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WM 7L Jahrgang. -V 22» AbenS-Ausgabe Dienstag» IS. Mai 1VLS Gegrllndel 18SV «r-HIanIchrlst! »««richte» »re,»e« Kemlprecher-Lammelnummer: SS 2-41 «ur für «achigesp-ckche: 20 011 «°m U di« Id. Mal »»«» bei idgltch ,we>maU«er Zustellung frei Hau« 1.10 Marl. Poftbetug«prei» >ür Monat Mat L.«o Marl ohne Post<ustellung«gcbühr. «t«teln»n,mer 1» Vlennig. Dt« An«etaen «erden nach Koldmart berechnet: die einlpaltige Sv mm breite Zelle Bia., kur auiwSrt» «o Psg. Familien«»,eigen und Stellengeluche ohne Rabatt 15 P^ä.. außerhalb bd Big., die W ,nm breite Reklame,elle Lvv Big., außerhalb SSV Big. Osierlengebühr so Bla- AusloLrltge AuitrLge gegen Borau«be,atllung. Tchristleiiung und DauvtgeschSftrflelle! Martenllraße 3S/42 Druck un» Re/iag von iltevl» ck Reichar», t» Drelde» B-Nticheck-lionto lOSS Dre»»«» Nachdruck nur mit deutlicher Quellenangabe <,Dresdner Rachr.'l ,»lästig — Unverlangte Schriitstilcke werden nicht aulbewahr». Jas Kabinett prüft Pie neuen Bahntarife. ki« Machten von Wirtschaftssachverständigen eingefordert. — Antwort bis znm 2V. Mai. Aeichsregierung un- Äeichsbahnkarife. jDrahtmeldung unsrer Berliner Cchrtstleitung.s Berlin. 18. Mai. Innerhalb der Reichsregiernng be fiehl, wie wir höre», nicht die Absicht, 4« den Vorschlägen der Denkschrift der Dentschen Rcichsbahngcfellschast vor dem W. Mai in entscheidender Weise Stellung zu nehmen. Nach den Bestimmungen des Reichsbahngesetzes ist die Rcichs- regierung gezwungen, eine Antwort zu erteilen, und zwar mutz diese Antwort, da der Antrag ans Erhöhung am 1. Mai eingegange» ist, spätestens bis zum Ll>. Mai erteilt worden sein. Im 8 83 des ReichsbahngcsctzcS heißt es: .Die Genehmigung gilt als erteilt, wen« -er Gesellschaft nicht innerhalb von Ai Tagen auf ihren Antrag von dem für die Ausstcht über die Eisenbahn zuständigen ReichSminister Antwort zngeht. In allen Hüllen wird die NeichSrcgierung der Gesellschaft aus die von dieser vorgclegte« Tarifoorschlägc die abschließende Entscheidung in möglichst kurzer Frist erteilen.* Da die Entscheidung der Reichsregiernng sür das Wirt schaftsleben »0« außerordentlicher vedentnug ist, so ist, wie «erlichtet. g«-k«tt. «« vttfiU«« Ast» «itt schgst-sach» «erfiändigsi, znsammenznrns««, das z, de» Vorschlägen der Reichsbahn ein Votum abgeben soll. Die endgültige Berantwortnng sür die Entscheidung liegt aber «ach wie vor bei der Reichsregiernng. Sollte eine Einigung zwischen der Reichsregierung und der Reichsbahn nicht möglich sein, so sind die Parteien in der Lage, das Rcichöbahngcricht und de» im RcichSbahngesctz vorgesehene» Schiedsrichter an,«rufen. Die Tariferhöhung kann nach den geltenden Be stimmungen frühestens am 1. Juli in Kraft treten. Sozialistische Verleumdungen gegen Koch. lDrahtmeldung unserer Berliner Schrtstleitung.s Berlin, IS. Mat. Gegenüber Angriffen des sozialdemo kratischen Pressedienstes gegen den Reichsvcrkchröminister koch wirb von seiten des Retchsvcrkehrsministeriums sest- gestellt, das, die Behauptungen des sozialdemokratischen Presse dienstes, in denen n. a. davon die Rede ist. Minister Koch bättc sich sür die Erhöhung der Tartse eingesetzt, jeglicher Begründung entbehrten. Es wird vielmehr daraus hin gewiesen, daß sich Minister Koch aus Gründen der Gcsamt- wirtschast vielmehr gegen die Tariferhöhung aus gesprochen habe. Es wäre im übrigen zu erwarten, daß die Tarifplänc der Neichöbahngesellschaft aus parteimäßigen Mo tiven gegen den Ncichsverkehrsuitnister ausgenützt werden würden, der ja obendrein das Unglück hat, ein Dcntschnatto- naler zu sein. Kermes begrW -ie Richtlinien -er Welk- wirlschaslskvnserenz. Die Sitzung des Wcltwirtschastsrates des Völkerbundes. Gens. lS. Mai. Fm W i r t s ch a s t s r a t des Völker bundes. der, wie gemeldet, gestern eröffnet wurde, hat heute vormittag der frühere ReichSminister Dr. Hermes betont, daß der Reichswirtschaftsrat nach eingehenden Beratungen sich einstimmig zu den von der Meltwirtschaftskonfercnz aus gestellten Leitsätzen bekannt hat. und daß damit nach der be reits vorausgegangcnen Zustimmung der Reichsregiernng auch die praktische Wirtschaft durch Vertreter sämtlicher be deutende» Wirtschastsgrnppen Deutschlands einschließlich der Arbeiterschaft einmütig dem Werk der Wcltwirtschasts- konfercnz zngcstimmt hat. Mit Serruys (der sich in der gestrigen Eröffnungs sitzung sehr optimistisch über die Ergebnisse der Wcltwtrt- schastskviiferenz geäußert hatte. D. Red.) stimmt die deutsche Delegation darin überein, daß eine der wertvollsten Aus wirkungen der Weltwirtschaftskonferenz das Zustande kommen des deutsch-französische» Handelsvertrages ist. Die einsichtigen Männer der Wirtschaft begrüßen diesen Erfolg rückhaltlos trotz der nicht unbeträchtlichen Opfer, die sür diese Verständigung Haben gebracht werden müssen. Die Förderung des Abschlusses eines solchen wichtigen Abkommens zwischen zwei benachbarten Wirtschaftsnationen durch die Weltmirt- schastskonfcrcnz läßt erhoffen, daß die in diesem Abkommen sich ausdrückende lonale Bereitschaft beider Vertragspartner zu einem angemessenen Ausgleich der beiderseitigen wirt schaftlichen Interessen zu gelangen, als ein nachahmenswertes Vorbild angesehen werden wird. Hermes betonte, daß ein wohlabgewogene» .Handels vertragssystem eines der stärksten und ersten Mittel für die Förderung der Wohlfahrt der einzelnen Staaten und damit des friedlichen Fortschritts der Menschheit überhaupt darstcllt. Nach Würdigung der vom ständigen Wirtschasts komitee des Völkerbundes geleisteten Vorarbeiten behandelte Dr. Hermes die Aufgaben des W i r t sch a f t s r a t e s und führte dazu mit Nachdruck aus: Wir werden hier erst dann zu einer Gesundung kommen, wenn der deutschen Land wirtschaft die Möglichkeit zu rentabler Wirtschaftsweise zurück- gegeben wild. Der Weg hierzu besteht in der Erreichung eines angemessenen Verhältnisses zwischen den Preisen f,jr die land wirtschaftlichen Erzeugnisse und sür die Betriebsmittel. Die Erkrankung Dr. Stresenmnns. Eine nicht ungefährliche Kompllkalion. Rach der Genesung ei« längerer Urlaub notwendig. IDkahimeldung unserer verltuerSchrtstlrttang.s Berlin. 15. Mat. Reichsaußenminister Dr. Et rese- mann hat die letzte Nacht im allgemeinen gut verbracht. Ter Kronkl-citszustand bat sich seit gestern kaum verändert, besonders ist keine Verschlimmerung in seinem Befinden cin- getreten, doch ist der Zustand des Ministers noch immer ernst. Bor allem bcairsprucht die Nierenentzündung die größte Aufmerksamkeit der behandelnden Aerzte. Dr. Elrescmann war bereits vor mehreren Jahren nierenleidend. Es sind beide Nieren in ihrer Tätigkeit sehr stark gehemmt. Tie eine Niere des Patenten ist chronisch krank, schon seit sehr langer Zeit. Bei der anderen bisher gesunde» Niere ist in- zwischen eine heftige Entzündung ausgetreten, die außer ordentlich verlaufen ist. Die Erkrankung ist diesmal um so ernster, als gleichzeitig damit Bergiftnngserscheinnngcn im Magen und Darm mit heftige», Erbrechen festgestellt werden mußten. Dr. Strescmann hat darunter sehr schnür zu leiden gehabt. Hinzu kommt, daß das Herz des Außen- ministcis stark geschwächt ist. So ist eine ziemliche Kom plikation entstanden, die die Hinzuziehung von zwei Fach ärzten no.weiidig machte. Die Aerzte, die noch gestern abend spät bet dem Patienten verweilten, haben heute morgen und heute vormittag mtdernm den Kranken genau beobachtet und untersucht. Dieses ärztliche Konzilium bauerte wieder sehr lange. Für die nächsten zwei bis drei Kochen dürfte der Außenminister an das Bett ge- seffrlt sein. Mehr läßt sich Uber den weiteren Verlaus der Erkrankung gegenwärtig nicht sagen. Die Aerzte haben aller- tir» schon jetzt dem Patienten klargclegt. daß er sich diesmal nicht mit einem kurzen Urlaub nach seiner Genesung bc- Flügen dürfe. Man wirb dem Außenminister den Rat geben, alsbald nach der Klärung der politisch-parlamentarischen Lage, als« unmittelbar nach der Neubildung de» Kabinetts, sich aus mehrere Monate beurlauben zn lassen. Die Ver tretung de» Außenminister» würde der Staatssekretär »«chubert übernehmen, der von setncm Kuraufenthalt t, Weißer Hirsch bei Dresden nach Berlin zurück- »ekehrl ist. Der Besuch des tschecho-slowaktschen Außenministers Bene sch ist endgültig abgesagt. Bcnesch besuchte am Donnerstag die Pressa in Köln: ob er seinen Rückweg nach Prag überhaupt Uber Berlin nehmen wird, steht noch nicht fest. » Berlin, 15. Mai. Der Reichspräsident hat sich durch Staatssekretär Dr. Meißner wiederholt nach dem Befinden Reichsaußenintnistcrö erkundigen und ihm seine besten Wünsche für eine baldige Wicderherstelluna übermitteln lassen. Wie mir weiter hören, gibt das Befinden Tr. Strese- manns zu Besorgnissen keinen Anlaß. lWTB-l Sollen unsere Kin-er so erzogen wer-en? Berlin, 15. Mat. Nicht nur gegen die Religion, auch gegen alles Vaterländische geht der Kamps der Linken. Schon i» die Seele der Jugend soll das Gift der Zersetzung gelegt werden. Wie äußerte sich doch Stndienrat Dammann vor seinen Prima ner» in Demmin?: Es ist die beste Einrichtung des Ver sailler Vertrages, daß man uns nur ein Heer von IM MN Man» zugcstanden hat. Welche Bücher ließ der Leiter der I n g e n d b ü ch e r e i im Kreise Zeitz anschafscn. nachdem er alle vaterländischen Schrif ten verbrannt hatte?: Rosa Luxemburg: Briese an Kautsky: Liebknecht: Briese ans dem Zuchthaus,' Lamßns: Das Menschen schlachthaus. Ist es da ein Wunder, wenn der Sozialistische Schttlerbund In Berlin in einer Reihe von Schülerversammlungen Forde rungen aufstclle» konnte wie: Wir fordern sexuelle Ansklärung vom ersten Schuljahr an. Wir fordern die Abschaffung der Autorität. Wer links wählt, unterstützt diese Tendenzen, die Zer störung dentschen Kult»rlcl»enS, setzt an Stell« der Disziplin hemmungsloses AnSleben, an Stelle der Moral die Unmoral. Darum wählt rechts! Keule erneuter Startversuch Nobiles. Kopenhagen. 15. Mai. Nach den letzten Meldungen ans Kingsba» will General Nobile im Lause des Dienstag er neut den Versuch machen» znm Nvrdpolslng cnrfzusteigen. Familienanwarkschaslen und Land- wirlschast. Von Rechtsanwalt Dr. von Schönberg, Dresden. ' Noch immer nimmt die Not der Landwirtschaft zu. Der Steuerdruck wird ständig schlimmer. Schuldenlast und Be triebskosten steigen. Die staatliche Unterstützung ist ein Tropfen auf den heißen Stein. In solcher Zeit ist es besonders erstaunlich, daß man aus politischen Gründen ein altbewährtes Nechisgebilde zu beseitigen sucht, das wenigstens einem Teil der Landwirtschaft einen gewissen Schutz gewährt und auch im Interesse der Konsumenten wirtschaftlichen Wert bewiesen hat: das A n w a r t s ch a f t s r e ch t. Was versteht man eigent lich unter Anivartschastsrecht? Kaum einer der heutigen Juristen wird es noch so beherrschen wie die verstorbenen Jnstizministcr Gerber und Otto, die in der Juristcnwelt als Meister des deutschen Privatrechts fortleben: die Nichtsuristen vollends sehen vielfach in dem gebundenen Grundbesitz nur ein Ucberblcibsel der Feudal,zeit, das sich mit unserer schnell arbeitenden Zeit nicht mehr verträgt. In Wahrheit handelt es sich aber um eine Nechtsform, die moderner und sür den ländlichen Grundbesitz zweckmäßiger ist als der aus fremdem Recht übernommene Eigentumsbegriss des allgemeinen bürgerlichen Rechtes. DasFideikommtß, in Sachsen Familienanwart- schast genannt, stammt in seiner heutigen Art hauptsächlich aus der sogenannten Ausklärungszeit. Es baut sich auf kern, deutschen Rechtsgedanke» aus. Während nämlich das römische Recht in jeder Suche — ursprünglich sogar im Menschen —- ein bloßes Handelöobsckt sah. also rein kapitalistisch dachte, gewährte das alldeutsche Recht am Grund und Boden der Allgemeinheit den sogenannten Gemeingebrauch und dem Eigentümer nur ein Nutzungsrecht: Veräußerungen und Be lastungen blieben von der Zustimmung seiner Familie ab- hängig, und im Todesfälle ging daS Gut ungeteilt auf den Erben über: dieser haftete sür die Nachlaßschulden nur mit der fahrenden Habe. Mit diesen Bestimmungen schloß man die unerwünschte Bodenspekulation, die dem freien Besitze leichl anhaftet, von vornherein aus. Die Familienanwartschastcn und Lehen nun bilden die letzte» Neste dieses deutschen Eigentumsbegrifss. Auch bei ihnen sind die Verfügungen des Eigentümers von der Zu stimmung der Anwärter oder Mitbelehnten abhängig und die Erbfolgen durch die Satzung festgclcgt. Man spricht daher von „gebundenem Besitz". Der Grundbesitz soll nicht nur dem einzelnen zur Nahrung dienen, sondern der ganzen Familie einschließlich der Angestellten und Hilfskräfte, in denen das deutsche Recht im Gegensatz zum römischen Recht zwar Untergebene, aber auch Versorgungsbcrech- tigte sah. Noch heute ist cS auf den F-ideikommißgütern Sitte, altgewordene Angestellte bis an ihr Ende z» verpflegen, müh- rend beim freien Besitz dem neuen Erwerber die persönlichen Beziehungen naturgemäß fehlen. So wirkt der gebundene Besitz sozial, entsprechend den „Grundrechten und Grnnd- pslichten" der Nctchsverfassnng: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich Dienst sein sür das gemeine Neste." Aber auch wirtschaftlich ist die gebundene Form des ländlichen Grundeigentums die höher stehende, weil ratio- neller. Wald läßt sich überhaupt nur mit Plänen bemtrt- schaslcn, die auf Jahrzehnte hinaus festgelegt sind: Obst bäume werden hauptsächlich sür die Nachkommen gepflanzt: selbst das Feld wird sorgfältiger bebaut, wenn der Eigen tümer weiß, daß iedc Vernachlässigung-sich an seiner Familie rächt. Ebenso kann der Anwärter als feststehender künftiger Besitzer sich rechtzeitig aus seinen Beruf vorberctten und namentlich in die besonderen Verhältnisse des betreffenden Gutes einarbciten: er braucht also nicht, wie ein fremder Erwerber, erst kostspielige Erfahrungen zu sammeln und Lehrgeld zu zahlen. Daneben werden die erheblichen Kosten wiederholter Bcsitzwechsel unter Lebenden gespart, was dem Betriebskapital zugute kommt und dadurch billigeres Arbeiten ermöglicht. Vor allem aber werden Zersplitterungen und Verschuldung deS Gutes im Todesfälle — bekanntlich der erste Schritt zum Zusammenbruch! — wie sie das römisch- rechtliche Erbrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs unbedingt hcr- bcifübren muß, vermieden. Angesichts dieser heute von keiner Seite bestrittenen Tat- suchen muß es zunächst wundernehmen, daß der gebundene Besitz hei jeder Revolution der letzten Zeit ausgehoben (frei lich in Zeiten rußigerer Uebcrlegungcn später wieder ein« gcfübrU morden ist. Der Grund liegt hauptsächlich in der viel verbreiteten Annahme, der gebundene Besitz sei ein Adelsprivtlcg »nd führe überdies zu ungesunder Latikundien- bllbung. Wenn diese Annahme früher berechtigt sein mochte, so ist sic eS seit "Inkrafttreten der fetzigen NeichSverfassung und der SiedlungSgesetzgebmig gewiß nicht mehr. Tenn die Reichsvcrsasinng hat jedes AdelSvorrccht abgeichasst und die Rechte der Sicdlnngsgenosienschasten erstrecken sich gleich mäßig über gebundenen wie freien Besitz. Die Schattenseiten de» gebundenen Besitzes, soweit sie bestanden, sind also setzt beseitigt, während die günstigen Wirkungen nach wie vor bestehen. Unter diesen Umständen kann keine politisch« Partei, mag sic früher darüber gedacht haben wie sie wollte, den gebundenen Besitz als solchen heute noch bekämpfen. Vor allem müssen die Parteien sür ihn eintretcn. denen dt«