Volltext Seite (XML)
7». Nahrgang. AL »7 Abenö-Ausgave Freilag, 22. Januar 1S2S Gegründet 185« Dradlanlchrift: «achrlchl», »r»»»«. Fernsprecher-Sammelnunim«: SS S41 Nur lür Nachlgelprächel 20 011. o°m l». di, 31. Januar I92K bei ISalich Nveunaliaer Zullellung stet Lau» l.-O MarN. IDLllUyk P»ftd«mg»prei» sur Won«! Januar .1 Mark. Sln,«>»»»«« l» Plennt,. Ll» Anzeigen werden noch Soldmari, berechn»! , di, einlpaltio» 30 mm drei,« Anzeigen-Preise: L"' aukerdalb 206 PIg. Ofierlenoeduhr >0 Psg. Lusw. Auklrüa« oeaen Dorousdezani. «achdri'ch nur mil deutlicher Quellenongad» »Dreabner Nochr."> ,ul8Mo Unverlonn,» SckrvINiick» w,rd-n n,ch> ouldewahrl. Schristleitunq und LaupI-«,chLft»II»c wartenilrad» 3S <d2. Druck u. Derlaq oon Meplch » Aetchardl m Dresden. Postscheck - Avnlo 10SS Dresden. An deutsch-österreichischer Wirtschastsrat? Präsident Dinghoser über die wirtschaftliche Annäherung der beiden Druderslaalen. Neue Gewalt gegen das Deulschlum in Südtiro! und Tschechien. — Die Aufgaben des Reiches im besetzten Gebiete. Die notwendige Annäberunq. Wien, 22. Jan. Die »Neue Freie Presse" veröffentlicht heute eine Unterredung ihres Berliner Korrespondenten mit dem Präsidenten Dinghoser der erklärte, er wäre nach Berlin gekommen, um eine engere wirtschaftliche Annähcruug Livische» Oesterreich und Deutschland hcrbeiznslthren. Dieses könne zwar nicht mit einem Schlage erfolgen. Der Weg müsse vielmehr etappenweise znriickgelcgt werden. Als >ine dieser Etappe» denke er sich die Schaffung eines slir beide tasten gemeinsamen Organs, welches die Ausgabe ätte, der wirtschaftlichen Annäherung zu dienen. Diese Körperschaft hätte von Zeit zu Z-it zusammen/,,,treten, «m Wirtschaftliche Fragen in beiderseitigem Interesse zu beraten, nutz zwar soll sich diese Körperschaft nickst nur mit der Bei legung wirtschaftlicher Streitfragen befassen, sondern unter Umständen anch ein gemeinsames wirtschaftliches Borgchrn »er beiden Staaten gegenüber dritten Staaten ermög liche». tT.-U.) Wtrlschaslsprvlsramm der öslerretchischen Sozialisten. Wie«. 22. Jan. Die Vertreter der soztaldcmokrati. schrn Fraktion sprachen gestern abend bet dem Bundeskanzler Dr. R ameck vor und überreichten ihm eine Denkschrift, tn der sie in 11 Punkten die Forderungen der Sozialdemo kratischen Partei für das österreichische Wirtschaftsprogramm »orlegtcn. Die Forderungen decken sich größtenteils mit dem bekannten sozialdemokratischen Programm. Emplänqe beim öttorreirdischen Gesandten Berlin, 22. Jan. Ter österreichische Gesandte Dr Frank und seine Gemahlin empfingen gestern zum ersten Male im österreichischen Gcsaii.dtschaftspalais. Erschienen waren u. a. das amerikanisch« und das russische Botschastcrpaar. der spani sche un-d der türkische Botschafter, das schweizerische, schwedische, finirlLndischc. lcttlänüischc und litauische Gesandtenpaar, die nie-derländische Gcsandttn Frau Baronin Gevers, Frau ReichSmimster Stresemann, der frühere Staatssekretär ». Körner und Mitglieder des Auswärtigen Amtes. Was ln SÜÄiröHRechl" itt. München, L2. Fan. AuS Innsbruck wird aemeldet. das» der Goldschmied Foies Gftader-Brtreu als Bor« fistender deS Dnrnvcreinö vor Gericht aeladen wurde, da er kürzlich Säbel, die zum Fechtunterricht benötiat wurde«, nicht angcmeldet hatte. Gstader war der Mcinuna, der Sekretär bcö Vereins hätte die Säbel anaemeldet. Er wurde ,« Monaten Hast und Bezahlung der Pro>cßkosten mit einer Bewährungsfrist von zwei Fahren verurteilt. lntbF Bravo. Sudelendeulsche! Prag, 2t. Jan. Der VolkSbuud deutscher Katholiken der Tschecho-Slomakei, der in den letzten Fahren große Gesell schaftsreisen nach Italien veranstalttst hat. sagt die für dieses Jahr geplante Gesellschaftsreise mit der Be gründung ab, daß der Terror deS Faschismus gegen die Deutsche» in Südtirol diese unmöglich machen. Der VolkS- bnnd wird daher anstatt der Jtalimrcise solche an die Donau und nach Mariazell veranstalten. Die für die Jtaltenrcise bc- rcttö etngezahlten Beträge werden den Teilnehmern zurück- grzahlt ES ist aufrichtig zu wünschen, baß dieses Beispiel tn Deutschland weitgehende Nachahmung findet! Der Kampf um -ie deulscheSprache in Böhmen . (Durch Fun kl »euch.» Prag. 22. Januar. Wie verlautet, soll in den nächsten Tagen die DurchsührungS - Berorduung zum Sprachengetest herauögegeben werden. Damit soll eine weitere Zurück setzung der deutschen Sprache in der Tsche^o-Slowakei er- zielt werden. Die Verordnung wird besonders von den tschechischen Nationaldcmokratcn gefördert, weil durch die objektive Erkenntnis des obersten Gerichtes der bisher von den Behörden anSgeübte Zwang zur Tschechisicrung deutscher Aufschrifttafeln im deutschen Gebiet als gesetzwidrig ans- gchoben worden ist. Am nächste» Sonntag sollen im deutschen Gebiet Dcmonstrationsvcrsammlnnge« mit Entsernuna der erzwungenen tschechischen Aufschrifiiafeln stattfinden. sWTV.) Tschecho-sloroakische Nundsunkzensur. Handhabung jm deuischseindlichen Sinne. Prag, 21. Januar. Nachdem endlich dnrchgesestt wurde, daß der Prager Rundfunk für die br-steindrittcl Millionen Sudeteudentschen an bestimmten Tage« Vorträge deutscher Gelehrter und Künstler verbreitet, hat j-ßt die Zensnrstellc den Bortrag ciucö deutschen Schriftstellers über zeitgenössische Dichtung untersagt. sTN.) Moskau und die Weltwirtschafts-Konferenz. Teilnahme in autzerichweizerischem Orte zuqesaql. (Durch F u n k s p r u ch.» Moskau, 22. Januar. Auf die Einladung von Vertretern der Sowjetunion zur Weltwirtschastskouscrcnz antwortete der Volkskommissar für auswärtige Angelegen heiten der Sowsctunivn dem >§eneralickre,är des Völker bundes: Er bitte um ergänzende Aufklärungen über Ziele und allgemeine Grundsätze der WirtschastSkonfercnz und betonte, baß die Somj-strcgicrnna auch weiterhin dem Bölker- b«»b gegenüber eine ablehnende Haltung eiunehme und sich a» dcu vom Völkerbünde einbcrns neu Versammlungen oder Souscrenzeu nur beteilige, wenn sie rciu technischer Natur seien »der einen allgemeinen Humanitären Eharakter trügen, deren Unterstützung z» den Grundgedanken der Sowsetherr- schaft gehöre. Die heutige Aufklärungsarbeit über die inter nationale Wirtschaftslage nach dem Kriege sei sehr nützlich, und er sehe nicht, was einer Teilnahme der etngcladcnen Sowjctvertreter an den Arbeiten des vorbereitenden Aus schusses für die Weluvirt'chastkonferenz entgegenstehe. Vor bedingung sei aber die Einberufung dieses Ausschusses in einem anderen Lande als der Schweiz. sWTV.i Die inbuftrieUe Verselbständigung Rutzlands. (Durch F » n k s v r u ch.> Moskau, 21. Januar. Der Vorsitzende des Obersten BolkSmirtschaftörateS der Sowjetunion, Diershinski. beauf tragte die Sonderkvmmission zur Wiederherstellung deS Grundkapitals der Industrie, bei der Ausarbeitung der Pläne zur Entwicklung der Industrie davon auSziigchen, daß dir Sowjetunion ans einem Lande, welches Maschinen und industrielle Einrichtungen cinsührt, allmählich in ein Land verwandelt wirb, welches Maschinen und industrielle Ein richtungen herstellt. Insbesondere beauftragte Dsershinski bte Kommission, mit einer Revision der Pläne für die Entwick- lung der Metallurgie und Metallindustrie gemäß den an gegebenen Grundsätzen, damit ein allmählicher Uedergang zur »olle« Unabhängigkeit von den ausländischen Staaten, welche i»tustkiellc Einrichtungen schassen, gewährleistet werbe. I oltens Auslandspropaaanda« Rom. 23. Jan. Die Blätter veröffentlichen Einzelheiten llber da- neue Institut ftir italienische Propaaauda im AuS. land durch Over», dramatische Ausführungen. Konzerte. Kunst, ausstellungeu. Werbeausstellungen und Kinematoaravbir. Der «t» «ft Floren». tW.T.B.s Die Riesenschwindeteien in -er polnischen Heeresverwaltung. Warschau, 22. Jan. Die Untcrschleife und schweren M-ißständc in der polnischen Arwecvcrwaltung, be sonders bei den Verträgen über Heereslieferungen, mit denen sich eine Sejm-Kommission gegenwärtig befaßt, scheinen von gewaltigem Umfange zu sei». Nach der ersten Sitzung der Kommission wurde eine Reihe von Fällen bekannt, in denen aktive höhere Offiziere im Ibufsichlsrat der Lieferfirmen saßen, die Riesengewinne auf Kosten des Fiskus ein- strichen. Nach einer -weiten Sitzung -er Kommission, in der neue Mißstände zur Sprache kamen, beschloß man, bis auf weiteres strengstes Schweigen über die neue Affäre zu wahren. » Prag, 32. Januar. DaS dem Äußenministertnm nahe, stehende Blatt „CcSko Slovo" setzt sich dafür ein, baß Polen ein ständiger Sitz im V ö l k c r b u n d S r a t -„erkannt werde. lW. T. Ri -en Völkerbund. Senator Äeed gegen Lob der alten preußische« Armee. » Nenyork, 22. Januar. Senator Reed wandte sich in Ser gestrigen Senatssitzung scharf gegen den Völkerbund und gegen den Wcltgerichtshof. Dabei ging er ein gehend aus die Verhältnisse in Deutschland ein und erklärte, daß Deutschland durch die Sanktionen der Alliierten schwer geschädigt worden sei. Größte Anerkennung zollte er der alten preußischen Armee, deren Tapferkeit jeder an» erkennen müsse. Wer das nicht tue, sei blind. Sie habe helden haften Widerstand geleistet, der erst durch den verzweifelten Schrei sterbender Frauen und Kinder in der Heimat ge brochen worden sei. Dt, englische Hungerblockade uud bab Sterben der Frauen und Kinder habe den Geist der preußische» Armee «nterwühlt. Rur englische und amerikanische Erfindungen zur Abwehr der Unterseeboote hätten verhindert, baß England, nach dreißig Tagen ausgehungert, «ach sechzia Tagen hätte kapitulieren müssen. DaS Beispiel Deutschlands zeige, wie wirksam eS sei, wenn akS Sanktion di« Blockade über ein Land verhängt werde. Der WeltschtedSgerichtShos könne mit Hilfe de» Völkerbundes ähnlich« Sanktion«« anch geqe« Amerika ergreifen, gegen die die ganze amerikanische Armee keinen Widerstand leisten könne. sTUF Die österreichische Tragödie. Znm jüngste» Regierungswechsel. Wenn man von einer Regierungskrise in Oesterreich spricht, so ist damit zu viel und zu wenig gesagt. Zu viel vor allem, weil sich im Kurs der Negierung nichts än dert. Bestehen bleibt die aus Ehristttchso-talen und Groß- deutschen geschmiedete Koalition und die durch die Persönlich keit Ramckö in einem gewissen Gegensatz zu Seipel versinn- bildctc Politik der kleinen Mittel und einer Konnivenz gegen die sozialdemokratische Opposition. Daß Mataja alS Außenminister ansscheidet. bedeutet der Hauptsache nach eine Konzrision an die Opposition: wenn damit zugleich auch die Idee eines Präfercnzzolllm'tcmS -wischen Oesterreich und einigen Nachfolgestaaten endgültig begraben erscheint, so ist damit nach der anderen Seite bin — wcitergehend« Wirtschaft- tichc Annäherung an Deutschland — auch nicht viel getan, da das vom Völkerbund aufgenommene Anschlußverbot der Entente sortbcsteht. Auch das zweite Kabinett Ramek hat de» Gedanken an eine Parteienkonzentration einschließlich der Sozialdemokraten abgclehnt. Tie Kluft zwischen rechts uud links ist in Oesterreich weiter denn je. Verschärft wirb dieser Gegensatz durch die Wirtschaftskrise, die Stagnation, die ravid um sich greifende Arbeitslosigkeit und durch den Fortbestand jener verhäng nisvollen Mischung zwischen Kapitalismus und Bolschewis mus. welcher die praktische Sozialisierung -es städtischen Real- bcsitzcs (Mtetcnrcchti die Signatur gibt. DaS nach Neujahr publizierte Wirtschastsvrogramm der österreichischen Sozial demokratie enthält, obwohl es sich nur als „UebcrgangSmaß- nahme" gibt, gleichfalls eine weitgehende Verschärfung des bolschewistischen Einschlags in die Volkswirtschaft, was poli tisch dann begreiflich wirb, wenn man sich erinnert, bah tn Oesterreich die Sozialdemokratie viel weiter nach links reicht, als etwa in Deutschland und dort nur einen ganz schmale» Raum für die ganz bedeutungslose kommunistische Partei frei läßt. Dieser Umstand sicher, in der österreichischen Sozial demokratie dem radikalen Flügel unter Otto Bauer die Herr schaft. Das österreichische Bürgertum seinerseits ist allem Anscheine nach zu schwach, der Sozialdemokratie den für Wahl- zwccke äußerst brauchbaren ..Mieterschutz" ans den Hände» zu winden. Ja, es ist gar nicht anSgcscblossen, daß die Oppo sition de» Parlamentarismus überhaupt lahmlegt, um ko Neu wahlen zu erzwtnaen und tn dielen mi, Hilfe derMirterschutz- agitation tn den Städten und der sozial-agrarischen Propa ganda unter den Landwirten und KlcinbänSlern senk 89g Mi Wähler zu sich heriiberzuzieben. die ihr dann die absolute Majorität im österreichischen Nationalrat sichern würben. Die Entscheidung über Neuwahlen wird tm Parlament und auf dem Ende Januar abgehaltenen christlichsoztalen Reichspartei tag fallen. Sollte es tatsächlich zu Neuwahlen kommen — ver mutlich würden diele bann im kommenden April stattftnden —, so könnte in der Tat die Sozialdemokratie einen Stimmen zuwachs erfahren und vielleicht die stärkste Partei werden: die absolute Mehrheit wird sie nicht erringen. Somit bleibt wie der nur eine Koalition mit den bürgerlichen Parteien offen und im Gleichgewicht der Kräfte hat sich nichts geändert. Wie in Deutschland, so gestaltet sich anch in Oesterreich die Krise des Parlamentarismus zu einer dauernden: und im Gegen satz zu den Erichesnungen in dritten Staaten fehlt in Oester reich ebenfalls jede Voraussetzung zur Ausrichtung einer Dik tatur, sei es von links oder von rechts. Man kann in Oester reich zwar nicht von einer Scheindemokratie sprechen, wohl aber von einer, noch dazu in der Verfassung verankerten Ucberspitznng der Demokratie, zumal dem Bun- despräsidcnten lediglich repräsentative Funktionen zustehen. Go kehlt Oesterreich jeder Faktor der den steckengevliebeneu Parlamentarismus wieder in Schwung bringen könnte, wäh rend in der alten Monarchie, trotz des Nationalitäienhaders. unter dem Drucke der Krone wenigstens „sortgewurstelt" wurde. 4 Wenn zwei Feinde aus einer kleinen Insel einander gegen- überstchcn. die Wogen immer höher branden und der Raum immer enger wird, dann ist vielleicht der vinchologische Moment ftir eine Versöhnung gegeben. Der in Oesterreich künstlich ge züchtete Gegensatz zwilchen Bürgertum und Proletariat wird letzten Endes durch dir gemeinsame No, überbrückt werben müssen. Rings um Oesterreich herrscht schlimmste WirtschaftS- stagnatton. der Ervort ist abgeschnürt: und Pessimisten sagen für das kleine Oesterreich mit seinen tiA Millionen Ein wohnern für Ende 19R rekus sic -t-niii'bus eine Million Arbeitsloser voraus! Mit kleinen Mitteln ist hier länger nicht zu helfen: ja. der jüngst erst von Frankreich benützte Ausweg einer WährnnpSinslation Ist Oesterreich durch die Genier Kontrolle versperrt. DaS gleiche gilt vom Anschluß an Deutschland. Oesterreichs Geschick ist in der Tat eine furcht bare Tragödie. Und ob die schwere StaatSkriie, bte hinter der aktuellen Regierungskrise lauert, einmal geklärt werden kann, ist zum großen Teile abhängig von der politischen Ein sicht der Opposition. Der des GinreUeotsum« «ach der Schweiz. Basel, 2N. Jan. Am heutigen Mittwoch ist im Verkehr zwilchen Deutschland und der Schweiz der Vlsnmzwang ge- fallen. (L-U.j