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Wochenblatt für für ^Erscheint wvchentltch 2 Mal Dienstag und Freitag.) AbvnnementspreiS vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannabme Montags ».Donnerstags bi, Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf Jnseratenannabme Montags u. DoanerStags biS Mittag 18 Ubr. Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden ür die König!. AmtSlMptmamlschaft zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu WilSdruss. Dreiundvierzigster Jahrgang. Nr. 6. Freitag, den 19. Januar 1883. Bekanntmachung. In der Nacht vom 31. December zum 1. dieses Monats sind auf Abtheilung 2 der Meißen-Wilsdruffer Chaussee bei dem Dorfe Sora 2 junge Kirschbäume frevelhafter Weise umgebrochen worden. Es wird dies mit dem Bemerken hierdurch bekannt gemacht, daß Derjenige, welcher den Thater dergestalt zur Anzeige bringt, daß solcher zur Bestrafung gezogen werden kann, eine Belohnung von Zwanzig Mark erhält. Meißen, am 12. Januar 1883. Königliche Amtshauptmannschaft. v. Boffe^ Von dem unterzeichneten Königlichen Amtsgericht soll auf Antrag der Erben des Gutsbesitzers Ernst Traugott Grosche in Sachsdorf das zu dem Nachlasse des letzteren gehörige V8 Hufengut Fol. 22 für Sachsdorf, welches eineu Flächeninhalt von 35 Acker 38 ^-R. oder 19 Hect. 44 Ar, mit 609,«8 Steuereinheiten umfaßt, nebst Inventar und Vorräthen freiwillig im Nachkaßgrundstück Brandkataster No. 22 für Sachsdorf unter den am hiesigen Amtsbrete und in dem Schumann'schen Gasthofe zu Sachsdorf einzusehenden Bedingungen versteigert werden. Das Grundstück ist mit den Gebäuden auf 52,756 Mark, todtes und lebendes Inventar auf ca. 2400 Mark ortsgerichtlich ge- würdert worden. Solche, die das Grundstück sammt Zubehör zu erstehen gesonnen sind, werden hierdurch geladen den 16. Februar d I. Vormittags 10 Uhr an besagtem Orte sich einzufinden und des Weiteren gewärtig zu sein. Wilsdruff, am 10. Januar 1883. Königliches Amtsgericht daselbst. —— Gangloff. Nenner, Ref. TngeSgeschichtt. Wie man der „Wes.-Zeitung" schreibt, wird sich die Reichsre gierung gegen die Einführung der obligatorischen Arbeitsbücher erklären. Dem Reichstagspräsidenten sind von einem Komitee in St. Louis für die Ueberschwemmten 30,000 Mark zugegangen. Von nationaler Seite taucht plötzlich wieder das Bestreben auf, das Reichsgericht von Leipzig nach Berlin zu verlegen, das mau für immer beseitigt glaubte. Die Angelegenheit kommt demnächst im Reichstage zur Sprache, da die Anwaltskammer des Reichsgerichts einen darauf gerichteten Antrag dem Fürsten Bismarck unterbreitete. Die Anwaltskammer geht von der Ansicht aus, daß das Reichsgericht nur in der Reichshauptstadt eine gedeihliche Entwickelung nehmen könne. Das Reichs- und preußische Verwaltungsrecht, das Handelsrecht, das Landwirthschastsrecht, das Bergrecht, das Patentwesen, die Gesetze über den Schutz des geistigen Eigenthums, alle diese Materien hätten ihre hervorragendsten praktischen Vertreter in der Reichshauptstadt und es sei hart für die Mitglieder des Reichsgerichts und die Anwaltschaft, die reichen Kenntnisse und Erfahrungen der be deutendsten Persönlichkeiten auf dem Gebiete des Rechts und seiner Hilfswissenschaften zu entbehren. Andererseits würden die Mitglieder der Volksvertretungen und die in Berlin weilenden hervorragenden Vertreter von Wissenschaft und Praxis ungern die Förderung ver missen, welche ihnen unverkennbar aus dem Gedankenaustausch mit den höchsten Richtern des Landes erwachsen muß. Schließlich wurde in der Petition das bekannte Argument gegen die Verlegung des Reichs gerichts, die Unparteilichkeit desselben könnte in der Hofluft Berlins leiden, als unbegründet nachgewieseu. Der Einwand, daß die Cen- tralisation aller wichtigen Institute in Berlin dem bundesstaatlichen Charakter des Reiches Eintrag thut, blieb natürlich gänzlich unberück sichtigt. Der preußische Landtag hat die 3 Millionen Mark für die die Ueberfchwemmten der Rheinprovinz einstimmig genehmigt und er klärt, er würde auch eine noch größere Summe bewilligt haben. Die Regierung hielt aber die betr. Summe, da mit anderen Gaben fast 6 Millionen Mark zur Verfügung ständen, für ausreichend. „Preußen, fügte Minister v. Puttkamer hinzu, könne Gott danken, daß es lange nicht so geschädigt sei wie die Nachbarstaaten." In der Sitzung der Licenzsteuerkommission erklärte der Finanz- ministe^ Preußen werde sofort nach Annahme des Licenzsteuergesetzes in Preußen eine Vorlage beim Bundesrath einbringen, betreffend die Besteuerung der geistigen Getränke und Tabakfabrikate im Reiche, so zwar, daß die Vorräthe von Wein, Bier, Branntwein und Tabak bei den Detailverkäufern nach dem Gcldwerthe besteuert würden, wodurch die Detailisten in den Stand gesetzt würden, diese Steuer auf die Konsumenten abzuwälzen. Die preußische Regierung habe diese Vor lage bereits ausgearbeitet. Ein Bergrutsch bei Allendorf an der Berlin-Koblenzer Eisen bahn hat eine empfindliche Verkehrsstörung veranlaßt. Die Geleise sind total verschüttet und man versucht, ein neues Geleise anzulegen. Einstweilen müssen die Passagiere umsteigen und der Gütertransport wird über andere Bahnen geleitet. Der „Reichs-Anz." veröffentlicht eine Zusammenstellung der Be richte über den Zustand der Saaten in den Provinzen Preußens. Die Berichte tauten gut oder befriedigend aus Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern (mit Ausnahme des Regierungsbezirks Stral sund, wo der Stand als ziemlich gut bezeichnet wird), Posen, Schles wig-Holstein, Westfalen, Hessen-Nassau und der Rheinprovinz. In letzter Provinz ist die Bestellung im Regierungsbezirk Köln indeß nur zu zwei Drittel beendigt. Aus Schlesien lauten die Nachrichten gut, nur im Regierungsbezirk Breslau sind die Saaten infolge der Nässe dün» und schwach geblieben. In Sachsen ist die Bestellung durch Nässe behindert, auch haben die nur mittelmäßig stehenden Saaten durch Mäuse gelilten. Der czechische Nationalitätsdusel charakterisirt sich jetzt wieder so recht bezeichnend in folgender aus Wien vorliegenden Nachricht: „Die Jung-Czechen stellen das Verlangen, das allgemeine Krankenhaus nach Nationalitäten einzutheilen. Die czechischen Kranken sollen nur von czechischen Aerzten, die deutschen nur von deutschen Aerzten be handelt werden." Treffend bemerkt dazu ein deutsches Blatt: „Der Tod darf nur in czechijchem Nationalkostüm an das Bett eines Ster benden in der czechischen Abtheilung treten und verrückt gewordene Jung-Czechen dürfen nur in eine national-gestreifte Narrenjacke ge steckt werden. In Paris hatte die Zeitung Estafette eine Lügendepesche über den Tod des Kaisers Wilhelm veröffentlicht. Sie wurde sofort con- fiscirt. — Die Herren sollen sich in Acht nehmen, daß der Kaiser nicht in großer Gesellschaft nach Paris geht und sagt: „Ich dementire mir." Paris, 16. Januar. Der „Figaro" veröffentlicht ein Manifest des Prinzen Jerome Napoleon, worin derselbe die gegenwärtige Si tuation erörtert und die Napoleonische Erbschaft für sich in Anspruch nimmt. — Das Manifest des Prinzen, welches an mehreren Orten der Stadt angeschlagen war und von der Polizei entfernt wurde, wendet sich gegen die Unfähigkeit und Ohnmacht der Regierung, gegen die Uneinigkeit den Parlaments und spricht von einem Verfall der Armee, des Richterstandes und des Handels, sowie von der Verschleu derung in den Finanzen und Anwachsen der Schuld. Wenn die Re ligion angegriffen werde durch den Atheismus, so finde der Verfolger des Angreifers keinen Schutz. Das Konkordat allein könne religiösen Frieden gewähren. Auch die sozialen Fragen müßten erwogen werden. Die auswärtige Politik Frankreichs leide, so erklärt der Prinz in dem Manifest, au Schwäche. Derselbe nimmt die napoleonische Erbschaft für sich in Anspruch und weist das Zusammengehen mit den Royalisten zurück, er erinnert an die wiederholten Plebiszite und appellirt an das Volk, dessen Sache er vertrete. Prinz Napoleon wurde heute Nach mittag verhaftet und in die Conciergerie gebracht. In Berditscheff in Rußland, einer Handelsstadt von etwa 52 000 Einwohnern, welche im Gouvernement Kiew gelegen ist, brannte nach einer Meldung aus Petersburg in der Nacht zum 14. Januar der Circus nieder. Bei dem unglücklichen Ereigniß sollen gegen 200 Menschen das Leben verloren haben. — Nach weiteren Meldungen kam das Feuer im Circus abends Vs 10 Uhr gegen den Schluß der eben stattfindenden Vorstellung zum Ausbruch und wurde durch die Abbren nung eines Feuerwerks herbeigeführt, wobei der Vorhang in Brand gerieth. Das Feuer ergriff rasch Decken und Wände; die Zuschauer, gegen achthundert Personen zählend, stürzten der Ausgangsthüre zu und preßten sich gegen die nach innen zu öffnende Ausgangsthüre, die vorhandenen beiden Seitenthüren waren vernagelt und konnten nicht geöffnet werden. Als es gelang die Thüren zu öffnen, sah man einen ganzen Haufen von den Flammen ergriffener Menschen. Die Feuerwehr traf etwa eine halbe Stunde nach Ausbruch des Feuers auf dem Brandplatze ein, das Löschen des Feuers war aber unmöglich, da das Wasser in den Wasserfässern und Schläuchen gefror. Die im Orchesterraum befindlichen Musikanten waren die ersten Opfer der Feuersbrunst; die Gesammtzahl der ums Leben gekommenen Personen konnte noch nicht festgestellt werden, soll aber die Zahl von 150 über steigen. Viele der im Hause befindlichen Personen retteten sich durch