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Uxped. L. NedakNo» rre»be«-Ne«fta»t tl. Meißner »ässe 4. Die Zeitung erscheint rieufta», Lauuerftan und «»nnatend früh. «tzanuemcnt»- PretS: »ierltljührl. M. 1.50. Zu beziehen durch die kaiserlichen Post- anstalten und durch unsere Boten. Bei freier Lieferung inS HauS erhebt die Post noch eine Ge bühr von 25 Pf. iiclMt DolßeituG Lin unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. AmtShauptmannschasten Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, für di« Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Herrmann Müller in Dresden. Inserate werden bi» Montag, Mittwoch u. Freitag Mittag angenommen und kosten: di. Ispalt. Zeile 15Pf. Unter Eingesandt: SO Pf. Inseraten- Pnuah»eftevc»r Die Arnoldische Buchhandlung, Invaliden dank, HaasensteinLBogler, Rudolf Mosse, G L. Daube L (5o. in Dresden, Leipzig, Frankfurt a/M., G. Nohl, Kefleisdorf u. s. w. Hr. 123. Dienstag, dm 19. Oktober 1897.59. Jahrgang. Politische Weltscha« Deutsebes Reich. In protestantischen Kreisen haben in letzter Zeit mehrere heftige Kund gebungen aus Rom gegen den Protestantismus berech- ngteS Aergerniß erregt. Besonder- scharf kam aber die Feindschaft der römischen Kirche gegen die Reformation kürzlich in einer Encyklika de- Papstes gelegentlich der FeierdeSGedächtnisse- an den deutschen Jesuiten Canisius zum Ausdruck. Für den Papst ist, auch nach diesem Send schreiben, die Reformation immer noch ein „verbreche rischer Aufruhr", der Protestantismus noch heute „da- abscheuliche Gift," besten Ausrottung die Aufgabe der streitenden Kirche ist. Wie immer, fehlt eS auch jetzt nicht an Leuten, welche diese beschimpfenden Ausdrücke der CanisiuS-Encyklika als harmlose Hyperbeln deS römischen Kurialstyls darstellen möchten. In der unserem „aufgeklärten" Jahrhundert nur allzu lange eigen ge wesenen Verblendung über das wahre Wesen des Ultra- montanismus hat man sich in der Regel durch solche Ausreden beihören lasten. Wie kommt e-, daß jetzt eine päpstliche Encyklika auf unsere protestantischen Kreise diese zündende Wirkung hervorgebracht hat? Die Erklärung liegt offenbar in der veränderten Be- deutung, welche der Ultramontanismus im öffentlichen Leben Deutschlands gewonnen hat. So lange der UltramontaniSmuS der Regierung als feindliche Oppo sition gegenüberstand, glaubte sich der Protestantismus über ihn nicht sonderlich beunruhigen zu sollen. Seit dem sich aber die Dinge in einer Weise gewendet haben, daß er im Großen und Gartzen mit den Allüren einer Regierungspartei austreten kann, jedenSfalls aber seit Jahren auf die Reichspolitik einen bemerkenSwerthen Einfluß geübt hat, verbreitet sich in den protestantischen Kreisen immer weiter und intensiver die Erkenntniß der klerikalen Gefahr. Die Regierung wird nicht umhin können,aufdiese wachsende Erregung Rücksicht zu nehmen. Angesichts der nahe bevorstehenden ReichStagSsesfion tritt die Frage in den Vordergrund, wie sich das Centrum zu der zu erwartenden Marinevorlage stellen werde. Da von ihm die Entscheidung abhängt, so liegt für die Regierung die Versuchung nahe, eS durch irgend, welche Koncesfionen günstig zu stimmen. Dem Bunde-- rathe liegen die beiden au- der Initiative deS Reichs- tages hervorgegangcnen und von demselben ange nommenen Gesetzentwürfe vor, von denen der eine das ganze Jesuitengesetz, der andere den H 2 desselben auf- hebt. Daß der BundeSrath dem ersteren zustimmen werde, erwartet niemand, dagegen rechnet da- Centrum, wie eS scheint, mit ziemlicher Sicherheit auf die An- nähme deS zweiten. Außerdem giebt seine Presse zu verstehen, daß eS Zeit sei, wenn der BundeSrath seine vom Reichskanzler zugesagte Prüfung, welche Orden etwa noch von der Wirkung deS Jesuitengesetzes auS- zunehmen seien, endlich zum Abschlusse brächte. Un zweifelhaft würde aber der BundeSrath, wenn er sich im gegenwärtigen Augenblicke zu derartigen Zugeständ nissen an den Ultramontanismus entscyließen wollte, einem vielleicht zu erreichenden augenblicklichen Erfolge zu Liebe einen schweren Fehler begehen, der sich im weiteren Verlaufe der Dinge bitter rächen könnte. Die Aufhebung deS 8 2 de- Jesuitengesetzes pflegt al- eine praktisch bedeutungslose Maaßreael dargestellt zu werden. Sie konnte in Wirklichkeit als solche schon damals nicht angesehen werden, als der Reichstag sie in unrühm licher Nachsicht gegen das Centrum beschloß. Jetzt aber, nach der CanisiuS Encyklika, müßte sie unbegreiflich erscheinen. Wir haben wahrlich Verwirrung genug in Deutschland. Verhängnißvoller aber, als durch ein neue- Entgegenkommen gegen den Ultramontanismus könnte dieselbe nicht gesteigert werden. Der Regent von Mecklenburg, Herzog Johann Albrecht, hat, wie aus Kiel geschrieben wird, dem früheren Chef der 5. Torpedobootsdivision, zu der das untergegangene Torpedoboot „8 26" gehörte, und Kommandant des DivisionSbooteS „v 3", Kapitänjeut- nant Schäfer, das Ritterkreuz der Wendischen Krone verliehen. Diese öffentliche Auszeichnung deS Division»- chefs erregt großes Aufsehen. Man nimmt an, daß die eingeleitete Untersuchung die gegen den Kapitän- leutnant Schäfer erhobenen schweren Beschuldigungen nicht bestätigt hat. ES wurde anläßlich der Katastrophe betont, daß der DivifionSchef die Torpedoboote nicht eher auf die Elbe hätte zusteueru lassen dürfen, bi- die Fluth eingetreten wäre und damit in der Elbmündung ruhigere- Wasser geherrscht hätte. Die Strömung lief zur Zeit der Katastrophe mit der vollen Kraft der Ebbe dem Winde entgegen. Vier bi- fünf Stunden später hätte „8 26" ein weit ruhigeres Fahrwasser gefunden. Fachleute äußerten ihr Erstaunen darüber, daß der Chef der Torpedoflotte Ordre gegeben hätte, in die Elbmündung einzulaufen, da er doch wissen mußte, daß die Fahrzeuge zu einer Zeit dort eintrtffm würden, wo dadurch, daß Strömung und Wind einander entgegengesetzt waren, eine hohe und wilde See vor der Eide stand. Durch die vom Herzog regenten dem DivifionSchef ertheilte Auszeichnung sind die erhobenen Beschuldigungen wesentlich entkräftet. Eine Widerlegung der angeführten Behauptungen dürfte nunmehr in kürzester Frist von autoritativer Seite er folgen. Von den geretteten Mannschaften des Torpedo bootes §8 26" haben der leitende Maschinist WormS und der OberbootSmannSmaat Jakobi, der bei dem Untergange deS Torpedobootes „8 41" in der Jammer bucht gleichfalls unverletzt davonkam, OrdenSauSzeich- nungen erhalten. Im Auftrage der Königin von Italien theilte der italienische Gesandte in München dem dortigen Thierschutzverein mit, daß inhaltlich einer Erklärung des Ministerpräsidenten di Rudini der Minister sür Landwirthschast dem vom genannten Verein in Betreff der Bekämpfung de- VogelmaffenmordeS in Italien an die Königin von Italien gerichteten Ansuchen und den darin enthaltenen Erwägungen sein Interesse zuwenden werde, um e- für den Entwurf eine- Jagdgesetzes zu benutzen, den er dem Parlamente vorlegen wird. Der Staatssekretär Graf PosadowSky hat am Montag dem CentralauSschuffe derJnnungSverbünde Deutschlands die erbetene Audienz gewährt. Der Staatssekretär unterhielt sich, nach der „M. Z.", mit den erschienenen acht Herren fast anderthalb Stunden lang und ließ sich in eingehender Weise über ihre ! Wünsche in Bezug auf die Durchführung der Hand- werk-organisation und andere Schutzmaaßregeln für das Handwerk unterrichten; soweit er dazu im Stande war, sagte er die Berücksichtigung der ihm vorgetragenen Forderungen zu. Im Reichsamt des Innern werden jetzt die Arbeiten sür die Ausführungsbestimmungen zu der Gewerbeordnungsnovelle und für das aufzu. stellende Normalstatut, die durch die Erkrankung des GehrimrathS Wilhelmi eine Zeit lang verzögert wurden, nach Möglichkeit beschleunigt, damit sie den Hand- werkerverbänden rechtzeitig zugehen können. Bei der Ausarbeitung des NorwalstatutS sollen die Mitglieder deS CentralauSschuffe- um ihr Gutachten ersucht werden. Da- preußische Kriegsministerium hat sich in einem Schreiben an die Anwaltschaft de- Verbände- der deut schen landwirthschaftlichen Genossenschaften über die Naturallieferungen für die Truppen geäußert. In demselben heißt eS unter Anderem: „WaS den Bedarf an Kartoffeln anlangt, so ist den Truppen noch be. sonder- empfohlen, ihn durch unmittelbaren Ankauf von Landwirthen oder landwirthschaftlichen Vereinen zu decken, wobei ihnen aber bezüglich der den Lieferung-- Verträgen zu Grunde zu legenden Bedingungen im All gemeinen freie Hand gelassen ist. Wa- die Fleisch beschaffung anbelangt, so ist auch in Deutschland in einzelnen wenigen Garnisonen (Med, Lübben) der Ver such gemacht worden, eigene Garntsonschlächtereien ein zurichten. Der Ausdehnung dieser Einrichtung auf die ganze Armee ständen wieder große Schwierigkeiten entgegen. Für da- Fleischlieferungsverfahren seien neue Bedingungen aufgestellt. Auf Grund dieser Be dingungen wird derFlesschbedarf für sämmtliche Truppen küchen einer Garnison gemeinschaftlich verdungen; zur IeuMeton. Der Spion. Historischer Roman aus der Geschichte deS heutigen Rußland- von Iuliu- Grosse. (Nachdruck verboten.) (5. Fortsetzung.) Diese Vergünstigung sollte der Lohn sein, wenn er sich eine- gewissen Auftrags würdig erzeigte, der ihm nicht nur Ehre, sondern auch Mittel und wettere Ver bindungen einbracht». Mit diesem Auftrage hatte eS folgende Bewandt, niß: In jener Zeit traf ich bei unserem Regiments- kommandeur GwerS mit einem Gutsbesitzer im Gouver. nement Kiew, dem verabschiedeten General Alexander Lwowitsch, zusammen. Er brachte die Rede unter Anderem darauf, daß eS bei uns in Rußland so wenig geschickte Mechaniker gebe. Deshalb könne man auch bei un» selbst mit Aufwand großer Mittel keine Fabriken anlegen, weil im Falle der Beschädigung einer vom SuSlande bezogenen Maschine nirgend» ein geschickter Meister aufzutreiben fei und die Fabrik au» diesem Grunde ihren Gang einstellen müsse. Da» sei auch bei ihm der Fall gewesen. Er habe einen Deutschen gefunden, der ihm eine Wassermühle gebaut; so lange er gelebt, blieb die Mühle im Sange und habe bedeutenden Nutzen gebracht. Seitdem der Deutsche aber gestorben, fei die Maschine verdorben und stehe nun, da sich kein Maschinist finde, um sie zu repariren. Da ich mich erinnerte, daß Sherwood bei seine» Vater die Mechanik erlernt, schlug ich ihn zu diesem Dienste vor und der General war sofort einverstanden. Man schickte sogleich nach Sherwood. Er übernahm die Reparatur der Mühle und nachdem die Bedingungen festgestellt, reiste er unverzüglich auf da» Gut de» General», den Flecken Kamenka, ab. Beim Abschiede gab ich ihm einige Empfehlungen an verschiedene Freunde der gastfreien Familien mit, unter Anderen an die Leutnant» Licharew und Sochatzky, die ich ihrer Tüchtigkeit halber schätzte und die Sherwood gewiß irgendwie förderlich fein konnten. Mehr als ein Monat vrrging, bevor er zum Re giment »mückkehlte. Die Mühle war glücklich in Stand gesetzt und Sherwood'» Geschicklichkeit höchst anständig honorirt worden. Hierauf ging er wieder mit früherem Eifer an seine Geschäfte in der Kanzlei, besuchte mich täglich und wandte Alle» an, mir feine Ergebenheit und Dankbarkeit zu beweisen. Trotzdem fiel mir schon damal» eine sonderbare Veränderung in Sherwood'» Benehmen auf — eine ge- wisse Befangenheit, etwa» Gehelmnißvolle» und in feinen Reden eine gesuchte, räthselhafte Zweideutigkeit. Dabei nahm er den Mund voll wie Emer, der mit großen Unternehmungen umgeht und erlaubte sich bi»weilen auch gegen mich einen übermüthigen Ton. Ich glaubte mich in meinen Eindrücke« zu täuschen, schob aber die Ausführung jene» Projekt», seine Gattin kommen zu lassen, einstweilen auf, zumal sich eine neue Gelegenheit bot, Sherwood abermal» zu einer wichtigen Mission zu verwenden. Nemlich: Gegen Oberst GwerS II. vom Eharkow'- fchen Ulanen-Regiment, den Bruder unseres Komman. deur-, war auf Grund einer Denunciation eine Unter suchung eingeleitet, die, da die meisten Osficiere gegen ihn Partei nahmen, eine ungünstige Wendung zu nehmen drohte. Ja dieser Bedrängviß kam Gwer» II. zu seinem Bruder, das heißt zu un», mit der Bitte, ihm einen guten, gefetzkundigen Sachwalter zu empfehlen. Sein Bruder, von Natur indolent und schwer fällig in allem Geschäftlichen, war wenig über den Ruhestörer erfreut und um ihn lo» zu werden, wie» er ihn an un». Au» dem ganzen bisherigen Sange de» Processe» erkannte ich, daß e» zu seiner Rettung zunächst noch- wendig fei, die Handlungen der Unterfuchuog-kommlffion aufmerksam zu überwachen. Und bei dem Gedanken, wer dazu am geeignetsten, kam mir abermal» Sherwood tu den Sinn. Er war anschlägig, schlau, ein Meister im Epio- niren und durchau» nicht ohne juristische Kenntnisse. Einen besseren Sachwalter konnte ich nicht Vor schlägen und Oberst Gwer» ll. nahm ihn auch sofort mit nach Wo»nessentk, wo der Stad feine» Regiment» stand. Bei diesem zweiten Abschied berahm sich Sher» wood ganz sonderbar, ich möchte sagen feierlich. „Herr Oberst", sagte er, „ich danke Ihnen. Sie stoßen mich auf die Bahn de» Ruhm». Große Dinge werden geschehen, meine Schwüre sind unvergessen. Sollten Sie von mir hören, denken Sie nicht schlecht von wir. Diesmal Alle» oder nicht»!"