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Die Sachsen-Zeitung enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meitze«, de« Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen «. a. Anzc>g«npr«is: di« » ,«spalt«ne Raumzeil« MGoNpsenmg, di« 2gkspattkneZkiI« d«r amtNch«nB«kan>,tmochung-nkvGow- pfennia, di« Sgrspattenc Rrklamkzrile im k«;IIichcn Teil« der Zeilung wo Doldpfennig. Nochwcisungrgcdiihr 20 Dold- pscnnig. Dorgeschriebene Er- /: scheinungstage und Piatznor- schriften werden nach Möglich- 9'g/*/kk'k// * Äk/kt . V tret berlichiichtigt. Anzeigen annahme dir vormittags IllUhr. —— - 8>u dir Richligdeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Aadattanipruch erlischt, wenn der Betrag durch xlage eingezogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen auch alle Vermittlungsstellen entgegen. Di«,8achfen.Z«iIung» «rschrint läglich nachmittags s Uhr für drn folgend«» Tag. 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Infanterie-Regiments am Schluffe säst jeden Rapports an seine Unteroffiziere die Worte zu richten: „Bimst mir die Leute, aber bimst sie mit Liebe!" Erlangten diese schlichten Worte auch eine gewisse Berühmt heit unter den Soldaten, so werden doch nur hie wenigsten von ihnen ihren tiefen Sinn begriffen haben. Nachdem ich heute als reiferer Mensch wieder und wieder darüber nachzudenken Veranlassung hatte, will es mich dünken, als siege in jenen auf dem Kasernenhof geborenen Worten der Schlüssel zu der überaus schwierigen Aufgabe, wie bei uns auch der wahrhafte Staatsmann zu verfahren hat, wie das deutsche Volk im allgemeinen zu regieren ist. Der wahre Staatsmann, im besonderen der deutsche Staats mann, soll die eiserne Entschlossenheit paaren mit goldener Be- dachtsamkeit; Kraft und Demut, Wille und Gemüt müssen sich wie in Bismarck zu vollkommener Harmonie vereinen. Die Staatsleitung, die Politik als Kunst, spaltet sich nach zwei Seiten; was Shakespeare als die höchste Aufgabe jedes Künstlers bezeichnet hat: der Besonnenheit und der Leidenschaft zugleich Rechnung zu tragen, ist auch die Aufgabe jedes verantwortlichen wahren Politikers. Er kämpft mit doppelter Front, zugleich nach der feften und nach der freien, nach der konservativen wie nach der liberalen Seite. Er balanciert. Da die Politik keine Wissenschaft ist, die gelehrt und gelernt wird, sondern nach dem bekannten Bismarckschen Ausspruch eine --Kunst wie das Malen und Bildhauen", so ist die eiste Voraus- sthung für den Kunstpolitiker, dass er die Menschen, die seiner Künstlerhand zur „Bearbeitung" anvertraut sind, auf ihren wirk lichen Kern, ihre innersten Eigenschaften mit der Seele, mit dem Instinkte des Künstlers erforscht und danach sein Werk „schafft". In seiner „Germania" zeichnet uns der römische Schrift steller Tacitus von unseren Vorfahren zur Zeit der Völker wanderung ein so treffendes Bild, das, will man deutsche Politik treiben, immer und immer wieder den Deutschen von heute vorgehalten werden muh. Wie Tacitus auf der einen Seite von Bewunderung für 'die nordischen Barbaren erfüllt ist wegen ihrer Sittenreinheit, ihrer liefen Religiosität, ihrer trotzigen Blicke (trucec oculi) und.ihrer stolzen Haltung, so daß man in der Schlacht nicht habe unterscheiden können, wer der Anführer und wer der Untergebene war, so verschweigt er gegen über diesen hohen Tugenden auch die angeborenen Fehler der Germanen nicht, von denen er besonders die „stultitia" (Dumm heit, Leichtgläubigkeit, Michelhastigkeit), die „invidia" (Neid, Haß, Mißgunst) und das „vdium sui" (das ungerechte Wüten gegen alles Eigene, die völkische Selbstzerfleischung im Gegensatz zur Anbetung alles Fremden) hervorhebt. Diese Zwiespältigkeit des deutschen Charakters ist geblieben bis auf den heutigen Tag; sie ist letzten Endes die Ursache für b>e ganze so leid- und wechselvolle deutsche Geschichte, in der immer aus höchste Erhebung tiefster Sturz gefolgt ist. Und diese Zwiespältigkeit im deutschen Charakter wird bleiben, solange deutsche Menschen auf Erden wandeln; äußere politische Ver änderungen und Strömungen auf rein geistigem wie religiösem Gebiet Haden daran nichts wesentlich geändert. Hier wirken sich einfach die Gesetze des Blutes, der Raffe, aus. Den schon im grauen Altertum geprägten Satz: „Näturam expöllas furcä, kamen usque recuvret" (Und wenn du mit der Gabel die mensch liche Natur austreiben wolltest, sie bricht doch immer wieder durch) werden auch unsere fortschrittlichsten Neudeutschen nicht aus der Welt schaffen. Deutsch (thiutisco) heißt überhaupt ursprünglich „volks tümlich"; schon der Name ruft den Deutschen zu, volkstümlich, wurzelecht zu sein. Der deutsche Staatsmann, mag die Staatsform wie heute formal-demokratisch oder wie früher konstitutionell-monarchisch sein, hat diese deutsche Eigenart, diese deutsche Persönlichkeit in den Vordergrund aller politischen Entschließungen zu stellen. Politik ist ein Rechnen mit gegebenen Größen, d. h. mit der Menschlichen Individualität und ihren Betätigungen. Die echte deutsche Staatskunst muß also alles, was auf eine Verfälschung der deutschen Eigenart hinausläuft, be kämpfen, entweder direkt durch entsprechende Regierungsmaß nahmen oder indirekt durch Zwischenpersonen (Presse, Berufs verbände, vaterländische Vereinigungen). Eine wahrhaft deutsche Regierung kann deshalb, mag sie wollen oder nicht, nach allem, wie sich- die Verhältnisse in den letzten 30 Iahren»bei uns nach und nach entwickelt haben, heute nur antisemitisch sein, wobei nicht an die wenigen wirklich vornehmen Juden, sondern an die Masse der Juden, die plebejischen Juden, gedacht ist. Wie sie Der Anfang einer Wendung zum Besseren! (Eigener Fernsprechdienst der „Sachsen-Zeitun g".) Berlin, 17. Ian. Einen Ueberschuß der Einzahlungen über die Ausgaben von 36 Trillionen Mart zeigt zum ersten Male die Uebersicht über die Geldbewegung bei der Reichs- hauptkasse in den ersten zehn Tagen des Januar 1924. Man hofft, daß diese Wandlung von Bestand fein wird. Goldnotenbank -er Einzelstaaten. Sachsen allen voran! (Eigener F e r n s p r c ch d i e n st der „Sach se n - 3 e itu ng") Dresden, 17. Ian. Die Haushaltausschüsse des Säch sischen Landtages A und B haben gestern in gemeinsamer Be ratung den Anttag der Deutschen Volkspartei auf Einrichtung einer sächsischen Goldnotendank mit großer Mehrheft angenom men. Der Regierungsvertteter erklärte, daß die Reichsregierung Bedenken gegen die Gründung nicht habe, und er teilte weiter mft, daß Dr. Schacht den größeren Bundesstaaten die Einrich tung solcher Goldnotenbanken unter der Voraussetzung znge-c billigt habe, daß diese bei Gründung der Reichs-Goldnotenbanl in diese übergeleitel würden. Die Deutschnatioualen bewahren Zurückhaltung (Eigener Fernsprechdienst der „Sachsen-Zeitun g".) Dresden, 12. Ian. Wie die „T.-U." erfährt, wird die Deutschnationale Nolkspartei bei der Abstimmung über den Mißtrauensanttag der Kommunisten sich, obwohl sie gegen eine große Koalition sei, der Abstimmung enthalten. Die Kom munistische Partei wird daher mit ihrem Mißtrauensvotum voll ständig allein dastehen. Dr Stresemann in Hamburg. (Eigener F e r n s p r e ch d i e n st der „S a ch s e n - 3 e i tu n g".) Berlin, 17. Ian. Reichsaußenminister Dr. Stresemann befindet sich heute zur Teilnahme an der Reichsgründungsfeier der deutschen Volkspartei in Hamburg. Er wird morgen in Berlin zurückerwartet. Ritter, zweiter Bürgermeister von Berlin, plStzlich gestorben. (Eigener Fern sprech dienst der „Sach sen- 3 eitun g".) Berlin, 17. Ian. Der zweite Bürgermeister von Berlin, Ritter, ist heute nacht in seiner Wohnung am Michaeliskirchplatz plötzlich am Herzschlag erlegen. Er ist 53 Jahre alt geworden. von Horsch in Berlin eingetroffen. (Eigener F e r n s p r e ch d i e n st der „S a ch s e n - 3 e i tu n g".) Berlin, 17. Ian. Der deutsche Geschäfts träger in Paris, von Hösch, ist heute früh hier eingetrvsfen. alles Fremde, soweit es für den deutschen Volkskörper Eist ist, zu bekämpfen und -auszurotten ober wenigstens unschädlich zu machen hat, so hat sie — positiv — die Wurzeln der völkischen Kraft mit allen Mitteln zu fördern und, wo sie erstorben sind, Ersatz zu schaffen. Der deutsche Mensch ist von Hause aus heldisch, aristo kratisch gesinnt. Er arbeitet, soweit er noch nicht verfälscht ist, erst in zweiter Linie des klingenden Lohnes wegen, in erster Linie vielmehr aus Liebe zur Sache und um dieser selbst willen. Die wahre Staatskunst mutz deshalb alles tun, die im deutschen Volke — oben wie unten — eingerissene Anschauung des Profit- und genutzwütigen Materialismus zu ersetzen durch einen praktischen, tatenfrohen Idealismus. Nicht Marx und Lassalle wären die geborenen Arbeiterführer gewesen, sondern die Deutschen Fichte und Pestalozzi. Es ist eine bewußte Un wahrheit und Beleidigung, den Deutschen, der nicht Unternehmer ist, als Proletarier zu bezeichnen. Proletarier ist, wer sich als Masse fühlt und als Masse behandeln lätzt. Ich glaube nicht, daß sich der ehrenhafte deutsche Arbeiter auf die Dauer mit der Stellung des dumpfen und stumpfen Massengeschöpfes zufrieden gibt. Es gärt allenthalben in der urteilsfähigen deutschen Arbeitnehmerschaft. Der deutsche Arbeiter will wieder Per sönlichkeit, Individualität erlangen. Die Sehnsucht nach Per sönlichkeitswertung ist die letzte Wurzel der Arbeiterbewegung; nur wissen das die meisten Arbeiter nicht. Annäherung zwischen Berlin «nd München. (Eigener Fernsprechdienst der „Sach s e n - 3 eitu n g".) Berlin, 17. Ian. Zu -der bayrischen Denkschrift hat Reichskanzler Dr. Marx an -den bayrischen Gesandten v. Prager unter dem 15. Januar folgendes Schreiben gerichtet: „Die mir am 5. Januar dieses Jahres überreichte Denkschrift der bayrischen Regierung habe ich inzwischen mit Aufmerksamkeit gelesen und sie, sobald ich in den Besitz einer ausreichenden Zahl von Abdrucken gelangt war, allen beteiligten Reichsstellen zugeleitet. Die bayrische Regierung wird es verständlich finden, daß die Reichsregierung arv- -gesichts der westgreifenden Bedeutung der in der Denk- fchrift erörterten Probleme -eine abschließende Stellung heute noch nicht einnehmen kann. Schon jetzt aber möchte ich meiner lebhaften Genugtuung darüber Ausdruck geben, daß der in sachlich gehaltener Form dargelegte Standpunkt, den die bayrische Regierung der R-eichsverfaffung gegenüber eistnimmt, von dem Gedanken getragen ist, das Reich -im ganzen wie in seinen Teilen stark und fest zusammengefügt zu erhalten." Paris erwartet Dr. Schacht am nächsten Sonntag. (Eigener Fernsprechdienst der „Sachsen-Zeitun g".) Paris, 17. Ian. Reichsbankpräsident Dr. Schacht wird am SvMlag m Paris erwartet. General Daves sei der Auf fassung, der Ausschuß werde etwa 8 Tage mit dem deutschen Reichsbankpräsidenten Dr. Schacht Zusammenarbeiten müssen^ um ein genaues Bild von dem Gesamtkomplex der deutschen Währuugs- und Mnanzfragen zu erhalten. Dann erst würde der Ausschuß die geplante Reise nach Berlin antreten. Poineare,'die Spar-Agnes Frankreichs. (Eigener Fernsprechdienst der „Sachsen-Zeitung".) Paris, 17. Ian. Ministerpräsident Pvmcarü hat gestern im Ministerium des Aeußern eine große Anzahl von Konferen zen abgehalten, die sich alle mit der Stabilisierung des französischen Franken befaßten. Poincars, so berichtet der „Matin", erwog-, ob Ersparnisse im Budget des französischen Auswärtigen Amtes vorgenommen werden könnten. Er hielt sodann eine Besprechung mit sämtlichen Ministern, mit Ausnahme des Gefundhsitsministers, ab. Pomcars soll aus dieser Be sprechung dis Ueberzeugung gewonnen haben, daß man eine Summe von 1 Milliarde Franken ersparen könne. Weiter hatte Pvincarä eine eingehende Besprechung mit dem Gouverneur der Bank de Frances sowie mit den Direktoren der großen Pariser Banken. Die Unterhaltung mit den Bankdirekttren be- s zog sich in der Hauptsache auf die technischen Einzelheiten der , Durchführung der verschiedenen Maßnahmen zur Bekämpfung ! der Frankenbaiffe. ist nicht imstande, den deutschen Arbeiter statt Masse wieder beseelte Persönlichkeit werden zu lassen. Der Marxismus ver mag wohl vorübergehend wirtschaftliche Vorteile zu bringen, führt dafür aber unweigerlich zum geistig-sittlichen Verfall. Der Marxismus stellt einen Rückfall in das Herdenprinzip des aller- früheften menschlichen Daseins dar. Er bedeutet ungegliederte, unbelebte menschliche Masse. Es gilt deshalb zu gliedern, zu befruchten, zu beleben, und zwar gerade an dem Punkte, wo der Marxismus am unfruchtbarsten ist, an dem der allgemeinen Gleichheit; sie muß durchbrochen werden. Eine -auch noch so große Anzahl unter sich ganz gleichberechtigter Individuen ist niemals ein Volk, sondern eine Herde. Die politische Gleich wertigkeit aller Deutschen steht nur auf dem Papier, ist nichts als ein kümmerliches Agitation-mittel. Ein Volk besteht, wie man früher sagte, aus Bürgern, Bauern, Künstlern, Edlen, Fürsten oder, will man sich zeit gemäßer ausdrücken, aus Landwirtschaft, Bürgertum, Arbeitern, Beamten und Angestellten. Es ist eine buntschattierte, und zwar nach bestimmten Naturgesetzen buntschattiette Menge. Be achtet man diese Gesetze nicht, treibt insbesondere -die eine Klasse zum Kampf gegen die andere, so wird der Volkskörper als organisches Produkt krank; gibt man sie -aber gar bewußt und gewollt auf, so stirbt der Volkskörper, verfällt der Despotie oder Anarchie, politisch und wirtschaftlich. Der Marxismus, dessen Irrtümer schon im Jahre 1885 Albert Schäffle in seiner tiefgründigen Schrift: „Die Aussichts losigkeit der Sozialdemokratie" unwiderleglich nachgewiesen hat, Ist der deutsche Arbeiter wieder „er selbst", ist er wieder eine Persönlichkeit geworden, so hat er wieder eine eigene Heimat, eine eigene Nation, ein eigenes Ideal, sind damit ist ihm geholfen, er ist wieder aristokratisch geworden.