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Die „Vttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, rag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Mkriüa mit Aloritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi» vormittag >0 Uhr.jj Inserate werden w't w Pf. für die Spaltzetle berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Lür die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Nr. 97. Sonntag, den 14. August 1904. 3. Jahrgang. Ruhlands Thronfolger. Berlin, 12. August. Es ist erreicht! so wird Zar Nikolaus von Rußland und mit ihm das gesamte zarisch gesinnte russische Volk froh lockend ausrufen: Die russische Kaiserin Alexandra Feodorowna wurde am Freitag, den 12. August in Petersburg von einem Sohne entbunden, und das just um dieselbe Zeit, da der russischen Port Arthur-Flotte ihr kühner Durchbruch durch die sie umklammernden Japanerschiffs glückte. Der ersehnte Thron folger ist also unter glücklichen Zeichen seinen vier Prinzessinen - Schwestern endlich gefolgt. Seine Geburt wird den abergläubischen Russen ein mächtiger Ansporn sein, den bisher als nationales Unglück empfundenen Japaner krieg nunmehr mit aller Energie durchzu führen. Oertliches und Sächsisches. Vtten-orf-Vkrilla, (Z. August 1904. — Der Festzug beim Schulfest wird um 2 Uhr von der neuen Schule abgehen. Die Kinder ziehen auf der Dresdner Straße nach Moritzdorf bis in die Nähe des Bahnhofes und van da auf derselben Straße zurück bis zum Gasthof zum Hirsch. Hier biegt dec Zug links ab nach der Radeberger Straße. Auf derselben maschiert man bis zum Teichhaus. Der Lampionzug abends bewegt sich vom Fest platze aus erst auf der Lomnitzer Strafe, dann auf der Radeberger Straße hin, biegt rechts bei der Post ab nach Okrilla bis Gasthof zum Hirsch und geht dann auf der Dresdner Straße zurück bis zur neuen Schule. Hier erfolgt nach einem kurzen Schlußgcsange die Auslösung des Zuges. Die Schuldirektion Halle, um die Kinder nicht zu ermüden, anfangs geplant, den Festzug auf viel kürzerem Wege nach dem Fcstplatze zu dirigieren. Nur viel fachen Wünschen hüfiger Einwohner zufolge hat man den Weg verlängert- Weitergehenden Wünschen kann im Interests der Kinder nicht stattgegeben werden. — Der Zutritt zu den Wartesälen erster und zweiter Klasse ist denjenigen Reisenden dritter Klasse nicht zu verwahren, welche weder durch ihre Kleidung, noch durch ihr Gebärden Anstoß erregen. Im Falle einer Ueberfüllung der Warteräume zweiter Klasse werden Reisende dritter Klasse nicht mehr zugelasten. Den Reisenden steht nicht das Recht zu, die Ent fernung der Reisenden dritter Klasse aus den Waiteräumcn zweiter Klasse zu fordern. Haben Personen den Warteraum betreten, die nicht hineingehöien, so hat der Siationvorstand zu entscheiden und namentlich die Personen auszuweisen, die aus diesen oder jenem Grunde die Reisenden voraussichtlich belästigen würden. Betrunkene Personen werden in die Warteräume nicht zugelassen. — Es hat in Sachsen einstmals eine Zeit gegeben, wo die Schulferien gar nicht existierten oder wenigstens sehr bescheidene Grenzen hatten. In der Schulordnung Kurfürst Augusts vom 1. Januar 1580 sind, damit die Knaben gleich den Lehrern von ihrer täglichen Mühe und Arbeit eine gebührliche Erholung hätten, folgende Tage und Stunden srcigegeben worden: „Erstlich alle Sonn- und Feiertage, die nach christlicher Kirchenordnung gehalten werden, darnach, alle Jahrmärkte der Stadt zwei Tage in der Woche, item in den Hundstagcn alle Wochen die Mittwoch Nachmittage, item die Sonnabende und Feyerabende Nachmittag, doch so, daß sie sich zum Singen und Vesper ein finden, und sollen die L hrer ohne des Pfarrers und der Schulinspektorcn Erlaubnis weder sich noch den Knaben aus eigener Machtvollkommenheit freie Tage oder Stunden vergönnen." Jetzt ist das anders- — Auf dem vom 3. bis 6. September unter dem Protektora d-s Großherzogs von Hessen in Mainz statlfindenden 16. deutschen Feuerwehrtage, auf dem auch die sächsischen Feuerwehren durch Delegierte mit Herrn Lranddirek'or Weigand aus Chemnitz an der Spitze vertreten sein werden, wird sich eine Umwandlung der Organisation der freiwilligen und voraussichtlich auch der organisierten Pflichtfeuerwehrcn vollziehen. D-r bisherige „deutsche Feuerwehrenausschuß", eine Ver bindung deutscher und deutsch-österreichischer Feuerwehrverbände, wird aufgelöst und an dessen Stelle ein deutscher Reichsfeuerwehrverband gesetzt werden. Ob die organisierten Pflicht feuerwehren darin Ausnahme finden, ist noch fraglich. Der enge Zusammenschluß der reichs deutschen und der deutsch-österreichischen Feuer wehren wird mit der Aufhebung des deutschen FeuerwehrausschusteS und der geplanten Neu gründung hinfällig, es soll aber in einer freien Vereinigung das Band zwischen den deutschen und deutsch-österreichischen Feuerwehren erhalten bleiben. — Die Ausdünstungen der Elbe unterhalb der Fäkalieneinlaßstclle in Vorstadt Cotta sind in der letzten Zeit mehrfach Gegenstand von Erörterungen in hiesigen Blättern gewesen und auf das angeblich massenhafte Einlassen von Fäkalien durch die hiesige Düngerexportgesellschaft zugeführt worden. Demgegenüber wird darauf hingewiesen, daß nach den angestellten Unter suchungen diese Ausdünstungen nicht von Fäkalien herrühren, sondern von Schwusen- mündungen — städtischen und ländlichen — sowie den im Flußbeete vorhandenen Tümpeln entstammen, welch letztere infolge des niedrigen Wasserstandes der Elbe nicht abfließen können. Die flockigen Massen, die man im Wasser bemerkt und die von Laieen meist als Fäkalien reste angesehen werden, sind Wucherungen verschiedener Allgenarten, die größtenteils ab gestorben sind, sich im Zersetzungszustande be finden und Geruchbelästigungen herbeiführen. — Von einer geradezu wahnsinnigen Grundstücksspekulation spricht folgende Zwangs. Versteigerung, welche Anfang dieser Woche in Vorstadt Mickten vor sich ging. Drei Bau stellen waren zusammen auf 17 460 Mark taxiert und wurden für 16500 Mark loSge- schlagen. Die drei Baustellen waren mit 125368 Mark Hypotheken belastet, sodaß bei nahe 109000 Mark ausgefallen sind- Nach dem Taxtwerte war das Quatralmeter dieses Landes 9 Mark wert, belastet war es aber mit 64, also mit dem Siebenfachen des eigentlichen Zeitwertes. Meißen. Durch eigene Unvorsichtigkeit verunglückt ist in der Plattenabteilung der Ofenfabrik Saxonia die Arbeiterin Emma Pauline verw. Wünsche, die beim Pressen von Platten mit ihrer rechten Hand unter den Stempel der Spindelpresse geriet und dadurch die Abquetschung des Daumens dicht über den Handgelenk und die vollständige Abquetschung des rechten Zeigefingers dicht über dem Grundknochen, sowie die Quetschung des End gliedes des rechten Mittelfingers erlitt. Die Verletzte ist sofort im Meißner Ländlichen Krankenhause untergebracht worden. Niederwartha. Freitag früh gegen 3 Uhr entstand in dem hiesigen Gasthofe, einem alten Gebäude noch aus dem 16. Jahr hundert, ein Schadenfeuer und brannte derselbe bis auf die Umfassungsmauern nieder. Die Bewohner konnten sich glücklicherweise noch retten. Als sehr günstig für die dabei ge fährdeten Gutshöfe der Nachbarschaft war der eingetretene Westwind anzusehen, der die Flammen davon abtrieb. Radeberg. In der Zelle des städtischen Arresthauses hat sich der Maurer Schmidt von hier durch Erhängen entleibt. Schmidt ist mehrfach bestraft und war unter dem Verdacht des Einbruchödiebstahls abermals zur Haft gebracht worden. Pirna. In eine schwierige Lage geriet am Donnerstag am Spätnachmittag ein großer Deckkahn, welcher unter Benutzung von Segel, sowie zweier Pferde und mehrerer Staken mühsam stromaufwärts strebte. An der bekannten seichten Stelle bei der Ueberfahrt Pirna-Posta fuhr der Kahn mit dem Hinter teil auf und begann sich langsam quer über den Strom zu legen. Schließlich gelang es doch unter gewaltigen Anstrengungen der Bootsleute und des Pfcrdegespanns, das bis ziemlich an den Bauch im Wasser vorwärts watete, den Kahn wieder flott zu bekommen. Es war aber auch die höchste Zeit, denn von oberhalb kam ein großes Floß geschwommen, das nur mit knapper Not vorbeigelotst und somit ein Zusammenstoß vermieden werden konnte. Bischofswerda. Hier hat sich der Stadtrat genötigt gesehen, das Wasser von abends 8 Uhr bis morgens 5 Uhr abzu stellen. Ebersbach. Ein schwerer Unglücksfall ereignete sich am Sonntag auf dem Felde des Gutsbesitzers Gocht. Als man mit dem Ein ernten eines Fuders Hafer beschäftigt war, wurden infolge einiger beim Laden herab fallender Garben die Pferde scheu und gingen durch. Der auf dem Wagen brfmdliche Knecht sowie der 13 jährige Sohn stürzten infolge dessen vom hochbeladenen Wage» herab; ersterer kam so unglücklich zu Falle, daß ihm der Wagen über beide Beine ging, während der Sohn schwere Verletzungen am Kopfe davon- irug. Beide Verletzte mußten sofort ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Z i t l a u. Hier wurde am Sonntag Rad rennen abgehalten. Das Publikum kam aus der Spannung gar nicht heraus, denn fast kein Nennen ging ohne Unfall nor sich. Beim Tandemfahrer stürzte der Motorschrittmacher von Schleinitz-Kopenhagen an der unteren Kurve heraus und ins Publikum Dadurch wurde ein Soldat am Bein schwer verletzt und mußte nach der Unfallsstation getragen werden. Vier oder fünf andere Personen wurden leichter verletzt. Der Motorschrittmacher selbst kam glücklich davon, aber die Maschine war unbrauchbar geworden. Etwa 30 Meter vom Ziel kam in demselben Rennen Blau-Leipzig im rasendsten Tempo zum Sturz, raffte sich jedoch blitzschnell auf und schob das Rad als erster durchs Ziel. Er blutete im Gesicht aus meheren Wunden und am Bein und Arm und wurde in die Unfallsstation geführt. Beim dritten Vorlauf zum Hauptfahren kamen gleichfalls zwei Unfälle vor: es stürzten Neumer-Dresden und Siebert-Dresden. Ersterer blutete aus Mund und Nase und schien auch an den Beinen verletzt zu sein, während letzterer am Arme Hautabschürfungen erlitten hatte. Mayer-Zittau stürzte zum Schluß noch im Straßenwettfahren, erlitt aber wunderbarer weise keinen nennenswerten Schaden Am nächsten Sonntag sollen, wenn sich jemand findet, die Rennen fortgesetzt werden. Den niedrigen Kurven der Bahn mißt man die Schuld an den Unfällen zu. Weida. Ein riesiger Waldbrand ver nichtete im Borntal 45 Morgen Wald. Das Feuer kam durch die Unvorsichtigkeit eines 70 jährigen Waldarbeiters zum Ausbruch. Der Mann hatte sich angeblich zum Kaffeanwärmen ein Feuer angemacht, war dann eingeschlafen und erst wieder erwacht, als die Flamme bereits seine Kleider ergriffen hatte. Der alte Mann schwebte in ernster Lebensgefahr und hat mehrere schwere Brandwunden davonge tragen. Markersdorf. Am Sonntag wurde in Abteilung 59 des hiesigen Staatssorstreviers ein Watdbrand bemerkt, welcher aus einer Fläche von 1^ Hektar den 15 jährigen Eichenbestand vernichtet hat. Wie die an gestellten Erörterungen ergeben haben, ist am Sonnabend bei einem vorüberziehenden Ge witter ein Blitz in einen faulenden Baum stumpf gefahren, wodurch derselbe in glimmenden Zustand versetzt worden ist. Tharandt. Hier ist der Wassermangel so bedenklich geworden, daß jetzt die einzelnen Hausleitungen von nachmittags 3 Uhr bis morgens 6 Uhr geschloffen werden müssen, um die höher gelegenen Grundstücke vor gänzlichen Wassermangel zu schützen. Döbeln. In einer am Montag nachmittag hier stattgefundenen Sitzung des Vorstandes des Sächsischen Schuhmacher-JnnungS-VerbandeS wurde die auf dem VerbandStage zu Dresden durch einen Vortrag gegebene Anregung zur Gründung einer Produktiv - Genossenschaft weiter besprochen. Wegen der einem derartigen Unternehmer entgegenstehenden Schwierigkeiten wurden Bedenken laut. Sie schwanden aber im Laufe der mehrstündigen Aussprache mehr und mehr und man erkannte allseitig an, daß die Idee ausführbar ist. Betont wurde, daß Lehrlingsprüfungen und Meisterkmse dem Handwerk auch nicht helfen können, vielmehr den Fabriken zu gute kommen. Eine Produktiv- Genoffenschaft aber mit einer leistungsfähigen Schuhfabrik, die den JnnungSmeistern als Be zugsquelle dient, werde dem Schuhmacher- Handwerk von wirklichem Nutzen sein und den Meister im Kampfe mit der kapitalistischen Konkurrenz der Fabriken und Händler leistungs fähig machen. Diese Idee wird besonders von den Schuhmacher-Innungen von Leipzig und Dresden vertreten. Der Vecbandsvorstanv wird die Angelegenheit nunmehr weiter ver folgen. Leipzig Von dem abends 9 Uhr 10 Min. vom Dresdner Bahnhöfe nach Döbeln—Nossen fahrenden Personenzugs wurde Mittwoch zwischen Tanndorf und Leisnig ein Soldat des Leisniger Infanterie-Regiments Nr. 179 über fahren und getötet. Leipzig. Gegenüber umlaufenden Ge rüchten teilt das „Leipz. Tageblatt auf grund eingezogener Erkundigungen mit, daß in den Infanterie-Regimentern 106 und 107 kein Typhusfall vorgekommen ist. Es handelt sich nur um Magen- und Darmbeschwerden, die bei dem Königs-Infanterieregiment aufge treten sind, und an denen noch 50 Mann zur zeit krank darniederliegen. Der Abmarsch der zwei Bataillone nach Zeithain wurde um 8 Tage verschoben. Sayda. Aus dem hiesigen Amtsgericht entsprang ein Gefangener und rannte, voll ständig nakt, durch die Stadt nach Pilsdorf zu seiner Frau. Er wurde wieder sestgenommen. Bärenstein. In Neugeschrei ist das Wohngebäude des Herrn PeterZBaier nieder gebrannt. Das Feuer griff so schnell um sich, daß eine Mitbewohnerin sich durch einen Sprung aus dem oberen Stockwerks retten mußte und sich so schwer verletzte, daß es fraglich erscheint, ob sie mit dem Leben davonkommt. Elsterberg. Großes Aufsehen erregte die Verhaftung des Kaufmanns Emil Oschatz, dessen Fabrik vor einiger Zeit abbrannte. Klingenthal. Zu dem Mord und Selbstmord wird noch bekannt, daß PariuS mit seiner Ehefrau und seinem elf Jahre alten Sohn im besten Einvernehmen lebte. Am Sonnabend befiel dem Vater ein Unwohl sein, weshalb nachmittags die Frau einen Arzt rufen wollte. Nachdem sie in ihrer Wohnung wieder angelangt war, brachte ihr der Mann die den Tod bringende .Schnitt wunde am Halse bei, worauf er sich selbst den Hals durchschnitt. Es ist anzunehmen, daß während der Abwesenheit der Frau der schreckliche Plan in dem Manne reifte, da er den anwesenden elfjährigen Sohn in den Wald schickte. Bad-Elster. Prinzessin Louise von Coburg, die durch ihr Schicksal bekannte zweite Tochter des Königs der Belgier, ist mittels Automobils in Bad-Elster i. S. zur Kur ein getroffen und hat während dieser Zeit im Grand Hotel Wettiner Hof Wohnung genommen.