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Wochenblatt für siir die König!. Aultshauptmannschast zu Meißen, das König!. Amtsgericht nnd den Stadtrath zu Wilsdruff. Dreirrndvierzigster Jahrgang. 1883. Nr. 34 Freitag, den 27. April Erscheint wöchentlich 2 Mal Dienstag und Freitag.) Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pj. Znseratenannahme Nontags ».Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Bekanntmachung. Mittwoch, den 2. Mai 1883, Vormittags 9 Uhr, findet im hiesigen Verhandlungssaale öffentliche Sitzung des Bezirksausschusses statt. Die Tagesordnung ist aus drin Anschläge in hiesiger Hausflur zu ersehen. Meißen, am 24. April 1883. Königliche Amtshanptmannschaft. v. Baffe. Erscheint wöchentlich 2 Mal < Dienstag und Freitag. AbonnementSprei» vierteljährlich 1 Mark Eine einzelne Nummer _ für kostet-10 Ps. Wilsdruff, Tharandt, ZWs Nossen, Sicbcnlchn und die Umgegenden. Wegen Reinigung der Lokalitäten bleibt das unterzeichnete Amtsgericht Sonnabend den 5 Mai d. I. geschlossen. Kgl. Amtsgericht Wilsdruff, «m 26. AM 1883. 0r. LirmNlvU. Die Lieferung des sür das unterzeichnete Amtsgericht auf das Winterhalbjahr 1883—84 erforderlichen Heizungsmaterials an circa 180 Hekt. Steinkohle (weiche Schieferkohle), 180 Hekt. gute böhmische Braunkohle (Stückkohle) sowie 58 R.-Mtr. gutes weiches Scheitholz soll im Wege der Submission vergeben werden. Diejenigen, welche diese Lieferung übernehmen wolle», werden hiermit aufgefordert, ihre Offerte unter Preisangabe des zu liefernden Hcizungsmaterials bis zum 13. Mai d. I. schriftlich anher abzugeben. Die Lieferungen haben frei bis in das hiesige Gerichtsgebäude auf jedesmalige vorherige Bestellung in der gewünschten Qualität zu erfolgen und bleibt die Auswahl unter den Bewerbern Vorbehalten. Königliches Amtsgericht Wilsdruff, am 26. AM 1883. vr. Gangloff. Bekanntmachung. In dem Konkurse des Kürschners Ernst Heinrich Schöuach in Wilsdruff soll die Vertheiluug der Masse erfolgen. Dazu sind 1699 M. 56 Pf. verfügbar. Nach dem auf der Gerichtsschreiberei des hiesigen K. Amtsgerichts niedergelegten Verzeichnisse sind dabei 75 Mark bevorrechtigte und 5750 M. 73 Pf. nicht bevorrechtigte Forderungen zu berücksichtige». Wilsdruff, am 25. April 1883. Privatus 8prillA8kIvv, Konkursverwalter. Tngesgeschichlt. Berlin, 24. April. Der Reichstag begann gestern seine Sitz ung bei leeren Bänken. Genau 32 Mitglieder zählte man bei Beginn der Verhandlungen um Vs2 Uhr im Saale, und wenn sich auch die Sitzreihen mehr und mehr im Laufe der ersten Stunde füllten, so überwogen doch die Lücken in bedenklichem Maße. Schon beginnt die Beschlußunfähigkeit als Damoklesschwert besorgnißerregend über den Verhandlungen zu schweben, nnd wenn auch glücklicherweise das Kran- kcuvcrsicherungsgesetz bezüglich zweifelhafter Abstimmungen nicht so gefährlich ist, wie die Gemerbeordnungsnovelle, so ist man doch in keinem Augenblicke sicher, daß nicht die Nothwendigksit einer Zählnng eintritt, welche der Sitzung ein jähes Ende bereitet. Gestern wurde ein solcher Ausgaug noch vermieden, aber der Anblick des leeren Hau ses bei der Berathung eines hochwichtigen Gegenstandes mußte denn doch allen Zweifel darüber benehmen, daß es so nicht mehr weiter gehen kann in einer Session, der so gewaltige Aufgaben noch zur Lösung gestellt sind. Die Abstimmung im Reichstag hat für die grundlegenden Be stimmungen des Krankenkassengesetzes eine sehr beträchtliche Mehrheit ergeben. Konservative, Centrum, Nationalliberale, ein Theil der liber alen Vereinigung, selbst ein Mitglied der Fortschrittspartei haben diese Grundbestimmungen angenommen. Die gegen das Gesetz gerichtete» Bemühungen der Fortschrittspartei hatten keinen Erfolg. Es ist so nach Aussicht vorhanden, daß das Gesetzt auf Grund der Komissions- beschlüsie zu Stande kommt; Schwierigkeiten könnte nur noch die Frage der Versicherung der landwirthschaftlichen Arbeiter machen. Es ist durch diese Abstimmung festgestellt, daß im Reichstag eine große von der Rechten bis in Vie äußerste Linke hinein reichende Mehrheit vorhanden ist, welche die mit der Kranken- und Unfallver sicherung eingeleitete soziale Reform zu unterstützen und zu fördern entschlossen ist. Bismarck hat Vie Einziehung von 3 Millionen Mark 20Pfennig- stücke beantragt; sie solle» in 1- nnd 2Markstücke umgeprägt werden. Die Nachricht, daß das preußische Staatsministerium beschlossen habe, am 1. Januar nächsten Jahres die schon längst beschlossene Auf lösung der Berliner Stadtverordneten-Versammlung zur Thatsache werden zu lassen, hat in der Presse natürlich eine wahre Sturmfluth von Kommentaren hervorgerufen. Namentlich wollen verschiedene Blät ter wissen, daß dieser Schritt in erster Linie gegen die liberale Ma jorität der Berliner Stadtvertretung gerichtet sei; indessen glauben wir doch derjenigen Ansicht beipflichen zu müssen, welche dahin geht, daß die Auslösung weniger aus Politischen als vielmehr aus sachlichen Gründen erfolgen soll. Die Neubildung und Vermehrung der com- munalen Wahlbezirke hat sich infolge der Ausdehnung der Reichs hauptstadt als ein unabweisbares Äedürfniß herausgestellt und den Neuwahlen zur Stadtverordneten «Versammlung auf Grund der Neu- emtheilung muß natürlich die Auflösung der alten Versammlung vorhergchen. Von der großen Summ e, die in Deutschland zur silbernen Hoch zeit des deutsche» Kronprinzeupaares gesammelt worden ist, werden er halte» 170 000 M. mehrere Arbeiter- und Ackerbaukolonien, 170 000 das Viktoriahaus in Berlin zur Ausbildung von Krankenpflegerinnen, 40000 das Viktoriaspital in Kreuznach und andere Anstalten. Aus der übrig bleibenden Summe von 450 000 M. erhalten regelmäßige Jahresbeiträge Ferienkolonien für Schulkinder, Vereine zur Beschäfti gung entlassener Strafgefangenen, der Verein zur Gründung von Kin derheilstätten an der See, und der deutsche Verein gegen Trunksucht. Durch Urtheil des Militärgerichts in Mainz, bestätigt durch den sommaudirenden General des 11. Armeekorps, wurden wegen Solda tenmißhandlungen die Sergeanten Müller und BMcherer zu je drei Jahren Gefängniß und Degradation, sowie der Unteroffizier Strauff zu 1 Jahr 5 Mouate Gefängniß und Degradation verurtheilt. Die drei Soldaten gehören dem Brandenburgischen Fußartillerie-Regiment No. 3 an. Die Strafe erwirkten sie dadurch, daß sie einen Soldaten dermaßen mißhandelten, daß der eine Arm desselben seitdem an be ständigen konvulsivischen Zuckungen leidet. An dem in Wiesbaden versammelten Kongreß von Aerzten nimmt die ganze Welt Antheil. Die Herren haben viel über die furchtbare Diphtherie verhandelt. Professor Gerhardt aus Würzburg erklärte dieselbe als eine jener Ansteckungskrankheiten, von welchen Tausende durch das Auftreten des kleinsten Theiles eines pflanzlichen Organis mus ergriffen werden können, die Ansteckung sei kaum zu bezweifeln. Der Anfteckungsstoff sei in den Membranen enthalten, gehe in die Lust über und könne anch durch Nahrungsmittel, namentlich durch Milch und Huhnei übertragen werden; am häufigsten komme sie vor bei Kindern zwischen dem 1. und 5. Jahre und zeige sich meist an der Rachenschleimhaut; die Bekämpfung sei sehr schwer, die Hauptsache die Vorbeugung im Hause. Professor Dr. Heubner in Leipzig, dessen Schrift über die Diphtherie gekrönt worden ist, will hauptsächlich durch innere Desinfektionsmittel, vom Blute aus, der Krankheit beikvmmen. Dr. Leube-Erlangen vertritt die Anwendung von Aetzmitteln. Der Pilz der Krankheit ist noch unbekannt. Die Anschauungen über die Heilung gehen noch weit auseinander. Die Zahl der Verurtheilten wegen vorsätzlichen Meineides Haden sich, wie die Schwurgerichtsverhandlungen in Gera wie in Meiningen zeigen, bedeutend vermehrt. Das Departement der Justiz in Weimar hat daraus Veranlassung genommen, den Gerichten eine Anordnung von älterem Datum in Erinnerung zu bringen, derzufolge dieselben in solchen Fällen, in denen anzunehmen ist, daß der Schwurpflichtige den Eid nicht mit gutem Gewissen leisten kann, den Geistlicben davon in Kenntniß zu setzten, damit dieser eine seelensorgerische Einwirkung auf ihn eintreten lasse.