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Schlosse des jungen Prinzen rüsten, streiten sich erbittert um einen Schal, den die Mutter darauf in zwei Teile schneidet. Dann greifen „überirdische Mächte" in das Geschehen ein: Die gute Fee schenkt Aschenbrödel ein Paar schöne Tanz schuhe und verwandelt den Raum in einen prächtigen Garten, in dem die Feen der Jahreszeiten, u. a. die Fee des Winters, das erstaunte Mädchen für den Ball kostbar kleiden und schmücken. Eine Mazurka geht dem Auftritt des Prinzen beim Fest voraus und wird danach fortgesetzt. Mit den Feen, mit Heuschrecken und Libellen, die eine Kutsche ziehen, geht Aschenbrödel zum Ball. Ihr beschwing ter Walzer wird der Höhepunkt des Festes und zum Symbol von Liebe und Glück, entflammt doch der Prinz in Liebe zu Aschenbrödel, das um Mitternacht ungese hen den Saal verläßt, jedoch dabei einen seiner Schuhe verliert, mit dessen Hilfe der Prinz später, im Schlußteil des Ballettes, seine so plötzlich verschwundene Tänzerin wiederfindet. Prokofjew schrieb zwei Violinkonzerte. Das Violinkonzert Nr. 1 op. 19 D-Dur entstand bereits in den Jahren 1915 bis 1917 — die in Petrograd vorge sehene Uraufführung mußte wegen der Revolutionsereignisse abgesagt werden —, das zweite, op. 63 g-Moll, wurde 1953 vollendet. Während der Arbeit am ersten Violinkonzert, das 1922 in Paris zum erstenmal der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, beschäftigte sich Prokofjew gleichzeitig mit der dritten Klaviersonate und der Dostojewski-Oper „Der Spieler“. Das Konzert besitzt einen reichbedachten virtuosen Solopart. Seine grundsätzliche Haltung ist jedoch mehr — dem Solo instrument entsprechend — lyrisch, gesangvoll, ohne weichlich zu sein, mit sinfo nischem Formbewußtsein konzipiert. Daß in dem liebenswürdigen Werke, das Prokofjew wegen einiger „träumerischer Motive" besonders schätzte, auch die humorvoll-spritzige, spielerisch-anmutige Seite seines ausgeprägten Personal stils zur Geltung kommt, versteht sich fast von selbst. Ungewöhnlich ist die formale Anlage dieser reifen, klaren und von kontrastreicher Thematik getrage nen Komposition: Zwei lyrische langsame Sätze umrahmen einen schnellen Scherzosatz. Den ersten Satz (Andantino) bestimmt ein zartes, träumerisch-sangliches Thema, das später noch einmal, in der Coda des Finales, erklingt. Virtuose Passagen und Triller leiten zum chromatischen, humorigen Nebenthema über, dessen muntere Kapriolen in denkbar großem Gegensatz zur melodischen Lyrik des Hauptthemas stehen. In der geistvollen Durchführung werden die beiden Themen vollständig verwandelt, einmal durch die steigende Beschleunigung des Zeitmaßes, zum anderen durch die für Prokofjew so typische sarkastisch-ironische Verzerrung ihres ursprünglichen Charakters. Aber in der Reprise erklingt das kantable Hauptthema in seiner originalen Gestalt im Orchester, während es die Violine figurativ um spielt. Der zweite Satz (Vivacissimo), formal einem fünfteiligen Rondo entspre chend, hat ausgesprochenen Scherzocharakter (man beachte auch die Verwandt schaft zum Scherzo des zweiten Klavierkonzertes). Ununterbrochene Bewegung zeichnet diesen grotesk-launischen, brillanten Satz mit seinem prägnanten, chromatisch aufsteigenden ersten Thema aus. Der temperamentvolle musikan- tische Übermut, der in den melodischen Sprüngen, Glissandis und Flageoletts dieses Scherzos steckt, wird auch nicht durch vorübergehende trübere Stimmun gen, die Episoden bleiben, beeinträchtigt. Die lyrische, lichte Atmosphäre des ersten Satzes wird im dritten Satz (Moderato), „der Bilder eines heiter-klaren Traumes enthält" (W. Delson), wieder aufgenommen. Starke Gefühlskräfte prä gen das Hauptthema, das die Violinen gleich zu Anfang anstimmen. Auch hier gewinnen die dunklen Gegenkräfte nicht die Oberhand. In der umfangreichen Coda, die den Satz beschließt, werden auf dem Höhepunkt das lyrische Haupt thema des Eröffnungssatzes (in der Solovioline und den ersten Geigen) und das Hauptthema des Schlußsatzes (im Orchester) miteinander verknüpft. Strahlende KiangIichkeit fasziniert den Hörer. Ludwig van Beethovens 1. Sinfonie C-Dur op. 21, anderer vermutlich schon seit 1794 arbeitete, erlebte am 2. April 1800 im Wiener „Natio- nal-Hof-Theater nächst der Burg" unter Leitung des Komponisten ihre Urauf führung. Sie war das Schlußstück eines in damaliger Zeit nicht ungewöhnlichen Monsterprogramms, das außerdem eine Mozart-Sinfonie, eine Arie und ein Duett aus dem Haydnschen Oratorium „Die Schöpfung" sowie ein Beethoven- sches Klavierkonzert, das Septett und ferner Klavierimprovisationen enthalten hatte. Wie sich in diesem ganzen Programm — des jungen Meisters erste eigene „Akademie" — die Verehrung und Huldigung des 29jährigen Beethoven für seine Vorbilder Haydn und Mozart manifestierte, so bestätigte gerade sein sin fonischer Erstling die Äußerung des Grafen Waldstein, daß der junge Beethoven „durch ununterbrochenen Fleiß Mozarts Geist aus Haydns Händen erhalten" habe. Beethovens 1. Sinfonie, die Carl Maria von Weber eine „feurig-strömende" nannte und die fraglos das erste Gipfelwerk des jungen Genius darstellt, wurde dank ihres lebensbejahenden, strahlend-heiteren Charakters, ihres stolzen Kraft bewußtseins schnell populär. Bereits im Jahre 1802 rühmte die Leipziger All gemeine Musikalische Zeitung die Sinfonie als „geistreich, kräftig, originell". Dasselbe Blatt bezeichnete das Werk drei Jahre später als das Muster „einer herrlichen Kunstschöpfung. Alle Instrumente sind trefflich genutzt, ein ungemeiner Reichtum der Ideen ist darin prächtig und anmutig entfaltet, und doch herrscht überall Zusammenhang, Ordnung und Licht." Die Sinfonie beginnt mit einer langsamen Einleitung (Adagio) — überraschende™ weise auf dem breit ausgehaltenen Dominantseptimakkord von F-Dur, bis dann nach etwas unentschlossener Kadenzierung G-Dur erreicht wird. Nach einer glei tenden Zweiunddreißigstelfigur erklingt sodann, von den Violinen gespielt, das prägnante, unbeschwerte C-Dur-Hauptthema (Allegro con brio), während das G-Dur-Seitenthema auf Flöte und Oboe verteilt ist. Die knappe Durchführung ist von Mozartscher Feinheit und Durchsichtigkeit und verwandelt geistvoll das thematische Material. Ein Holzbläser-Unisono bildet'den Übergang zur Coda, die den Satz festlich beschließt. Ein versonnen-liedhaftes Hauptthema gibt dem zweiten Satz (Andante), einem Sonatensatz nach Haydnschem Vorbild, seinen edlen, schwärmerisch-innigen Cha rakter. Nur dem Namen nach ist der dritte Satz ein Menuett. Zwar ist die alte Tanzform noch zu erkennen, jedoch begegnen bereits die typischen Merkmale der späteren Beethovenschen Scherzi: das spannungsgeladene, empordrängende Thema mit seiner kapriziösen rhythmischen Gestaltung und humorvollen Verarbei tung, die kontrastreiche Dynamik und nicht zuletzt das feurige Zeitmaß (Allegro molto e vivace). Die für das 18. Jahrhundert noch obligatorische Tradition des Menuettsatzes wird hier schon recht selbstherrlich, ja umstürzlerisch gehandhabt, ehe sie Beethoven von der 2. Sinfonie ab zugunsten des Scherzos gänzlich auf gibt. Deutlich hebt sich der Trioteil mit seinen Bläserakkorden und Geigenfiguren vom „Menuett" ab. Nach einer kurios-tastenden Einleitung hebt das rondohafte, turbulente Finale an mit seinem schwungvoll-vorwärtsstürmenden Hauptthema, seiner klaren, übersichtlichen Form und der geistreichen (sonatensatzähnlichen) Verarbeitung der musikalischen Gedanken. Dr. Dieter Hartwig VORANKÜNDIGUNGEN: 13. November 1969, 20 Uhr, Festsaal des Kulturpalastes Dresden 2. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Kurt Masur Solistin: Cecile Ousset, Frankreich, Klavier Werke von Beethoven und Brahms Freier Kartenverkauf 15. November 1969, 20 Uhr, Festsaal des Kulturpalastes Dresden Einführungsvortrag 19 Uhr Dr. Dieter Härtwig 2. ZYKLUS-KONZERT Werke von Beethoven und Prokofjew Dirigent: Lothar Seyfarth Solist: Rafail Sobolewski, Sowjetunion, Violine Anrecht C und B Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1969,70 — Chefdirigent: Kurt Masur Redaktion: Dr. Dieter Härtwig Druck: Grafischer Großbetrieb Völkerfreundschaft Dresden, Zentrale Ausbildungsstätte 42549 III 9 5 1,6 1069 ItG 009/89/69 (•Hlharmnoni 1. Z Y K L U S - K O N Z E R T 1969 /70