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16. Jahrgang Donnerstag, äen 22. Dezember 1S21 HI. Nr. SS. ?en Au« lluSMHrlich' igkeit unt«r !o!-Slrake Z?, lMlll ttk - men- ischenke: tscder -öuf>-s, . Auvlührung, wnrnitureii. I»att. t>. Preislagen. uiiber laude ich nu< gen. Warum Kapp sich nicht stellt. Tie München-Aug»burger Abendzeitung veröfftnt- licht einen ihr au» Berlin zur Verfügung gestellten Briesmit der Unterschrift Kappi». > In diesem Briefe der von Mitt« November datiert ist, teilt Kapp die Gründe mit. die ihn angeblich bewogen haben, sich dem Reichsgericht nicht zur Verfügung zu stellen Er lehnt e» — wie er sagt — grundsätzlich ab, wegen angeblichen Hochverrat» sich einer Regierung zu stellen, die den Be sitz der Gewalt lediglich dem tatsächlich begangenen Hoch- und Landesverrat verdanke, noch dazu verübt zu einer Zeit, als dem deutschen Volke schwerste Todesnot drohte. Eine solche Regierung, die aus schwerstem Verfassungs bruch hervorgegangen fei, habe weder da» Recht, wegen« Hochverrats anzuklagen, noch Anspruch daraus, daß ein durch sie des Hochverrat» Bezichtigter sich ihr stelle. Dem sollte sich die Regierung Ebert ebensowenig ver schließen wie der Erkenntnis, daß ihr hochverräterischer Ursprung letzten Ende» die Ursache für da» Schwinden jeglicher Staatsautoritcht und für die allgemeine staat liche und gesetzliche Auflösung ist. Kapp schreibt weiter, e» würde, wäre er nach den Märzragen den deutschen Gewalthabern unfreiwillig in die Hände gefallen, seine Gewtssenspfltcht gewesen sein, in dem gegen ihn eingelett-ten Verfahren den Leuten^ denen Deutschland die Revolution und den durch sie herausbeschworenen Niedergang zu verdanken habe, scho nungslos den Spiegel vorzuhalten. Nur um dieser Pflicht zu genügen, könnte für ihn die Herbeiführung eine» gerichtlichen Verfahren» allenfall» in Betracht kommen. Kapp glaubt aber, wie au» dem wetteren An halt de» Briefe» hervorgeht, daß für ihn die Zeit noch» nicht gekommen ist, diese» sein flammendes Schwert zu schwingen und die Märzeretgnisse de» Jahre» 1920 und ihre Zusammenhänge öffentlich zu erörtern. Bi» aus weitere» — so sagt er — würde er daher lieben allo Verunglimpfungen und alle Zweifel an seiner Per son schweigend weiter über sich ergehen lassen, al» die- bisher beobachtet«, wohlüberlegte Zurückhaltung vor-i zeitig ausgeben. Hochverrätern von gestern überhaupt, die sich über nacht zu Legitimisten entwickelt zu haben behaupten, in Wirklichkeit aber nicht einmal die Schein vorfassung von Weimar hielten, sei er keinerlei Recht fertigung schuldig. (ES ist sehr leicht, sich weit vom Schuß und au!» sicherem Versteck heran» in die Helden brust zu werfen und mit seinem Mute zu prahlen. Wäre Kapp wirklich der starke Mann, al» den ihn »eine An hänger Perehren, so wäre er vor dem Reichsgericht er schienen und hätte gesagt r Ich hab'» gewagt, aber e» ist mißglückt. Hier bin ich und beuge mich dem Urteil!) Handlungen zu fördern versuchte. - Die Begründung diese» Urteil» wird im nächsten Heft der Deutschen Zu ristenzeitung erscheinen. Noch kelue Einigung über -le Zor-erungen -er Seamten. Tie gewettschäftlichen Spthenorg.anisa- 1 io neu begaben sich gestern mittag nochmals in das Reichsfinanzministerium, um einen letzten Versuch , zu unternehmen, auf Grund der eingereichten Forderungen de» Deutschen Beamtenbundes vom 3. d. Mi zu Ver des Deutschen Beamtenbundes vom 3. d. M. zu Ver handlungen zu gelangen. Das von den Berliner Post- und Tölegraphenbeamten vorgestern abend beschlossene kurzfristige Ultimatum ist inzwischen vorerst auf gehoben worden. .. Ueber die Möglichkeit eines Be- amtenstreiks tritt in der Beamtenschaft Zwiespalt zutage. Vor Weihnachten dürfte sich die Lage nicht verschärfen. Dagegen wird damit gerechnet, daß zu Neujahr ein Ausbruch droht, fall» die Re:ch»regterung nicht nachgibt. «ein wel-aachteftreil Lei der Eisenbahn. Ta» ReichSverkehrSmintsterium tritt den Gerüchten entgegen, daß bei den Reichsetsenbahnen Streiks«- fahr Mr di« WelhnvchtSfeiertage vorltege, da sich auch die Kohlenlag« in letzter Zett gebessert habe. E» sei mit der glatten Erledigung de» Eisenbahnver kehr» zu Weihnachten zu rechnen. offer eiter, »esu ch t. Politische Bekenntnisfreiheit äer Beamten. Ta» preußische Oberverwaltung-geeicht hat am 17. Oktober über die Frage der politischen BekenntniSsreHeti der Beamten ein wichtige» Urteil gefällt. Nach der Deutsch. StrafrechtSztg., die e» in ihrem nächsten Heft ver öffentlichen wird, lautet da» Urteilt Dem Angeschuldigten ist in dem Beschlüsse über die Eröffnung des Disziplin narversahren» und in der AnschüldigungSschrift ledig lich zur Last gelegt, sich während seiner Tätigkeit al» Gemeindevorsteher zu einer Partei, nämlich der kom munistischen, bekannt zu haben, die eingestandenermaßen den gewaltsamen Umsturz der bestehenden verfassungs mäßigen Ordnung anstrebt und außerdem Weisungen einer auswärtigen Staatsgewalt Gehorsam leister. Der Umstand aber, daß ein Beamter sich zu einer politischen Partei bekennt, stellt für sich allein noch keine Ver letzung der dem Beamten durch sein Amt auferlegten Pflichten und ebensowenig ein unwürdige» Verhalten in oder außer dem Amte dar. Diese Rechtslage ist für da» geltende Recht klargestellt durch Art. 130 ALs. 2 RVerf. v. 11. August 1919. der allen Beamten die Freiheit ihrer politischen Gesinnung gewährleistet. Hier mit kann nicht gemeint sein, daß, nur die Freiheit der bet einem Beamten im Innern vorhandenen, in der Außenwelt nicht hervortretenden Politischen Gesinnung gewährleistet werde, da dies- ohnehin frei ist, somit bei einer solchen Auslegung die Bestimmung bedeutungs- lo» wäre; vielmehr kann jene Vorschrift nur dahin ver standen werden, daß jedem Beamten die Freiheit gewähr leistet wird, sich nach außen htft zu einer politischen Auffassung zu bekennen, wie sie von einer be stimmten politischen Partei vertreten wird. Danach Ist eine disziplinarische Bestrafung eine» Beamten wegen de»bloßen Bekenntnisse» zu einer politischen Par tei ausgeschlossen. Ein Dienstvergehen, da» zur Dienst entlassung führen könnte, würde ein Beamter erst dann begehen, wenn er die Erreichung de» auf gewaltsamen Umsturz der bestehenden StaatAyödnung gerichteten Zie- le» der Partei» tzu der, er sich bekenn^ durch positive Die Antwort äer Deutsch-Amerikaner. Dährend der ersten Tage seiner Anwesenheit in Washington anläßlich der dortigen Konferenz hielt Brtand im Lotos-Klub eine Rede, in der er u. a. ausführte: Im Kriege kämpften Deut sch amerika- n e 0 als Soldaten der 32. Division Schuller an Schulter mit un». Sie kämpften und sie sagten un», daß sie nicht gegen Deutschland, sondern gegen den Geist der Unterdrückung, gegen da» Deutschland der Hohenzollrrn, gegen do« Deutschland der militaristtschen Tendenzen kämpften. . . Hier stehe ich und rufe diesen Deutsch- Amerikanern zu r Warum erhebt JHP nicht Eure Stimme, daß sie über den Ozean dringe zu denen, deren Blur» Ihr seid? Warum ratet Ihr Ihnen nicht, un» ent- gegenzukommen und alle» in ihren Kräften Stehende zu tun zur Wiederherstellung der Ruh«? Sagt ihnen, daß sie von Frankreich nicht» zu fürchten haben. HteraE .geben ihm die Deutsch-Amerikaner In der Neuhorker GtaatSzeitung folgende Antwort: Ja, Herr Briand, die Amerikaner deutschen Stamme« haben auf französischem Boden ihr Blut vergossen; sie haben gegen da» Land ihrer Väter und Mütter und Geschwister« bekämpft; sie haben als Amerikanerin Erfüllung ihres BÜrgereideS gekämpft, weil e» einem Woodrow Wilson in seinem Ratschlüsse gefiel, unser Land in diesen Krieg zu treiben . . . unser Land — mH countrh right or wrong. . Sie haben gekämpft Mr Freiheit und Gerechtigkeit, Mr, Selbstbestimmung und Demokratie , sie haben aber nicht gekämpft Mr die Befriedigung der französischen RachegeMhle, ft« ha ben, Vicht gekämpft für die Losreißung deutscher Lan desteile vom deutschen Mutterland, nicht Mr die Rück gabe des deutschen Elsaß-Lothringen, da» Frankreich einst Hm Frieden gestohlen; nicht Mr den Raub de» deutschen Malmedh-Eupen; nicht für den Raub von Danzig, Memel, Tirol; nicht Mr die Knechtung pe» Gaargebtete»; nicht Mr die Vergewaltigung Oberschle siens. Sie haben gekämpft Mr Gerechtigkeit und Frie den, aber nicht Mr da» Verbrechen an Recht und Frie den, nicht Mr den Vertrag von Versailler. .... nicht Mr die Vernichtung Deutschland». Unsere Söhne, diese treuen Amerikaner, in deren Adern deutsches Blut fließt, sind — wie Sie, Herr Briand, sagen — gegen da» Deutschland der Hohen- zollern und gegen deutschen Militarismus in» Feld ge zogen. Nehmen wir einmal an, daß Ihre Auslegung zutreff« . . . Haben wir unsere Söhne über den Ozean geschickt, haben unsere Söhn« Gesundheit und Leben geopfert, damit da» Deutschland der Hohenzollern, da mit der deutsche Militarismus zerstört und au» seinen Ruinen da- Frankreich Loui» XIV. und Napoleons l. und per wett schlimmere, maßlos frech« und unerträg lich« französische Militarismus aufsteige? Wir Deutsch« Amerikaner sollen unseren Brüdern raten, den «Fran zosen «ntgegenzukommen und afle» in ihren Kräften Stehende zur Wiederherstellung de» Frieden» zu tun! Wie könnten wir da» mit gutem Gewissen verantworten? Ist Deutschland, machtlos und waffenlos, nicht di» zum «eußersten gegangen? Hat es nicht den Schwerkfrieden unterzeichnet, den Diktaten von Spa, Boulogne, Genf, nicht allen Diktaten sich gefügt? .Lut «» nicht alle» in Muer Tageblatt M, u» u-t »I»it W.U, «-»«M ,, 1L» Mail, U,n,m» «naonahm« »t» fpet«o»n» V» Uh« »»rmUla». p»M«ck.g»ato, statt Lüpztp N». ISS». Das Wichtigste vom Tage. 1. ZanUav ab müssen all« yahrzeuae d-t deutschen Handel,flott« die versas, suNg-mätzige ReichdHandelsflagge führen. R nachmittag in Au-stcht genommene Vertretern der Beamten- mit dem ReichSfinanimint- storiutn ist auf heute verschoben worden. in Kempten erklärte der bay- risste Ministerpräsident neuerlich die unbe- °^Ute R*ichstreue Bayerns, trat aber gleich zeitig Mr die Revision der Weimarer Verfas sung ein. Aus Oed'enburg ist die Nachricht etngegangen, daß die ungarischen Behörden nach der Abstim mung zum Teil wieder in Oepenbura einae- troffen find. Die Londoner Besprechungen. Trotzdem die Konferenz zwischen Briand und Lloyd Georg« sich durch einen bemerkenswerten Mangel an amtlichen Nachrichten auSzeichnet, ist so- wohl die englische wie die französische Presse und dem- zufolge auch di« deutsche Presse mit Nachrtchtenmaterlal überfüllt. ES wird infolgedessen sich empfehlen, all diesen Mitteilungen mit dem nötigen Maß von Skepsis entgegenzutreten. Wenn und soweit diese Mitteilungen aber richtig sind, darf man daraus schließen, daß die bei Verhandlungen zwischen den beiden Staat-leitern stet» zu befürchtende Gefahr, daß Lloyd George am" Ende dem hartnäckigeren Briand nachgibt, bisher noch nicht eingetreten ist, und daß Lloyd George zwar selbstver ständlich nach wie vor in einem den englischen Inter essen angemessenen Ginne wirft, der aber doch zum Teil auch Deutschland zugute kommen! würde. Dahin gehört -. B. der Gedanke, die alliierten' Truppen aus dem besetzten Gebiete überhaupt zürückzuziehen und da» Gebiet zu neutpalisieten. ^ Die Begrün- düng, daß die Kosten der Besatzungsheere einen so gro ßen Teil der ReparattonÄsumme verschlingen, daß für die eigentliche Wiedergutmachung fast nichts übrig bleibt, ist völlig durchschlagend. Es ist aber kaum zu hoffen, daß Frankreich auch durch die einleuchtendsten Gründe jjich das Pfand aus der Hand nehmen lassen wird, das Mr die französisch« Politik ja doch ein Pfund geworden ist, mit dem sie auf das ausgiebigst« wuchert. Immerhin ist es schon ein Fortschritt, daß die französischen Sach verständigen überhaupt bereit sein sollen, den Ge- danken eine» Moratoriums zu Prüfen. Selbstverständlich würde wie stets Frankreich .sich auch, hier die nüti-wn Garantien auSbedingen, al» da sind Zoll-, Finanz- und Banknvtenkontrolle. Eine solche Maßnahme würde aber aus nicht» anderes als die Balkanisierung.Deutsch- land» hinauslaufen, gegen die gerade in einflußreichen englischen Kreisen angeblich ein unbedingter Einspruch erhoben wird. Ter Gedanke eine» europäischen WtrtschaftSkontzresse», an dem sich die große und die kleine Entente, Deutschland und Rußland und die früher Deutschland feindlichen Staaten sowie die europäischen neutralen Staaten beteiligen sollen, und dem Brtand grundsätzlich nicht abgeneigt sein soll, ist wohl eine ZukUnftSmüstk. Eine solche Konferenz wäre vom deutschen Standpunkt au» gewiß zu begrüßen; wich tiger aber ist Mr den Augenblick, daß in London Be schlüsse zustande kommen, die da» Reparationsproblem auf eine neue und Mr un« erträgliche Grundlage stellen. Das Urteil im Zagow »Prozeß, v. ^agow fünf Jahre Festungshaft, v. Wongenheim un- dr. Schiel» frelgefprochrn. Mittwoch nachmittag wurde im vereinigten zweiten und dritten Strafsenat de» Reichsgericht» da» Urteil im Kapp-Puisch-Pro'zetz verkündet. Schon eine halbe Stunde vorher war der Groß« Berhandlung»saal von einem zahlreichen Publikum dicht gefüllt Pünkt lich um 4 Uhr eröffnete SenatSPräsident von Pelgr- gu» die Sitzung. Er gab eine Zusammenfassung der Beweisaufnahme und eine ausführliche Begründung fol genden Urteil»: Ter Angeklagte vonIagow wird we gen verbrechen» der Beihilfe zum Hochverrat laut Pa- raaraph 81,2 de» Strafgesetzbuches unter Zubilligung mildernder Umstände zu fünf Lahren FestUng-- haft verurteilt. Die Angeklagten v. Wange »heim und.Lr. Schiele werden nicht al» Führer im Kapp- Putsch angesehen, da. sie nur nebensächlich» Handlungen (weder Uebernahm« vonMintPerftnnpchW^ NW'.rM.N'L- WK1UW.!"" MM Anzeiger für -as Erzgebirge «'s" »l«tt LI. «mlllch«, »„annlm-ch»-,«» «» Nr. 2S7