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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 05.10.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-10-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19101005016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910100501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910100501
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-10
- Tag 1910-10-05
-
Monat
1910-10
-
Jahr
1910
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Bezugs-Preis lt: 7» 4 i vtertilithrl. »«< v«rch »t, Dr»itch^ia»4 »» 8 K,l»«iie» «trrOljähN. » 4* U4 <A »ultchl. Postd«tzell«Z >» >v«l»t«n, Dtnrmark, d«» D> It-Ii««. L»E>Imm, «trd/ lUmt«, »d»»»«wem^l»»«d>«. Ü»«»k»4»l«tz 8, txt m4«*» lrtai», stUtotr». vvduiü« IU» I»u»u Piftämlmi «» BrZiftrt,««». It«»«I»»rk«>i4»r<«4 »« «»««»> »ul«»»» 10 d« <ld«ad«»4g«b« 4^, >td«ktt»» »d GrschäftskiL« 3»d4»«ilt,»II« 8. 8«»V»ch«, 14ML 14S», l4«4. Morgen-Ausgabe. KiMer Tageblatt Handelszeitung. Amlsökatt -es Rates und des Nolizeiamtes Ser Stadt Leipzig. Anzeigen-PrciS Mr Jnterale au« ««i»»i> und Um-,«»ai«q dt, 8ge<^a!«ene 80 mw 4ret«i Prtit^I« 2S di« 74 ww drrU« 4rra»me»ea« i^ss »an »»«wärt« 8V H, M«0»men l.w ^4, Juirrate »»» vrdtrdr» » «mtltch«, L«I »t» 74 uuu drrit» Prtit^il« 4V »r1ck>4'l«an4«iar>> «<» B>a»»«r1chrift«> m» t» »e, >b«nda»4aad« im Preil« erbödt. »tabali nach Lails. Seilage-edüdr d ». Laoten» «xkl. PollzebLtzi. F«fterreUt» AuirrLa« kbnarn incht ,orSck» i«jo,eu werden, Für da« irlchelneu «a besliMmle» Lagen und Plätzen Wirtz kein« Slaranti» üdernswmen. Antzeigm-tzlnnahme, UazsftiiOptatz tz«, ILmklichen Filialen u. allen «nnoncen- »lpedUianen de« In. und «u«lande4. Hantzt.-iltale ««,»,: T«rl LunSer. Herr^i. v»,r. Hal»»»- dandlung, Lützawftrat« IL iTelevtzon Vi. «r. 4MH. Hauvt-Filtale Dersde« Seevratze 4,t lTelephaa «8244 l04. Jahrgang Nr. 27S Mittwoch, üen 5. Oktober 1910. Das Wichtigste. » Die Einigungsoerhandlungen in der deutschen Metallindustrie wurden in einer Sitzung am Dienstagvormittag fortgesetzt. Die Arbeitgeber machten einige Konzessionen. (S. Dischs. R.) * Auf der 20. Hauptversammlung des Bundes deutscher B od e n r « f o r m e r in Gotha wurde am Dienstag über das Thema „Reichs wertzuwachssteuer" verhandelt, wobei Adolf Wagner den Hauptvortrag hielt. (S. d. bes. Art.) * Bon den bei dem Moabiter Aufruhr Verletzten ist gestern ein organisierter Arbei ter gestorben. (S. Tageschr.) » Zn Frankfurt a. M. wurde ein junger Be amter der Darmstädter Bank verhaftet, der verschiedene Frankfurter Banken fortgesetzt durch g e fälschte Unterschriften um hohe Beträge geschädigt hatte. (S. Tageschr.) * Zn München wurde die erste bayrische Handelshochschule eröffnet. (S. Kunst u. Miss.) * Der Direktor des Konservatoriums in Novara fand die Partitur einer unbekannten Oper ..Zl Cavaliere Ergaste" von Pergo - l c s e. (S. Kunst u. Miss.) Lmlls. Herr v. Kiderlen-Wächter hat soeben dem Vaterlandsfreunde eine seil Jahren nicht mehr gekannte Freude bereitet: das, ein Stück diplomatischer Kleinarbeit geschickt, sauber und würdig gemacht worden ist. Daß wir Ungarn, nachdem sich an Frankreichs Ucberschätzung seiner Weltbankstellung die Anleihevcrhand- lungen zerschlagen hatten, geholfen haben, seinen Geldbedarf zu decken, war nach jeder Richtung hin gut. Das finanziell einwandfreie oder so gut wie einwandfreie Geschäft wirkt als Akzentuierung des deutsch-österreichischen Bünd- nisses nach innen und außen; hat seit Jahren zum ersten Male wieder Deutschland in der richtigen Stellung gegenüber Frank reich gezeigt: in einer Stellung nämlich, die nicht nach Frankreichs Wohlwollen oder Uebel- wollen bestimmt, sondern allein nach den Ge sichtspunkten deutscher Politik gewählt wurde; cs hat weiter die erfreuliche und notwendige Wirkung, die Akkreditierung des Herrn von Schoen in Paris des prononziert gallophilen Charakters zu entkleiden, der ihr bei der Ver gangenheit und den Gesinnungen dieses merk würdigen Staatsmannes nun einmal an haftete; es hat endlich, zumal nachdem Herr von Kidcrlen in jenem Interview den Charakter dieses Geschäftes unterstrich, unverkennbar der Türkei die Wege geebnet, die sie zur Befriedigung ihres Geldbedarfs in Paris führen sollen. All das zusammen, mit einer einzigen Aktion ohne überflüssiges Ge räusch erreicht, ist nicht ganz wenig. Und Herr von Kiderlen hat sich Anspruch auf ein rundes, glattes Lob erworben. Bisher scheint aber noch dafür gesorgt zu sein, daß wir aus unserer auswärtigen Politik keine ungetrübten Freuden schlürfen. Der schon gemeldete neue Uebe rfall aufeinenReichs- deutschen im syrischen Haiffa zeigt deutlich, daß hier unsere Eeschäftsleitung die notwendige Energie in der Vertretung deutscher Interessen bisher nicht betätigt hat. Kein Zweifel, daß etwas geschehen ist. Daß der Mörder des Deutschen Unger dem deutsch-hetzerischen Straf richter Kenan Bei entzogen und nach Beirut zur Aburteilung überwiesen wurde, ist selbst verständlich auf diplomatische Schritte unserer Vertretung zurückzuführen. Etwas ist also ge schehen. Aber viel zu wenig. Genug, um das neidische Syrergesindel weiter gegen die tüch tigen deutschen Kolonisten dort aufzureizen; zu wenig, um den Leuten das Gebein schlottern zu lassen bei dem Gedanken, es könnte sich noch einmal einer von ihnen an einem Deutschen vergreifen. Die Beschwerde der Palästina deutschen an Herrn von Kiderlen-Wächter hat ihn darüber aufgeklärt, daß sie seit Jahren allen möglichen S chikanen ausgesetzt sind, die sich bis zu frechen Rechtsbeugungen steigern; daß der dort schaltende Mali, dem ja überhaupt all diese Schikanen zur Last zu legen sind, sich gelegentlich der Ermordung Ungers sonderbar, höchst sonderbar benommen hat; daß der Straf richt er Kenan Bei Verfasser von deutsch hetzerischen Artikeln in der arabischen Zeitung „Karmel" ist; daß dieses bedeutsame Kultur organ sich überhaupt die Pflege der Hetze gegen die deutschen Kolonisten zur Aufgabe gemacht. Ist der Mali seines Amtes entsetzt morden? Nein. Wurde das der Strafrichter? Nein. Wurde den Leuten vom „Karmel" das Nötige eröffnet? Nein, im Gegenteil: gerade eben wird gemeldet, daß das Blättchen neue Hetzartikel bringt. Und so ist, nach allem diesen, nur zu verständlich, daß sich wieder ein feiger Schuft gefunden Hal, der einen Reichs deutschen dort hinterrücks mit dem Dolche überfiel. Herr von Kiderlen wird aus diesem Er eignis gesehen haben — was er freilich, will uns bedünken, schon früher Hütte erkennen dürfen —, daß angesichts der Lage in Haiffa, ganz andere Saiten als bisher aufge zogen werden müssen. Mit den verehrlichen Jungtürkenmachthabern in Stambul muß ein sehr deutliches, Zweifel ausschließendes Deutsch gesprochen werden. Die Entsetzung des kompromittierten Beamten wird das erste sein, was zu verlangen ist. Das zweite die behördliche Drohung an das arabische Lokal blätter, cs rücksichtslos zu unterdrücken, wenn es noch ein Wort gegen die deutschen Kolonisten bringt. Das dritte irgend einer jener Maß nahmen, deren der Orient eine so reiche Fülle aufweist, um die ganze Bevölkerung für die Taten zu strafen, an denen sie die Schuld trägt: ein Einlegen türkischer Truppen bei den Syrern von Haiffa; eine hohe Kontri bution; eine zwangsweise Verpflanzung der Notabeln von Haiffa einige Dutzend Meilen weiter ins Innere — irgend etwas Derartiges. Das muß verlangt unddurchgesetzt werden. Schwierigkeiten wird es weiter nicht machen. Die Iungtürken sind uns soeben zu neuem Dank verpflichtet worden und könnten von uns — sei es auch nur durch die Rückberufung von der Goltz-Paschas — sehr in die Enge getrieben werden. Kiüerlen unü pichon. Mit dem Anfang unseres heutigen Leitartikels berührt sich der folgende Brief, den uns unser Pariser Korrespondent zugehen läßt: Endlich einmal ein freimütiges Wort aus dem Munde eines deutschen Staatsmannes! Endlich ein mal die gebührende Abfertigung der Frechlinge, die uns wirtschaftlich einzukrelsen versuch ten, wie ihre Vorgänger uns diplomatisch einzukreisen gedachten! Was Herrn Delcasse mißlungen, das meinte Herr Pichon erreichen zu können. Zn feinerer Weise, mit verdeckterem Spiel, unter der Maske friedfertiger Harmlosigkeit, vermaß er sich, der seit vierzig Zähren überlieferten Vergeltungspolitik doch noch zum Siege zu verhelfen. Da hat ihm nun unser neuer Staatssekretär v. Kiderlen-Wäch ter kurz und bündig durch das Sprachrohr eines großen Wiener Preßorgans eine Verwarnung zuge rufen. ' Der klein« Ränkespinner am Quai d'Orsay weiß jetzt, daß er durchschaut wurde, daß man in der Wilhelmstraße zu Berlin noch nicht ganz so blind ist, wie hier an der Seine die regierenden Demagogen — lauter ehemalige Reporter — sich's einbildeten, und daß drüben auch noch die nötige Tatkraft vorhanden ist, um die gallisch-britisch-slawischen Machenschaften rechtzeitig zu vereiteln. Dem freimütigen Wort ist die befreiende Tat vorausgegangen, so daß man uns nicht der Ruhmredigkeit zeihen kann. Bevor Herr v. Kidcrlen öffentlich die Zobber-Diplomatie des Pariser Kabinetts denunzierte, war dieungarische Anleihe durch deutsche Kreditgewäh rung gesichert. Man ist darüber hier an der Seine äußerst betreten. Der ministerielle „Temps" bezeichnet die Erklärungen Kiderlens als einen Lharakterzug, der im voraus auf seine Politik schließen laste. Um so bester! Das führende Boulevardblatt findet es auch befremdlich, daß der deutsche Staats mann sich erlaubte, „so kurze Zeit nach dem Besuch Kaiser Wilhelms im Wiener Rathause", sich gerade in Pest zu einer Angelegenheit vernehmen zu lasten, die doch in erster Lime die Beziehungen zwischen Frankreich und Oesterreich-Ungarn berührt." Mit Verlaub! Die Angelegenheit berührte ganz ebenso die Beziehungen zwischen der habsburgischen Monarchie und Deutschland. Das Bündnis der beiden Reiche sollte gesprengt werden. Darauf zielte die Staatskünstelei des kleinen Pichon schon seit Jahren. Zn Wien vot er sich dem Grafen Aehrenthal als ehrlicher Makler für das bosnische Annerions- aeschäft an, und in Pest unterwühlte er gleichzeitig die Grundlagen des Dualismus. Dort suchte er Ver trauen zu erwecken, hier säte er Hader. Er opferte sogar seinen Verbündeten Iswolski, um sich durch vermittelnde und beschwichtigende Neutralität bezüglich der Balkanfragen den Dank der Ballplatz diplomatie zu verdienen, und inzwischen liebäugelte er mit der ungarischen Unabhängigkeitspartei, um das Band zwischen Madjaren und Deutschen zu zer reißen. Der iranzömcbe Generalkonsul in Pest war der heimliche Berater, der hinter Kossulh und anderen Separatisten stand, der insbesondere zur Errichtung einer „selbständigen" ungarischen Reichsbank ermun terte und dafür französische Kapitalien anbot. Wäre der Plan geglückt, so süßen heute französische Finanz räte als Aufseher der madjarischen Budgetverwar- tung in Pest, und aus dem Direktionszimmer der Bank hätten französische Interessen und französische Politik die Staatsgeschüfte Ungarns beeinflußt. Zn welchem Sinne? Darüber haben uns die Ausfälle der Pariser Offiziösen gegen das neue ungarische Ministerium sattsam belehrt. Dem Konscilspräsiden ten Khuen-Hedervary warf die Boulevard presse dieser Tage vor, er sei nur durch Wahlfälschung und Vergewaltigung des Stimmrechtes ans Ruder ge komen, er regiere gegen die öffentliche Meinung seines Landes und sei gar nicht befugt, im Namen der Madjaren-Nation zu besprechen. Für letztere trägt man hier immer noch das lebhafteste Wohlwollen zur Schau, aber nur unter einer Bedingung, nämlich, daß sie die heutigen Minister fortjage und sich wieder zu Kossuth und Genossen wende. Natürlich! Don diesen Unabhängigkeitsschwär- mcrn hofft man hier, daß sie ihr Vaterland sofort in finanzielle und politische Abhängigkeit von der gallischen Republik bringen würden. Dann müßten sie in Wien ihrerseits die Bedingrmg stellen, daß die Doppelmonarchie sich von Deutschland lossage, wenn nicht Ungarn sich von Zisleithanien losreißen solle. Das war es, was der kleine Pichon bezweckte, als er zwischen Pest und Wien einen goldenen Keil einzuschieben suchte, als er den Ministern Wckerle und Kossuth französisches Kapital für eine ungarische Staatsbank anbieten ließ. Im Geiste sah er sich im MaLjarenlande bereits ebenso als Gebieter wie in Marokko, in Tunis und demnächst auch in Konstan tinopel. Er hat sich verrechnet. Die letzten ungari schen Wahlen haben der Landesverratspolitik der „Unabhängigen" ein Ende gemacht, und der fran zösische Generalkonsul in Pest hat seine Rolle vor läufig ausgespielt. Zur Strafe dafür ist den Madja ren der französische Kredit abgeschnitten, der Pa riser Geldmarkt versperrt. Ohne Zweifel bildete man sich am Quai d'Orsay «in, di« Drohung würde a«- nügen, um in Pest eine Ministerkrise heraufzube schwören und gefügigere, d. h. franzosenfreundlichere Männer an die Gewalt zu bringen. Dein hat die finanzielle Hilfsaktion der deutschen Bankiers bereits vorgebeugt. Der Zwischenfall sollte aber in Deutschland nicht so bald vergessen werden, denn auf Schädigung unseres politischen Einflusses, auf Locke rung unserer Bündnisse, auf unsere Vereinsamung und „Einkreisung" ist es abgesehen, wenn die französische Diplomatie den uns wohlgesinnten Völ kern abwechselnd goldene Ketten aufzudrängen oder goldene Daumschrauben anzusetzen sucht. Imtctius. Kassel unü üie prelle. Wohl selten hat die Tagung einer politischen Partei so verschiedenartige Beurteilung in der Presse gefunden, wie der 12. Vertretertag der National liberalen in Kastel. Es würde nicht verwunderlich erscheinen, wenn Organe der gleichen Parterrichtang Blättern anderer politischer Färbung in ihrer Ein schätzung der Bedeutung des Tages widersprächen. Auffällig aber in hohem Grade ist es, daß sich rm gleichen Urteil Zeitungen zusammenfindcn, die sich ihrer ganzen politischen Haltung nach sonst charf gegenüberstehen, daß anderseits in Zeitungen ein und derselben Parteirichtung ganz auseinandergehende Meinungen vertreten werden. So meint die agra rische „Deutsche Tageszeitung" in lleberem- stinimung mit der „Freisinnigen Zeitung", daß der Parteitag die gewünschte und erwartete Klärung in keiner Weise gebracht habe. Die „Kreuzzt g." wie. deinm stellt die mehr als kühne Behauptung auf, daß das von Bastermann entwickelte Programm eher kon servativ als freisinnig sei. eine Behauptung, die trotz ihrer Lächerlichkeit vom „Berliner Tage blatt" mit Gier ausgenommen und noch besonders unterstrichen wird. Das ist bei den außerordentlich scharf aburteilcnden Worten, die dieses linksfreisin- nige Organ für den Parteitag findet, nicht weiter verwunderlich. Den Beifall des „B. T." hat aller dings die nationalliberale Partei in Kastel weder ge sucht noch überhaupt zu suchen Veranlassung, um so mehr, als andere freisinnige Organe ein wesentlich gesüifl>eres, den tatsächlichen Verhältnissen gerechter werdendes Urteil fällen. So schreibt z. B. die „Weser-Zeitung": „Nicht allein vom Standpunkt des Nationallibe ralismus. auch vom allgemein liberalen Stand punkt aus kann man das politische Fazitder Kasseler nationalliberalen Generalversammlung mit voller Befriedigung ziehen. Herr Bastermann, von dem die Gegner spöttisch als von dem „Staatsmann" zu sprechen lieben, hat mit einer wahrhaft staatsmännischen großen Rede, viel leicht der gedankenreichsten und politisch bedeut samsten seines Lebens, der tausendköpfigen General versammlung eine Parteipolitik vargezeichnet, die weder in der Partei selbst noch auch in den Reihen des Linksliberalickmus Mißbilligung finden kann. .... Bastermann, in dem sich die bisherige Politik, die zornige Abwehr der Unverschämtheiten von rechts ohne Eingehen auf das unmögliche Ver langen nach Zusammengehen mit der Sozialdemo kratie, verkörpert, ist Herr der Lage geblieben. Dem noch neuerlich auch von Hamburg aus unt-r- nommenen Druck nach rechts hat man nicht nach gegeben Nach den Reden können wir Linkslibe ralen ruhig sagen: Die Möolichkeit des Zu sammenwirkens des Gesamtltbera- i lismus ist erhalten geblieben, das Der- I t rauen darauf ist befestigt. Mehr hatte kem Vernünftiger erwartet. Auch der „Berliner B ö r s c n - C o u r i e r" gewinnt der Tagung gute Seiten ab. Er hebt als wichtigstes Ergebnis hervor, daß Bastermann eine Einigung der Partei erreichte aus Zeine Person als Führer unter dem Versprechen der Duldung der ver schiedenen Auffassungen dessen, was nationalliberal sei in den einzelnen Teilen des Reichs. Diese lleber- windung der Uneinigkeit der Partei war ehrlicher, als sie in Magdeburg erreicht wurde." Unzufrieden ist natürlich die „R he i n. - We st f. Z t g.", der namentlich dre Kampfansage an die Konservativen in der Ostmark unerträglich erscheint. Ihrer Meinung nach bedeutet diese Kampfansage, daß Bastermann „in Wirklichkeit nach wie vor di« Partei in Fühlung nach links, aber in schroffer Frontstellung gegen die rechtsstehenden Gruppen leiten will. Er ist seit dem Hamburger Interview keineswegs ein anderer geworden." Die konservativen „Dresdn. Nachr." spielen natürlich Heinze gegen Bastermann aus und stellen sich in einen sehr bemerkenswerten Gegensatz zur „Kreuzzeitung", indem sie sorgsam die Vorstöße Bassermanns gegen die konservative Partei regi strieren und die Erwartung aussprechen, daß die nationaliberale Parteileitung Einsicht genug besitzen werde, um die Bastermannsche Parole für den Osten nicht zu befolgen. Soviel wir unterrichtet sind, wird sich gerade diese Hoffnung nicht erfüllen, denn der Wahlausfall Lyck-Olotzko hat nur zu deutlich gezeigt, wie die östlichen Provinzen nach einer anderen als der einseitig agrarischen Vertretung geradezu lechzen. Es wäre höchste politische Unklustbeit, wollte die nationalliberale Partei diese Zeichen nicht aus nützen. Mögen sich die Organe der Rechten untereinander in der Beurteilung des nationallioeralen Parteitags widersprechen, mögen einzelne Organe der Linken die Ergebnisse von Kastel hämisch glossieren, für uns ist es ausgemachte Sache, daß der Wille zu ein heitlichem Handeln in der nationallibe ralen Partei besteht und sich in den bevorstehenden Kämpfen sicher auch bewähren wird. Der national liberale „H a n n. L o u r i e r" hat nicht unrecht, wenn er sagt: „Die Verstimmung unserer Nachbarn erklärt sich durch die seltsame Empfindlichkeit, daß die natio- nalltberale Partei die Beziehungen zu ihnen kurzer« Hand aus dem Reiche des für uns Grundsätzlichen, worin sie sich etwas anmaßend festsetzen wollten, in das d«s rein Taktischen verwiesen hat, wie sich das gebührt für eine große Partei, die auf eigenen Füßen steht und ihre eigenen Ziel» hat, die weder genötigt noch willens ist, bei Rechts oder Links An leihen zu machen." Zn diesem Urteil treffen alle die Nationalliberalen zusammen, die die Kasseler Tagung miterlebt haben, und diese Ansicht klingt auch aus allen den Blättern heraus, die treu zur nationallibe- ralen Partei halten. DenMes «eich. Leipzig, 5. Oktober. * Personalien aus dem Reichskolonialamt. Wie der „Znf." mitgeteilt wird, hat die Leitung der Ab teilung im Reichskolonialamt, die die politischen und allgemeinen Verfastungsangelegenheiten umfaßt, bis auf weiteres der Geh. Oberregierungsrat Eerst- meyer übernommen. Der Referent für Deutsch-Süd westafrika Wirkl. Legationsrat v. Jacobs ist erkrankt und auf einige Wochen beurlaubt. Zu seiner Ver tretung ist der Bezirksamtmann Kastel berufen worden, der sich zurzeit auf Heimaturlaub befindet. * Fortsetzung der Einigungsverhandlungen in der deutschen Metallindustrie. Gegenüber der Auffassung, als ob die Aussperrung der Metallarbeiter unver meidlich wäre, wird von maßgebender Seite mit geteilt, daß die Verhandlungskommission des Eesamtverbandes Deutscher Metallindustrieller die beiden Parteien einander näher gebracht und prinzipiell wichtige Konzessionen für die Arbeiter auf den Werften erreicht hat. Es handelt sich nur noch darum, daß die Arbeiter un erfüllbare Forderungen aufgeben und sich damit begnügen, was bei der augenblicklichen Lage des Schiffbaues gegeben werden kann. Am Dienstag vormittag wurden trotz des gestrigen Beschlußes des Metallarbeiterverbandes die Einigungsverhand lungen zwischen der Kommission des Gesamtver bandes Deutscher Metallindustrieller und den Ver tretern der Arbeiterorganisationen weitergeführt. Zunächst wurde ohne sonderliche Schwierigkeit eine Prüfung des Stoffes und der Protokolle vor genommen. Eine bindende Erklärung konnten die Arbeitervertreter noch nicht geben, weil sie die ge troffenen Vereinbarungen immer erst der Ver sammlung der Arbeiter zur Genehmigung vor legen müssen. Jedenfalls kann man aus dem Stand der Verhandlungen auf eine Einigung hoffen. Die Besprechungen hatten einen ruhigen Charakter, und da die Arbeitgeber in mancher Be Ziehung Entgegenkommen zeigten, so find die Gegner entschieden einander nähergekommen. Die Kon zessionen der Arbeitgeber lagen namentlich auf dem Gebiete der Lohnforderungen. Wegen der außer ordentlichen Verhältnisse auf den Hamburger Werften erschien es den Arbeitgebern aber unmöglich, die Forderung einer Verkürzung der Arbeitszeit sowie eine Anzahl anderer Forderungen zu bewilligen. Von einer Annahme oder Ablehnung der Einigungs vorschläge durch die Arbeiter hängt nunmehr die Frage ab, ob Sonnabend die Aussperrung in der gesamten Metallindustrie erfolgt oder nicht. Die Arbeitervcrtreter erklärten, eine definitive Ant wort bis Mittwoch abend 8 Uhr erteilen zu
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