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MsdmfferTaMati Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstreniamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Z Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Wochenblatt str Wi,-druff ». Umgrurud -r-iserund Geschäftsstellen " nehmen zu jeder Ukit Be- stellungenentgegm. Im Falle höherer Gewalt, Kriegodcr sonstiger Betriebsstörungen besteht i--in Anspruch aus Lieferung »er Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Stücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto d-iliegt. für Äürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die b gespaltene Raumzelle 2V Rxfg., die < gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs pfennig, die S gespaltene Neklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebi hr 20 Reichspsennigc. Bor geschriebene Erscheinung-. tage und Platzvorschriste» werden nach Möglichkeit Kernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen, annadme bis norm.iOUHr. — ! Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermitteltenAnzeige» übernehmenwir keine Garantie. Jeder Rabattansprn ch erlifcht, wenn derBetrag durch Klage eingezogen werden muß oderderAuftraggeberin Konkurs gerät. Anzetgennc hmcn alle Dermiltlungsftellen entgegen. Nr. 165 — 90. Jahrgang Telegr.-Adr.: -Amtsblatt" Wilsdrusf-Dresden Postschecks Dresden 2640 Sonnabend, den 18. Juli 1931 Schwarze Woche. Der „Dreizehnte". — Schutz dem Gelde! — Konferenzen am laufenden Band. 13. Mai 1927 - 13. Juni 1931 - 13. Juli 1931: diese drei Tage sind besonders markante Punkte bei dem Hinab gleiten, schließlich dem Sturz nach unten, den die deutsche Wirtschaft getan hat. Der „schwarze Freita g" des Jahres 1927 brachte das künstliche Gebäude der deutschen Aktienkurse großenteils zum Zerbröckeln, bis am 13. Juli, mehr als vier Jahre später, die Entwicklung dazu zwang, alle deutschen Börsen auf Wochenfrist zu schließen! Aus einem schwarzen „Tag" war also eine schwarze „Woche" geworden. Und nur einen Monat vor dieser Katastrophe liegt — ein Gesahrenzeichen weithin sichtbarer Art — die starke Heraufsetzung des Reichsbankdiskonts. Dadurch sollte erreicht werden, daß mit Hilfe des anglo-ameri- kanischen Kapitals endlich dem rasend anwachsenden Miß trauen der Welt und sogar eines Teiles des deutschen Inlandes gegenüber der deutschen „Zahlungsfähigkeit" ein Ende bereitet wurde. Als unmittelbare Folge kam die Botschaft Hoovers; ihre Zermürbung verhinderte es, daß der Plan des amerikanischen Präsidenten Zu einem festen Damm wurde, an dem jenes Miß trauen zurückprallte. Diese Sturmflut spülte auch über das brüchig gewordene Hindernis hinweg; dankens werte Hilfe aus dem Auslande versuchte vergeblich, vtit einem 150-Millionen-Dollar-Kredit den Dammbruch zu verhindern. Auch das Mittel der Diskonterhöhung konnte die sreigespülten Erdmassen am Damm, konnte die abge- wanderien Devisen- und Goldvorräte nicht zurückbringen. Zusammenbrüche hi Deutschland selbst — und leider nicht unverschuldete — waren wie Angriffe im Rücken der Ver teidiger. Bis zur letzten Minute fast hatte die Reichsregie rung wohl noch gehofft, daß Hilfe von außen käme. Und diese Hoffnung hatte noch allzulange das Handeln und — Unterlassen der leitenden Männer Deutschlands diktiert, bis Dr. Luther von seiner Rundreise nur das magere Ergeb nis mitbrachte, daß zwar der Reichsbankkredit verlängert, daß auch der Hoover-Plan in Kraft getreten sei, aber — wie man erst am 13. Juli erfuhr — Deutschland auf einen großen internationalen Kredit vorläufig nicht rechnen könne. Schon aber war Deutschland mitten hinein- geraten in das ratternde Maschinengewehrfeuer akuter .Hiobsbotschaften: die Geldkrise in gefahrdrohendster Form war zum Ausbruch gekommen. * „Nach Golde drängt doch alles, ach, wir Armen!" das wurde zur wortwörtlichen Wahrheit und Wirklichkeit. Wurde aber sofort auch zum „Richiungspunkt" des Gegen angriffs der Besonnenen und der Leitenden: der notver ordneten Gegenmaßnahmen. Das alles war nicht wir- kungs-, nichft erfolglos, ebenso aus sachlichem wie aus massenpsychologischem Gebiete. Vorläufig galt es in dieser „Schwarzen Woche" nur eines: das „Geld" zu schützen, es in seiner Funktion als Blut im Wirtschafts körper zu erhalten, so gut es gehen will, es vor allzu großer Verdünnung oder gänzlichem Abströmen zu bewah ren; Währungsschutz, Regulierung und Be schleunigung des Notenumlaufs, um, wenn auch notdürftig, dem Staate wirtschaftlich und sozial das Dasein zu reuen, — daraus zielen alle diese Notverord- nnngen und sonstigen Maßnahmen ab. Daß bei diesem we Kräfte jedes einzelnen aufs schärfste an- geipannt, selbst „Lebcns"rcchie dieses einzelnen beiseite geichoben werden, trifft diesen oft hart und schwer. Bis- d"as wettere ^nein ins Mark des Daseins. Aber y«. n u: s?- KZ 'LstV-L-ELL auch lenes zweite, das eigentliche stiel erreicht' Um die Kräfte beim ersten Gegenangriff nich restlos zu erschöpfen ist bei den Maßnahmen zum Schutz der W^ru^ Notenumlaufs manches unterblieben, was wirtschaftlich radikal zerstörend wirken mußte. Man wollte wen ^ die Reste der kreditpolitischeu Beziehungen „halten E auch ste noch m den Kampf werfen: darum die' Er- höhungd - sDisko n t s atzes auf „nur^io Prozent - was allerdings eine Verdoppelung gegenüber dem Stand vor dem 13. Juni bedeutet -, darum zwar eim überaus scharfe Kreditbeschränkung, aber keine u^bedinatt Kreditsperre. § trotzdem ist man dabet, auch das Gelände zu er kunden, Uber das hinweg der wettere Angriff führen soll Freilich ist das eine p o l r t l s ch e Erkundung, deren Er gebnisse aber bestimmend sind für den Erfolg oder Miß erfolg des deutschen Bestrebens, die Frage des Kredits wieder in Ordnung zu bringen. Be. der des Auslandes in dieser „Vertrauensfrage sprechen „ be sonders auf der französischen Sette solche polttrschen Er wägungen das immer noch schlechtweg ^scheidende Wort, sprachen es bei der Schaffung des No"Ng-Plans und wiederholen es jetzt wieder, da das Problem ber Revision dieses Planes nicht mehr ein deutscher Wunsch allem ist, sondern sich auch anderen Staaten aufgedrangt hat. -er Versuch Hoovers, an dieser französischen Haltung vorver- Lukommen, ist so wenig geglückt, daß er selbst und auch UMneWMsMzWeMerliiM England ist dagegen, auch Amerika lehnt sie ab. Der pariser „Samerullgsplan". Brünings schwerer Gang. Die deutschen Minister gehen nicht aus eigene Faust nach Paris, wie teilweise behauptet wurde, sondern es ist, wie jetzt von zuständiger deutscher Stelle erklärt wird, eine offizielle Einladung der französischen Regierung zur Reise nach Paris ergangen. Wodurch der schwere Gang, den Brüning und Curtius gehen, nicht leichter ge macht ist. In Paris erwartet man die Gäste mit einem Programm, „das sich gewaschen Hal". Will man den französischen Pressestimmen Glauben schenken, und man kann es, denn sie Einheitlichkeit der Äußerungen läßt auf einen amtlichen Einfluß schließen, so enthält der „S a n t e r u n g s p l a n", den die französische Negierung als Grundlage für die Verhandlungen ausgearbeitet hat, folgende sechs Punkte: 1. Die Bant von Frankreich, vie Bank von England und Vie Federal Reserve Bank eröffnen der Reichsbank einen kurzfristigen Kredit von 500 Millionen Dollar, der zur Notendeckung bestimmt ist. 2. Zur Ablösung dieses kurzfristigen Kredites wird so bald als möglich eine internationale Anleihe nach dem Typ der Dawes-Anleihe und der Noung-Anleihe in gleicher Höhe auögcgcben werden. An dieser Anleihe beteili gen sich zu je einem Drittel erstens Frankreich, zweitens Amerika, drittens England, Belgien, Italien, Holland und die Schweiz. Die Anleihe ist in zehn Jahren zu amortisieren und durch die Verpfändung der deutschen Zölle fichcrzustellen. 3. Die Verwendung des Anleihebetrags wird durch ein Komitee der Bant für internationalen Zahlungsausgleich, wie dies in, Aoung Plan vorgesehen ist, kontrolliert. Dieses Komitee erhält auch ein Kontrollrecht über alle später von Deutschland, vom Reich, Ländern oder Kommunen im Aus land aufzunchmenden Anleihen. 4. Deutschland verpflichtet sich, nach Ablauf des Hoover- Feieriahres die Zahlungen nach dem Noung-Plan wieder aufzunehmcn. 5. Deutschland verpflichtet sich, seine Finanzen energisch zu reformieren und künftig die Budgets des Reiches, der Länder und der großen Kommunen der Wirtschaftskommission des Völkerbundes vorzulegen. 6. Als Gegenleistung für die Hilfsaktion schließt Deutsch land mit Frankreich und den übrigen Anleihegebern eine Ari „politischen Waffenstillstand" aus zehn Jahre ab, das heißt, es verpflichtet sich, seine Rüstungsabgaben nicht zu erhöhen und in seiner Außenpolitik keine Probleme aufzu werfen, die die Ruhe Europas gefährden könnten. Ein Ver zicht Deutschlands aus die Zollunion mit Österreich wird, wie die Presse ausdrücklich betont, nicht gefordert. Verpfändung der Steuern, Finanzkon trolle und politische Knebelung; das sind alles Bedingungen, durch deren Annahme Deutschland auf die selbe Stufe gedrückt werden würde wie China zur Zeit der Mandschus, oder die Türkei zur Zett Abdul Hamids. Es bedeutet nichts mehr und nichts weniger als die Herbeiführung eines Zustandes, wie er für einen Staat, der noch den Anspruch macht, ein solcher zu sein, u n - annehmbar ist. Es würde eine Entblößung von allen Hoheitsrechten sein, ein Hinabdrüüen Deutschlands zu einem Vasallenstaat im wahrsten Sinne des Wortes. Es ist sicher, daß es für die deutschen Minister gar nicht in Frage kommen kann, auf dieser Grundlage mit den Franzosen zu verhandeln, und man kann nur noch hoffen, daß die französische Presse in ihrer Schadenfreude, zum erstenmal einen deutschen Reichskanzler in Paris, und zwar gewissermaßen als Bittsteller zu sehen, den Bogen überspannt hat, und die französische Regierung selbst maß vollere Vorschläge in Bereitschaft hält, die als Grund lage für die Verhandlungen dienen können. , * Sonnabend nachmittag deutsch-französische Besprechung. Hochbetrieb in Paris. Ministerpräsident Laval hat die Minister Flandin, Maginot und Reynaud zu Besprechungen empfangen, England die zweite, durch die Zermürbung des Hoover- Planes notwendig gewordene wirtschaftliche Rettungs aktion für Deutschland nicht mehr ohne Frankreich machen wollen oder können. Darum sanden sich die Lenker der Politik Amerikas, Englands und — Deutschlands gerade in Paris zusammen, um der wirtschaftlichen Besserung, der k r e d i 1 p o l i t i s ch e n Ausgleichung zu nächst einmal die politischen Steine aus dem Wege Zu räumen. Bis zum Beginn dieses Weges führen die Anstrengungen, die Deutschland selbst in der „Schwarzen Woche" gemacht hat. Dann wird es sich entscheiden, unter welchen Bedingungen man uns den weiteren Weg öffnen, man uns eine Hilfe gewähren will, auf die uns unser bitteres Schicksal nun einmal angewiesen hat. Dr. Pr. an die sich eine Konferenz Lavals mit Henderson und Stimson anschloß. Letzteren Besprechungen wohnte Finanzminister Flandin ebenfalls bei. Darauf wurde folgende Verlautbarung veröffentlicht: Ministerpräsident Laval hat den britischen und den amerikanischen Außen minister über die bevorstehende Ankunft Dr. Brünings und Dr. Curtius' in Paris informiert, die für Sonn abend nachmittag hier erwartet werden. Er hat ihnen gleichzeitig Mitteilung über die Beratungen hinsichtlich der Finanzkrise in Deutschland gemacht. Laval Hal im An schluß an diese Besprechungen den italienischen Botschafter Manzoni empfangen. Zwischen den deutschen und französischen Ministern werden Sonnabend um 16 Uhr die Besprechungen be ginnen, an die sich dann die gemeinsame Konferenz an- schließt. Warnungen und Hoffnungen. Benierkungen zur Parttcr Reise ves Kanzlers. Die Öffentlichkeit beschäftigt sich natürlich sehr lebhaft mit ver Frage, ob vie Pariser Reise ves Kanzlers überhaupt Zweck hat. und ob irgendein greifbarer Erfolg zu erwarten ist. Die rechtsstehenden Blätter warnen im allgemeinen sehr nach drücklich vor der Reise, während die links eingestellte Presse zlautn. daß sich doch irgendeine ErsolgsmögUchkett finden lasse. Die agrarische Deuische Tageszeitung überschreibt bezeichnen derweise ihre Stellungnahme mit den Worten: „Die Pariser Falle" unv meint, ver französische Übermut werve Vurch vie Reise nur noch gestärkt. Der rechlsstehenve Berliner Lokal- Anzeiger mahnt den Kanzler, seinen schon oft ausgesprochenen Willen, sich unter lein französisches Dilla» zu beugen, auch vurchzusühren, wenn vteses Diktat äußerlich verschleiert wird. Die oolksparteiliche Deutsche Allgemeine Zeitung ver spricht sich von den Verhandlungen in Paris gar nichts. Sie mahnt zur Kühle und größten Reserviertheit gegenüber den Versührungskünsten der französischen Diplomatie. Der sozialdemokratische Vorwärts sieht in ven französischen Bedingungen für Gewährung einer Anleihe keine besondere Gefahr und meint, es handele sich nur darum, vaß die veulsche Regierung beweisen solle, daß ste ausrichtig mit Frankreich zusammen arbeiten wolle. Auch die vemokraiische Berliner Morgenpost glaubt, man brauche sich über vie französischen Bedingungen nicht zu beunruhigen, und das demokratische Berliner Tageblatt hofft, daß vie Bevingungen, so wie sie jetzt in ven Blättern genannt werden, den deutschen Ministern nicht vorgelegi werden "Am interessantesten sind die Ausführungen der Germania, vie vem Kanzler nahe steht Dieses Zentrumsblatt beschäftigt sich sehr eingehend mit ven französischen Bedingungen für die Gewährunst einer Anleihe und lehnt sie ab. Nur in der Panzerkreuzerfrage deutet das Blatt eine Kompromiß- Möglichkeit an. Im übrigen, sagt die Germania, sie habe keine Befürchtung, daß sich Brüning in eine „Pariser Falle" locken läßt. * Pariser Bedingungen für jede deutsche Regierung unannehmbar. Parteien der Rechten an den Reichskanzler. Berlin, 17. Juli. Namens der Fraktionsgemeinschaft des Christlich-sozialen Vvlksdienstes und der Konservativen Volks partei haben die Abgeordneten Simpffendörfer usrd Graf Westarp an den Reichskanzler vor seiner Abreise nach Paris folgenden Brief gerichtet: „Wir haben mit unseren Stimmen die Einbe rufung des Reichstages verhindern helfen und sind bereit, Ihre seitherige Politik weiterhin zu stützen. Das ist nur möglich, wenn Sie, Herr Reichskanzler, in Paris die demütigenden und entwür digenden Forderungen, die Sie dort zu erwarten scheinen, unbeug sam ablehnen und insbesondere jede Bindung der Handlungs freiheit für die Zukunft vermeiden. Wenn das Ausland jetzt nicht bereit ist, ohne entwürdigende Bedingungen einen Teil der ent zogenen Kredite zurückzugeben, und zwar in langfristiger Form, durch -ie eiste Wiederholung derartiger Krisen vermieden wird, so mutz das deutsche Volk seine Lebenshaltung und seine Wirt schaft auf die veränderte Kapitalgrundlage einstellen. Rück sichtnahme auf Schäden, die dadurch hem Auslande erwachsen, ist nicht mehr möglich. Das deutsche Volk wird aber, davon sind wir überzeugt, unter tatkräftiger Führung die schweren Opfer, die da mit verbunden sind, tragen und um seiner Freiheit willen m Ar mut Weiterarbeiten Md kämpfen. Nur eine Regierung, die eine derartige Politik mit fester Hand nach innen und außen führt, wird von Bestand sein können, die gegenwärtige Kruse überwin den und uns der Freiheit entgegenführen." Die Wirtschaftspartei und das Landvolk haben sich mit Rücksicht auf den ersten Satz des Schreibens diesem Schritt nicht angeschlossen, pflichten ihm aber im sonstigen Inhalt voll bei. Desgleichen nimmt in der Nationalliberalen Korrespondenz der Parteiführer der Deutschen Vollspartei, Dingeldey, unter der Ueberschrist: „Deutsche Schicksalstage" das Wort zu längerenAus- führungen über die gegenwärtige Lage, in denen er zum Schlutz