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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.02.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-02-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920222022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892022202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892022202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-02
- Tag 1892-02-22
-
Monat
1892-02
-
Jahr
1892
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Halle von Mißbrauch der Tienstgewalt ankniipfend, Vorschriften giebt, wie diesen Fällen zu steuern ist. — DaS Schriftstück schließt wie folgt: „Indem uch daö Kriegsministerium der Erwartung hingiedt, daß rurch allseitige und dauernde Beachtung des Borslehendca für tieZukunfl kieNotbwendigkeit entfällt,wiederholt und allgemein d>eraus zurückkomnien zu müssen, darf sich dasselbe zugleich ter lhatkrästigen Äcitwirkung der coiumandirenken Generale und der übrigen höheren Truppenbesehlöhaber dahin versehen, daß fenierhin Vorkommnisse der beregten Art nach Maßgabe t« gegenwärtigen Erlasses strengstens gewürdigt werden und ruß da, wo nachweisbares Verschulden der Dienstvorgesctzten in Milte liegt, gegen die Betreffenden unnachsichtlick ein- zeschritten und gegebenen Falles aus der Initiative der lsommandostellen alsbald geeigneter Antrag an das KriegS- mmisterium gestellt wird." * Als unlängst, so schreibt man der „Freist Ztg." auS lmbhändlerischen Kreisen, ein Verleger eine neue Auflage «nies Schulbuches für eine höbere Lehranstalt berzustcllen beabsichtigte, wurde er von einem Gymnasialeirector vertraulich ersucht, nur eine kleine, dem Bedarf eines ZabreS entsprechende Auslage drucken zu lassen, da nach einem Erlaß des EultuS- Ministers mit Öfter» 1893 eine Aenderung eintreten würbe. Ter preußische EultuLminister gehe damit um, das gesanimte Lchulbücherwesen zu verstaatlichen. Der Lehrgang der französischen Sprache, welcher soeben im Verlage von Mittler und Sohn in Berlin erschienen sei, stelle gewisser maßen schon die Grammatik der Zukunft dar. ES solle allmälig ein staatlicher Centralbücherverlag begründet werden, wie solcher ja auch in Bayern bestehe. — Da der EulluSministrr zweifellos in der Lage ist, aus dem Ver waltungswege die Abschaffung eingesührter Schulbücher und die Einführung anderer an deren Stelle anruordnen, so ist eine amtliche Aufklärung gegenüber dieser Nachricht schon im Zmerefse des BerlagSbuchhandrlS durchaus nokhwendig. * Aus Weimar wirb uns vom 21.Februar geschrieben: Aus den letzten Sitzungen de« weimartschen Landtags ist Folgendes mitzuthcilen: Den Schwerpunct der Berathungen bildete der vorgclegte Etat der ordentlichen Einnahmen und AuS- gaben sür die nächste Etat-Periode nebst den geplanten Besoldung«. kihShtingtn. Der Chef des FinanzdepattemcnlS betonte die Ab hängigkeit der Voranschläge der Einzeisiaaten von dem Reichtet«», der ,ctzt nach Annahme der Handelsverträge keineswegs mehr so hohe Vorauszahlungen zulasten werde, wie solche bisher stattgesunden bullen, vielmehr noch eine Erhöhung der Matricuiarbeilräge be- surchlen lasse. Der vor drei Jahren beschlösse»» Steuererlaß könne nicht ausrecht erhalten werden, da es sich als nothwcndig erweise, die längst versprochenen Besoldungserhöhungen für die Staatsdiener und Hilfsarbeiter jetzt eintreten zu lasten, wenn auch bei diesem Vorgehen noch viele Wünsche, insbesondere die Gewährung rines WohiiungSgeldzuschiistes, zurückstchcn müßten. Zahlreiche Einzel- sordermigtn werden von dein leitenden Staalsminiiter und dem siell- venrelenden Chef des EultuSdepartementS begründet. Landtags- Präsident Müller sprach sich im Allgemeinen günstig über den Etats- enlnmrs auS, bekämpfte aber die sür die BeioldungSerhöhiiiigen in den Anträgen gewählte Schablone und das System der Remune rationen. Der Abg. Schönemann fand die aus die Gehalts erhöhungen bezüglichen Vorlagen ungenügend und forderte di« Gewährung eines WohuungSgeldzuichuste«, «ine größere Seßhaftigkeit der Beainlen und die endliche Herobminderung der Zahl derselbe», da diese bei uns an Luxus grenze. Seitens des Abg.itolbe wurde nament lich dir Sleuererhohung als unannehmbar bezeichnet, da hierzu keine dringende Nolhweudigkeit vorliege. Eine Erhöhung der Gehallt- bezüge der Lehrer an den höheren Unterrichtsanstalten crsordere auch eine Erhöhung der Schulgeldsätze. Abg. Döllstädt beiürwortete einjährige Etatsperioden und erklärte sich zu Gunsten der Bejoldungs- erhöhuagen, tadelte aber die die heimischen Jnlerestc» schädigenden Beamten-Consumvereine, während der socialdcniokrattjche Abgeordnete Maligner jede Besoldungserhöhung sür solche Beamte bekämpfte, die bereu« über 3000 Grhall beziehen. * Während aus Anfragen der badischen Regierung der evangelische Obcrkirchenratb, der Oberrath der Israeliten und der altkatholischc Bischof sich zu dem Erlaß de« vom Ministerium vorbereiteten Gesetzes über Kirchensteuern zustimmend ausgesprochen baden, bat das erzbischöfliche Ordinariat in Freidurg sich aus eine Benrthcilung des Ent wurf- nickt eingelassen, rielmebr im Princip abgclebnt, von einem Kirchensteuergesetz Gebrauch zu machen. * Ein Herr, der den Fürsten BiSmarck jüngst besucht batte, berichtet über besten dlübenden Gesundbcirszustand und sagt dann: „Im Lause des Zwiegesprächs wurde die Frage berührt, ob sein Residiren i» FriedrichSruh wirklich ein definitives sein sollte. Entgegen de» Ausstreuungen der Presse, die seinen angeblich nack Gcnugtbuung dürstenden Ehrgeiz die Rückkehr in die leitenden Aemter erstreben läßt und zum Eompaß seiner Preßäußerungcn macht, stellte der Fürst, vielleickt auch im Hinblick aus die gegenwärtig veränderte Bedeutung ministerieller Stellungen, mit einer nicht miß- zuverstebenten volkSthümlichen Wendung die Neigung, dabi» zurückzukebren, wo er den 20. März 1890 erlebt hat, auf das Entschiedenste in Abrede." - Der EentrumS-Abgeordnete EanonieuS vr. Franz hat sein Reichstagsmandat niedergelegt und zwar, wie die „Germania" mittheilt, weil er durch AmtSgeschäsle und durch die Verwaltung eines vor einigen Iabre» ererbten Besitzes und der damit begründeten Stislungen und Anstalten voll in Anspruch geiiommeii ist. l>r. Franz, der dem Reichs tage sckon seit Mitte der siebziger Jahre anaebörte und wäbrcnd deS Eulturkampss eine Rolle spielte, hat sich seit Jahren schon zurückgezogen; er erschien selten im Reichstage. Er gehört geistig zu den bedeutendsten Kräften deS Ecntrums und war von Windthorst sehr geschätzt. Von den jetzigen Führern dev Partei können sich nur wenige mit ihm messen. * Nachrichten auS Batavia zufolge hat «in Herr Lehnert daselbst in dortigen Zeitungen eine Erklärung ver öffentlicht, durch welche die niederländischen Colonialbekörden ersucht werden, alle für das deutsche Generalconsulat in Batavia einlaufcnden bezw. bestimmten Schriftstücke an ihn und nicht an den Eonsul I>r. Gabriel, der zur Zeit daS Generalconsulat verwaltet, zu übermitteln. Nach den zustän Ligen OrtS über den Sachverhalt eingczogenen Erkundigungen bat der genannte Lehnert zeitweise die Secretairgeschäfte bei dem Generalconsulat in Batavia wabrgcnommen, ist aber auS dieser Beschäftigung bereits Ende September v. I. auf ausdrückliche Weisung deS Auswärtigen Amts entlassen worden Er scheint sich indessen in dem Wahne zu befinde», daß der Consul Gabriel ihn cigenmächlig, obne köderen Auftrag aus dem Dienste entlasten habe, und daß ihm und nicht seinem bis herigen Vorgesetzten die Vertretung der deutschen Interessen in Batavia obliege. Wie wir kören, sind bei der Regierung im Haag bereits Sckritte gethan, um dem Treiben des Lehnert ein Ziel zu setzen. -Kaiser Franz Joses ist gestern in Pest eingetrofsen. Aus die Ansprache de« Bürgermeister«, i» welcher derselbe dem tiefen Beileid der Bevölkerung über die Trauer- und KrankbeilssäUe in der kaiserlichen Familie Ausdruck gab, erwiderte der Kaiser, daß das Befinden^ der Erzherzogin Maria Valerie und des Erzherzogs Franz Salvator in der Besserung begriffen sei. * In den parlamentarischen Kreisen von Paris ver lautet, daß der Präsident Earnot davon Abstand nehmen werke, Ribot mit der Bildung eine« neuen EabinetS zu beauftragen, da die Radikalen, ohne welche eine republikanische Mehrheit nicht möglich ist, Ribot ihre Unterstützung ver weigern; andererseits hätten Freycinet und Bourgeois den Vorsitz im neuen Ministerium adgelehnt. * Die Stellung deS norwegischen Ministerium- Steen scheint bedroht zu sein, da König Oskar an dasselbe die bestimmte Forderung gestellt hat, daß die Frage der Errich tung besonderer norwegischer Eonsulale im Auslande nicht im norwegischen, sondern im vereinigten schwedisch-norwegischen StaatSrath behandelt werde. Bebarrt der König auf dieser Forderung, so ist eine Krisis unvermeidlich. - Gegenüber der wiederholt ausgetauchten Nachricht, daß Schweden sich dem Dreibunde angeschlosten habe, er klärte der schwedische Minister deS Aeußeren im Reichstage gelegentlich der Bcrathung der Ausgaben sür da- auswärtige Departement, eS sei ihm nie eingefallen, dem Könige ein Bündniß mit einer ausländischen Macht zu empfehlen. Schweden Norwegen wolle seine guten Beziehungen zu allen fremden Mächten erhalten. - Man schreibt uns aus Athen, 15. Februar: Die vorgestrige Äammersitzung, während welcher Minister- Präsident DelijannyS die anzekUndigtcn Maßregeln zur Herstellung der Ordnung in den ÄaalSfinanzen bekannt gab, gehört jedenfalls zu den denkwürdigsten in der Geschichte des griechischen Parlamentarismus. Eine hochgradige, von Stunde zu Stunde sich steigernde elektrische Spannung herrschte in dem Saale; die Abgeordneten nickt minder, als die zahlreich besuch'« Galerie stauben unter deren Einflüsse. Herr DelijannyS, der einzige Redner dieser Sitzung, ließ alle Fibern deS Patriotismus und de« nationalen Ehrgeize« vibriren und als er endlich mit einem Appell an die Opscrwilligkeit sür da« Vaterland die Nothwendigkeil neuer Lasten anküntigte, weinten selbst alte Männer und alle gaben, in überströmender Be geisterung, du.«dröhnenden Beifall ihre Begeisterung kund und Herr DelijannyS, dessen große- Rcdnertalcnt diesmal einen besonderen Triumph feierte, verließ als Sieger die Kammer. Die von ihm voraescklagenen Maßregeln sind in ihren Umrissen auf telegraphischem Wege bereits bekannt geworden. * AuS New-Jork wird der „Kölnischen Zeitung" geschrieben: In, Schooße der amerikanischen demokratischen Partei haben sich in letzterer Zeit Veränderungen entwickelt, die sür das Ausland durchaus nicht ohne Interesse sind. Sie lassen sich in Kür» so zulammenfassen: Braver Cleveland'« Aussichten aus die Präsidentschaft sind säst aus Null gesunken, die Tartsfrage ist in den Hintergrund getreten und die Silbersrage prangt i» weithin sichtbaren Lettern aus der demokratischen Partei- . ahne. Tie Aussichten der Demokraten sür die Präsidentenwahl ind heute sehr schwach, nachdem sie noch vor weiiigeii Monate» ganz vortrefflich gewesen waren. Wie ist daS Alles gekommen ? Die Antwort lautet: David B. Hill, früher Gouverneur von New- Aork und jetzt Senator in Washington, der frechste und gewissen loseste politische Macher der Partei, der Beutepoliliker in seiner ganzen Glorie, sieht im Begriff, Cleveland ganz und gar zu ver drängen. Sei» HauplbundeSgcnosse ist Tammauy Hall, die be rüchtigte New-Porker Leulralniaschine der Politiker irländischer Abtunsl, ohne deren Willen in Ncw-Pork kein politischer Spatz vom Dache fallen darf. Hill ist nicht ein Man» von Grundsätzen wie Cleveland, dem vor Allem daran liegt, daß seine Partei ei»en Grundsatz, den der Zollresorm, an die Spitze ihres Programms stelle. Auch ist Cleveland insofern bedenklich, als man ihm zu- Irauen kann, er würde einen oder de» andern Republikaner, der sich in seinem Anite bewährt hat, darin belassen. Tann ist Cleve- land ei» Gegner der sreien Silberprägung. Woher soll ober die deniokralijche Partei ihr AeldzugSmittel nehmen ? Die Republikaner lassen sie sich durch die reichen Fabrikanten liefern, die der Mae Kiittey-Taris noch reicher gemacht hat: denn er hat sie, nachdem der Mildewerd des Auslandes ausgeschlossen worden war, in den Stand gesetzt, lrusts zu bilden und dadurch die aus ihre Erzeug nisse angewiesenen Bewohner der Bereinigten Staaten nach Be lieben zu besteuern. Obwohl praktischer Politiker und lange nicht der edle Reformator und vornehme Idealist, als der er im Aus- lande viclsach gilt, ist Cleveland doch » pvrt'ect t-ool>om»n gegen über Hill. Nichts könnte ihn bewegen, seine Ueberzeugimg zu ver leugnen, daß die freie Silberprägung das Land in eine unerdörte Krisis stürzen müsse, und nie würde er sich hrrbeilasie», die Ber- Iheilung sämmllicher Aemter an Demokraten zum Feldgeschrei des WahlkainpsrS zu machen. Die Partei aber will eine volle ikriegS- casse, und nicht ein einziges Amt, in dein tausend Dollars stecken, soll ihr entgehen, und da fit denn Hill ihr Mann. So hat denn dieser Erzdemagoge in der letzten Zeit solche Fortschritte gemacht, daß vielfach davon die Rede war, Cleveland sei entschlossen, öffent lich zu erklären, er wolle nicht candidiren Trotzdem ist es Thal sache, daß Grvvcr Cleveland der einzige Mann gewesen wäre, der seine Partei hätte zum Siege führen können. Seine Bckampsung der sinnlos übertriebene» Hochzöllc hätte ihm den Westen, sein Eintreten für ehrliches Geld de» Osten der Union gesichert. Hill wird nur erreichen, daß er z»m Tvdlengräb, r sein- r Partei lverdeil wird. Er mag die Ausstellung der Präsidentschaft in Chicago, wo die Convention tage» wird, erlangen, er wird aber, Lessen darf man säst ganz sicher sein, nie Präsident werde». Das Land wird sich eher im Interesse der reichen Monopolisten auch fernerhin aus- plündern lassen, als sich Lurch die Demokraten in de» Abgrund einer Atnanzkriji- stürzen und jedes Aint von jener Art Catitinarier besetzt zu sehen, deren die demokratisch.- Partei ohne Zweifel weil mehr zählt a>S die republikanische. Namentlich werde« Deutsch- Amerikaner sich in Masse für das kleinere Uebcl, die republikanische Partei, entscheiden, die sich darüber ins Fäustchen lacht, daß die Demokraten die Silber- anstatt die Zollsrage in den Vordergrund stellen Am Besten befindet sich bei all diesen Wirren der wackere „Ben" Harri so», dem das Weiße Haus so sympathisch und be quem ist, wie ei» fast vier Jahre lang täglich getragener Rock. Er würde auch das Weiße Haus, wie es jetzt ist, >ür die nächsten vier Jahre ganz wohnlich sinden, ii» Gegensatz zu seiner Frau, die sich darin beengt suhlt und Miene sür Zllbauten gcniailii hat, die den Onkel San, fast eine Million Dollars kosten würden Die Toll- beiten der Deinokralcn werden ih» dafür schadlos l>a...n, daß es ihm nicht gelungen ist, durch den Ruhm eines ikriegcs mit dem winzigen Chile seine Dynastie zu bcsestigen. Die Kriegskomödie ist nun vorüber. Gestatten Sie mir die nachträgliche Glosse, dast von einer kriegerischen Aufregung im Lande auch nicht eine Spur vorhanden war. Alles fühlte, daß die Sache i» majorem gluriai» klnrrikonii anigebauscht und auf die Spitze getrieben wurde. Tie Zeitungen freilich machten großen Lärm, was sich schon aus der Lhatjache erklärt, daß die meisten Redacteure derselben dem bc- Feriilletsn. Die Dennhar-tsbrii-er. 7j Socialer Roman von L. Lütetsburg. «!a«,d>uS «ertöten. (Fortsetzung.) „Wie groß Ihre Schuld war, weiß ich nicht — Sie würden einen außerordentlich milden Richter in mir ge sunden haben — aber der Schuld folgt die Strafe. Diese mit Ernst zu erfassen und sie muthig als eine gerechte Sübnc aus fick zu nehmen, ist unsere höchste und erste Pflicht. Nur taburch kann da« Schicksal besiegt werden. Sie haben etwas verwirkt — nicht Alles Nehmen Sic den Kampf mit dem Leben auf, entschlossen, zu siegen, und Sie werden siegen, Sie trauen treue Bundesgenossen in Ihrer eigenen Brust, es sind geistige Gaben, die Ihnen Niemand zu nehmen vermag und welche, wohl angewendet. Sie zu einem tüchtigen und brauch baren Menschen machen werden." Der Werkmeister hielt inne. Seine Augen blickten forschend aus den jungen Mann, als wolle er die Wirkung seiner Worte beobachten. In den Augen Iakob'S schimmerte eS feucht; statt des Trotzes zuckte der Schmerz um seinen Mund. „Herr Grünwald, Ihre Worte haben einen Lichtstrahl in meine Seele geworfen, ich weiß nicht, wie ich Ihnen dafür tanken soll", sagte er nach einer Pause mit leise bebender Stimme. „Ich will versuchen, den Fluch eigenen und fremden Unrechtes abzuwälzen." Der Werkmeister batte sich von seinem Sitz erhoben und klopfte seinem jungen Freund kräftig auf die Schulter. „So ist'S recht, mein Junge, und nun kaffen Sie mir den Kopf nicht wieder hängen bei der ersten Gelegenheit. Kehren Sie morgen an Ihre Arbeit zurück, Brenner, und nehmen Sie muthig den Kampf auf mit der BoSbeil und Hinterlist. Sie baten eine Stütze an mir, auf die Sie sich verlassen können. Kommen Sie bei Widerwärtigkeiten zu mir, und ich werde diese besiegen Helsen. Auf morgen I" Mit diesen Worten hatte er Jakob Brenner noch einmal zum Abschied die Hand gereicht, der hoffnungslos diesen Raum betreten und ihn mit neuem Muth beseelt wieder verließ. Herr Grünwald leuchtete ihm die Treppe hinunter, dann war er zuriickgttreten. und der jungeMann befand sich allein in der nur mäßig erleuchteten, langen Hausflur. Er blieb eilten Augenblick sieben, ^vie um sich zu besinnen, daß er nicht geträumt und in ter Tbat mit einem Manne zusammen gewesen war. der in warmer Menschenliebe dem Fremden seine Thrilnabme zu gewendet, um dessen selbst willen. Noch wie ein Träumender that er einen Schritt vorwärts. Er fuhr zurück. Ein leiser Sckrei ertönte zu seinen Filßen. WaS war das? Ein Kind saß an die Mauer gelehnt. Sich hernicderbeugend, blickte Jakob in ein todtblasieS Gesichtcheu, in zwei große, tiefdunkle, kode-traurige Augen. „Ach, liebster Herr, lassen Sie mich hier sitzen", flehte eine frostbebende Stimme. Wer war daS Kind? Jakob Brenner begegnete dem Aus druck dieser Augen nicht zum ersten Mal. Diese- blasse, feine Gesicht hatte er schon im Leben gesehen. „Wer bist Du? Was willst Du hier? Wohnst Du in diesem Hause?" „Nein, o nein — ich wohne nicht hier. Ich will auch nur die Nacht bleiben, weil ich nicht nach Hause darf. Bitte, schicken Sie mich nicht fort." Während das Kind sprach, batte Jakob sich tiefer zu ihm bcrabgebeugt und nun, quer über die Stirn laufend, einen blutrothen, schmalen Streifen gesehen „Kordel! Kordel Nachmann! Du bist'-? Wo kommst Du her?" Das Kind gab keine Antwort, aber eS hob den Kopf höher, die große» Augen erweiterten sich und waren unver wandt aus daS Gesicht Jakob Brenner « gerichtet. Plötzlich zog es die kleinen Hände unter der zerrissenen Schürze hervor. Gleichzeitig war e« aufgesprungen. „Jakob! Jakob! Dn bist'-!" Ein krampfbastes Schluchzen erschütterte den Körper deS Kinde«, und eine Minute später hielt der junge Mann eine völlig erschlaffte, scheinbar bewußtlose kleine Gestalt in seinen Armen. Er war von dieser Begegnung in einem Grade er griffen, der ihm kaum gestattete, klar zu denken. Kordel Nachmann stand im engsten Zusammenhänge mit seinem Schicksale, obgleich er ihr henle erst zum zweiten Male in seinem Leben begegnete. Ohne dieses Kind würde er schwer lich jemals zum Dieb geworden sein, und nicht die Schuld aus ihm lasten, die ihn jetzt oft genug schwer bedrückte Aber nickt ein Gedanke daran konnte in ihm lebendig werden, er fühlte sich nur wiederum von einem grenzenlosen Erbarmen erfüllt, von dem beißen Wunsch, dem Kinde zu helfen. Aber was konnte er thun? Ein Blick auf die Kleidung de« armen Geschöpfes sagte ihm mehr als genug. An der Stelle, wo eS gesessen, stand rin Korb mit Streichbölzern. Un willkürlich mußte er an da« Märchen Andersen'S von dem kleinen Mädchen mit den Streichhölzern denken. Wenn er nicht gekommen wäre, würde da« kleine Mädchen in der kalten Morgenstunde starr und bleich dagesrsien haben — eine Leiche, aber nicht mit einem Lächeln um den seinen Mund, sondern mit jenem entsagenden schmerzlichen Zug. der eine- Tage- auf den halbwüchsigen Knaben einen veinahe übermächtigen Eindruck auSgeübt. WaS sollte er beginnen? Unwillkürlich schloß er daS Kind fester in seinen Arm. Einen Augenblick dachte er daran, noch einmal die Treppe hinanzusteigen und den Werkmeister um Rath zu fragen. Doch besann er sich eine« Besseren. Die Mutter hatte keinen überflüssigen Raum, aber Kordel Nackmann konnte aufs Sopha gebettet werden, er war gern bereit, ihr seine Schlafstelle abzulreten. Er machte einen Versuch, um sie auszudeben und fortzulragen, fand die Last aber doch zu schwer, so mager da« Kind auch aussah. So mußte er abwartc», bi« sie wieder zum Bewußtsein kam. Es dauerte nicht lange. Schon öffnete sie ihre Augen. Einen Augenblick schaute sie verwundert und fragend in daS über sie gebeugte Gesicht, dann verbreitete sich ein sonniges Lächeln über ihre Züge. „Jakob! Du bist eS wirklich?" kam es leise »nd zagend von ihren Lippen. „Wie manches Mal habe ich an Dich ge dacht, wie bade ich Dick gesucht in allen Straßen! Ich saß immer und dachte, Dich unter den Vorübergehende» eines Tages zu sinden, und gerade beute habe ich so viel an Dich gedacht. Niemand wollte Schweselhölzer kaufen, die Leute liefen alle vorüber, eS war so kalt, und sie hatten ihre Hände in den Taschen oder im Pelz und mochten sie wohl nicht kerauSziehen. Ich fürchtete mich aber, nach Hause zu geben, ohne auch nur ein Päckchen verkauft zu haben, und da dachte ich, wenn Du kämest, würdest Du gewiß welche kaufen, wenn eS auch keine schwedischen sind. Und nun bist Tu wirklich ge kommen —" Ans der Treppe hörte man einen Schritt. „Komm', .Kordel — wir sprechen draußen weiter", sagte Jakob, den Korb mit den Sckwesclbölzern ausnehmend. Dann gab er dem Kinde die Hand und führte eS hinaus. „Du möchtest nickt nach Hause gehen?" fuhr er, draußen angelangt, fort. Da« Kind seufzte tief und schwer. „Ich darf nicht, Jakob. Auch gestern habe ich nicht» verkauft, und Frau Greve war sehr böse. Sie hat mir gedroht, mich halbtodt zu schlagen, wenn ich wieder mit leeren Händen käme." „Wer ist Frau Greve?" „Dir Frau, bei welcher ich wohne." „Du hast keine Mutter mehr?" „Ich habe nie eine Mutter gehabt", lautete die trostlose Antwort. „Du arme« Ding!" kam eS unwillkürlich von Jakob - Lippen, während Kordel schon sortfuhr: „Wenn ich eine Mutter hätte, brauchte ich Wohl nicht immer zu hungern und zu frieren. Sie würde mich auch nicht schlagen, ivrnn ich nicht- verkaufen kann, obgleich ich mir sehr viel Mübr gebe. Die Leute thun immer, als ob sie mich nicht hörten — eS ist auch so viel Lärm, und wenn ich laut spreche, schmqrzt mein Hals." Sie schritten eine Weile schweigend des Weges, der junge Mann trug noch immer den Korb mit Schweselhölzer». „Wohin gehen wir?" fragte Kordel endlich. „Nach meiner Wohnung, zu meiner Mutter." Beim Schein des StraßcnlichteS sah Jakob eS in den Augen de« Kindes ausleu^tc». „Zu Deiner Mutter', sagte eS mit einer vibrircnden Betonung. Fra» Hedwig Brenner war nicht wenig überrascht, ihren Sohn in Begleitung eines ärmlich gekleideten, beinahe zcr lumpt ausseycnden Kindes zu scheu, und auch nicht gerade erfreut. Sie war eS noch viel weniger, als sic de» Namen des Kindcö hörte. Verknüpfte sich doch mit demselben eine der dunkelsten Erinnerungen ibrcS Leben-. Nichtsdestoweniger konnte sic eine Regung Leö Mitleids nicht unterdrücke», als das blaffe, zitternde, kleine Geschöpf an der Thüre stehen blieb. Sie sagte ein paar gütige Worte. „Gieb dem Kinde etwas Warmes zu trinken, Mutter", sagte Jakob. „Die Nacht mag cS aus den, Sopha liegen und morgen will ich sehen, was sich sür Kordel tbun läßt." Frau Hedwig erhob nicht den geringsten Widerspruch, so wenig Freude dieser Besuch ihr auch zu machen im Stande war. Sic batte den Tag in unfreundlichen Betrachtungen über ikrcn Sobn verbracht und mit Unruhe dem Zeitpuncl seine« Kommens entgegengcsehen, denn sie fühlte instinctiv, baß in den letzten Tagen wieder irgend ein Ausbruch inneren Kampfes sich vorbereitete. Die Begegnung mit dem Kinde hatte zweifellos die Gedanken von sich -selbst abgelenkt, die Befürchtungen, welche Frau Brenner gehegt, schwanden, in dem sie Iakob'S Sorge für da« Kind beobachtete, und diese Tbatsacke machte sie auch dem Kinde gütiger gestimmt Mangel herrschte im Brenner'schen Hause nickt mehr, seit dem Jakob regelmäßig seinen wöchentlichen Lohn nach Hause brachte, vielmehr war der Hausstand, wenn auch aus einer bc scheidcnen, doch immerhin gesunden Basis errichtet. So konnte dem halbverhungerten und vor Kälte zitternden Kinde sehr wokl eine Erquickung gewährt werden. Nur die zerlumpte Klei duug konnte Frau Hedwig nickt verbessern, doch wußte sie auch hier Rath. Mit trockener Wäsche konnte sie Kordel ver sehen, dann wickelte sie das Kind in wollene Tücker »nd legte eS aus da- Sopha, um dessen Hunger mit warmer Milch und Brod zu stillen. Wenige Augenblicke später verkündigten ruhige, regelmäßige Albemzüge, daß da« Kind, vollständig er schöpft, eingeschlajen war. „WaS soll nun mit dem Mädchen werden, Jakob?" fragte Frau Brenner, der eS jetzt beinahe eine Beruhigung war, daß eS einen Gegenstand gab. den sie mit ihrem Sohn bespreche» konnte, ohne befürchten zu müssen, einem wunden Punct seine« ÄemütkeS zu begegnen. „Ich weiß nicht, Mutter", enrgegnrte der Gefragte un»
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