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Bis '/-10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt Hauptblatt und älteste Zeitung in den Ortschaften des Pulsnitzer Amtsgerichtsbezirks: Pulsnitz, Pulsnitz M. S„ Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Obersteina, Niedersteina, Weißbach, Ober- und Niederlichtenau, FriederSdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Kleindittmannsdorf Geschäftsstelle: Pulsnitz, Albertstxaße Nr. 2 Druck und Verlag von E. L. Förster, Erben (Inh. I. W. Mohr)Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz Nummer 40 Mittwoch, den 17. Februar 1932 84. Jahrgang l Jur Hin-enburgkandidatur der zu- Sie Kammermehrheit gegen oen Senar. 150 Abgeordnete der verschiedenen Gruppen Kammermehrheit sind nach der Senatsabstimmung sammengetreten, um ihrer Überraschung über den Sturz Lavals Ausdruck zu geben. In einer Entschließung heißt es, daß der Senat das Kabinett lediglich über die Frage oes Zeitpunktes einer Aussprache gestürzt habe und dies in einem Augenblick, in dem die französischen Interessen in Gens auf dem Spiel ständen. Die bisherige Mehrheit sei daher entschlossen, ihr Vertrauen nur einer solchen Regierung zu schenken, die sich von der Politik der nationalen Einigung leiten lasse, so wie sie die Mehrheit in der Kammer unter den Kabinetten Poincare, Tardieu und Laval stets vertreten habe. Kehrt Vriand in die Politik zurück? Der Sturz der Regierung Laval stiftete zunächst große Verwirrung. Am Dienstagabend wußte niemand, wie die Krise gelöst werden soll. Das Experiment einer reinen Rechtsrcgierung ist am Widerstand des Senats ge scheitert, und für eine Linksregierung hat bisher die Kammer nie eine solide Mehrheit besessen. Mehrere Ab geordnete der Mitte gaben zu verstehen, daß sie nicht länger geneigt seien, die Politik Lavals, Tardieus und Flandins zu unterstützen. Ihre Beteiligung an der Regierung hatte ihnen in ihren Parteien Abbruch getan, und kurz vor der Wahl glaubten sie. 'n der Opposition bessere Geschäfte machen zu können. Für die ohnehin schwache Basis der Regierung in der Kammer ist diese Tendenz verhängnisvoll. Auf der anderen Seite ist es auch für die Radikal soziale Partei sicherlich kein leichter Entschluß, schon jetzt das Erbe Lavals und Tardieus anzutreten. Das Haupt interesse war Dienstag auf die Frage gerichtet, ob sich Briand entschließen wird, in die Politik zurückzukehren. Aus seiner nächsten Umgebung hörte man, daß seine Ge sundheit ihm dies ohne weiteres gestatten würde. Aller dings habe er gehofft, daß Laval noch ein paar Monate am Ruder bleiben würde und daß er erst den Ausgang der Wahlen abwarten könnte, ehe er von neuen: die Verant wortung übernehmen müsse. Man ist daher noch im Zweifel, ob er bereit sein wird, in eine neue Kombination einzutreten. Am Dienstag empfing der Reichspräsident den söge- nannten „Sahm-Ausschuß". An dem Empfang nahmen außer dem Oberbürgermeister vr. Sahm Reichsgerichts- Präsident a. D. vr. Simons, für den bayerischen Landes ausschuß Regierungspräsident a. D. v. Winterstein und Oberst v. Seiß er teil, ferner für den württembergi- fch«n Lanüesausschuß Or. Robert Bosch und General v. Mau^, für den sächsischen Landesausschuß Reichsmini- ^ Oberbürgermeister vr. Kül z. Oberbürgermeister vr. Sahm hielt eine Ansprache, in der er dem Reichspräsidenten für seine Bereitwilligkeit dankte, pch für me Wahl zum Reichspräsidenten erneut zur Verfügung zu stellen. Der vom Hindenburg-Ausschuß erlassene Aufruf trage die Unterschriften von namhaften Vertretern des reli giösen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens. Weit hinausgehend über die gesetzliche Voraussetzung von Ai 000 Stimmen für einen von Parteien unabhängigen Wahrvorschlag hätten in kürzester Zettd rei Millionen Autsch- Männer und Frauen aus Stadt und Land ihren kennen gegeben. Oberbürgermeister Sahm bat Reichspräsidenten, sein Einverständnis zu Lsv^ Name auf den Wahlvorschlag für die Reichspraydentenvmhl gesetzt werde. Hindenburg dankte Oberbürger meister vr. Sahm ^d den anderen Herren mit folgenden Worten: „Zunächst danke ich Ihnen, Herr Oberbürgermeister, herzlichst fiir die an mich gerichteten "freundlichen Worte. Wie ich in meiner öffentlichen Erklärung bekundet habe, bin ich bereit, eine etwaige Wiederwahl anzunehmen. Ich handle hierbei nicht aus persönlichem Ehrgeiz, sondern im Bewußt sein meiner Verantwortungen für Deutschland und im Ge fühl meiner Pflicht. Paris. Das KaLnett Laval ist gestürzt. Was ma« seit Tagen vorausgesehen hatte, ist eiugetroffcn: Der Kampf um die Wahlreform hat das Ministerium zu Fall gebracht. Der Senat hat bei einer Abstimmung über den Antrag des Ministerpräsidenten, die allgemeine politische Debatteum eine Woche, das heißt bis zum 19. d. M., zu vertagen, mit 157 gegen 134 Stimme« dem Kabinett das Vertrauen entzogen. Der Abstimmung war lediglich eine kurze Geschäftsordnungsdebatte vorausgegangen. Bei dem ersten Antrag auf V e r t a g u n g der Aussprache biszum Ende der Genfer Konferenz hatte Laval die Ver trauensfrage nicht gestellt. Als sich bei der Abstimmung eine Mehrheit von 21 Stimmen gegen die Regierung ergab, ver änderte Laval den Antrag, indem er die Vertagung lediglich bis zum 19. d. M. verlangte und diesmal die Vertrauens frage stellte. Bei der Abstimmung wurde das Kabinett so- daun mit 157 gegen 134 Stimmen in die Minderheit versetzt. Gleich darauf begab sich der Ministerpräsident in Begleitung des gesamten Ministeriums ins Ministerium, um dem Präsidenten der Republik die Demission zu überreichen. Als Nachfolger wird iu der Presse Henry Tardieu genannt, doch ist es nicht uu- möglich, daß die Linke einen Versuch unternimmt, die Macht an sich zu bringen. In diesem Falle würde wohl Herriot mit der Kabinettsbildung beauftragt werden. Zwischen Rechts und Links ist in Frankreich seit einiger Zeit ein erbittertes Ringen um die Wahlmethode. Dabei war die Entscheidung sehr zweifelhaft. Sie mußte im Senat fallen. In der Kammer hatten von 604 Deputierten nur 288 der Abschaffung des zweiten Wahlgangs zugestimmt. Fast 50 Prozent hatten sich durch Auszug aus dem Saal der Ent- scheidung entzogen. Der Senat war erbittert. Der Senator Peyronnes meldete sofort eine Interpellation über die all gemeine Politik der Regierung an. Ministerpräsident Laval hatte noch im Laufe der Woche verschiedene Unterredungen mit den einflußreichsten Senatoren, um zu versuchen, di« große politische Debatte im Senat zu verschieben. Er be tonte, daß die Aussprache angesichts der Genfer Abrüstungs- konferenz im Augenblick nicht ratsam sei. Als jedoch die Frage zur Abstimmung stand, wann die Interpellation Peyronnes zur Verhandlung gelangen solle, blieb Laval mit 23 Stimmen in der Minderheit. Kabinett Laval gestürzt Kehrt Briand in die Politik zurück? Sie meine Herren, stehen hier vor mir nicht als die Vertreter einer Partei, sondern als Angehörige der verschie densten Berufsstände und politischen Richtungen aus allen Teilen Deutschlands. Daß Ihr Ruf an mich nicht ausgeht von einer bestimmten Partei- oder Interessentengruppe, son dern von den zusammenfassenden Ausschüssen aus den ver schiedensten Gebieten des Reiches, hat mir meine Entschei dung wesentlich erleichtert. Ich erkläre Ihnen daher mein Einverständnis dazu, daß mein Name auf den von Ihnen vor bereiteten Wahlvorschlag für die Reichs präsidentenwahl gesetzt wird, und ich hoffe, so mit meiner letzten Kraft dem dienen zu können, was mir in meinem langen Leben stets hoch und heilig war: dem Vater lands!" - Im Anschluß an seins Rede überreichte Reichspräsident v. Hindenburg dem Oberbürgermeister Sahm folgende Erklärung: s,, . , Ich erkläre hiermit, daß ich der Aufnahme meines Namens in den „W a h l v o r s ch l a g Hindenburg" für die Reichspräsidentenwahl 1932 zustimme. von Hindenburg. Aeue Besprechungen der nationalen Opposition. Die Beratungen der Nationalen Oppo sition über die Reichspräsidentenwahl wurden am Diens tag fortgeführt. Am Nachmittag trat die deutschnatio nale Reichstagsfraktion zusammen. Nunmehr ist auch die Erklärung Hitlers erfolgt. An der Spitze des „Böt- tischen Beobachters" wird eine Das Wichtigste Die Fraktion der RSDAP wird am 23. Februar geschlossen an der Sitzung des Reichsrates teilnehmen und weiterhin solange, als es ihr zur Durchführung der parlamentarischen Kämpfe notwendig erscheint. « Der Dienstag ist bis in die späten Abendstunden in Memel und nach den vorliegenden Meldungen auch im ganzen Memelgcbiet vollkommen ruhig verlaufen. Man hat auch weiter den Eindruck, daß auf höhere Weisung von Kowno aus jede Aktivität untersagt worden ist. Staatspräsident Doumer hat das Rücktrittsgesuch des franzö sischen Kabinetts Laval angenommen. Ms zur Bildung des neuen Kabinetts wird die alte Regierung noch die Staats geschäfte weiterführen. Das englische Unterhaus nahm nach einer Rede des Schatz kanzlers das Zollgesetz mit 4Sl gegen 73 Stimmen in zweiter Lesung an. Der Innen-, der Erziehungsminister, der Staats sekretär für Schottland und 23 Liberale stimmten gegen die Regierung. Der englische Außenminister Simon wird am Donnerstag nach Genf zurückreisen. Am Dienstag hatte er eine länger« Unterredung mit dem Ausschuß der Bölkerbundsvereinigung über die Lage im fernen O sten. Kundgebung Hitlers an die Mtglieder der National sozialistischen Pattei veröffentlicht, die folgenden Wortlaut hat: „Als letzter Versuch, das unheilvolle Weimarer S y st em zu retten, hoben sich die in hoffnungsloser Minder zahl befindlichen Parteien der schwarz-roten Koalition ent- schlossen, den Genevalfeldmarschall von Hindenburg zur Neu wahl des Reichspräsidenten vorzuschlagen. Damit soll die Politik des Zusammenbruches, die ihre letzten Begründungen im Poung-Plan und in den Notverordnungen gefunden hatte, weiter fortgesetzt werden. Das nationale Deutsch» land wird darauf die einzig mögliche Antwort erteilen: Die nationalsozialistische Bewegung muß getreu dem Kampfe gegen das System diese Kandidatur ablehnen. Die Stunde der Auseinandersetzung mit den Novembermännern ist da mit gekommen. Wir bedauern, daß der Generalfeldmar schall von Hindenburg sich bewegen ließ, feinen Ramen in diesem Kampfe verbrauchen zu lassen." Die Deutsch nationale Volkspartei hat in einer neuen Erklärung betont, daß über das Ergebnis der Verhandlungen innerhalb der Nationalen Opposition von interessierter Seite die widerspruchsvollsten Zweckmeldungen verbreitet werden. Auf der einen Seite werde behauptet, die Gruppen der Harzburger Front hätten der in Aussicht genommenen nationalsozialistischen Sonderkandidatur zuge- gestimmt, auf der anderen Seite werde die Aufstellung von Zählkandidaturen einzelner Gruppen in sichere Aussicht ge stellt. Die Deutschnationale Volkspartei erkläre, daß sie keine Veranlassung habe, das Rätselraten der Gegner vorzeitig zu beenden. Der Stahlhelm hat in einer weiteren Entschließung bekanntgegeben, daß er, nachdem die Voraussetzungen, die er für eine Unterstützung der Kandidatur Hindenburgs gefor dert habe, nicht erfüllt seien, nunmehr „freie Hand" habe. Der Erste Präsident des Deutschen Reichskriegerbundes, v. Horn, hat einen Aufruf veröffentlicht, in dem darauf hingewiesen wird, daß in der Sitzung des Gesamtvorstandes man beschlossen habendem „Generalfeldmarschall v. Hinden burg erneut das Gelöbnis des Perttauens und der Treue zum Ausdruck zu bringen". An diesen Beschluß knüpft der Erste Bundespräsident die Aufforderung, „Hindenburg nicht zu verlassen". Die Entscheidung wird jedem einzelnen Mit- gliede freigestellt. Zu der Reichspräsidentenw ahl erklärt der Deutsche Offizier-Bund: „Der Deutsche Offizier-Bund blickt mit hoher Verehrung zu dem Generalfeldmarschall v. Hin denburg als dem ruhmreichen ältesten Offizier der alten Wehrmacht auf. In der Frage der kommenden Reichsprasi- dentenwahl, bei der taktische Erwägungen und Gegensätze in den Vordergrund getreten sind, muß der Deutsche Offizier» Bund seinen Mitgliedern die freie Entschließung über- lassen." Der Nationalverband Deutscher Offi ziere erklärt u. a. zur Präsidentenwahl: „Wir verhehlen uns nicht, daß die von seinen (Hindenburgs) Wählern im Jahre 1925 an seine Wahl geknüpften Erwartungen sich nicht erfüllten und daß wir manchen Handlungen des Herrn Reichspräsidenten in den verflossenen sieben Jahren ablehnend gegenüber»