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Nr «VS L«. Jahrg. Sonnabend, den 22. Dez. ltt17 «»schLst,stell« m»d LeeL»en«A. IS, HolbMiftvgtz« 4M S«r»1precher «1«« ' Am»»h««von »eschLst«ameio»1t» IS Uhr, von AamUteaaiijetgen bl» Lt Uhr vor«. V»»«» tt>r dt-PetU^paltzetl«»» «.An«« mrtett 8« ^ Kamilt«,.»lnz^,«<, SS 4 ür »ndrutllch g«schr»eb«ne. so«»« d«h irechcr ausgegebene «Njeigen kbnnt« NNk »N rantlvomichkett »ar dte lncht»gl»»t d«sr«hü« nicht übernehme»«. Sprechstunde der Rrdnttion: 11—1» Uhr vor». Einzige katholische Tageszeitung tm Königreich Sachsen. Organ der Zentrumspartei. Ausgabe /X mit illustrierter Unterhaltungsbeilage und reltg. Wochenbeilage Feierabend. Ausgabe 8 nur mit der Wochenbeilage. ttvot« ttvruxtNj»«»!«'! VwNLÜglivk« PI8RIIIIV8 osuo »lick xskruiioktv. »II« ltolr- unS Ltii^rrvli, «orvis »»ov 2viov«,ung «lv«l>0»»lU>»S vou «0 U-u-Ir au kiosixv ^«isvadt, ^iostixo Laiilvoiso, tlokor kiassvorskutt.! l STvi.rLi»»ciiv. o-Lsoe« St. Petersburg und die Ukraina Das scharf«! Einschreiten der St. Petersburger Zentral- geivalt gegen den ukrainischen Nationalrat in Kiew, dem Widerstand gegen die militärisct-en Maßregeln der russischen Zentralrogierung vorgeworfen und deshalb sogar mit Er- klärung des offenen Kriegszustandes gedroht wird, beweist, daß der Gegensatz zwischen Gcoßrußland und der Ukraina auch in die neue Staatsordnung hineingetragen worden ist, die anstelle des früheren russischen Zarentums entstanden ist, Tie jetzige russische Negierung, die von Sozialdemokraten der äußersten Linken gebildet wurde, hat sich aus den Stand- Punkt gestellt, daß jede Station, die sich innerhalb des Reiches des früheren russischen Zarentums auf territorial gechlosse- nenr Gebiete befand, dazu berechtigt sei, ein eignes und selb ständiges Staatstvesen zu bilden, wobei es denn diesen an heimgestellt wäre, miteinander einen rupuvlikanischen Staa tenbund zu schließen. Diesen Gedanken hat bereits der russi- sisck»e Revolutionär Bakunin um die Mitte des 19. Jahrhun- dort vertreten. Der Staatenbund russischer Republiken sollte demnach als Bindeglied einer allgenieinen Jnternario- nale solcher rein kommunistischer Volksrepubliken gcsci-affen werden. Die extremen Revolutionäre, die diesen Gedanken nachgehen, bemerken aber dabei nicht, daß eine freie Entwick lung der einzelnen Völker im demokratischen Sinne, die bis zur Schaffung neuer kommunistischer Staatsgcvilde geht, naturgemäß neue gewaltige Konflikte schafft, die bisher innerhalb der bestehenden Monarchien durch die Autorität der Krone entweder ausgeschaltet oder doch zumindestens stark adgeschwächt werden. Will man eine neue Politik des Arbeiterproletariats betreiben ohne Beigabe nationalisti scher Tendenzen, will man den Marxismus niit Gewalt und ohne Umwege konstitioneller Versammlungen in» wirtschaft lichen und politisckjen Leben zur Herrschaft bringen, so ist es natürlich, daß dies nur aus dem Wege einer starken Zentral- gewalt geschehen kann, nicht aber auf dem der demokratischen Selbstbestimmung der Völker. Deshalb ist es nicht Wunder zu nehmen, daß die maximalistische Negierung sowohl im eignen großrussischen Lager als auch bei den nicht-moskowi- tisckxm Völkern riesige Widerstände erregt und diese mir mit tels Gewaltmaßregeln zu beseitigen vermag. Die Kiewer „Ukraina Nada" steht zur St. Petersburger Regierung nicht so sehr im Gegensatz hinsichtlich des gesell- schaftlick-en und volkswirtschaftlick-en Programms, als viel mehr bezüglich der Unversehrtheit des territorialen Bestan des der Ukraine. Auch der ukrainischen Nationalrat ist so zialdemokratisch gesinnt. Auch er hat das unbewegliche Ver mögen in der Ukraina als Staatseigentum erklärt. Er will aber, daß die großrussische Regierung, mag diese von den Maximalsten oder von einer andern republikanischen Partei geleitet werden, unter keinen Umständen willkürlich über das ukrainische Gebiet verfügen. Und über dieses wollen die St. Petersburger Maximalsten ihre Macht aufrecht erhalten, da sie auf diese Weise die russische Südwestfront beherrschen wollen, andererseits aber auch die Gegenrevolution, die sich im Dongebiet und im nördlichen Kaukasus breit macht, nur über den Weg der Ukraina und des Schwarzen Meeres un schädlich zu machen vermögen. Die St. Petersburger Regie rung hat den Matrosen der Schwarzen-Meerflotte befohlen, Rostow am Don zu besetzen, um so den Vormarsch des gegen revolutionären russischen Generals Kaledin gegen das Innere Rußlands zu hemmen. Wir stehen augenscheinlich vor einem gewaltigen Guerillakrieg in den Kosakengebieten, der demjenigen in der Vendee zurzeit der französischen Re volution in mancher Beziehung ähnlich zu werden scheint. Diese Belvegung hat nicht nur die großrussischen Kosaken am Ton und im südlichen Ural ergriffen, sondern auch diejenigen des nördlichen Kaukasus, wozu auch die ukrainischen Kuban kosaken gehören. Es ist gegenwärtig nicht abzuscl-ätzen, ob und inwieweit sich die Autorität der alten zarentreuen Offi ziere und Popen bei diesen Reitervölkorn gegenüber der Machtfülle der St. Petersburger Maximalistenregierung geltend machen wird. Die Unternehmungen des gegen- revolutionären Dutow am Ural scheinen gescheitelt zu sein, lvährenü Kaledin im Dongebiet bis aus weiteres noch das Feld zu behaupten scheint. Tie Landbevölkerung Rußlands und in in der Ukraina verhält sich so ziemlich passiv, »nährend di« Macht in Len russischen Gebieten fest in der Hand der Maximalsten konzentriert ist. Die von ihnen beherrschten ..-»»»««»»».Ass»- .> > »-»-»--»»WH«Sk I Das Neueste vom Tage j ««»L N MW SkllW WMW (Amtlich. W. T.-B.' Großes H a n v t q „ >i r I ii-r, den 2. Dezember I9t7. Westlicher Kriegsschauplatz v e e r c s g > u v »> e 6 r a n v r i » z Ruvvrech!: Bei West-Noosebeke sowie bei Queant und Moevres vor übergehend erhöhte Artillerietätigkcit. In kleineren Vorfeld- läinpfen wurden Gefangene geinacht. Heeresgruppe deutscher Kronprinz! In einzelnen Abschnitten längs der Ailette, in der Cham pagne und ans dem östlichen Maasufer lebte das Artillerie- und Minenfeuer in den Abendstunden auf. Heeresgruppe Herzog Albrewi: Ein Erkundiingsvorstoß nordöstlich von Thann führte zur (Gefangennahme einer größer» Anzahl Franzosen. Oestlicher Kriegsschauplatz Nichts Neues. Mazedonische Front: Im Cerna-Vogen zwischen Vardar und Doiran-See und in der Struma-Ebene verstärkte sich zeittveilig das Artillerie« seuer. Jtalicnische Front: An» Nachmittage griff der Italiener den Monte Asolone und die westlich davon gelegenen Höhen vergeblich an. Auch am Abend erneut durchgeführte feindliche Angriffe scheiterten Die Feuertätigkeit blieb zwischen Brenta und Piave rege. Ke, srste Generalquartiermeister: Ludendorsf. «llvvv Tonnen versenkt Berlin, 21. Dezember (Amtlich.) 1. Im Mittcl- mcer sind l 1 Dampcer und 6 Segler mit über VS vvv Bruttoregistertonncn durch unsere N Boote versenkt worden. Unter den vernichteten Schiffe» waren 2 sehr große Dampfer, die ii» östlichen Mittelmeec aus Gelcitzügen herausgeschossen wurden, ferner die bewaffneten englischen Dampfer „Maccorquodale" (6l2l Tonnen) und „Consols" (»76« Tonnen.) Ein in, westlichen Mittclnehr vernichteter Trans porter hatte Munition oder Explosivstoffe als Ladung, »vie aus der gewaltigen Detonation, die auf den Treffer folgte, geschloffen werden kann. An den erzielten Erfolgen hat Kapitänleutnant Krafft besonderen Anteil. II. Eines unserer Unterseeboote hat am lv. Dez. die Bahnanlagen von Paolo (itatieuische Südwcstküstc) und zahlreiches rollendes Material mit gutem Erfolge beschossen. Nach einer Stunde konnte auf I« See» Meilen Entfernung ein starker Brand beobachtet werden. Der Chef des Admiralstabs der Marine. Kiiylmann in Warschau Minsk, 21. Dezember. Generalgouverneur von Beseler ist zur Begrüßung des Staatssekretär» von Kühlmann in Warschau auf den Bahnhof gekommen und im Sonderzuge bi» zum Komeler Bahnhofe mitgefahren. Vp ledig geräumt Bern. 21. Dezember. Lyoner Blätter melden aus Rom: Die Zivilbevölkerung Venedigs hat die Sladt bis auf 1000 Einwohner verlassen. Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte bilden immermehr einen Konvent, dem gegenüber die neuerwählte Konstituante, deren Majorität nicht maximalistisch, sondern sozialrevolutnv när ist, nicht aufzukommen in der Lage ist. Die St. Peters burger Arbeiter- und Soldatenräte drohen bereits mit der Auflösung der Konstituante und der Einführung einer rein maximalistischen Konvcnthcrrschaft. Es hat demnach immer mehr den Anschein,, daß die Maximalistenregierung, die zweifellos eine stärkere ist. als diejenige Kerenskis, eben we gen ihrer Stärke in bedeutende Gegensätze zu den nationalen nichtgroßrussischen Teilrepubliken, sowie auch gegenüber allen nicht-maximalistisch gesinnten Parteigruppen gelangen wird. Und in dem Falle wird das Problem der Förderati- sierung und Demokratisierung des früheren russischen Zaren reiches ein ungemein heikles und schwieriges werden. Es ist nickst Aufgabe der Presse, den Völkern Rußlands Lehren bezüglich ihrer innern Politik zu geben. Die Nicht einmischung in diese ist eine Selbstverständlichkeit, sobald wir mit der jetzigen russischen Regierung in Friodensver- Handlungen eintreten, die uns nickst nur politisch, sondern auch wirtschaftlich zum Heile gereichen sollen. Dieses Der- halten beruht aber natürlich auf Gegenseitigkeit. Es ist ge wiß, daß die gegenwärtigen Friedensverhandlungen auch von Negienmg zu Regierung, nickst aüer von Völkern zu Völkern und von Parlamentsparteien zu solchen des gegen überstehenden Staates geführt werden können und sollen. Die Bevölkerung will den Abschluß eines baldigen, für beide Teile günstigen Friedens. Wir kommen in dieser Hinsicht der russischen Regierung und dem russischen Volke entgegen. In demokratische Haarspaltereien bezüglich der parlamen tarischen Verhältnisse hüben wie drüben, lassen wir uns da- bei nicht ein. Die innere russische Politik ist für uns ebenso sehr ein fremdes Feld, wie es die unsre in Rußland sein und bleiben wird. Diese Zeilen waren geschrieben, da kommt folgende von Reuter verbreitete Nachricht: — Der revolutionäre Rat der Ukraine in Petersburg hat im Namen der Regierung der ukrainischen Nationalrepu blik auf das Ultimatum der Kommissare der Bolschewiki ge antwortet, in dem mit einer Kriegserklärung an die Ukraine gedroht wurde, falls die Forderungen des Ultimatums nicht erfüllt würden. In der Antwort heißt es: Wenn die Kom missare und Oberbefehlshaber der Bolschewiki darauf ver zichten, sich in die Leitung der ukrainischen innern Angelegenheiten und der ukrainischen und rumänisckM Südwestfront einzumischen, und wenn sie der ukrainischen Republik eine angemessene Vertretung in der künftigen nationalen Negierung Ruß- lauds znstchen »vollen, würde man zu einer Einigung ge langen können. Darauf erwiderten die Kommissare der Bolschewiki, daß eine friedliche Lösung des Konfliktes erwünscht sei, aber ein Uebereinkommcn mit der Rada de«. Ukraine würde nur möglich sein, »nenn diese sofort un- un bedingt versprcck>e, den A u f sta n d K a l e d i n s unb seiner Kosaken zu unterdrücken und den Umtrieben der Ka- detten jede Unterstützung entziehen. — Die Nachricht läßt unstreitig erkennen, daß die Entente die Hände in der Ukraine im Spiel hat und daß sie versucht, die Wirren in Rußland zu vergrößern. Mit welchem Erfolg, muß die Zeit lehren. X Im Hinblick aus die Verhandlunqen in Brest-Litowsk komnren die Blätter daraus zurück, daß mit den leitenden Gedanken, die der Reichskanzler und der Staatssekretär des Ausrvärtigen entwickelt haben, sich die Vertreter aller Par teien des deutsckM Reichstages einverstanden erklärt haben. Der .Kanzler, der naturgemäß nicht persönlich am Ver handlungstische die Beratungen führen kann, hat, so schreibt die „Germania", diese Aufgabe nicht einem Kollegium von Männern übcrtmgen, sondern nur dem Staatssekretär des Aeußcrn v. Kühlmann. Dieser übernimmt damit eine über- große Verantwortung, und die Berufung stellt zugleich einen starken Vertrauensbeweis für ihn von seiten des Kaisers und des Kanzlers dar. Die russischen Machthaber, so schreibt die „Germania" weiter, werden es sich nicht neh- men lassen, fortlaufend Protokolle über die Verhandlungen zu veröffentlichen. Sie »vollen damit die Völker der uns feindlichen Staaten beeinflussen und schließlich zur Test- nähme am Frieden herüberzieheu. Diese Protokolle werden vor allen Dingen auch dem neutralen Auslande uneinge schränkt zugängig sein. Da dürste es schon ein Gebot der Klugheit sein, wenn die Regierung das deutsche Volk nicht weniger gut informiert erhält. Kaledin sandte laut „Berl. Tagebl." an daS Suslay- Jnstitut in Petersburg einen Brief, in dem er vorschlägt, den Bürgerkrieg zu beenden.