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Schönburger Tageblatt 17! Donnerstag, Sen 28. Juli 1900 Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nSchstcr- scheinende Nummer bis vormittags 11 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr, lich 1 Mk. 25 Pf. Einzelne Nrn. 5 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Tabellarischer Satz wird doppelt berechnet. Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Otto Förster; in Kaufungen bei Herrn Fr. Janaschek; in Langenchursdorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herrn Wilhelm Dahler, Cigarren fabrikant an der Brücke; in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Wolkenburg bei Herrn Ernst Rösche; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. 7"' k eu-z-M«, Lich,-W-d>-LM,ch.rg, »«d m d-„ Oqch-f,-n d°r SI.»d.SE,sb-M, Altstadt-W° d-nburg, Brsunsdor, E-ll-nb-rg, St. Egidim, Ehr-,,Hain. FrahnSdnr,. Falken, Grumbach, Kausunaen, LanaenchurSdar! Lanaen- Ieuba-Rl-d-rh-l„, Langenleubo-Lb-rham, Rl-derwi-ra, Oberwiera, tb-rwink-l, L-Isnitz i. L, Reichenbach, Remse, Rachsbura Runärf Fernsprecher Nr. v. Dchlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. und ? Watöenburger Auzttger Bülow, Schönstedt, v, Goßler und Studt, sowie der Commandeur des ostasiatischen Expeditionscorps v. Lessel Einladungen erhalten hatten. Die kaiserliche Verordnung über die theilweise In kraftsetzung des Fleischschaugesetzes ist im „Reichs anzeiger" nunmehr veröffentlicht worden. Dieser Ver ordnung gemäß tritt der ß 12 Absatz 1 des Gesetzes am 1. October 1900 in Kraft. Dieser Absatz aber enthält das Verbot der Einfuhr von Würsten und Büchscnfleisch. Auf agrarischer Seite hatte man be fürchtet, das Inkrafttreten dieser Bestimmung werde ab sichtlich lange verzögert werden. Durch die Bekannt gabe der Verordnung ist diese Besorgniß gegenstandslos geworden. Anklage wegen Aufreizung verschiedener Be völkerungsklassen ist gegen die Redner der letzten Antisemiteu-Volksversammlung in Berlin erhoben wor den. Unter den Rednern befand sich auch Graf Pück- ler, der frühere Amtsvorsteher von Klein-Tschirne. Der neue deutsche Gesandte für China Or. Mumm v. Schwarzenstein hat in Begleitung des Dolmetschers Frhrn. v. d. Goltz, des Legationssekretärs Or. v. Bohlen und des Bureaubeamten Dobrikow am Dienstag auf dem Postdampfer „Preußen" die Reise von Genua nach China angetreten. Tie Schieß- und Gefechtsübungen der verschie denen ostasiatischen Bataillone sind wegen der in den letzten Tagen durchweg in Deutschland herrschenden Tropenhitze für unsere Kriegsfreiwilligen zu einem sicheren Prüfstein geworden. Die Vorberichte an die höheren Dienststellen sprechen sich nach der „Post" durchweg sehr günstig aus. sagt gar nicht — um Kultur und Christenthum, sondern nur um Macht handelt. Denn Japan mit der Ordner- Rolle zu betrauen, bedeutet nichts Anderes, als den Bock zum Gärtner zu machen. Der Firniß der japani schen Kultur verschwindet, wenn Japan die Macht in Ostasien einmal in Händen hat, von selbst, die Japaner werden es dann auch nicht erheblich anders treiben, wie die Chinesen. Im letzten chinesisch-japanischen Kriege haben beide Theile sich in scheußlichen Grau samkeiten überboten; bekannt oder beachtet ist damals nicht viel geworden, darum bleibt es aber doch Wahr heit. Ebensowenig, wie die orientalischen Staaten die erforderlichen Fähigkeiten für eine Verfassung besitzen, hat Japan die nöthigen tiefen Charaktereigenschaften für die Aufgaben eines Kultur-Erhalters in Ostasien. Es wäre ja gut, wenn man betonen könnte: In China handelt es sich nur um den Schutz der dorthin verpflanzten christlichen Kultur! aber man kann das nicht sagen, weil es nicht der Wahrheit entspricht. Den beiden größten Kolonialmächten in Asien, Eng land und Rußland, ist in den von ihnen fest erworbenen Gebieten die christliche Kultur sogar vollständige Neben sache. Die Engländer in Indien, die Russen in ihren centralasiatischen Staaten Wachen mit äußerster Sorgfalt darüber, daß die Eingeborenen in ihrer Religion in keiner Weise behelligt werden, strenge Strafe trifft einen jeden Christen, welcher durch sein Verhalten die Asiaten in deren heiligsten Gefühlen be leidigt. Besonders die bibelvertheilenden Briten ver stehen in diesem Punkte in Indien keinen Spaß, die Kosten der Brahminen werden in allen ihren An schauungen und Gebräuchen sorgfältig geschützt. Auch in der Unterdrückung der alten indischen Sitte, nach Welcher sich eine Wittwe zusammen mit der Leiche ihres Gatten verbrennen muß, sind die Engländer mehr hindernd, als strafend vorgegangen. Ohne diese strengste Duldung würden die Engländer und Russen in Asien nie so weit gekommen sein, wie geschehen. Die Russen haben in China keinerlei Missionare. Von den chinesischen Mandarinen wird ihnen das be sonders hoch angerechnet. Daraus ist indessen keines falls zu entnehmen, daß die heute wie Pilze aus der Erde schießenden Beschwerden über die christlichen Missionare in China nun wirklich begründet sind. Die Chinesen wollen von Fremden überhaupt nichts wissen, das ist das Erste, und in den Christen sehen sie eben nur Fremde. Daß in den getauften Chinesen der Christen heit keine besonders werthvolle Vermehrung zu Theil wird, ist ja ziemlich allgemein anerkannt. Bedauerlich wäre es aber, wenn nun auch die Missionarfrage in dem gelben Neid der Mächte eine Rolle spielen sollte. Denn die besten Kultur-Pioniere bleiben immer die Missionare, denen der Kaufmann erst folgt, nachdem jene ihm den Boden bereitet. Serbien. Tie Verlobung des Königs Alexander mit der um 16 Jahre älteren Jngenieurs-Wittwe, Frau Draga Maschin, scheint sich zu einer ernsten innerpolitischen Angelegenheit entwickeln zu wollen. Nachdem der Vater des Königs, Milan, das Obercommando über die serbische Armee auf die Verlobungsanzeige niedergelegt hatte, weigern sich die dem Hause Obrenowitsch treu ergebenen Serben, im Staatsdienste zu verbleiben. Außer den Ministern haben auch andere hervorragende Persön lichkeiten ihre Aemter niedergelegt. Zwar ist es dem Könige gelungen, in der Person des Or. Petronewitsch, der in Berlin studirt hat, einen Nachfolger für den aus dem Amte geschiedenen Cabinetssekretär zu gewinnen; die Neubildung des Cabinets ist indessen bisher nicht zu ermöglichen gewesen. Ter Präsident des Staatsraths Nicola Christisch hatte den Auftrag zur Cabinetsbildung zwar angenommen, hinterher aber, nachdem schon alles in Ordnung gebracht zu sein schien, das Amt niederge legt. Tie Kunde von dem Schritte Milans hatte ihn umgestimmt. Das serbische Volk in seinen breiten Schichten ist über die Wahl des Königs hoch erfreut und beglückwünscht sich dazu, eine Tochter des Volkes demnächst auf dem serbischen Königsthrone zu sehen. Tie Magnatengeschlechter, denen die Gleichheit vor dem Throne das oberste Gesetz ist, sind dagegen um so mehr ergrimmt, daß einer ihrer Familien durch die Wahl des Königs nun einen Vorrang vor allen übrigen zu Theil wird. Ganz unsicher ist auch die Haltung des Militärs. Alle Generale, an die sich König Alexander mit dem Auftrage der Cabinetsbildung wandte, lehnten diesen Auftrag ab. Es können also dem Liebesglück des jungen Königs auch an dieser Seite ernste Schwierigkeiten "er wachsen. Politische Riinvscha« Deutsches Reich. Der Kaiser Wird Bergen, woselbst er am Montag eintraf, am heutigen Mittwoch verlassen. Nach den neuesten Bestimmungen trifft Se. Majestät zur Einschif fung des ersten Detachements am Freitag in Bremer haven ein, kommt am l. August abermals und bleibt dann, bis sämmtliche Transporte ausgelaufen sind. Bei dem Reichskanzler Fürsten Hohenlohe fand Montag Abend eine kleinere Tafel statt, zu welcher die in Berlin zur Zeit anwesenden Staatsminister Gras . . Witterungsbericht, ausgenommen am 25. Juli, nachm. 4 Uhr. Barometerstand ^64 ww. reducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerstand 26,," 0. (Morgens 8 Uhr ff- 23,,° 0.) Fenchtiakeitsaehalt der Luft nach -ambrechts Polymeter oO°/<>. Thaupunkt -ff 16,5 Grad. Windrichtung: Süd. Niederschlagsmenge von 12 bis 12 Uhr mittags: 0,o mm Daher Witteruugsanssichten für den 26. Juli: Halb bis ganz heiter, fortdauernde Gewitterneigung. ^Waldenburg, 25. Juli 1900. Von der Gefahr, die in Ostasien der Kultur und dem Christenthnm von den bezopften Gelbgesichtern droht, ist in diesen Wochen nicht wenig die Rede ge wesen, ebenso auch von der Eifersüchtelei unter den Großmächten, die dazu beigetragen hat, aus dem Wölk chen eine Wetterwolke werden zu lassen. Aber wenn man fragt, ob die von den fanatischen Millionen Chinesen zu erwartende Gefahr, die gelbe Gefahr, größer ist, oder der unter den Großmächten herrschende gelbe Neid, so wird man unschwer in die Lage versetzt werden, ausznsprechen, daß der Neid unter den Groß mächten schon mehr Unheil angerichtet hat, als die Chinesen jemals Schlimmes werden anrichten können. Tie Geheimgeschichte der Chinawirren wird erst noch veröffentlicht werden müssen, und es bleibt abzuwarten, wer oder wieviele da haben im Trüben fischen wollen. Daß die gelbe Gefahr am Ende allen Mächten über den Kopf gestiegen ist, ist auch ein Zeichen dafür, daß einer oder einigen ein kleiner Krawall gar nicht unlieb war. Vielleicht hat eine Macht ein Feuerchen ange zündet und eine andere hat geblasen, bis schließlich der Fanatismus der Chinesen den heutigen Riesenbrand verursachte, der Alles perplex machte. Es wird bei diesen chinesischen Krawallen daran zu denken sein, wie vor einigen Jahren die armenischen Krawalle im Orient schweres Blutvergießen und ein großes Kriegsfeuer zu entzünden drohten. Damals hatten britische Agenten unter den excentrischstcn Armeniern Geld vertheilt, und was den Türken in die Schuhe geschoben wurde, kam in Wahrheit auf Kosten des tugendhaften Albion. Von einer solchen Zettelung kann m China natürlich keine Rede sein, aber es giebt ja der Wege viele, die zum Ziele führen, das Ange nehme mit dem Nützlichem zu verbinden, in diesem Falle einen lästigen Nebenbuhler in Ostasien zu ärgern und zu gleicher Zeit fester die Hand auf das chinesische Land zu legen. Offen und ehrlich ist nicht Alles von Anfang an zugegangen, die seit undenklicher Frist statt gehabten „Mogeleien" der chinesischen hohen Beamten wären sonst nicht mit dem Gleichmuth früher behandelt, mit dem sie thatsächlich behandelt sind. Die deutsche Reichsregierung Hut sich selbstverständ lich von allen Treibereien ferngehalten, unsere Interessen vertreten sich Von selbst, aber wir hatten es auch nicht gerade nöthig, den chinesischen Hochmuth zu fördern. Tie Aufmerksamkeiten, welche dem abgefeimten Li-Hung- Tschang auf dessen Rundreise erwiesen wurden, konnten getrost unterbleiben, der alte Zunder hat schließlich ganz Enropa über den Löffel barbiert. Auch der Be such des Prinzen Heinrich in Peking wurde seiner Zeit von vielen Chinakennern widerrathen, da die sprichwört liche Anmaßung der Chinesen aus solchen Thatsachen etwas ganz Anderes macht, als was beabsichtigt ist. Immerhin sind diese Ereignisse keine Posten, deren wir uns zu schämen hätten; das deutsche Reich hat eine ehrliche, friedliche Entwickelung der Dinge in Ostasien angestrebt; daß es anders gekommen, konnte Niemand voraussehen, wenn auch die endlich eingetretene Klar heit viel nützlicher ist, als das frühere lange Hin- und Herziehen. Tie Bestrebungen Englands, Japan die Rolle eines Ruhestifters in China zu übertragen, damit kein anderer Staat und namentlich nicht Rußland, dort einen zu großen Einfluß gewinnt, zeigt schon, daß sich für John Bull in dieser Sache es wenig — gerade herausge