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Mittwoch. Nr. 421 17. November 18SL. Leipzig. Die Zeitung erscheint mit Ausnahme de» Montags täglich und wird Nachmittags 4 Uhr auS- gegeben. Preil für das Viertel- jahr I'/, Thlr-; jede ein zelne Nummer 2 Ngr. Deutsche Allgemeine Zeitung. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Zu beziehen durch all« Postämter des In- und Auslandes, sowie durch die Expedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Jnserttonsgebüh» für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Die Zoll- und Handelsfrage. Der Triester Zeitung wird untcrm 8. Nov. über die Wiener Zoll- conferenz geschrieben: Man spricht von Vorlagen, welche unsere Negie rung der Zollconferenz in der vorletzten Sitzung gemacht habe, in denen neue und bestimmte Modalitäten zur Ermöglichung einer Verständigung ent halten wären, während vorläufig nur auf die unbedingte Annahme eines Handelsvertrags zwischen Oesterreich und dem Zollvereine hingewirkt würde. Immer wird aber der Abschluß desselben der Erneuerung der Vereinsver träge vorausgehen müssen. — Der augsburger Allgemeinen Zeitung schreibt man aus Wien vom 11. Nov.: Preußische Blätter melden wiederholt und mit allerlei Details die auch in die hiesigen Journale übergegangene, völlig ungegründcte Nach- richt von einem definitiven Abschluß des Zollvereinsvertrags zwischen der königlich preußischen und der herzoglich braunschweigischen Regie rung. Hier weiß man aus zuverlässiger Quelle, daß weder in Braunschweig, noch in Hannover, noch auch in den Thüringischen Staaten bisjetzt irgendein entscheidender Schritt in dieser Hinsicht geschehen. — Die ministerielle Magdeburger Correspondcnz schreibt aus Halle vom 13. Nov.: Unter dem unglücklichen Zwiespalte in der handelspolitischen Frage leiden die materiellen Interessen der Staaten auf eine bcdauernswerthe Weise. Wie Baiern den Anschluß der projectirten Halle-Lcipzig-Gera-Schleizer Bahn in Lichtenfels verweigern will, versagt, wie es heißt, Kurhessen die Geneh migung des Anschlusses der projectirten Halle-Nordhausen-Kasseler Bahn in Kassel. Preußen läßt sich indessen weder hier noch da in seinem Wege be irren. Es wird nun wenigstens eine kürzere Bahn zur Ausführung kom- men, welche Nordhausen und die Goldene Aue mit Halle re. in Verbindung bringt. Die Vorarbeiten haben bereits begonnen. Deutschland. *** Berlin, 15. Nov. Der Besuch des Prinzen Wasa am hiesigen Hofe hat Manchem Veranlassung gegeben, ihn mit dem so ost erwähnten Projcct einer Heirath der Prinzessin Carola und dem Prinz-Präsidenten in Verbindung zu bringen, während man doch gerade hier an gutunterrich teten Stellen behauptet, daß eine derartige Verbindung bisjetzt weder ver abredet noch eingeleitet worden sei. Dagegen soll die Mission des am Mün chener Hofe beglaubigten griechischen Gesandten Konstantin Skhinas nicht bloß den Zweck gehabt haben, das hiesige Cabinet zu Gunsten der Nachfolge des Prinzen Adalbert auf den griechischen Thron zu stimmen, sondern gleichzeitig ein Vcrmählungsproject zwischen diesem Prinzen und der ältesten Tochter des Prinzen Karl in Anregung zu bringen. — Den Verhandlungen des jetzt wieder in Wien tagenden Zollcongresses wird hier fortwährend die größte Aufmerksamkeit geschenkt und man trifft auf alle Eventualitäten Vorbereitungen. In den Ministerialsitzungen ist sogar schon die Aufstellung eines bestimmten, auf die Grundsätze der Gesetzgebung von 1818 basirten, dem süddeutschen entgegengesetzten Programms zur Sprache gekommen und hat warme Vertheidiger gefunden. — In mehren Blättern ist von einer angeblichen, durch den Obcrkirchenrath behufs der Neber- nahme der Verwaltung des evangelischen Kirchenvermögens im Ein- verständniß mit dem Kultusminister ausgearbeitcten Denkschrift die Rede gewesen, cs kann dies indessen als völlig irrig bezeichnet werden, da dazu eine völlige Reorganisation der kirchlichen Oberbehörden nöthig wäre, und hieran wird augenblicklich von keiner Seite gedacht. Berlin, 15. Nov. Durch königliche Verordnung vom 13. Nov. sind die Kammern auf den 29. Nov. nach Berlin einberusen. — Für die I. Kammer fehlte bisher noch ein Abgeordneter. Es ist dies nach der nun eingegangenen Nachricht der Oberst Holfelder, Comman- deur der 2. Jnfanteriebrigade, der für den 2. Wahlbezirk der Provinz Preu ßen gewählt worden ist. Aus Halle erfahren wir, daß der Landrath a. D. v. Bassewitz das Mandat für die I. Kammer abgelehnt hat. Für die ll. Kammer haben in Halle die Abgg. Wentzel und Jacob, die auch an derweitig gewählt sind, abgelehnt. Man will dafür Hrn. Baumstark und den Frhrn. Heinrich v. Arnim wählen. Die Abgg. zur I. Kammer Berg haus und Vom Nath haben in Köln abgelehnt. — Die Neue Preußische Zeitung meldet aus Berlin: Die Frau Grä fin Thun, Gemahlin des österreichischen Gesandten am Bundestage, war einige Tage hier anwesend und hat sich gestern früh auf die gräflichen Be sitzungen nach Böhmen begeben. * Posen, 15. Nov. Zu der am 10. Nov. hier stattgesundcnen Wahl eines Deputirten für die I. Kammer durch den hiesigen Gemeinderath hat ten die Deutschen, die Polen und die Juden ihre Candidaten aufgestellt, ja Letztere verlangten in einer gedruckten Ansprache von den Erster», daß sie dem jüdischen Candidaten, Stadtrath Mamroth, deshalb ihre Stimme ge ben sollten, weil sie bisher immer mit den Deutschen gestimmt hätten und weil es im Werke sei, während der diesmaligen Kammcrscssion den Juden die ihnen durch das Staalsgrundgeseh zugcsicherten staatsbürgerlichen Rechte zu schmälern. Inzwischen blieb diese Ansprache erfolglos und der jüdische Candidat in der Minorität. Dies veranlaßte die jüdischen Mitglieder des Gemeinderaths, beim fortgesetzten Scrutinium dem polnischen Candidaten, Hrn. Pilaski, die Stimme zu geben, sodaß dieser aus der Wahlurne hervorge gangen ist. Die Polen triumphiren und glauben nunmehr die Deutschen, welche seit Jahren behauptet haben, Posen sei eine deutsche Stadt, demen- tiren zu können. Ucberhaupt wird dieses Compromiß zwischen den Polen und Juden für unsere Stadt von großem Nachtheil sein, da nunmehr zu besorgen ist, daß im Gemeinderath die Deutschen fortan immer unterliegen werden. Doch ist zu hoffen, daß diese unnatürliche Verbindung nicht von langer Dauer sein werde, da der Pole den Juden zu wenig achtet und dies auf die Länge nicht wird verbergen können. — Im Königreich Polen fin- den wieder Truppenbewegungen statt und in Kalisch und Umgegend, wo seit einem halben Jahre fast kein russischer Soldat gesehen worden, er wartet man nunmehr wieder ein ganzes Armeecorps. *Aus Schlesien, 13. Nov. Es hat in unserer Provinz ebenso großes Erstaunen als Misbilligung erregt, daß der Abgesandte Breslaus bei der Generalversammlung der katholischen Vereine zu Münster öffentlich er klärte, daß sich der Katholicismus in Schlesien in einem beklagenswerthcn Zustande der Unterdrückung und Hülflosigkcit befinde. Wenn nun auch ein Deputirter aus Nassau die Extravaganzen dieser Behauptung rügte, so konnte es doch nicht fehlen, daß unsere Provinz in den Augen der bigotcn und minder gebildeten Mitglieder jener Versammlung tief herabgesetzt wurde. In dem Augenblicke, wo die Jesuiten frei ganz Schlesien durchziehen und ungehindert wirken; in einer Provinz, wo das Nömerthum die Liechtenstein'- schen Dragonaden vollführen konnte; wo es heute noch, ähnlich, wie im entgegengesetzten Sinne in Irland, ganze große Landstriche gibt, in welchen mitten unter einer fast ganz evangelischen Bevölkerung die Katholiken die den Evangelischen früher gehörigen Kirchen und Kirchengüter besitzen, weiß man nicht, wie man die Aeußerung eines schlesischen Katholiken bezeichnen soll, daß hier der Katholicismus sich in dem Zustande der Unterdrückung be fände. Freilich schickt man hier nicht protestantisch Gewordene ins Gesäng- niß, und insofern befindet sich allerdings die römische Kirche hier in der „Unterdrückung", weil sie nicht frei nach ihren kanonischen Ketzergesetzen leben kann. *Aus der Provinz Sachsen, 11. Nov. Der bekannte Hr. v. Flo- rencourt will jetzt Preußen ganz verlassen und sich für immer in Wien niederlassen, wo er schon längere Zeit wohnt. Er Hal sein Garten- und Weinbergsgrundstück bei Naumburg unter billigen Bedingungen zum Ver kaufe ausgeboten. Wie er bereits vor ein paar Jahren, ist nunmehr auch seine Frau und gesammte Familie zum Katholicismus übergetreten. Stuttgart, 12. Nov. Das Deutsche Volksblatt sagt über den ver storbenen A. Schoder, den Führer der Linken, der auch in der Frankfur- ter Nationalversammlung eine hervorragende Nolle gespielt: „Schoder galt mit Recht für die bedeutendste Persönlichkeit seiner Partei; sein Nednerta- lent ist unbestritten, und als Präsident der Landcsversammlung wußte er sich durch Unparteilichkeit und Umsicht die Achtung seiner Gegner zu erwer ben, während seine später hervorragende Thätigkeit vor den Geschworenen ihm in der öffentlichen Meinung eher geschadet hat. Die Grundsätze, für welche der Verstorbene wirkte, waren zwar nie die unsern und wir haben wäh rend seines Lebens kein Hehl daraus gemacht, daß das Land kein Heil von ihnen zu erwarten hat. Auch find wir nicht der Ansicht, daß das Behar ren in einer falschen Richtung Lob verdient; indessen hindert das nicht in einem politischen Charakter, der in ungünstigen Verhältnissen seiner Neber- zeugung treu bleibt, gegenüber so manchen Hinfälligkeiten die Mannhaftig keit zu ehren." Karlsruhe, 10. Nov. Dem Schwäbischen Merkur wird geschrieben: Der Regent hat den Ritter Appert in einer Privataudienz aufs freund lichste empfangen. Die Minister haben sich beeilt, die Besuche des Gastes in allen öffentlichen Anstalten, Gefängnissen, Spitälern ic. zu erleichtern, welche der Ritter Appert mit Befriedigung besucht hat. Der Regent hat die Widmung eines neuen Werkes Appert's „über die Erziehung der Für sten und der Neichen" angenommen. Frankfurt a. M., 11. Nov. Die Taktik mancher Parteien ist wirklich nicht nur politisch, sondern auch moralisch rein uncrklärbar. Als die Gefahr in unserm kleinen Staate vorhanden war, daß bei den Wahlen zum neuen Gesetzgebenden Körper die äußerste Neaction siegen könne, hielt sich die sogenannte demokratische Fraction von den Wahlen zurück. Als die sogenannten Gothaner die Ucbcrzahl der Wahlmänner bildeten, versuchten trotzdem die Organe jener Fraction den Beweis zu führen, als hätten ihre