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Sächsische Volkszeitung : 02.01.1920
- Erscheinungsdatum
- 1920-01-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192001021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19200102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19200102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1920
-
Monat
1920-01
- Tag 1920-01-02
-
Monat
1920-01
-
Jahr
1920
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 02.01.1920
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»L Freitng, 2 Jan««» '"20 . K«r»sP»»ch-r r»»«» O«D§A«MU»«»» v^>ogn lNr >4 ?»1 !« S <O«ß»a-p»«1>, Blerteyahrltch tn der <N«(ihäst»stell« oder von der Post abgeholt «»»gäbe x mil illuftr. Bcilag» «.««F», M»<gad» » «.4L X. Ju Dresden und ganz Deustchland sret Hau» «»«gada I V »k F«. ««»gab» « «V0 Ft. — L»e «üchfillhe «olkSzestung erscheint an allen Wochentagen nachm. — «prechstunde der Redattton: II dt» LP Uhr vorm. «»zeige»> «»nahm» von GeschLflkanzeigen bl» LU Uhr. von Kamilienanzeigen bi» II Uh> vorn »>,.>- m, »" Petlt-Spaltzeile S«F. tm Reklametell I.L« Ft. Aamtlten-Anzetgen Lli^. — Für »ndeutltch geiMrielo- >on, ^.,n lvrecher ausgegebenr «nzetgen wnnen wir dle verantwortlichketl für die Nichtigkeit de« lex»,' .... . 1 Gegen Schund und Schmutz i« Film Schon längst war eS eine Forderung aller Deutschen, die nur mit tiefem Schmerz die immer weiter fortschreitende Demoralisierung weiter Preis« unsere« Volles verfolgen können, daß der Flut von Unrat, die besonders in der letzten Zeit durch gewisse Filmerzeugnisse bis in die entlegendstcn Ecken unseres Vaterlandes getragen wurde, endlich ein Damm entgegcngestcllt werde. Leider müssen wir ja als Folge des Krieges aus allen Gebieten unseres öffentlichen Lebens eine geradezu erschreckende Verwilderung der Sitten konstatieren, die immer neu ge nährt wird durch die verschiedensten Begleitumstände unserer Zeit und durch so manche Errungenschaften menschlichen Geistes. Daß unter diesen Begünstigern der Unterwühlung von Zucht und Sitte der Film "mit an erster Stelle steht, ist jedem ohne weiteres klar, der mit offenen Augen durchs Leben geht. Man braucht sich ja nur die Plakate und Anpreisungen so mancher Lichtspieltheater anzusehen, und zwar nicht nur des armseligen Vorstadtkinos, sondern ebenso gut so manches Kinopalastes in den Hauptstraßen der Großstadt; man braucht ja nur einen Blick in so manche Gerichtsverhandlung zu tun, um die verderb liche Wirkung so vieler Filmvorführungen zu erkennen. Das Gist, das der Film in die Herzen unseres Volkes trägt, ist um so verderben bringender, als das Lichtbildtheater heute nicht mehr nur das Theater des kleinen Mannes, des Arbeiters und des Handwerkers ist, sondern seine Besucher in allen Schichten, von der höchsten bis zu den unter sten, des deutschen Volkes findet. Besonders bedenkliche Formen haben die Darbietungen im Lichtbild erreicht, seitdem am 12. November 1918 der Aufruf des Rates der Volksbeaustragten an das deutsche Volk mit i Gesetzeskraft bestimmte, daß eine Zensur nicht mehr stattzufinden haste, womit natürlich dann auch die Vorprüfung der Filme in Wegfall kam. t, Rücksichtslos warf sich skrupelloser Geschäftssinn aus die Ausbeutung tz der niedrigsten Instinkte und erreichte in den sogenannten „AufklärungS- l films" einen Höhepunkt, der kaum noch an Schamlosigkeit zu über- bieteu ist. Das Mäntelchen der Wissenschaftlichkeit, das man diesen Schmutzereien umzuhängen beliebte, war allzu fadenscheinig, um auch !, nur in etwas den wahren Charakter und eigentlichen Zweck der Mache, r zu verhüllen. Aber der Kern des deutschen Volkes ist noch gesund, und noch vermochte das Gift der durch den Film verbreiteten Scham losigkeiten nicht alle Herzen anzunagen. So kam es denn in verschie denen Städten Deutschlands und selbst in Berlin, bei der Vorführung dieser sogenannten Aufklärungsfilme zu lebhaften Protestkundgebungen der Zuschauer, die die geschäftstüchtigen Kinobesitzer zwangen, diesen Sckiuird und Schmutz vom Spielplan abzusetzen. Daß es so nicht wei- . tergeben konnte, war allen Einsichtigen klar, und auch aus den Kreisen » des Lichtspiclgewerbes selbst erhoben sich Stimmen, die ein Mittel zum D Einschreiten gegen solche Kollegen forderten, die sich ihre Taschen auf I Kosten der vllgemeii.rn Moral füllen wollten. Immer lauter wurde der Ruf nach einer Filmzensur, bei der man sich nur noch nicht über die Art, in der sie gehandhabt werden sollte, klar war. Nur darüber war man sich einig, daß diese Zensur nicht in der Weise gehandhabt werden dürste, wie sie früher Bureaukratins nach dem Schema F aus- üdte. Auch die Reichsregierung konnte sich in Erkenntnis der schweren Schäden, die unserer geistigen Volksgesundheit von den Auswüchsen des Kinowesens drohten, nicht verschließen, und so hat sie denn jetzt dem Reichsrat den „Entwurf eines Gesetzes betreffend die Zensur von Bildstreifen für Lichtspiele (Film c)" zugehen laßen. Am meisten interessiert aus dem Entwurf die Zusammensetzung der Prüfungsstellen, die aus Beamten und Sach verständigen gebildet werden, wobei von den Sachverständigen je ein Drittel den Kreisen des Lichtspielgewerbes, den Kreisen in Kunst und Literatur bewanderter Personen, sowie den Kreisen der auf dem Ge biete der Volkswohlsahrt, der Volksbildung oder der Jugendpflege be sonders erfahrenen Personen entnommen werden sollen. Gegen diesen Entwurf machen sich aber bereits in allen beteiligten Kreisen, und auch in den Kreisen der Regierung, lebhafte Bedenken geltend, besonders gegen die Bestimmung, daß der Beamte als Vorsitzender, auch ohne die Sachverständigen zugezogen zu haben, selbständig Entscheidungen treffen kann. Doch ein Entwurf ist dazu da, daß durch Beratungen und, wo eS nötig ist, geändert wird. Das erfreuliche ist, daß jetzt endlich Ernst gemacht wird im Kampfe gegen den Schmutz und Schund im Film. Sicherlich wird cs bei gutem Willen aller Beteiligten dann auch gelingen, gegensätzliche Auffassungen auszugleichen zum Wöhle unseres Volkes und unserer inneren Wiedergesundung. I. Zentrum und Laudrvirtschast i« der Nationalversarnmlun- Bon B. Hebel, Mitglied der Nationalversammlung Tie deutsche Nationalversammlung hatte, wie ^Verfassunggebende deutsche Nationalversammlung" on ihr Name: iggevende deutsche Nationalversammlung" besagt, zunächst nd hauptsächlich die Aufgabe, dem deutschen Volke auf Grund des > bgeschlofsenen Waffenstillstandes den Frieden nach außen und nach m Umsturz durch die Revolution durch Schaffung einer Verfassung en Frieden nach innen wiederzugeben. Aber ebenso dringlich wie der kkuf nach Friede machte sich der Schrei nach Brot geltend. Die Na- ionolversammlung konnte und durste daher an der Lebensfrage des deutschen Volkes, an dem Wiederaufbau seines zerstörten WirtschastS- benS nicht achtlos vorübergehen. Und sie hat daS auch nicht getan, lit unermüdlichem Fleiß und nicht ohne Erfolg hat sie hier «inge- "en. Au den allerwichtigsten Zweigen unseres Wirtschaftslebens zehört di« Landwirtschaft. Der Nährstand ist und bleibt, wie er es vor und während des Krieges war, ebenso und noch mehr nach dem Krieg und der Revolution der lebenswichtigste Stand unseres Volkes. Was hat nun die Zentrumsfraktion in der deutschen Nationalversammlung zugunsten, zur Rettung, Erhaltung und Förde rung des deutschen Bauernstandes getan? Auf diese Frage möchte ich in den folgenden Ausführungen Ant wort geben! Nicht eine erschöpfende Antwort! Ich kann aus dem vielen nur das Wichtigste, nicht einmal alles Wichtige zusammenstellen. Ergänzungen und namentlich weitere Ausführungen müssen Vorbe halten bleiben bis zum Abschluß der Arbeiten der Nationalver sammlung. I. Im Plenum der Nationalversammluntz a) Reden im Plenum der Nationalversammlung 1. Am 6. Februar 1919 trat die Nationalversammlung zusam men. Schon am 19. Februar, aus Anlaß der allgemeinen Aussprache im Anschluß an die programmatische Erklärung der Reichsregierung wurde die wirtschaftliche Lage des deutschen Volkes behandelt. Im Namen der Zentrumsfraktion sprach einer der besten Kenner des Wirt schaftslebens in Deutschland und weit darüber hinaus, Dr. Mayer (Schwaben), zu diesen Fragen. Bezüglich der Landwirtschaft wies er hin aus den beispiellosen Aufschwung der deutschen Landwirtschaft vor dem Kriege und ihre bewunderungswürdigen Leistungen während desselben und betonte, daß dieselbe auch jetzt der wichtigste Teil unserer Binnenwirtschaft sei. Darum müsse derselben auch die größte Beach, tung und Förderung zuteil werden. „Von der Heimatscholle muß die Gesundung (unseres Volks- und Wirtschaftslebens) ausgehen. Wir müssen unbedingt so weit kommen, daß unsere heimische Landwirt schaft dem inländischen Konsum, soweit es irgend möglich ist, genügt, und wir werden unsere Lebenshaltung diesem Erfordernis gnpqssen müssen." (Stcn. Ber. S. 188.) 2. Am 1. März sprach der Abgeordnete Dr. Heim bei der dritten Beratung des Entwurfes eines Uebergangsgesetzes in Verbindung mit einer Verordnung über die Sicherung der Äcker- und Gartenbestellung. Er äußerte sich dabei über die Fragen, wann und inwieweit ein Zwang zur Feldbebauung am Platze und gerechtfertigt sei, über den Zwang in der öffentlichen Wirtschaft, sowohl was Verteilung der Güter als was Produktion anbelangt und anerkannte unter Umständen deren Notwendigkeit und wies besonders hin auf die Gefahr der Verhinde rung der Landwirtschaft an der Arbeit, wie sie von gewisser Seite ne trieben wurde und die im Augenblicke (im Frühjahr, zur Zeit der Saatbestellung!) geradezu „himmelschreiend" sei. „Diese Lebensmittel sabotage ist geradezu frevelhaft im gegenwärtigen Augenblick, wenn man bedenkt, daß wir noch ungcdroschenes Getreide aus Kohlenmangel lie gen haben." (S. 432.) 3. Am 10. März 1919 kam im Plenum der Nationalversamm lung zur Verhandlung die Interpellation sMüller (Breslau), Gröber und v. Payer, also der drei Mehrheilsparteiens, betreffend Sicherstellung der Ernährung des deutschen Vol kes in Verbindung mit der Interpellation der Rechten (Arnstadt-Dr. Heinze), betreffend Gefährdung der Ernte 1919, sowie mit dem Berichte des Volkswirtschastsausschusses über Arbcitsmarkt und Landwirtschaft. Diesmal war es der Abgeordnete Blum, ein Bauer vom Niederrhcin, der aber auch landwirtschaftlichen Besitz im Osten hat, und darum die landwirtschaftlichen Verhältnisse genau kennt, der den Standpunkt des Zentrums vertrat. Abgeordneter Blum zog die ganze wirtschaft liche Lage und Frage in den Kreis seiner Ausführungen. Er behan delte die Ursachen der landwirtschaftlichen Notlage, wobei er besonders die vielen, oft verkehrten, vielfach geradezu verderblichen Maßnahmen während des Krieges und noch nach demselben geißelte. Er sprach sich gegen Zwangserzeugung aus, vertrat aber den Standpunkt, daß an eine völlige Äushebnng der Zwangsvcrteilung noch nicht herangetreten werden könne; dafür müsse aber in der Preisgestaltung mehr Rücksicht genommen werden auf die kolossale Steigerung der Kosten der land wirtschaftlichen Erzeugung. Zur Hebung der Produktion verlangte er eine Reihe von Maßnahmen: so Lieferung von mehr Kunstdünger, Futtermitteln, Kohlen, bessere Ausbildung der Landwirte, namentlich auch der landwirtschaftlichen Frauenwelt und ernstliche Inangriffnahme der Arbeiterfrage für das Land. (S. 639 u. ff.) 4. Derselbe Redner äußerte sich am 28. März zur Verordnung über Sicherung der Acker- und Gartenbestellung und am 1. Juli zur Beschaffung von landwirtschastlichem Siedelungsland. Er betonte dir Bedeut»»» dieser Maßnahmen namentlich als Mittel aeaen die Land flucht und zur Herbeiführung einer gesunden Mischung des Besitzes (Groß-, Mittel- und Kleinbesitz), zur Schaffung von Bauerngütern mittlerer Größe, zur Urbarmachung von Oedland, zur Errichtung von Wohnstätten und Ansiedlung von Landarbeitern. In letzterer Hinsicht machte er aber zur Vorsicht; vorherige Schulung der Ansiedler sei not wendig, um nicht große Enttäuschungen und wirtschaftlichen Ruin zu erleben. 5. Von großer Bedeutung war die Rede des Abgeordneten Dr. Braun (Cöln) bei der Beratung des Etats des Reichswirtschafts ministeriums. Dr. Brauns behandelte in großen Zügen unsere gesamte Volkswirtschaft und im Rahmen derselben auch die Landwirtschalt. Entsprechend der großen Bedeutung derselben verlangte er, daß sie auch eine entsprechende Vertretung im Reichsmimsterium haben müsse und daß deshalb in demselben eine eigene Abteilung für Landwirt schaft mit einem Ministerialdirektor an der Spitze errichtet werden solle. Diese Forderung des Zentrums ist inzwischen auch erfüllt worden. Im übrigen bebandelte Dr. Brauns auch bei dieser Gelegenheit wieder die alten Wünsckie und Klagen der Landwirtschaft: forderte allmählichen Abbau der Zwangswirtschaft, Freigabe z. B. der Kartoffeln, des Zuckers, vielleicht auch deS VieheS bezw. Fleisches usw., ganz besonders aber Erhöhung der Preise für landwirtschaftliche Er zeugnisse. Dementsprechend soll ein besonderes Prämiensystem eingeführt werden. (Stcn. Ber. S. 3462sf.) (Fortsetzung folgt.) Deutschland und der Heiliae Stuhl Wie bereits gemeldet, weilte in diesen Tagen der päpstliche Nun tius Pacelli zu Verhandlungen in Berlin. An der Besprechung nahmen die Vertreter des Reiches und des preußischen Staates teil. ES zeigte sich dabei, daß Uebereinslimmung in der Anschauung bet allen Teilnehmern herrschte, daß der in der Bulle De salute animarum von 1821 seftgelegtc Vertrag durch die Reichsverfassung iu keinem Punkte außer Kraft gesetzt ist. Reichs- und Staatsregierung, ebenso wie der Vertreter des päpstlichen Stuhle«, sind der Ansicht, daß ei» Vertrag nicht einseitig aufgehoben werden kann. Allerdings ist durch die neue Reichsverfassung die preußische Regierung gezwungen, mit dem päpstlichen Stuhl in Verhandlung betreffs einer Abänderung des genannten Vertrages einzutreten, und der päpstliche Nunttsu er klärte dazu die Bereitwilligkeit des päpstlichen Stiilsies. Wieorrholt wurde in der Unterredung betont, daß alles als falsch znrnckzuweü'en sei, was auf eine Absicht des Reiches hrnzubeuten scheine, als wollten sie euren Kamps gegen Kirche und heiligen Stuhl ausneymen. Es sei der dringende Wunsch der deutschen Behörden, mit dem päpstlichen Stuyl in vollem Einvernehmen zu arbeiten. » » » Der Apostolische Nuntius Exzellenz Pacelli empfing in seinem Absteigequartier in der Niederwallstraße einen Redakteur der .Ger mania". Der Herr Nuntius äußerte sich sehr befriedigt von der aus gesuchten Freundlichkeit, mit der ihm alle Behörden, bis zu den höch sten, begegneten und fand warme Worte der Anerkennung für die be sonderen Aufmerksamkeiten, die sie ihm als dem Bevollmächtigten des Heiligen Vaters erwiesen. Es sei nicht zu verkennen, daß die Reichs und Landesregierung das Papsttum als außerordentlich bedeutsamen Faktor für das Völkerleben schätzten. Der Herr Nuntius ist nicht bloß auf der Durchreise nach Berlin gekommen, sondern er hatte mit de« Äehörden Wichtiges zu verhandeln, vor allen Dingen über die Neu regelung des Verhältnisses zwischen dem Hl. Stuhl einerseits und Deutschland und Preußen andererseits, und er hofft, daß man mit beiderseitigem Einvernehmen zu einem glücklichen Abschluß gelangen wird. Seine Exzellenz bestätigte das, was Kardinal Bertram über die warmherzige Teilnahme des Hl. Stuhles an Deutschlands Schicksale gesagt hatte, und versicherte, daß alle die deutsche Nation und be sonders die deutschen Katholiken betreffenden Fragen vom Hl. Vater selbst mit regstem Interesse für die Beteiligten verfolgt werden. Zum Diner beim Herrn Reichspräsidenten Ebert waren auch ein geladen Herr Prälat Dr. Kleineidam, der Uditore Monsignore Schioppa und die beiden Minister Erzberger und Gies- berts. Kardinal Bertram, Fürstbischof von Breslau, her aus der Heimreise in Berlin weilte, empfing ebenfalls einen Redakteur der „Germania" in Audienz. Der Kirchensürst versicherte dabei u. e., daß der Heilige Vater von der bedrängten Lage und Lebensmittelnot Deutschlands mit wärmster Teilnahme gesprochen habe und auf jede mögliche Weise helfen wolle. Besonders gehe ihm auch das Schicksal der deutschen Gefangenen zu Herzen und er hoffe, daß seine wieder holten Bemühungen um ihre Heimsendung bald Erfolg haben werden. Der Hilferuf von 80 000 Schulkindern der Stadt Breslau an den Hl. Stuhl um Rückgabe ihrer kriegsgefangenen Väter machte auf Seine Heiligkeit den tiefsten Eindruck. Mit Freuden vernahm Papst Benedikt XV-, was ihm der Herr Kardinal von der tapferen Haltung der deutschen Katho liken gegenüber neuen Kulturkampfansätzen und von ihrem treuem Zusammenhalten bei den Wah len berichten konnte. Der Heilige Vater ist über die religiösen und kirchenpolitischen Fragen, die in Deutschland brennend geworden sind, vorzüglich unterrichtet und verfolgt sie mit dem lebhaftesten Interesse. Der Herr Karoinal empfand es als ganz besondere Aufmerksam keit, daß der Hl. Vater ihm die Titellirche des verstorbenen Kardinals Kopp, seines Vorgängers, verliehen hat Der Gesundheitszustand des Papste« ist ein ganz vortrefflicher, seine tägliche Arbeitsleistung außer ordentlich bewundernswert. Während im Vatikan alles seinen geregel ten Gana aebt und aerade die liebevolle Aufnahme und das besondere Wohlwollen, das der Hl. Vater und der Kardinalstaatssekretar Seiner Eminenz als dem deutschen Purpurträger entgegenbrachte, sowie ana, das brüderliche und" offenherzige Verbalten der übrigen Kardinale, ibn äußerst svmpathisch berührten, machten die deutschen Nationalslistnn- gen der Anima und des Eamposanto in ibrcr Verlassendeit auf iha einen traurigen Eindruck. ES besteht jedoch nach den ausdrücklichen Erklärungen der Protektoren beider Stiftungen, der Kardinäle Vanu- telli und Merrn del Val. begründete Hoffnung, daß beide Stiftungen ihrer alten Bestimmung erhallen bleiben, lieber das Entgegenkommen der preußischen Eijenbahnverwaltung sprach sich der Herr Kardinal sehr anerkennend aus; auch die italienischen Behörden waren von zuvor kommender Höflichkeit. Eine Antipathie gegen Deutschland ist nirgends in Erscheinung getreten. Lebhaft bedauert wurde im Vatikan, daß der preußische Gesandte von Bergen noch nicht eingetrossen war. Revolutionsstreiks Wenn wir heute imter einem großen Wirtschaftselen!' leiden, unter Kohlennot, Kartoffelmangel, Verkehrseinschran kungen, Verkehrssperren u. a. m., w tragen daran mit ein vollgeriitteltes Matz von Schuld jene Revolutionsstreiks, die vornehmlich ini ersten Halbjahr der Revolution wichtigste Erzeugungsgebiete unserer Wirtschaft lahmlegten, und in» Kreisläufe der Dinge die schlimmsten Folgen nach sich zogen. Fin Novemberheft des Reichsarbeitsblattes werden die ein zelnen Ziffern dieser Revolutionsstreiks bekanntgegeben. In der Tat gerade kein erfreuliches Bild vielfach unbegriin- deten, unüberlegten, und darum um so schädlicheren Streik fiebers ! ^ Nach den Angaben des Organs des E tatisiischen Amtes des Reiches brachen in der Zeit vom 7. bezw. 9. November bis zum Iahresschlnß 1918 273 Streiks aus, nämlich 18!I wirtschaftliche und 90 politische, durch die 6723 Betriebe tn Mitleidenschaft gezogen wurden mit 724 286 Arbeitern. Dte Mehrzahl der Streiks entfällt auf den Bergbau und die Mafchinenindustrie. Durch die Revolutionsstreiks gingen nicht weniger als fast 2 Millionen Arbeitstage in neun Rovolutionswochen verloren. Mt Recht bemerkt im An schluß an diese Ziffer in einer Besprechung der jüngsten Streikstatistik in der „Deutschen Allg. Ztg." (1919, 388) Reg.-Rat-Dr. Rathenau: „Daß diese ungeheuren Arbeits- Verluste während des Umsturzes nicht ohne Beeinträchtigunz -r icr-
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