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MsdmfferTageblatt Dlenstaq, den 2S Januar IS2S Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2K4t Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zrv Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Jorstrenlamts Tharandt und des Finanzamts Noffen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Lürgerkum, Leamke, Angestellte u. Arbeiter. di« 8 geipal»»««»Ra»m-ei!« LV Apfg., dte 4 »*sp«U«u« Feit« der a«Mch«n Vebo^ntmach»»««» 4V ketchs Pfennig, di« 3g«fpa1rr»« A«»lo»«zetir i» texrUchen Z NeichsmasL. Naedtveifunssirebüh, 20 AeirdsssV«»' sprechet: Amt Wils-rufi Nr. 8 annadme bi» vsrrn.IV Udr. " — " ----- -— > > — Für Vt« Äichtigksit d« durch Feniruf übermittelten AnZetgen übernehmen «oxr Kerne Jede» Aadattanfpruch erlischt, wenn der Betrag durch Alr 24 — 88. Jahrgang Telegr..«dr.: „«mtsblalt" Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Wiisdnrff« Ta^blertt" erscheint an vL« WerÄr,Ktt» llachnri«SL» d Ber«v»preia: Bei Lbhainng ka tz« «KrschüfisstcLe vsd den Ansgodesteüen 2 AM. im Monat, bet AAftrüvsg d«ch di« Bote.- 2Lo RAl., d«< Bostdeftellnrrtz »°i>«n»<>v-n Wochenblatt für Wilsdruff u llmffegenb P->bd°>cn»»i>»,^ir«»». ' ««hm», ,» j«»-i ge<> ^L,»,ru Im KaU, HStz«r« LrM.il, Ln«, ,d« i»nftc,ci Src-iedtfttrxnz«» dkftkhi k>«» L»i»n>ch »I d« Ks-,-«« »e» — «ü-L!-»»«», ^n,-r«i»»e» vchriüb»-»- «n, »«»» P»r<» Oie neuen Steuern. Das Parlament ist bekanntlich der Boden, auf dem Wohl die seltsamsten Redeblüten entstehen, und gar mancher Parlamentarier kam auf diese Weise zu einem überaus unfreiwilligen Nachruhm, indem die einzige Spur seines Erdenwallcns ein derartiges Zitat darstellt. So trug der vor mehr als zwanzig Jahren verstorbene Ab- ßeordnete Alexander Meyer Zeit seines Lebens daran, daß er einmal den lapidaren Satz geprägt hatte: „Das Bier, das nicht getrunken wird, hat seinen Beruf verfehlt." Weil eben das Bier, ganz anders wie z. B. der Spiritus, «ur zu dem Zweck hergestellt wird, um getrunken zu werden. Diesmal, so schlägt der Reichsfinanzminister vor, sollen wieder beide „bluten", Spiritus sowohl wie Bier, und da wird, namentlich von letzterem, so manches Hekto liter „seinen Zweck verfehlen". Denn die Erhöhung der Biersteuer beträgt dem Vorschlag gemäß 50 Prozent, so daß auf das Hektoliter statt 6 Mark eine Steuer von 9 Mark gelegt werden soll, ansteigend bis zu 12 20 Mark ent brechend der Größe des „Ausstoßes". Schon jetzt ist der Ertrag der Steuer ein für den Neichsfinanzminister an genehm hoher; denn im vergangenen Haushaltsjahr be trug er 360 Millionen, würde also, bei gleichbleibendem Verbrauch, auf 540 Millionen steigen. Andererseits zahlte die Reichsmonopolverwaltung an das Reich für jedes Hektoliter Trinkbranntwein (Weinsprit) eine Abgabe von 830 Mark, soll jetzt aber 400 Mark blechen; außerdem wird oorgeschlagen, die Abgabenermäßigung für jenen Wein sprit, der für medizinische Zwecke bestimmt und der nur halb so hoch besteuert war, aufzuheben, weil offenbar zu viel davon „hinten hernm" für Trinkzwecke verwendet worden ist. Und im übrigen: Wenn das Bier steuerlich .bluten" muß, dann muß aus alter Tradition auch jedes mal der Branntwein dran glauben, weil sonst die „Ab wanderung" zum Schnapskonsum die Bierproduzenten Noch mehr schädigen würde Diese Vorschläge des Reichsfinanzministers haben aber noch ihre besondere Seite. Beide Steuern gehören nämlich zu den „verpfändeten Einnahmen", die an den zuständigen Unteragenten des Neparations kommissars abzuführen sind. Nun besteht im Dawes-Plan die unangenehme Bestimmung, daß die Summe, die „aus dem Reichshaushalt" — nämlich aus den „verpfändeten Einnahmen" — zu zahlen ist, in dem Falle ansteigt, wenn die Einnahmen ans den betreffenden Steuern höher sind als die festgesetzte Summe zuzüglich eines Betrages von 250 Millionen. Dann erhält der Unterkommissar vom Überschuß ein Drittel — und der Ertrag war schon im vergangenen Jahr doppelt so hoch wie die 1250 Millionen, die von Deutschland im laufenden „Rormaljahr" des Dawes-Planes zu zahlen sind. Vorher ist über jene Be stimmung vereinbart worden, daß sie für das dritte und vierte Dawes-Jahr durch eine einmalige Summe von SOO Millionen ersetzt wird: aber die Sache wird anders, Wenn jetzt durch die Erhöhung der Bier- und Branntwein steuer die Einnahmen ganz erheblich steigen. Außerdem spielen die Einkünfte ans den „verpfändeten Steuern" eine erhebliche Rolle für den Fall einer Nachprüfung der deutschen Leistungsfähigkeit auf Grund eines Wähl st a n d s i n d e x es, wie es gleichfalls im Dawes-Plan vorgesehen ist und wodurch eine Heraufsetzung der Zah lungen herbeigeführt werden soll. Man setzt dann primi tiv das Ansteigen der betreffenden Steuereinnahmen gleich einer Erhöhung des deutschen Wohlstandes. Neben der Ausdehnung der Erbschaftssteuer auf das Gattenerbe — ansteigend von 1 Prozent bis 2 5 Prozent — sM auch die Vermögens st euer her aufgesetzt werden. Hier werden die Sätze gleichfalls erhöht, und zwar gleich von Beginn der Besteuerungs pflicht — 5000 Mark — an; statt bisher nur zu einer Höchstgrenze von 6 5 vom Tausend steigt die Steuer auf 7, 8 v. T. Bei dieser vorgesehenen neuen schweren Be- lastung - man erinnere sich z. B. an die heißen Kämpfe nm die Erbschaftssteuer be:m Gattenerbe! — ist cs nur ein geringer Trost, wenn die Einkommensteuer für die mitt leren und höheren Einkommen, nämlich von 8000—44 000 Mark, langsamer ansteigt als bisher; von dem. was über diese Summe hinaus verdient wird, müssen 35 Prozent als Steuer dem Reich zuqeführt werden. Das alles sind allerdings bisher nur Vorschläge und die Kritik an ihnen war heftig; trotzdem weiß der Steuer zahler eines mit genauester Gewißheit: die Steuer- schranbe wird zweifellos ein mehr oder minder großes Stück angezogen Aman Ma- kehrt zurück. Er will den Thron wieder besteigen. Das afghanische Konsulat in Bombay gibt offiziell bekannt, daß auf Bitten der Einwohner von Kandahar und anderer Städte Afghanistans Aman May sich ent schlossen hat, von neuem die Zügel der Regierung zu er- grcifen und die Königswürde anzunehmen. Kandahar bildet jetzt das Hauptguartier einer großen Bewegung für Aman Ullahs Rückkehr, die auch iu anderen Städten des Landes bereits eingesetzt hat. Jie Heerschau hx; kutschen Landvolkes Land m Not. Der neunte R e i ch s l a n d b u n d t a g in Berlin. Der Reichslandbund Hai es stets verstanden, seine großen Jahresversammlungen in Berlin zu Heerschauen des deutschen Landvolkes zu gestalten. Was aber die Tausende von deutschen Bauern in den Riesenhallen des Großen Schauspielhauses und des Zirkus Busch zusammen- suhrte, war die gemeinsame Not, an der Groß- und Kleinbesitzer, Ost- und Westdeutscher gleich schwer zu tragen Not allein aber schmiedet eine Masse noch nicht zu willensstarler Einheit zusammen. Sie muß die Führer haben, die ihr Ziel weisen und Richtung geben. Diese alte Wahrheit wurde jedem erneut greifbar vor Augen gerückt, der in den beiden Riesenversammiungen es erlebte, wie die Reden der drei Präsidenten des Reichslandbundcs, Bauerngutsbesitzer Bethge, Reichslagsabgeordneter Hepp und Reichsminister a. D. Schiele, mit den Zurufen aus der Versammlung zu einer großen Wille nskundgebung zusammenwuchsen. Im Großen Schauspielhaus hielt nach kurzer Begrüßung der Versammlung durch Präsident Schiele, in der bereits der Ernst der Stunde packenden Ausdruck fand. Präsident Hepp die Hauptrede. Einleitend gedachte er der Landkundbewegung, die vor zehn Jahren im „Deutschen Landbund" ihren Anfang ßenommen hatte. Nachdrücklich betonte er, daß heute nicht die Zeit sei, Jubiläen ;u feiern, denn die schwerst: Feuer probe stände noch bevor. Der Aufschwung der deut schen Volkswirtschaft sei nur eine Scheinblüte, denn er beruhe auf erborgter Grundlage, und so drohe im Hintergründe der Sieg des alles beherrschenden internationa len Finanzkapitals. Am sinnfälligsten zeige den deutschen Wirtschaftszerfall die Notlage der Landwirtschaft und ihre wachsende Unrentabilität. Die verantwortlichen Regierungsstellen aber stünden ihr mit müder Resignation gegenüber. Eine um so verderblichere Aktivität aber entfalte die Preußenkasse. Der von ihr propagierte Plan einer Ausfangeorganisation der bedrohten Großgüter des Ostens sei der erste entscheidende Sozialisierungsschritt auf land wirtschaftlichem Gebiete, der dazu einen ganz ausgesprochen bauernfeindlichen Charakter trage, denn er täusche eine T e i l krisis vor. von der Klein- und Mittelbesitz angeblich nicht betroffen seien. Der Reichslandbund dagegen müsse Schaffung eines Besitz- festigungsfonds verlangen, der dezentralisiert angesetzt über dic am ländlichen Kreditgeschäft Beteiligten zur Auswirkung komme. Der Reichslandbuud habe sich schon auf seiner letzten Führertagung nachdrücklich für den Gedanken der Selbst hilfe eingesetzt. Aber man solle auch seine Grenzen er kennen. Es dürfe aus keinen Fall so weit kommen, daß am Ende der Dinge das Wort steht: „Die Nationalisierung ist gelungen, die Landwirtschaft ist tot." Daher sei Staatshilfe die notwendige Ergänzung der Selbsthilfe. Zu fordern sei in dieser Beziehung daS endliche Inkrafttreten der autonomen Zollsätze und die Wiederherstellung des Artikels 12 des Fleischbeschaugesetzes, unterstütz« durch eine Handelspolitik, welche die notwendigen Interessen der Landwirtschaft wahre. Ohne Einschränkung abzulehnen seien die Steuerpläne des Ncichssinanzministeis. Sie verstärkten in dem deutschen Bauern das bittere Gefühl, daß er nur Ausbeutungsobiekt sei eines Staates, der zum Selbst zweck geworden sei. Heute stehe der Bauer an den Pforten dieses Staates und fordere sein Recht. Deutschland ist für ihn längst zu einem „Land Not", wie es der thüringische Bauerndichter Schröer genannt habe, geworden. Land-Not kenne nur ein Ziel „Land-Frei heit". „Land-Rot" verlangt gebieterisch die geschloffene, ein heitlich geführte Bauernfroni, die Notgilde des deut- scheu Bauernblockes. Nach den ungeheuren Leistungen, die das deutsche Volk bereits vollbracht habe, können weitere Leistungen vom deutschen Volke nicht gefordert werden. Das Jahr 1929 werde in jeder. Beziehung ein Schick - salsjahr werden. Lauter denn je müsse daher der Weckruf ertönen: Auf zum Kampfe für die deutsch« Freiheit! — Nach einer Begrüßungsansprache des Vor sitzenden des Nach einer Begrüßungsansprache des Vorsitzenden des Brandenburgischen Landbundcs, Nicolas, ergriff Präsident Bethge das Wort zur Schlutzansprache. Noch einmal kennzeichnete er mit knappen Worten die Lage der deutschen Landwirtschaft: Industrie und Handel, Handwerk und Arbeiterschaft haben sich nach dem Kriege wirtschaftlich fest zusammengeschlossen und organisiert, so daß sie heule gegenüber der Landwirtschaft die denkbar stärkste Position im Gesamtwinschastsleben haben. Dic Landwirtschaft ist heute der einzige Berufs stand, der keinen Preis für seine Produkte nach Nentabilitätsgesichtspunkten fordern kann, sondern dem man einen Preis einfach diktiert, ganz gleich, ob er er damit aus- kommt oder nicht. Es gelte daher das Absatzproblem, unterstützt von eine, landwirischasissördcrnden Schutzzoll- und Handelspolitik, mil aller Kraft zu fördern. Regierung, Genossenschaftler, Kammer» und Berussverbände müssen sich so schnell wie mög lich an einen Lisch setzen, nm die Ausgabe gemein schaftlich zu lösen. Wiederherstellung der Rentabilität sei auch die best« Förderung einer gesunden Siedl ungspolittk Einer Siedlung unter den jetzigen Verhältnissen könne man gerade als Bauer nur skeptisch gegeuüberstchen. Die Festigung des alten Besitzes sei jetzt das nötigste. Zum Schluß wendete sich der Redner gegen Versuche, einseitige Parteipolitik mit Landbund zu vergmcken. Der Landbund sei und bleibe der unabhängige Kampsblock, in dem sich alle Angehörigen des Berufsstandes in straffster Organi- fali^n zusammcnfänden. Präsident Bethge ließ seine Rede ausklingen in e i n Hoch aus das deutsche Vaterland, Welches ein brausendes Echo in der Versammlung fand. Im Zirkus Busch ergriff nach der Eröffnung durch Präsi dent Bethge als Vertreter Ostpreußens der Vorsitzende del Landwirtschafisverbandes Ostpreußen, Strüvn, das Wort. Seine Rede war ein erschütterndes Zeugnis des harten Rin gens des ostpreußischen Grenzstammcs aus seinem vorgescho benen Jnsclposten und eine heißes Bekenntnis zu dem großen deutschen Vaterland. Rach weiteren Be grüßungsworten hielt Präsident Schiele das Hauptrcferat über die Lage der Landwirtschaft. Aus der teilweise noch latenten Krise Anfang 1928 sei die für jedermann erkennbare offene Krise geworden. Vor fünf Jahren stand die Landwirtschaft noch nahezu unverschuldet da. Heute habe sie über acht Milliarden neuausgenommener Schulden. Das bedeutet säst ebensoviel als die jährliche Pro duktion für den Markt ausmacht. Das Tragische dabei sei, daß in den Zeiten der guten Ernte die relativ größte Schuldcnablagerung zu verzeichnen sei. So drohe in diesem Jahre die um 314 Mil lionen Tonnen höhere Getreideernte und die um 5 Millionen Tonnen höhere Kartosselernte infolge der gesunkenen Preise -inen Mehrvcrlust von 149 Millionen Mark zu bringen. Damit bahne sich eine soziale Krisis von erschrecken dem Umfang an: die Proletarisierung des wert vollsten, bodenständigsten S i a a 1 s e l e m e n t e S. des Bauerntums. Die von der Preußenkasse geplante Aussangorgani sation sei nichts als die Ausnutzung der Not und stehe des halb aus dem Boden des Unrechts. Der durch eine antibäucr- liche Wirtschaftspolitik in der Landwirtschaft angerichtete Schaden sei im Gegenteil guizumachen durch Besiyercrhal- iungsaktionen. Dic Konsolidierung der bestehen den S ch u l d v c r h ä l t n i s s e sei dic dringendste Forde rung, obwohl man sich klar darüber sein müsse, daß auch einc sofort durchgesührte Umschuldungsaklion eine unmittel bare Besserung der Rentaüilitätsvcrhält' n i s s e n i ch t b r i n g e n k ö n n e. Die Möglichkeit zu einer schnellen und wirksamen Hilft liege nur aus dem Gebiete der Preisbildung, also der Einnahmeseite der Landwirckchaft. Sie liege bei der Beeinflussung des Markies, bei der Handels- und Zollpoliiu und bei der Absatzregulicrung. Erstes Erfordernis sei dic Drosselung der ii b e r s l ü s s i.g e n L e b.e n ö m.i t t e I