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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.03.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-03-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110330014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911033001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911033001
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-03
- Tag 1911-03-30
-
Monat
1911-03
-
Jahr
1911
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Anzeigen-Prei» iH, InZernt» au« Lest>,i, und Umgedun, d«, -M»ltm>« iv »» drett» Petit^i« 2» 74 »» dnck», A^tamezest, l ^U; »«, ol«»4r«« » MN«»« 1.20 u«; Inserat« »»» Beddrde, st, e»Mchen Dest O«schAt»«n»«ta«» »tt Pt«P»»rschAft«, nn» ch der Ad»»«»I««»i t» Arms« erhitzt, «adatt nach karip Vetlaaa^tchhr L p. Dans«nd qv. P-st^bR-r. «t I4»tltch«i Filiale» ». alle» Anneocr». Hxpüntton« da» I» und Sutlonde«. «edaMnn und »eschtft«stel« I«dannt»,ast« U Fernsprecher- 14«4 I«««, I4SV«. -anstt-Sillal« rretdenr keestratz. 4» I (Teleptza, AM). llr. 8S. vonners«»-, üen 30. MSr; lSII. Oss kvichtiglte. * Bei der Landtagsersatzwahl im fünften ländlichen Wahlkreise, Vautzen-Land, wurde der konfervative Kandidat Barth gewählt. lS. d. des. Art.) * Der Reichstag erledigte am Mittwoch in »weiter Lesung einige kleinere Etats. sS. d. Reichs tagsbericht.) * Der Mörder des Oberstleutnants von Schlichting wurde vom Kriegsgericht zum Tode verurteilt. sS. Ausl.) * Der Präsident de« russischen Reichsrates Akimow trägt sich mit Rücktrittsabsichten. s§. Ausl.) * Ein Brand in Albany (Der. Staat.) richtete im Kapitol fStaatsgebäude) Schaden von vielen Millionen an. (S. Tageschr.) * Graf Zeppelin behandelt in einem dem nächst erscheinenden Werke „Mit Zeppelin nach Spitz bergen" die Frage der Verwendbarkeit seines Luft schiffes Mr arktische Forschungen. fS. Feuill.) vss Ultimatum. Als Japan den Krieg an Rußland erklärt hatte und nach 43 Stunden die feindlichen Ge schwader in den Häfen von Tschemulpo und Port Arthur angriff, überschlug sich das amt liche Rußland in sittlicher Entrüstung darüber, daß die Knigaeschen llmgangsformen zivilisierter Staaten von den Gelben verletzt feien. Der japanische Botschafter hatte nämlich bei dem Abbruche der diplomatischen Beziehungen am 6. Februar nicht gesagt: „Wir erklären euch den Kriegs-, sondern nur: „Meine Re gierung behält sich vor, ihre Interessen mit den ihr geeignet erscheinenden Maßregeln zu schützen." Es war ein gewaltiges Stück Heuche lei, angesichts solch eindeutiger Worte die Der- nichtung des „Warjag- und des „Korjetz" am 8. Februar zu einem heimtückischen Aeberfalle zu stempeln. Denn dasselbe Zarenreich hatte am 24. April 1877 den Krieg gegen die Türkei sogar ohne jede Benachrichtigung des Gegners, einfach durch ein kaiserliches Manifest an die nichttürkifche Welt, eröffnet! Wie arg die Heuchelei Rußlands war, be weist jetzt die Anwendung genau der japa nischen Formel in dem Ultimatum, das am 25. März mit dreitägiger Beantwortungsfrist dem Waiwupu in Peking zugegangen ist: „Ruß land behält sich vor usw." Es zweifelt auch niemand daran, daß die Ablehnung des „letzten Wortes" den unmittelbaren Beginn kriegerischer Unternehmungen gegen das Reich der Mitte zur Folge gehabt hätte. Am wenigsten haben die Chinesen daran gezweifelt; denn sie haben sich beeilt, sich weniger lobenswert als ver ständig allen Forderungen ihres Bedrohers zu unterwerfen und ihn obendrein um Ver zeihung zu bitten, wenn sie ihn wissentlich oder unwissentlich beleidigt haben sollten. Wofür eigentlich noch solche besondere De mütigung? Die letzten chinesischen Noten find alle veröffentlicht, und sie enthalten keinerlei anstößigen Ausdruck. Ihre Erwiderung auf die erste russische Zustellung vom 16. Februar ent hielt auch tatsächlich schon eine Gesamtannahme der „sechs Punkte". Ein paar Namen der von russischer Seite beanspruchten Konsulatsstädte in der Mongolei waren ausgelassen, und auch sonst vielleicht einige Satzglieder übergangen. Man durfte es den Ruffen nicht verdenken, wenn sie Ergänzungen verlangten; denn die chinesische Diplomatie wetteifert mit der vatikanischen an Kasuistik. Aber für das grobe Geschütz einer zweiten verschärften Kriegsdrohung fehlte jeder Schatten einer Berechtigung gegenüber einer so zahmen, schwachmütigen Antwort. Man kann sich dem Eindrücke nicht entziehen, daß Chinas Unterwerfung den Ruffen sehr ungelegen kommt, daß sie den Krieg herbeizuführen entschlossen waren. Darum aber bleibt es noch sehr zweifelhaft, ob die De mütigung der Gelben sie vor dem Verhängnisse bewahren wird. Man wird die Erinnerung an den Wolf der Fabel nicht los, der das Lamm trotz seiner zwingenden Widerlegung der wölfischen Vorwürfe und feines ängst lichen Flehen» doch verschlingt. Die Versuchung ist zu groß, den noch gänzlich un fertigen Zustand der chinesischen Heeresorgani- sation auszunutzen. Wir mögen die an ihre Vollendung geknüpften Erwartungen sehr pessi mistisch ansehen: die Chinesen sind keine Japaner, ihre kriegerischen Anlagen sind gering. Aber bis zu einem gewißen Grade vermag europäisch-japanischer Drill und die eigene Intelligenz des Volkes seine mangelnde Veranlagung auszugleichen. Die Opfer eines verschobenen Krieges könnten schwerer sein. Und die Gelegenheit, über ein isoliertes China herzufallen, könnte ver schwinden! Rußland hat wahrscheinlich durch Geheim-Klauseln des im Juli mit Japan vor der Annexion Koreas abgeschloffenen Vertrages freie Hand erhalten. Mit Frankreich, England, Deutschland steht es in sehr freundschaftlichen Verhältnissen. Wer verbürgt ihm eine Ewig keit dieser Sternen-Stunde? Angesichts solcher Umstände wäre es eine Unbilligkeit, über die rückgratlose Schwäche Chinas den Stab zu brechen, die der nationalen Ehre und dem guten Rechte so viel vergeben hat. Denn die russische Auslegung des Kuldscha- Vertrages, daß ihm auch Befreiung von den Jnnlandssteuern des Teehandels zugesichert, seine Händler mit Chinas ureigenem Erzeug nisse also vor den einheimischen begünstigt seien, zerreißt das Recht, das mit uns allen geboren ist, in einer Weise, für die die Weltgeschichte vielleicht kein anderes Beispiel aufweist. Für den „mora lischen Eindruck" schneidet jedenfalls die Regierung, die sich so gern mit dem „Friedens manifest" von 1898 und der Begründung der Haager Kongreße brüstet, ungemein schlecht ab gegenüber den armen Zopfträgern, die sich wegen ihrer militärischen Unvollkommenheit solche Rücksichtslosigkeiten gefallen laßen müßen. Dazu kommt noch eins: Wer steht dafür, daß das auch nicht gerade zimperliche und leise, treterische Japan sich an seine Versprechungen binden wird, nachdem es sein Schäfchen ins trockene gebracht hat? Schon wird gemeldet, daß japanische Truppen nach Korea und seinem Pachtgebiete unterwegs find! Und sein abermaliges Zurückweichen vor Amerika gibt auch zu denken. Es „konzentriert" seine Kräfte, wie Rußland in der kritischen zweiten Februar- Woche plötzlich feine Truppen aus Persien zu- rückzog! Der Eindruck ist wohl allgemein, daß mit Chinas Annahme des russischen Ultimatums mit Nichten der ostafiatische Himmel als wolkenfrei geworden zu betrachten ist. Die geringsten Pöbelunruhen in der durch Kriegsgeschrei und Pest sehr erregten Mandschurei können immer noch den Brand entzünden. Die russischen Regierungskreise find von einem geradezu be ängstigenden Kraftgefühl ergriffen, noch ehe der Frühlingstrieb die Säfte geschwellt hat. Duma und Reichsrat werden brüskiert, als wenn es Chinesen wären! Ein Zeichen fester Gesundheit pflegen solche Fieber schauer der Taten - und Aberteuerlust nicht zu sein. Sie machen den Eindruck eines neurasthenischen Körpers. Im Katzenjammer nach dem Türkenkriege, aus dem man mit magerem Ruhme und mehrfacher Milliarden schuld zurückgekehrt war, erhob sich der Nihilis mus. Die Niederlage des Japankrieges brachte den ersten Revolutionsversuch. Hat Rußlands Geschichte allein den Vorzug, daß man aus ihr nicht zu lernen braucht? Wenn aber auch alles glatt verlaufen sollte: auf Rußlands Stellung zu den Abrüstungs anträgen, die es schon jetzt für die nächste Friedenskonferenz förmlich regnet, darf man gespannt sein! Ausltellungsomkreuüen. lBon unserem römischen 3.-Mitarbeiter.) Rom, 27. März. Usdemmi Dapnm! Rom hat seine Ausstellung. Oder beßer gesagt: gleich em halbes Dutzend Ausstellungen. Was die „ewige Stadt", die zugleich die älteste Weltstadt des alten Europas sich zu nennen ein gutes Recht besitzt, bisher versäumt hat, nämlich der Menschheit in einer universalen Ausstellung einen Ausschnitt aus seiner Kultur zu zeigen, das holt Heuer die brave Mutter Roma gründlich nach. Ein zwingendes Bedürfnis laa zwar für die betagte Dame nicht vor, sich ihren Gästen sondet Zahl von einer neuen Seite zu präsentieren; denn seit Menscheiwedenten bedeutet Rom eine in Permanenz erklärte Ausstellung. Aber man wollte ein übrige» tun, um das Jahr des Jubels über die glückliche Einigung Italiens nach Gebühr zu feiern. Ich durchblättere das Festprogramm und mich beschleicht ein Grauen vor dem Ende dieser Reihe schöner Tage, Wochen und Monate. Wer soll sie er tragen? Der Feste feiernde Römer? Santo Dio! Ich kenne kein Volk auf Erden, das geringere Ansprüche an das Leben stellt wie die Römer des neugeeinigten Italien». Maßvoll im Eßen und Trinken, harmlos in seinen Freuden und bescheiden im verlangen netseerleichterungen, anze Jahr über andere in Italien, M im letzten Jahrzehnt von io puoeto Pünktlichkeit nach Abwechselung und Zerstreuung, ist der Bewohner des dritten Roms das gerade Gegenstück seiner Vorfahren, die das erste Rom, die Millionen stadt der römischen Imperatoren; bevölkerten und sich nach glaubwürdigen Berichten jeden Tag, den ihnen ihr Zeus unverdientermaßen gab, die Kehle heiser schrieen nach Panem et Eircenses. Aber kommen Sie lieber selbst her und ziehen das Resul tat Ihrer Vergleiche zwischen dem lebenden Ge schlecht auf dem Corso und dem in den Museen für die Nachwelt erhaltenen Geschlecht! Kommen Sie her und Helsen Sie unserem Römer die Reihe schöner Ausstellungstage ertragen. Auch wenn Sie Frau Roma erst vor fünf oder zehn Jahren Ihre Visitenkarte abgegeben haben sollten, o werden Sie doch eine Menge Neues zu bewundern laben. Man muß es der würdigen Matrone laßen: e älter sie wird, desto schöner und gefälliger teilt sie sich. Den Pulsschlag der Neuzeit fühlt man m uralten Rom von Jahr zu Jahr immer kräftiger chlagen Und — das ist das Merkwürdige an dieser einzigartigen Weltstadtschöpfung — niemand wird behaupten können, daß das Neue in seiner Entwick lung dem Alten schadet oder daß umgekehrt das Alte das Neue in seinen» Ansehen beeinträchtigt. Gewiß hat das dritte Rom noch ein gewaltiges Stück nachzuholen, um den Anspruch auf eine moderne Großstadt zu rechtfertigen. Hat es doch noch nicht einmal seinen eigenen Seehafen, obwohl die Ent fernung von Rom zum Meer genau soweit ist wie von Berlin nach Potsdam. Von einer nennens werten Industrie zu schweigen. Aber die Anfänge für die Bildung eines modernen Weltstadt - Zentrums sind da. Und was Rom in dem letzten halben Säkulum, in dem es als Hauptsitz des ge einigten Italiens gilt, Neues und Großes geleistet hat, und was außerdem die übrigen größeren Schwesterstädte und Provinzen zu Ehren des ganzen Landes deigetragen haben, das baut sich in den Ausstellungen auf, die jetzt eine nach der andern eröffnet werden. Natürlich geschieht das mit viel schönen Reden! Sie sollen über das Hinwegtäuschen, was in den Ausstellungen bei der Eröffnung nicht sichtbar wird. Der römische Festredner macht viel Worte, um seine Ausstellung zu verbergen. Sie kommt post testum! Was verschlägt'»? Vom Tage der feierlichen Er öffnung bt» zum Tage der Stchtbarwerdung d<:r Ausstellung können sich die Gäste das übrige Nom anseben. Und da ist doch wahrhaftig ge- nug ausgestellt. Ich kenne 80 Jahre alte, einge- stßene und gebildete Römer, die sich ihr Forum nur eu pussLut, etwa vom Kapitol oder vom Tarpe jischen Felsen flüchtig angesehen haben. Ich kenne aber auch nichteingesessene Römer, die sich tagaus tagein die Beine wundlaufen, um jede antike Säule auf ihre Echtheit zu prüfen, und nach zehn Jahren sehen, daß sie noch immer nicht alles gesehen, was Rom ausgestellt hat. Und dabei ist Rom doch nicht viel größer als Leipzig oder Dresden. Nun sollen auf einmal Leute, die oft genug nicht mehr als zehi» Tage für Rom übrig haben, noch das Koloßalpensum der sechs Ausstellungen absol vieren und an den Festivitäten der jubilierenden Römer teilnehmen. Um die wichtigsten Punkte aus dem überreichen Programm herauszunebmen, er wähne ich als Hauptsehenswürdigkeiten: die inter nationale Kunstausstellung, zu der alle Länder, nicht zum wenigsten Deutschland, mit rund zehntausenv Bildwerken bei getragen haben, die retrospektive Ausstellung in der altehrwürdigen Engelsburg, diejetzt dem monu mentalsten Zeughaus der ganzen Welt gleicht und damit ein vierwöchiges Studium voraussetzt, die internationale archäologische Ausstellung in den Thermen des Diokletians, die jedem Altertums forscher die Reise durch das übrige Italien, durch Griechenland, Aegypten, Kleinasien und „Um gebung" erspart und unseren Gymnasiasten daheim die lateinischen und griechischen Lektionen genuß reicher gestalten würde, die internationale ethno graphische Ausstellung, der Tlou der gesamten Dar bietungen, die uns den Italiener und die übrigen Nationen in Handel und Wandel, Sitten und Ge bräuchen in der jüngsten Kulturepoche vorführt, die internationale Photographische Ausstellung und Sportausstellung mit bekannten Zielen. Soll ich die kleineren Eeoarataus- stell ungen nur mit Namen andeuten? Ich fürchte, die Kräfte der Besucher zu zersplittern, und erwähne nur, daß in der Zeit vom 1. April bis Ende November des Heilsjahres weit über hundert Kongresse teils nationalen, teils internationalen Charakters ihre Tagung in Rom vorbereitet haben. Nehmen wir an, feder Kongreß würde 500 Teil nehmer — das wäre die Mindestzahl — mit bringen, so ergibt das allein 50 000 Kongreßleute. In Deutschland interessiert in erster Linie der internationale Künstler-, der Musik-, der Aerzte- und Schriftstellerkongreß. In Italien existiert, abge sehen von den politischen Vereinigungen, die sich gleichfalls Rom als Tagungsort ausersehen haben, kaum ein Klub oder Verein, der es nicht als patriotische Pflicht ansehen würde, seinen Veroands- tag in der Hauptstadt des Reiches abzuhalten. Die Bürgermeister aller Städte und Dörfer — hier Sibt's keine Ortsschulzen, sondern nur Sindaci, Burger- meister — machen mit ihrem Kongreß den ver heißungsvollen Anfang. Kurz: es beginnt in diesen Tagen eine Völker wanderung nach der „Stadt drr Städte", wie sie sich auch in grauer Vorzeit unseligen Andenkens in gleicher Stärke schwerlich in Bewegung gesetzt haben dürfte. Rom zählt jetzt etwas mehr als eine halbe Million Einwohner Zu Nero« Zeiten befaß es mehr als eine Million. Diese Ziffer wird es Heuer im AusstellungsiaLr mit Leichtigkeit ein- yolen dank der fabelhaften Reiseerleichterungen, die die Eifenbahn da» aewährt. Wie vieles Hal sich auch die Eisenbahn s Grund auf gebessert. Nur io puncto müßen wir em Auge zudrücken. Promptheit ist ebenso wenig bet den Eisenbahnen wie bei den Ausstellungen Sach« der romanischen Völker. Im übrigen aoer fährt es sich auf den italienischen Eisenbahnen jetzt bequem und außerordentlich billig, wenn man die los. Jahrgang. Direttissimi, die unseren Schnellzügen gleichen und nur erste und zweite Klasse führen, benutzt. Für Jtaliensahrer bemerke ich folgendes: man verlange in Deutschland von der nächstgelegenen Eisenbahndirektion ein Verzeichnis der Reise- vergünftigungen in Italien im Jubiläumsjahr lalle besseren Reisebureaus halten solche Verzeich niße vorrätig) und besorge sich schon in Deutsch land eine sogenannte Tessera für 10'/, Lire leine Art Urkunde mit Bild des Eigentümers), auf Grund deren man Fahrscheinhefte mit acht Ab schnitten erhält. Mit der Teßera sind Fahrpreis ermäßigungen auf den Bahnen, Dampfern, in den Ausstellungen, in Museen, Hotels. Schlössern rc vor Händen. Der Eisenbahnsahrpreis ermäßigt sich im Durchschnitt um 50 Proz.! Während sich sonst die Fahrt zweiter Klasse von den Grenzstationen Ala oder Chiasso bis Rom auf rund 44 Lire stellt, be trügt Heuer der ermäßigte Fahrschein 23,70 Lire. Die erste Reise allerdings muß nach Rom, Turin oder Florenz zurückgelegt werden. Alle übrigen Reisen können auf jeder beliebigen Strecke des Königreichs Italien zurückgeleat werden. Eine Rund reise Turin, Genua, Livorno, Rom, Florenz, Bologna, Padua, Venedig, Mailand kostet Heuer nur 65 Lire in der zweiten Wagenklasse bei MX) Kilometer Fahrstrecke. Mich beschleicht bei all diesen lobenswerten Ver günstigungen nur die eine bange Frage: wird die italienische Eisenbahn imstande sein, diese ungewöhn liche Probe auf ihre Leistungsfähigkeit abzulegen ' Man bedenke: eine Fahrt dritter Wagenklasso kostet auf 800 km nur 16 Lire! Kein Wunder, wenn ganz Italien sich rüstet, diese nie wiederkehrende Gelegen heit zu einer Romreife auszunützen. Die Ausstellung als Anregungsmittel für die Reisefreudigkeit der Italiener! Wenn nur nicht die allezeit streikfrohen Eisenbahner diese „nie wiederkehrende Gelegenheit' in ihrem Sinne ausnützen, um ihre alten Forde rungen dnrchzndrücken! Lanüiagserlatzwslil in Bsutzen-Lrmü. Bei der am Mittwoch vorgenommenen Landtag-- ersatzwahl im fünften ländlichen Wahlkreise, die in folge des Todes des konservativen Abgeordneten Sobe nötig geworden war, erhielten der konservative Kandidat Gemeindevorstand Barth 7323 Stimmen, der Schmiedemeister Woll mann lFortschr. Vpt.) 059 und Zigarrenhändler Bernhard Kraut sSoz.) 831 Stimmen. Barth ist somit gewählt. Der Wahlkreis, deßen Einwohner zum größten Teil Wenden sind, ist sicherer Besitzstand der Konservativen. Bei den Hauptwahlen im Jahre 1909 wurden für den verstorbenen Ad geordneten Sobe 7117, für den ortschrittlichen Kandidaten 435 und für den Sozialdemokraten 1385 Stimmen abgegeben. Vergleicht man beide Resultate miteinander, so ergibt sich, daß die Kon servativen 206, die Fortschrittler aber 524 Stimmen gewonnen haben. Der Zug nach links kommt wie bei fast allen Ersatzwahlen, mögen sie nun den Reichstag oder den Landtag betreffen, auch hier zu beredtem Ausdruck, denn die Liberalen haben 318 Stimmen mehr für sich an Gewinn erhalten können als die Konservativen. Wesentlicher er scheint uns aber die Tatsache, daß die Stim men der Sozialdemokraten um 551 zurückgegangen sind. Die Nachwahlen in Leipzig V, in Plauen-Land und Leipzig-Land haben sür die sozialdemokratische Partei überall dasselbe Ergebnis gezeitigt: Stimmenverlust. Auch die Ersatzwahl in der Lausitz beweist, daß die sozial demokratische Partei trotz günstiger Zeitverhältnissc an Werbekraft eingebüßt hat, und daß der Libero lismus ihr sehr gefährlich werden kann. Möge dieser Wahlausfall ein günstiges Vorzeichen iür die Reichstagswahl sein. ,Mlatz"-Gmpfe!llung sul üer Leipziger Melle. Aus unserem Leserkreise wird uns geschrieben: Die ultramontane „Kölnische Volksztg." die sonst den Ablaßhandel als eine protestantische „Geschichts lüge" hinzustellen pflegt, hat eine für sie höchst be- schämende Entdeckung gemacht: Auf der Leipziger Messe, Petersstraße 17. I. r., und Königshaus II. l , Stand 321, hat Fritz Lücke aus dem als Wallfahrts ort bekannten Kevelaer Altäre ausgestellt und darüber ein großes Plakat angebracht: „1000 Tage Ab laß!" Auch ersucht er „Reisende und Wiederver käufer, auch stille Vermittler", sich — genügend zi» informieren, „wie die höchsten unschätzbaren Güter fürs ewige Leven leicht und sicher zu erwerben sind." Mit einem Anflug von Schamröte muß sogat das ultra montane Blatt vom Rhein bekennen, daß dieser Herr Lücke, der Bischöfen und Priestern feine „Altärchen" mit 30"/, Rabatt oder gar „als Präsent" anbietet, mit der rührenden Begründung, „da ich im guten Glauben wirke", an einer andern Kevelaerer Firma eine rührige Konkurrentin hat. Diese schmückt ihr Firmenschild mit der Muttergottes von Kevelaer und führt die Devise: „Dankbar rückwärts, muttg vorwärts, gläubig aufwärts." Der „maßlose Industrialismus" des Keve laerer Devotionalienhandels war jedermann längst bekannt und ist von Josef Lauff in seinem neuesten Roman „Kevelaer" und schon früher für Köln von Gutzkow in seinem Roman „Der Zauberer von Rom" anschaulich geschildert worden, ist nur von den ultramontanen Blättern ver mutlich „übersehen" worden. Daß freilich dergleichen auch in dem vorwiegend protestantischen Leipzig in Erscheinung tritt und daß sich jedermann aus der Leipziger Meße von diesem „Unfug" überzeugen kann, ist für sie doppelt peinlich. Nur die Rücksicht auf die abfälligen Bemerkungen der „Anders- gläubigen" treibt Vie „Köln. Volksztg." dazu, „einen erlösenden Schritt, ein befreiendes Wort von kompetenter kirchlicher Stelle" zu erwarten. — Warten wirs ao, ob dieses Wort gesprochen wird.
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