regierung bei ihren Bemühungen, die Schwierigkeiten zu lokalisieren, vom Unterhause in vollem Maße unterstützt wer den würde. Aumab-- von Tct»un. Pari s, 20. Dezember. Havas meldet aus Hendayl, daß der Sitz des Oberlommissars in Marokko von Tetuan nach La- rasch verlegt worden ist. Japan verlebtet auf amerikanischen Fla'tenbesuch. Tokio, 2V. Dezember. VreiröerminiDr Kato erklärte, daß die firMÜfche Regierung nach emaU en-rr Beratung das frühere Angebot der amerikanischen Regierung, die amerikanische Flotte nach Yokohama zu entsrüden, dankend abgelehnt hätte. Aushebung der besonderen polizeilichen Maßnahmen in London. London, 19. Te'ember. Tie besonderen polizeilichen Vor- nchtSmaßnahmen, die zum Schutze Ler Minister nnd Pwla- MentSmitglieder nach der Ermordung Sir Lce Stacks getroster wurden, sind jetzt aufgehoben worden. Deutsche Fischdampscr verunglückt. Christiania, 19. Dezember. In der Nähe von Hangesund stießen 2 deutsche Fischdampfer bei unsichtigem und regneri- jchem Wetter zusammen, wobei der eine „Heinrich Huch" aus -Hamburg sofort sank. Hierbei kamen sünj Manu der Besatzung der zweite Steuermann, der Maschinist, der Koch und zwei Mauvjen um. Lie übrigen wurden von Lem ande.en dan'Ner „Bremen" ans Bremer staben gerettet, nachdem ne 20 Minuten im Wasser gelegen hatten. MeMMlM mil öer Wz. SWmWrie.