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Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge find erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis Mittags 12 Ubr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. SO Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf.».unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Donnerstag, den 28. Decembcr ^38». 1882. Die auf den Termin Weihnachten d. I. fälligen und die auf frühere Termine noch rückständigen Commun-Anlagen sind längstens bis zum 30. dieses Monats anher zu bezahlen. Stadtsteuer-Einnahme Waldenburg, am 22 December 1882. "Waldenburg, 27. December 1882. > Politische Nunvschau. Deutsches Reich. Die „Germania" schreibt: Eine Verständigung Rußlands mit dem Vatican ist auf folgender Grundlage hergestellt: Wiederherstellung der russi schen Botschaft beim päpstlichen Stuhle. Amnesti- rung der polnischen Bischöfe. Der Erzbischof von Warschau, Felinski, wird wieder eingesetzt. Die neuen Bischöfe werden nach vorheriger Verständigung zwischen dem Vatican und Rußland ernannt. Die Bischöfe präsentiren der Regierung die Candidaten für die wichtigen Pfarreien, die minderwichtigen besetzt die Regierung allein. Der Staal übt indeß ein gewisses Aufstchtsrechl aus. Die aus Einladung Englands im Laufe des näch sten Monats zusammenlretende Botschafterconfe- renz dürfte von besonderer politischer Wichtigkeit sein und voraussichtlich über die gegenseitige Stellung der Großmächte zu einander und insbesondere zu dem deutschwsterreichisch-ungarischen Bündnisse klare Normen schaffen, selbst wenn sich dieselbe wirklich mit weiter nichts als mit der Donaufrage beschäfti gen sollte. Sie wird den Prüfstein abgeben für die politische Constellation in der nächsten Zukunft und somit für die Aussichten auf Krieg und Frieden. Das „Berliner Tageblatt" theilt den Inhalt der Unterredung mit, welcher ein Freund desselben in Neapel mit Herrn v. Giers gehabt hat. Der russische Minister gab dabei seinen Glauben an die Zukunft der Balkan- und slavischen Völker und der Befürchtung Ausdruck, daß die orientalische Frage noch manche Gefahren für den europäischen Frieden in sich berge. Sehr besorgt äußerle sich v. Giers wegen der Herzegowina, „Oesterreich", sagte er, „muß bei seiner Occupalion mit großem Takt und großer Klugheit vorgehen; die Frage der Herzego wina ist um so schwieriger, als es mit Montenegro in Verbindung steht, die engen Bande, welche dieses kleine tapfere Volk mit Rußland verbinden, sind traditionell." Vor der Wiedereröffnung der Reichslagssession wurde auch die Actienrechlsnovelle, an deren Ferligstellung schon seit Jahren gearbeitet wird, als eine zur Berathung gelangende Vorlage genannt; dieselbe ist jedoch nicht erschienen, wird auch in der gegenwärtigen Session, wie es heißt, nicht zu er warten sein, obgleich das Neichsjustizamt den Ent wurf abgeschlossen und das mitbethelligte Reichsamt des Innern sein zustimmendes Gutachten hierzu ab gegeben hat. Maßgebend für die Zurückhaltung des wichtigen Gesetzes scheinen folgende Gesichtspunkte zu sein: Zunächst möchte man jede Störung in Berathung der Versicherungsvorlagen sernhalten, dann aber wäre zu fürchten, daß die Novelle zum Aktienrechte nicht mehr erledigt werden könnte und in einer späteren Session wieder eingebracht werden müßte. Das soll vermieden werden, und darum ist der wichtige Entwurf erst im Herbste des nächsten Jahres zu erwarten. Oesterreich. Der Kaiser von Oesterreich hat den Kronprinzen Rudolf zum Feldmarschall-Lieutenant und Vice admiral oxdrL LdLtmu im Seeoffizier-Corps ernannt. Die Welhnachlsbetrachtunaen der Wiener Blätter lauten wenig hoffnungsvoll, alle durchzieht ein ernster Grundton. In den letzten Tagen wurde Andrassy tn langer Audienz vom Kaiser empfangen, der Gegenstand der Besprechung betraf angeblich das austrodeulsche Bündniß und die letzte Discussion in der Presse darüber. Frankreich. In den Wandelgängen der Depulirtenkammer er zählte der Minister des Innern, die Verhaftung des Fürsten Krapotkin sei erfolgt, weil derselbe einen Aufstand vorzubereiten versucht habe, der im Mo nat Januar in allen großen Fabrikorten Frankreichs ausbrechen sollte. Der Kriegsminister hat der Kammer einen Ent wurf eingereicht, nach welchem im Falle eines Krie ges aus allen wehrfähigen Bürgern von 17—20 und 40 — 50 Jahren Freicompagnien gebildet werden sollen. Auf den ersten Blick glaubt man es hier mit einer Nachahmung unsers Landsturm systems zu thun zu haben; während jedoch bei uns nur altgediente Soldaten zum Landsturm gehören, soll er nach dem französischen Plan aus allen Bür gern bestehen, gleichviel ob sie im activen Heere ge dient haben oder nicht. Es wäre das eine sehr wesentliche Neuerung, mit der man sich ernstlich be schäftigen müßte, wenn nicht die Erfahrung lehrte, daß hier zwischen Einbringung und Einführung eines Gesetzes ein ganz gewaltiger Unterschied ist. Die meisten Entwürfe erreichen unter langen Commissions arbeiten ein ehrwürdiges Aller und werden schließlich einfach vergessen, viele werden so abgeändert, daß von ihrer ursprünglichen Fassung nichts mehr zu erkennen ist, viele werden von einem nachfolgenden Minister zurückgezogen, andere von der Kammer abgelehnt. So überaus thätig die Franzosen sind, das ganze Land in ein großes verschanztes Lager zu verwan deln, so ausgesprochen ist der defensive Charakter aller ihrer militärischen Maßnahmen. Von außer ordentlichem Interesse ist in dieser Beziehung eine sensationelle Nachricht, welche „L'Etoile belge" eine Brüsseler Zeitung, vor wenig Tagen veröffentlichte. Nicht genug, daß eine zusammenhängende Kette von Sperr-Forts längs der französischen Ost-Grenze im Zusammenhänge mit großen festen Plätzen und Festungsbausystemen jeden Versuch einer feindlichen Armee, in Frankreich einzudringen, verhindern soll, die französische Heeresleitung ist neuerdings auch noch bemüht, alle strategisch wichtigen Punkte dieser Grenze, das Vorterrain der Forts, sowie sämmtliche wichtigen Zugänge, resp. Fluß-Uebergänge rc. durch ein ungeheures System von Minen, welche mit dem heute beliebteren Namen Land-Torpedos bezeichnet werden können, zu decken und eine Ver- theidigungS-Zone zu schaffen, welche ganze geschlossene Truppenmassen mit unvermeidlichem Untergang be drohen soll; diese Zone wird deshalb den Namen „Todlenfeld" oder „Osig-mx äo mord" führen. Guß eiserne, etwa 3 Meter lange, einen Meter im Durch messer haltende Cylinder, welche an einem Ende in doppeltem Boden einen electrischen Zündungs- Apparat enthalten und am andern mit einem luft- resp. wasserdicht schließenden Deckel versehen sind, werden in den fraglichen Terrainabschnitt vergraben, um bei Eintritt eines Krieges rc. mit Dynamit ge füllt zu werden. Von entsprechender Centralstelle aus sollen bann solche systemarlig ausgelegte Torpe dominen elektrisch entzünbel werden, um feindlichen Truppen den Untergang zu bereiten. In dem be treffenden Aufsatz des „Etoile" heißt es, daß ein Vertheidigungscorps vor der auf diese Weise gebil- l delen Torpedozone dem Feinde entgegentreten und, i wenn übermächtig gedrängt, kämpfend und schritt weise über das „Ollamp äo mord" zurückweichen soll. Rückt dann der Feind nach und betritt mit seinen Waffen die Zone des Tastenfeldes, so soll die Zündung der Minen erfolgen, und die Vernich tung des Feindes durch die aus rückwärtiger Stel lung vorbrechenden feindlichen Kräfte vollendet werden. Italien. Die „Lega Democrazia", das Organ der Repu blikaner in Rom, erschien schwarzberändert wegen der Hinrichtung von Oberdank. Die Studen ten schickten der Mutter Oberdanks folgendes Tele gramm: „Die römischen Studenten begrüßen bei der Erschießung (er wurde bekanntlich gehängt) Wilhelm Oderdanks in ihm einen Märtyrer des italienischen Rechts auf Triest. Das Andenken des geliebten Mitstudenten ehrend, bethätigen sie ihre feste Zuversicht auf die Vollendung der italienischen Einheit." Der Papst empfing am 24. d. die Gratula tionen des heiligen Collegiums. Auf die An sprache des Cardinals di Pietro erwiderte der Papst: Er empfange die Wünsche der Cardinäle als ein Zeichen der Hoffnung auf bessere Zeiten. Der Gang der Ereignisse enthülle immer mehr die Kühnheit der Feinde der Kirche. Mehrere italienischen Diö- cesen seien ohne Hirten, auch sei jüngst ein neues Attentat auf die Unabhängigkeit und Souveränität des Papstthums begangen worden. Man setze gegen wärtig die ehedem von politischer Klugheit und Staatsraison dictirte Rücksicht bei Seite und wie- I wohl anderwärts die Volksvertretungen die große < moralische Macht des Papstthums proclamirlen, so verzichteten doch die Regierungen auf die Beziehun gen zu dem päpstlichen Stuhle, und doch seien es die Päpste gewesen, welche Italien von den Bar baren errettet, demselben die religiöse Einheit er hallen und aus demselben eine ruhmreiche und be neidete Nation gemacht hätten. Trotz alledem werde der Papst seine hohe Mission fortsetzen, die Rechte und die Interessen der Kirche zu vertheidigen. Er fordere die Kardinäle, Bischöfe und Gläubigen zur Mitwirkung auf. England. Der Petersburger Korrespondent des „Daily Telegraph" versichert, der Ursprung der jüngsten alarmirenden Artikel der deutschen Officiöscn sei auf die Absicht Rußlands zurückzusühren, ein großes Anlehen in Deutschland aufzunehmen Dies sei gewissen Kreisen in Deutschland nicht genehm und in Folge dessen sei die Journal-Campagne gegen Rußland eröffnet worden. Rußland. Der Kaiser und die Kaiserin wohnten am 24. d. in Petersburg in der Kirche des Anitschkow- Palais dem Gottesdienste bei. Um 12 Uhr nahm der Kaiser in der Michael-Manöge die Kirchenparade des Finnländischen Leibgarderegiments ab. Nach der Parade fand im Amschkow Palais ein Dejeuner von 220 Gedecken statt, an welchem die allerhöchsten Personen und deren Gefolge, sowie die früheren und die jetzigen Offiziere des Finnländischen Leib- garderegimenls und einige in Petersburg anwesende Offiziere des Wolhynischen LeibgarderegimenlS Iheil- nahmen. Der Kaiser trank auf das Wohl beider Regimenter. Gegen 2'/- Uhr begaben sich der Kaiser und die Kaiserin zu dem im Versammlungs-