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21. Jahrgang Nr. 100 Ireitag, cien 30. ktpril 192S Mer Tageblatt MBB- Anzeiger für Sas Erzgebirge MZW L,i,gramm,r rag.blalt fto,,rzg»birg». Snthalten- -ie amtlichen Hekaaatmachoogen Ar« Nair« Ar» Stasi aas Ar« flmt«grrlcht« f^or. pepfchrck-e-al» Nmt letpstz m.ien Volksentscheid am 3V. Mai. Der Rechtsausschutz vertagt. — Besprechung der Parteien. Berlin, 9. April. Die Weiterberatung des Ge setzentwurfes über die Regelung der Fürstenabfindung ist gestern im Rechtsausschuß, abgebrochen und der Rechts ausschuß selbst auf unbestimmte Zeit vertagt worden. TaS bedeutet, daß der Kompromißentwurf, der Mischen der Reichsregierung, der preußischen Regierung und den Koalitionsparteien vereinbart wurde, zunächst gescheitert ist. Der Volksentscheid selbst soll nunmehr beschleunigt durchgeführt werden, statt im Juni schon im Mai. Ta er nur an einem Sonntag oder einem gesetzlichen Ruhe tag durchgeführt werden kann, kommt, weil die Listen Mohr als zwei Wochen aufliegen müssen, als nächster Termin her 30. Mai in Frage. * Nachdem der Rechtsausschuß des Reichstags« die Beratung des Kompromißentwurfes zur Frage der Für stenabfindung eingestellt hatte, traten die Vertreter des Zentrums, der Demokraten und der Deutschen Volks partei nochmals in gesonderter Sitzung zusammen, um die Situation zu besprechen. Vom Zentrum wurde be tont, daß es keinen Zweck gehabt hätte, in der Kompro mißvorlage immer neue Lücken entstehen zu lassen. Bei der Haltung der beiden Flttgelparteien .hätten wettere Beratungen Über die Fürstenabfindung keinen Zweck, Von der Deutschen Volkspartei wurde dieselbe Anschau ung vertreten und betont, daß. man jetzt erst einmal die Bern, 27. April. Zu dem deutsch-russischen Ver trag schreibt das „Berner Tageblatt", der Passus, in welchem eine freundschaftliche ständige Fühlungnahme verabredet werde, bringe eine starke Annäherung der beiden Staaten; sie zur Störung des Friedens zu be nutzen, erlaube aber der übrige Wortlaut Rußland nicht; falls Rußland es dennoch versuchen sollte, komme es auf die deutsche Regierung an, ob sie sich mißbrauchen lasse. Davor schütze ein gewisses Mißtrauen gegen die russischen Absichten, das solange bestehen bleiben werde, als die Dritte Internationale in Rußland herrsche. Da vor schütze die Lage Deutschlands mitten in Europa, die dortige Machtverteilung, die Verträge von Locarno^ und davor könne vor allem auch eine vernünftige Be handlung von feiten gewisser anderer Mächte schützen. Die Stellung Deutschlands werde durch den Vertrag gestärkt, wie es durch den von Rapallo der Fall war. Da die Schwäche eines Staates einen Reiz für andere bedeute, der die größte Gefährdung des Friedens dar stelle, so werde dem Frieden durch diesen Vertrag eine größere Sicherheit gegeben.. Die Verträge von Locarno, ergänzt durch den von Berlin, könnten eine gesunde Grundlage für die friedliche Entwicklung Europas ab geben. — Die „Züricher Post" meint, man könne aus dem Vertrag nur herauslesen,. daß Deutschland gewillt ist, auch im Rahmen des Völkerbundes auf die Aus merzung von Kriegsgefahren htnzuwtrken; nur die könnten jetzt noch unzufrieden sein, die mit dem Vöilker-^ bund andere Pläne verfolgen, als sie laut sagen«und schreiben. Selgien bedauert üle Sruppenbil-ung. Brüssel, 28. April. Bei der Beratung des Bud gets des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten im Senat erklärte Vandervelde u. a.: Der Abschluß des deutsch-russischen Vertrages nach der Vertagung der Genfer Verhandlungen muß notwendigerweise zu Be sorgnissen Anlaß geben und Mißtrauen erregen. Man kann und muß solche, übrigens auch auf anderer Seite Vorgekommene Rückfälle in die Politik der Gruppen- und Allianzbildungen und des Kräftegleichgewichts be dauern, da sie eine unerfreuliche Erneuerung des Bor-, krtegSzustandeS bedeuten. Aber man muß anerkennen, daß, sofern der Vertrag keine anderen als die bekann ten Bestimmungen enthält, sich nichts darin befindet, was gegen den Wortlaut oder auch gegen den Geist der Abmachungen von Locarno verstößt. Deutschlands Antrag aus Zulassung zum Völkerbund bleibt Heftchen. Der Minister gab der festen Zuversicht Ausdruck, daß die in Genf hervorgetretenen Schwierigkeiten in kurzer- Zett überwunden sein werden. Ein spanisches Urteil. Madrid, 28. April. „Sol" schreibt, der russisch deutsche «ertrag sei kein für Frankreich irgendwie ge- fährliche- VtindMß, wie « «A vor Locarno hätte sein Erledigung des Volksentscheids abwarten müsse. Die Demokraten legten einen Abänderungsantrag zu dem sozialdemolratisch-kommunistischen EnteignungSgesetzent- Wurf vor, der am Donnerstag dem Reichstagsplenum vorgelegt werden soll. Dieser Antrag besagt; Dem Artikel 1 ist folgender Absatz 3 anzufügen: „Jedoch haben die Länder durch Gesetz den Fürsten und Mitgliedern der Fürstenhäuser, die bis zur StaatSum^ Wälzung im Jähre 1918 in den Ländern regiert haben, aus der enteigneten BcrmögenSmasse eine Abfindung zu gewähren, die ihnen eine angemessene Lebenshaltung ermöglicht. Diese Abfindungspflicht können die Län der auch durch gesetzliche Bestätigung bereits beschlosse ner Verträge erfüllen." Dieser demokratische Antrag ist von den Vertretern des Zentrums und der Deutschen Volkspnriet nicht un terschrieben worden. . iUm 5 Uhr treten die Vertreter der Demokraten, des Zentrums nud der Deutschen Volkspariet noch einmal zu einer Besprechung zusammen, ob noch eine letzte Mög. lichkeit zur Fortführung der Verhandlungen über die Fürstenabfindungsfrage im RechtSauSschuß bestehe. Diese Verhandlungen sind ergebnislos verlaufen, so daß der RechtSauSschuß sich also vorläufig nicht mehr mit der Fürstenabfindungsfrage beschäftigen wird. können; es sei möglich, daß jetzt durch Deutschland- Ver mittlung Rußland indirekt eine Stimme in Genf er halte, weil nach dem Vertrage Deutschland in gewissen Fragen verpflichtet sei, im Einvernehmen nrit Ruß land zu handeln. Chamberlain hat noch nicht -ie Zeit zum Studium gehabt. London, 28. April. Im Unterhaus fragte der Oberst Wedgwood (Arbeiterpartei), ob die englische Re gierung sich irgendwie der Auffassung; Beneschs an schließe. daß die Locarnomächte berechtigt sind, von der deutschen Regierung zu verlangen, daß sie keine Neu- tralitätsverpslichtung gegenüber Rußland eingeht, die mit ihren künftigen Verpflichtungen aus Artikel 16 der Völkcrbundsatzung im Widerspruch, stehen könnte. Chamberlain erwiderte, die englische Regie rung habe bei der Erhebung von Vorstellungen gegen über Deutschland wegen des deutsch-russischen Vertrags nicht im Benehmen mit einer anderen Regierung ge handelt. Wie er bereits in seiner Beantwortung einer Anfrage vom 21. April festgestellt habe, seien von der deutschen Regierung Zusicherungen gemacht worden, daß der deutsch-russische Vertrag mit der Völkerbundsatzung nicht unvereinbar sein werde, und er habe den engli-i schen Botschafter in Berlin beauftragt, die deutsche Re gierung von der großen Bedeutung in Kenntnis zu set zen, welche England diesem Punkt notwendigerweise bei- messe. Auf die wettere Frage Wedgwoods, ob Chamberlain dem Hause sagen könne, aus welchen Gründen sich die englische Regierung der Auffassung Beneschs nicht an schließe, erwiderte Chamberlain: Nein- Tkr Text des Vertrages und des Notenwechsels liegt jetzt vor, aber ich habe noch nicht die Zeit gehabt, die Schriftstücke mit der erforderlichen Sorgfalt zu prüfen, und ich möchte erst auf Grund eines eingehenden Studiums eine Mei nung darüber äußern. Andererseits habe ich es mit Rücksicht auf die von der deutschen Regierung gemachten Zusicherungen nicht für notwendig gehalten, außer den hier erwähnten weitere Vorstellungen zu machen, und ich wurde auch von anderer Seite nicht dazu aufgefordert. Veutschnatkonaler Antrag gegen Vr. Neinhol-. Berlin, 29. April. Die deutschnationale Land« tagSfraktion des sächsischen Landtages und der soziali stische Abgeordnete Schntrch als Vorsitzender des HauS- haltungsausschusseS beantragten, wie die „Boss. Zig." hört, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Nachprüfung der vom früheren sächsischen Ftnanzministtt und jetzigen Reichsfinanzminister Dir. Reinhold 1925 erteilten Aufträge für Kleinpflaster, La die genügende Zahl von Unterschriften vorhanden ist, wurde dem An träge stattgegeben. ' > . > fwnrSsWr änriiMetenbelt «brr Sie frietemverbantlungen in Marokko. Der Sündenbock Steeg. Die französischen Nationalisten sind im Ochsten Grade ausgebracht über den ehrlichen Willen zum Frie- den, der den Generalgouverneur Steeg beseelt. Sie möchten gar zu gerne noch die wohlvvrbereitet« Offen sive erleben, um den Dtktatfrieden zu erreichen. Tie Stimmung der imperialistischen Kreise wird in den „Straßburger Neuesten Nachrichten" folgender maßen zum Ausdruck gebracht; „Tie Art, wie die Frieden-Verhandlungen in Ma rokko eingeleitet wurden ustd sich jetzt entwickeln, ist di« beste Illustration der politique du motndre effort, die immer die beliebteste der radikalen Partei gewesen ist, und von welcher sie jahrzehntelang auf Kosten Frank reichs und seiner nationalen Verteidigung gelebt hat. AIS vor acht Tagen mit Abd el Krim die Vorver handlungen eingelettet wurden, hieß es laut und kate gorisch, daß die französischen und spanischen Delegierten vier Vorbedingungen stellen würden. Nur wenn diese Vorbedingungen angenommen seien, werde in offizielle Verhandlungen in Udjda stngetreten werden. Diese Vorbedingungen umfaßten r ein sieben Km. weites Vor- schieben der französischen Linien, die Anerkennung der Oberhoheit des Sultans durch die Rifleute, die Auslie ferung der Gefangenen und endlich die Entfernung Abd el Krim- aus dem Rif. I Wie anzunehmen war, haben die Delegierten Abd el KrtmS sich mit diesen Vorbedingungen in keiner Weise einverstanden erklärt. Sie Haben seit acht Tagen hin und her diskutiert; ihr Hauptdelegierter hat, wie eine offiziöse Note als großen Erfolg hervorhob, „sogar ein mal gelächelt", doch ist eS bis heute bet diesem Erfolg geblieben, und eine volle Woche ist so vergangen, ohne daß die Verhandlungen auch nur einen Schritt, vorwärts gelangt sind. > Angesichts dessen hätte man glauben können, daß von französischer und spanischer Sette — besonder- aber von französischer, denn Spanten war Mit der Haltung der französischen Delegierten, wie wir weiter unten schen werden, in keiner Weise einverstanden — sofort die Verhandlungen abgebrochen und zu der seit langem vorbereiteten Offensive übergegangen würde. Ta» hieße aber den Ches der französischen Unterhändler, den Äe- neralgouverneur Steeg, außerordentlich falsch beurtei len. Das lamentable Gegenteil ist etngetreten, die fran zösischen Bevollmächtigten haben heute die offiziell« Mitteilung erhalten, daß die französische Regierung da mit einverstanden ist, die Konferenz von Udjda zu er öffnen, ohne daß die Vorbedingungen von den Rifleuten erfüllt oder auch nur angenommen sind. Die erste Sit zung sollte, wenn Spanten seine Zustimmung erklärt !hat, heute nachmittag bereit- stattftnden. Tvß Spanien nicht damit einverstanden ist, daß di« Tinge eine derartige für da- Prestige Frankreichs und Spaniens so verhängnisvolle Wendung nehmen, geht schon daraus hervor, daß Steeg persönlich nach Mad rid gereist ist und dort versucht, die spanische Regierung zu der nachgiebigen Haltung der französischen Regie rung den Risdelegterten gegenüber zu bekehren. Mehrere unabhängige Berichterstatter Pariser Zei tungen, die sich im Rif befinden, melden bereit- die deplorable Wirkung, die diese- Nachgeben Frankreich- auf die uns treu gebliebenen Stämme ausgeübt hak. Das ist Wetter auch nicht verwunderlich. Wenn man sranzösischerseits nicht die Absicht hatte, aus die Ein haltung der „Vorbedingungen" zu dringen, wenn man unter allen Umständen in Udjda die offiziellen Frie- densverhandlungen eröffnen wollte, so hatte es keinen Sinn, feierlich zu proklamieren, daß man „nur »rach Er füllung dieser Vorbedingungen nach Udjda gehen werde". Man hätte dann nicht nötig gehabt, auf eine anfang sicher und unwiderruflich scheinende Haltung plötzlich zu verzichten. Alles deutet so darauf hin, daß jetzt, wo Frankreich bereits kapituliert hat und bereit ist, di« Vorbedingungen und besonder- die militärischen Klau seln aufzugeben, Abd el Krim mehr und mehr For derungen Vorbringen wird. Die, französischen Unter händler werden bald Gelegenheit haben, die« festzu stellen. ' ! > j ES besteht nach Ansicht hiesiger politischer Kreise, die natürlich nicht dem LinkSkartell angchören, kein Zwei fel, daß diese plötzliche Schwenkung der alleinigen Ini tiative de- Generalgouverneurs Steeg zu verdanken ist. Steeg ist btt typische radikale Politiker der Vorkriegs zeit und hat außerdem ungeheure Ambitionen. Er möchte so schnell al- möglich in Marokko Frieden schließen und mit der Gloriole diese- Friedensschlüsse- um da» Haupt nach Parts zurückkehren, um eventuell — die Nachfolge Brtand» anzutreten. Diese Pläne Steeg» sind jn hie sigen politischen Kreisen keinerlei GeheirnniF, und di-- Die Wett zum deutsch-russischen Vertrag. Die Schweiz glaubt an eine Verminderung der Kriegsgefahr.