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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.02.1908
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-02-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080211022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908021102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908021102
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-02
- Tag 1908-02-11
-
Monat
1908-02
-
Jahr
1908
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Kmtsvkatt des Rates und des Rotizeiamtes der Lladt Leipzig. Aazeigeu-Preis Mr girier»t, «u» L«tp,m ,»» Umgebung dl» Sgelvalt«»« PelrtgeU» 25 Ps., finanzielle Äozetge» SV Bl-. Nestame» l M ; »»» anilwürl« SV PI.. Neklamev t.2v M.; vornLrMlanLSOM., ftnan» Lnzeige»75PI.. Neklawe» USO M. Inleral-u. BehSrde» lm amtlichen Dell «0Ps Bei In ^gebühr 5 M. p. Dauieno rxkl Post- aedühr «eschLltlanreigen L» bevorrugter Stelle im Preis, erbLhl. stlabatl nach Tarif. Fefterleilr« «uslrfige llnnea nicht »urück- a«»ogcn werden. Für da« Erscheinen au oeuimmran Dagea und Plätze» wird keine Garantie übernommen. Nlltzetgcn.Annahmei Stogustulplatz 8, t«l simllichen Filialen u. allen Annoncen. NDdrLitiooen de« Ja- und Autlanbe«. Hauvl-FUlale Berit» > I«irl Duacker, Herzogs. Baar. Hosttuch. Handlung, Lützowstratze Ul. er«l«vh»o VI, Nr. «SUS). Dienstag 11. Februar 1908. 102. Jahrgang. Das wichtigste vorn Tage. * König Friedrich August ist beute früh 8 Uhr 6 Min. in Begleitung des Fliigeladjutanten vom Dienst zur Beisetzung des Herzogs Ernst von Altenburg abgercist. Die Rückkehr nach Dresden erfolgt heute nachmittag. * Die Särge des Königs und des Kronprinzen von Portugal wurden gestern in die Gruft gesenkt. (S. Ausl.) * In Washington ist ein französisch -amerikani scher Schiedsgerichtsvertrag unterzeichnet. sS. Ausl.j * In der italienischen Kammer wurde gestern die Vereinbar keit des neuen deutschen Weingesetzes mit dem deutsch - ita lienischen Handelsverträge erörtert. siL. Ausl.s j)-vsonalfvagen und ANnisterverairtrvortlichkeit. Als der Justizminister v. Otto in der Honten Kammer des Sächsi- scheu Landtages bei einer Erörterung über die Ernennung des Neffen eines hohen Juftizbcamtcn alle Verantwortung dafür ablehnte und die Bcamtencrnennungen als Prärogative der Krone bezeichnete, bedauer- icn wir an dieser Stelle, daß sich kein Abgeordneter sand, der den Mi nister ans den Z 43 der Berfassungsurkundc hinwies, und ihm das Verfassungswidrige seiner Ansicht vorhielt. ' § 43 der Verfassungsurkunde lautet: „Alle Verfügungen in Re- gicrungsangelegenheiten, welche der König unterzeichnet, müssen vom Vorstande eines Ministerialdepartcments, welcher bei der Beschluß- ne-bme wirksam gewesen ist, in der Reinschrift zum Zeichen seiner Ver antwortlichkeit für die Zweckmäßigkeit und Uebercinftimmung derselben mit den Gesetzen und der Verfassung des Landes, kontrasigniert werden. — Eine solche mit der erforderlichen Kontrasignatur nicht bezeichnete Verfügung ist als erschlichen zu betrachten und daher unverbindlich." Auch die Bestallungsdekrete der Beamten gehören zu den „Ver fügungen in Regierungsangelcgenheiien". In Sachsen werden im Gegen sätze zu Preußen sogar die Offizierpatente vom Kriegsminister geaen- gezcichnct. Wenn der Justizminister seinerzeit seine Verantwortlichkeit für die Ernennung jenes Staatsanwaltes nicht schlechthin vor dem Landtage anerkannte, so widcrstritt seine Auffassung in sehr bedenklicher Weise dem 8 43. Indem der Justizminister o. Otto das Bcstallungs- oelret gcgeuzeichnete, bezeugte er nach dem Wortlaute der VerfaskungS- urku.ldc feine Verantwortlichkeit nicht nur sür die Gesetzmäßigkeit, sondern sogar sür die Zweckmäßigkeit der Ernennung. Daß damals der Justizminister über seinen Rechtsirrtum in einer nicht unwichtigen sicaisrccbtlichen Frage nicht aufgeklärt wurde, bleibt tief bedauerlich. Am 7. Februar 1908 bat sich nun der Jinanzminister in der Ersten Kammer der Rechtsaussassung des Justizministers angcschlossen. Als ihn der Ztandcsberr Dr. Naumann-Königsbrück über die Besetzung einiger Stellen bei den Königlichen Sammlungen befragte, erklärte er, die Besetzung der Stellcn^sei ein freies Recht seiner Majestät. Die Beamten der staatlichen Sammlungen beziehen ihre Gebührnisse aus Landesmitteln, nicht aus der Zivillistc wie die Hosbeamtcn und die An gehörigen der Hosbühne. Darum ist die Anstellung von Beamten bei den staatlichen Sammlungen eine Regierungsangelcgenheit im Sinne vor. 8 43 der Verfassungsurkunde. Auch in der ersten Kammer fand sich niemand, der den Finanzminister über seinen Rechtsirrtum aufklärte. Wenn cs die sächsischen Staatsminister für unzweckmäßig halten, Personalfraaen im Landtage zu erörtern, so sollen sie das unumwunden 'agcn. Es ist nicht zu verkennen, daß im einzelnen Falle manches gegen eine solche Erörterung sprechen kann. Das Ansehen eines Beamten kann unter Umständen in einer Weise Schaden leiden, die seinem Amte nachteilig ist. Das kann insbesondere bei einem Beamten eintreten, der zur Ausübung von Staatsgewaltbefugnissen berufen ist. Bei einem Beamten der Kunstsammlungen kommt eine Gefährdung von Amts interessen natürlich nicht in Frage. Im übrigen hat der Landtag als d:e berufene Volksvertretung allein darüber zu befinden, tvas er im Rahmen seiner Zuständigkeit im Plenum und in voller Oeffentlichkeit erörtern will.^Sind bei der Ablehnung einer Auskunft für den Minister Gründe der Staatsraison maßgebend, so mag er sie angeben. Seine Ablehnungsgründe müssen aber stets mit dem Geiste der Verfassungs urkunde im Einklänge stehen. Hierüber peinlichst zu wachen, ist eine heilige Pflicht des Parlaments. Uriueipiis odsta! Deutsches Reich. Leipzig, 11. Februar. * Urbcr die Mittclmcerreisc drS Kaisers werden immer wieder neue Meldungen verbreitet. Wir registrieren beute folgende auS Konstantinopel: „Da es als feststehend gilt, daß Kaiser Wilhelm bei seinem Aufenthalt auf Korfu auch dem Wilajet Janina einen Besuch abstatten wird, so hat der Sultan den dortigen Gouverneur angewiesen, die Straßen instand zu setzen und das Militär neu zu equipieren." --- Znm Tode des Herzogs von Altenburg Gestern abend ver sammelten sich in de: Schloßkirche um den Sarg des entschlafenen Landesherrn der Herzog Ernst II., die Prinzen Joachim Albrecht und Friedrich Wilhelm von Preußen, sowie der Staateminister v. Borries, der Oberhosmarschall v. d. Schulenburg und ein kle ner Kreis der Dienerschaft, um Abschied vom Verstorbenen zu nehmen und Zeuge zu sein, wie der zinnerne Sarg verlötet und dann in den Sarg von Eichen holz gesetzt wurde, der gleichfalls verschlossen ward. Nachdem dies ge schehen, begaben sich die Fürstlichkeilcn wieeer in ihre Gemächer zurück, und nur Offiziere und Kammerhcrren verblieben zum Ehrendienst in eer Kirche. Der Verkehr in den Straßen der Start wächst von Stunde zu Stunde. * Prinz Eitel Friedrich in Paris. Aus Paris w'rd vom gestiigen Abend gemeldet: Prinz Eitel Friedrich und General von Lindequist sind nm 10 llbr 45 Min. hier eingetroffen. Als der Prinz mit dem Fürsten Ravolin in der Halle des Orleansbahnkofö erschien, begrüßten ihn leb hafte sympathische Zurufe der «ehr zahlreichen Menge, die trotz der er heblichen Zugverspätung die Ankunft des Prinzen erwartete. Der Prinz und die Herren seiner Begleitung verbringen die Nacht im BabnbosS- hotel Orsay. Die Rückreise nach Berlin ist für DienStag mittag vorgesehen. * Fürst Bülow geht es, wie die „Jus." erfährt, gesundheitlich besser, ,o daß man „«einer Wiederherstellung in nicht ferner Zeil wohl enigegenseben kann. Gegenwärtig muß der Reichskanzler noch das Bett hüten. Die leichte Influenza, die ibn befallen bat, nimmt einen gut artigen Verlaus". DaS klingt zwar für die Zukunft beruhigend — läßt aber kaum erwarten, daß der ReichskanAer morgen beim Festesten des Deutschen LanowirrichaftsratS alter Gewohnheit entsprechend sein „agrarisches Herz" wild reden lassen können. Uebrigens befchäftigt man fick jetzt, wie die „Liberale Korrespondenz" mit teilt, in manchen politischen Kreiien mit der Frage, wer Bülows Nachfolger werde. Nicht als wenn sein Gesundheitszustand zu dieser Frage nötigte, sondern weil man ann'inmt, daß cs ihm richt mehr allzulang gelingen werde, rer innerpolitisch n Schwierigkeiten Herr zu werden, selbst wenn er die Kinanzkrisis zu lösen imstande ist. Die genannte Korrespondenz meldet man nenne die Namen des Armee- mspekleurs Freiherr» von der Goltz und des früheren schlesischen Ober Feuilleton. Man vergilt einem Lehrer schlecht, wenn man immer nur der Schüler bleibk. Niegschc. * Revolution in Englands Schatzkammer. England, das Ostindicn, das märchenhafte, reiche, zu feinen kolo- nisatorlichen Besitzungen zählt, mußte oft in zäher und blutiger Gegen- wehr "die Erhaltung dieses eroberten Landes verteidigen. Und keine Episode ist von tieferer Bedeutung gewesen, als der große Ausstand im Jahre 1857. Es bedurfte aller Kraftanstrengung, die den Engländern nur möglich war. um der Eingeborenen, die mit Fanatismus nicht nur für ihr Vaterland, sondern auch für ihren religiösen Kult in die Bresche sprangen, wieder Herr zu werden. Allzu große Sorglosigkeit, mit de: die Vertreter der englischen Macht die gärende Empörung in Volk und Heer übersehen hatten, rächte sich nun auch an den Ucberrumpelten, an verschiedenen Orten waren sie umzingelt und von rettenden Hilfshccrcn ebgeschnitten, ehe sie noch zur vollen Erkenntnis ihrer Lage gekommen waren. Und die wurde noch verschlimmert durch die Ueberichätzung der Treue, die sie von der Sepoyarmee erwarteten. In festem Vertrauen aus diese Armee hatte man die Besetzung der größeren Städte und Festungen durch europäische Truppen nicht einmal für nötig gehalten, die englische Garnison in Indien betrug 38 000 Mann, während die der eingeborenen Truppen 200 000 Mann zählte, wobei noch in die Wag schale fiel, daß die Sepoys fast die ganze Artillerie in Händen hatten. Gewaltakte der Engländer, die indische Königreiche annektierten, wenn die Besitzer gestorben, oder den Nachkommen indischer Könige, die gegen eine Rente ihre Rechte abgetreten hatten, Pensionen unklug strichen, batten den .Haß geschürt; ein Funke genügte, ihn cmporlodcrn zu lassen. Diesen Zündstoff fanden die Sepoys in der Einführung neuer Patronen, die, wie sic glaubten, mit Talg von Kühen und Schweinen cingefettet waren. Dieie Patronen zu berühren, war ihnen nach den Vorschriften ihrer Religion, die das Töten einer Kuh erbarmungslos mit Strafe be- drohte, aufs strengste verboten; sie gingen dadurch ihrer Kaste ver- lustig. Schon vorher hatte man ihr religiöses Gefühl auss tiefste ver letzt, da man den indischen Witwen die Wicdcrverheiratnng gestattete, jetzt fand die listig verbreitete Kunde, die Engländer gingen mit der Ab sicht um, sie alle zu Christen zu machen, in ihnen leicht Gläubige. Die Engländer sollten bald spüren, wo sie die größten Torheiten be gangen hatten: dort, wo sich jetzt die beiden größten Tragödien abt'piel- tcn. In Catvnpore, am Ganges, hatten sie große Mengen Kriegs- material ausgespeichert; außerdem hatte die Bezirksverwaltung ihren Sitz in Cawnpore. Trotz ihrer Wichtigkeit war auch diese Stadt schlecht beschützt; tast ihre ganze Besatzung beitand auS eingeborenen Truppen. General Wheeler, der Kommandant, vertraute fest auf die Treue «einer Sepoys, und um ihr Ehrgefühl nicht durch Mißtrauen zu kränken, zögerte er auch dann noch, besondere Vorkehrungen zu treffen, als der Auiruhr nach der Einnahme von Delhi beinahe schon vor den Toren der Stadt war. Erst durch einen telegraphischen Befehl der Regierung ließ er Och j dazu bewegen, notdürftige Bcsestigungsaibeiten gusfiihren zu lassen, die 1 selbst heldenhafter Verteidigung den Widerstand unmöglich machten. Aber die Sepovs machten gemeinschaftliche Sache mit Nana Sahib, den die Engländer unter der Maste der Freundschaft genau so verkann ten, wie die indischen Soldaten, die sie bei der ersten Gelegenheit ver rieten. Den Maharadscha von Bithoor, Teerck Thundu Punt, allgemein Nana Sahib genannt, hatte sich die Regierung zum tödlichen Gegner gemacht, als sie sich weigerte, ihm als Erben seines Adoptivvaters die be willigte Pension weiter auszuzahlen. Die indischen Regimenter der Be satzung von Cawnpore empörten sich und der Nana schloß sich ihnen an. Tic Sepoys hatten sich aus den Weg nach Delhi gemacht, um dort zu ihren Kameraden zu stoßen. Nana Sahib überredete sic.indes, nach Cawnpore zurückzukebren, wo sie alsbald die .Häuser der Europäer in Brand steckten und alte Christen ermordeten. Unter Trommelwirbel ließ sich der Nana zum Herrscher der Mabratlas cmsrufen und schlug seine Residenz in Cawnvore aus. Tie Engländer hielten sich mit großer Braoour zwanzig Tage lang hinter ihren fast lächerlichen Verschanzungen: Erdwällen, die nicht ein mal kugelsicher waren, dann wurde die Not so unerträglich, die Leiden der Verwundeten, der Frauen und Kinder so herzzerreißend, daß Gene- ral Wheeler sich entschloß, zu kapitulieren. Er nahm ein Anerbieten des Nana an. der versprach, allen denen, die nicht an Ken Handlungen der früheren Regierung beteiligt, und gewillt seien, die Waffen niederzulegcn, freien Abzug . .Hinter dieser Zuvorkommenheit schlummerte der Verrcu. Schon als die Abziehenden sich zu den Booten begaben, wurden die Sepoys, die treu bei ihren Offizieren ausgehaltcn hatten, er griffen und getötet, Zn verwundeter Offizier aus der Sänfte gerissen und von seinen eigenen Leuten niedcrgcmachk. Tas gleiche Schicksal wurde seiner Gattin bereitet, die ihn begleitete. Ais aber die Unglück lichen die Boote gewonnen hatten, erscholl gleichzeitig mit dem Befehl zum Abstößen ein Hornsignal. Aus dieses Zeichen sprangen die eilige- borenen Ruderer der Boote über Bord, während aus dem Dickicht ani User ein Hagel von Kanonen- und Flintcnkugeln sich auf die Boote ent- lud. Vergeblich versuchten die Ueberfallencn die Booie in Bewegung zu setzen — bis auf drei saßen olle fest auf dem Sande. Während man sich noch damit abmühte, gerieten ihre Strohdächer in Brand. In wenigen Augenblicken waren alle Verwundeten und Kranken ein Opfer der Flammen geworden. Wer gesunde Glieder hatte, sprang ins Wasser und suchte hinter den Booten vor den mörderischen Kugeln Schutz. Ver geblich! Jetzt sprengten auch die Reiter, von Tantia Topce, dem General des Nana angescuert, in den Fluß und bieben aus die Unglücklichen ein. Nur drei Boote entkamen und von ihren Insassen entgingen nur vier den sie verfolgenden Rebellen. Noch hinterlistiger und grausamer ver fuhr der Nana mit den Frauen und Kindern, deren Leben er zu schonen befahl. Etwa hundcrtundzwanzig von ihnen wurden aus dem Wasser geholt und in ein Haus des Nana gebracht: hier ließ er sic dann, nach einigen Wochen bitterster Not, von fünf gedungenen Mördern heimlich niedermctzeln. Tic Tragödie von Cawnvore war zu Ende. Tic andere, nicht minder traurige Evisode des indischen Ausstandes spielte in Lucknow, der Hauvtstadt der Provinz Oudc, deren Ver- waltnng die Engländer ein Jahr vorher übernommen hatten. Ein Tagebuch der Lady Inglis, der Gattin des zeitweiligen Kom mandanten von Lucknow, gibt über alle Einzelheiten genaue Beschrei- düngen. Trei Monate stielt sich die kleine Schar der Engländer in. Lucknow, täglich wurde ihre Zahl dura, feindliche Kugeln und ver heerende Krankheit herabgcmindcrt, die Vorräte an Munition und Nah präsidenten Fürsten Hatzfeld. Ersterer habe indessen keine Neigung zu einem politischen Amt und Fürst Hatzfeld käme als Katholik nicht in Betracht des Zentrums wegen. Auch sonst scheint uns Hatzfeld als Bülows Nachfolger wenig wahrscheinlich. kx Deutscher Lan-wirtschaftSrat. Zum Gesetzentwurf über den UnterstüyungSwohnsitz wurde eine Resolution von Paiocki-Bledau an- genommen, die dabin gebt, die Altersgrenze sür den selbständigen Erwerb und Verlust des Unterstützungswohnsrtzes, welche jetzt auf Las vollendete 18. Lebensjahr festgesetzt ist, und von dem Entwurf aus das vollendete 16. Jahr herabgesetzt wird, noch weiter auf das vollendete 14. oder wenigstens 15. Lebensjahr herabzusetzen. Ferner wurde eine Resolution Wangenheim angenommen, die lautet: „Gegenüber der vollen Frei zügigkeit sind die bisherigen Bestimmungen über den Unter- IlützungSwohnsitz nicht mehr haltbar. Bei der beabsichtigten Aendcrung des Gesetzes über den Unterstutzungswobnsitz wirb zu erwägen sein, ob cs sich nicht empfehle, schon jetzt die Einführung des Unterstützungs wohnsitzes lediglich auf die Wohn- bez. Arbeitsgemeinden und die Unter- stützungspflichr von den Lokaloerbänden auf die Landesverbände zu über tragen." Am Nachmittag verhandelte man über das Biehseuchengesetz. Angenommen wurden die Antrage Rantzau-Restorff, die Pseroe- Jnfluenza unter die anzeigenpflichtigen Krankheiten aufzunehmen und Antrag Envell, die Reichsregierung um Aufnahme einer Bestimmung in das Gesetz zu ersuchen, nach der es der Polizei gestattet sein soll, öffentliche Wege vorübergehend zu sperren, falls dadurch die Feldarbeit aus gesperrtem Gebiet erleichtert wird und eine Belästigung des Publi kums ausgeichlossen erscheint. Im übrigen hatte der Ausschuß folgende Sätze ausgestellt: I. Der Beschluß der ReichSlagSkommission, sämtliche Kosten auf den Staat abzuwälzen, erscheint geeignet, das Zustande kommen des im Interesse der Seuchentilgung erwünschten Gesetzes zu erschweren. Eine möglichst reichliche Bemessung der zu gewährenden Entichädigungen und eine schonende und verständnisvolle Handhabung auf feiten der ausführenben Behörden wird das Gesetz den Landwirten erträglich machen. II. 1. Die Anzeigepflicht bei der Rinvertuberkuloie ist auf die äußerlich erkennbare Form zu beschränken. Die einzelnen An zeichen dieser Tuberkulose sind in die AuSsührungSanwersung aufzunebmen. 2. Bei Rindertuberkulose ist die Entschädigung zu bemessen ohne Rücksicht auf den durch die Krankheit verursachten Miuderwert. * Zentrum u»d ReichSfinanznAle. Auf dem westfälischen Parteitag der Zentrumspartei erklärte ver Abgeordnete Herold in seinem Referat über dir politische Lage, daß das Zentrum entschiede» dagegen protestieren werde, daß das Defizit der Reichsfinanzen wieder durch neue Anleihe» gedeckt werde. Für die Ausgaben müßten Einnahmequellen zur Deckung aufgesunden werden. * Ter verricht auf »ie Uniform. Der Vertreter des Kriegs ministers batte im Reichstag gelegentlich der Angriffe auf das Militär- kabineit und reffen „Willkür" im Vorgeheu bei Verabschiedungen her- vorgeboben, der Verzicht auf da« Recht zum Tragen der Uniform sei gestaltet, solange der Antragsteller den Pflichten gerecht werde, zu deren Erfüllung er sich bei seiner Stellung des Gesuches aus Gewährung jenes Rechtes bereit erklärt habe. Graf Rohde glaubt in einer Zu schrift an das „B. T." bestreiten zu können, daß diese Darstellung zutreffend fei und führt dafür als eigene Erfahrung folgendes an: „Mein Gesuch um Verzicht auf die Uniform war die Folge davon, daß man mir auf Betreiben des Militarkabinetts in einem Ehrenhandel zugunsten meines schwer belasteten Gegners das mir durch die aller- böchsten Bestimmungen zngesicherte Recht der „Anhörung" vorenthaltcn hatte. Obgleich ich also nichts verlangt batte als mein gutes, mir durch den "Willen des allerhöchsten Kriegsherrn zugeslchertes Recht, führte daS Gesuch doch zu meiner ehrengerichtlichen Verurteilung. Nachträglich stellte es sich heraus, daß mau im Mililärkabinett über rungsmitteln gingen zu Ende' ihr Mut hielt die Ueberlebenden mit hel denhafter Zähigkeit bei den Vcrteidigunaswerken und in verzweifelten Beratungen faßten sie den Entschluß, sich im Falle der Ucbcrwältiaunc, mit den Siegern zugleich in die Lust zu sprengen. Schon am 4. Augnll war das Eintreffen des Entsatzheeres gemeldet worden, aber am 24. August sendet General Havelock von dem wieder eroberten Cawnpore aus einen Brief an den Kommandanten, daß er mindestens noch einen Monat auf frische Truppen warten müsse. Die eingeborenen Soldaten und Diener desertierten, wo sich nur eine Gelegenheit bot; an den Wän den liehen sie die erklärende Inschrift zurück: „Weil ich kein Opium habe". In den Trümmern der Ltadt, die znsammengeschosscncn Laza- retten glichen, so viele Kranke und Verwundete lagen in den Mauer resten unter freiem Himmel umher, wohnte indes immer noch die Hoff nung aus den Entsatz. Als er endlich eintras, war die Einbildung der Belagerten so stark, daß sie auf unbegreifliche Entfernungen die Nähe der Freunde ahnten. In der englischen Dichtung ist eine Evisode vom Ende dieser Schreckenstagc oft behandelt worden. Es wird erzählt, daß Jessic Brown, eine junge, schottische Soldatenfrau, die, vom Fieber ergriffen, krank aus dem Erdboden ausgestreckt lag, plötzlich in freudiger Erregung aussprang und behauptete, die Musik der Hochländer in der Ferne zu hören. Niemand außer ihr konnte in dem Donner der Kanone» den Klang der Sackpfcifen unterscheiden, aber sic bestand auf ihrer Be hauptung und erkannte sogar den berühmten schottischen Marsch: „Hie Osnis-Kellü are ccxning". Die Hochländerin hatte den Klang ihrer Na- tionolmunk aus fast unglaublicher Entfernung erkannt. Aber als das Entsatchecr schon vor den Toren von Lucknow stand, mußte Oberst Inglis angenchts des Feindes bekennen: „Wir sind noch nicht entsetzt!" Schließ lich gelang cs den Hilsstruppen, mit großen Verlusten zu den Eilige- schloisenen in die Stadt zu kommen und erst Mitte November überließen die Engländer den Platz, den sic hartnäckig behauptet batten, widerwillig dem Feinde. Ein Machtspruch des Oberbefehlshabers hatte dekretiert: „Sofortige Ausgabe". Heimlich und mit großen Schwierigkeiten wurden die Verwundeten, Frauen und Kinder nach Kalkutta gebracht und von da 'n die Heimat eingeschisft: am 22. November um Mitternacht verließ auch die Garnison in tiefster Heimlichkeit und Stille den rauchenden Trümmerhaufen, an dessen Stelle früher Lucknow gestanden. Dem Taqebuch der Ladt, Inglis ist in der deutschen, von Ernst Schultze im Gutenberg-Verlag herausgegebenen Ausgabe noch das Tage buch des Sergeanten Forbes-Mttchcll angefügt, das in den Mitteilungen über den indischen Ausstand des Jahres 1857 bei dem Zeitabschnitt an sängt, wo die Auszeichnungen der Ladn Inglis endigen. Mitchell schildert die zahlreichen Zusammenstöße, erzählt Episoden, die zeigen, welche ge fährliche Fallen der schlaue Feind den englischen Soldaten legte. So ein mal als überrumpelte Sepoys in einer Moschee des Gebäudes, aus dem sie vertrieben wurden, ein regelrechtes Pulvermagazin — nebst Bomben und Zündschnuren etablierten in der nur zu sehr aerechtsertigten Hoff nung, die müden Engländer würden nicht erst lange die Räume unter- suchen, sondern sich zur Rübe begeben und dabei, wie gewöhnlich, ihre Feuer anzündcn. D-obei rechneten die Sepoys sehr aus irgendeine kleine Unvorsichtigkeit, die bewirken sollte, daß die gglwßtcn Gegner samt und kondcrs in die LuU flogen. Sic hätten sich auch nicht verrechnet, wenn nickt Mitchell zusällig den Pulvervorrat entdeckt batte. Mit der Prokla mation der Königin Viktoria, durch welche die Regierung Indiens von der Westindischen Gesellschaft ans die englische Krone übertragen wurde, endeten die Kämpsc im weiten Gebiete Indiens und die drill-
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