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Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zn Freiberg »nd Brand. - > .. ...... > > - 4L Jahrgang. — -»- » - — H 15«. LLUWSLTN Donnerstag, Sen 9. Juli. «AL UMLUFT 1891 sl KVLtmoNüUlu) I AX vo Pf. UNO emmonmitrv so Pf II ooer deren Naum In Psg Zwangsversteigerung. Das im Grundbuche auf den Namen des Clgarrenfabrikanten und Materialwaarenhändlers Emanuel Bartsch, früher in Bräunsdorf, jetzt zu Einsiedel bei Chemnitz, eingetragene Hausgrundstück unter Nr. 89 des Brandversicherungskatasters und Folium 88 des Grundbuchs für Bräunsdorf, bestehend aus den Parzellen unter den Nummern 66 a und 66 b des Flur buchs, welches Grundstück ortSgerichtlich auf 2875 Mk. gewürdert worden ist, soll im hiesigen König!. Amtsgerichte, Zimmer Nr. 35, zwangsweise versteigert werden und ist Mittwoch, der 12. August 1891, Vormittags 10 Uhr, al» Aumelvetermin, ferner Freitag, der 28. August 1891, vormittags 19 Uhr, al» BersteigeruugStermi«, sowie Mittwoch, der 9. September 1891, vormittag» 10 Uhr, als Termin »u Verkündung de» vertheilu«g»pla«S anberaumt worden. Die Realberechtigten werden aufgefordert, die auf dem Grundstücke lastenden Rückstände an wiederkehrenden Leistungen, sowie Kostenforderungen, spätestens im Anmeldetermine anzu melden. Eine Uebersicht der aus dem Grundstücke lastenden Ansprüche und ihres Rangverhältnisse- kann nach dem Anmeldetermine in der Gerichtsschreiberei des unterzeichneten Amtsgerichts ein- gesehcn werden. Freiberg, am 4 Juli 1891. Königliches Amtsgericht Abth. H». SLrvtL»r1im»r. Nicolai. Bekanntmachung. Herr Betriebsdirektor Friedensrichter Neubert aus Himmelssürst Fundgrube ist als Stellvertreter des an Ausübung des Amtes behinderten Friedensrichter sür den Bezirk Lindo, Herrn Rittergutspachter GrieSbach, aus die Zeit bis Ende September 1891 bestellt worden. Braud, am 7. Juli 1891. Königliches Amtsgericht. »r. «I»»»». R Auktion in MüdiSdors. Sonnabend, de» 11. Jnli 1891, vormittag» /,10 Uhr, sollen im »rund- stück Kat.-Nr. 1 zu MüdiSdors ea. 120 Ztr. Heu gegen Baarzahlung zur Ver steigerung gelangen. Brand, am 7. Juli 1891. Der Gerichtsvollzieher beim König». Amtsgericht daselbst. 8111>«ri»»iii», Wachtmeister. Auktion in Brand. Montag, den 1». Juli 1891, vormittag» 11 Uhr, soll im Hofe de» hiesige» Ziegeleigrundstücks ein Wtrthschast»wagen zur öffentlichen Versteigerung gelangen. Brand, am 7. Juli 1891. Der «athSvollzieher. Marit» Bekanntmachung. Diejenigen Personen, welche im laufenden Jahre Anschluß an da» Fernsprechnetz zu er halten wünschen, werden ersucht, ihre Anmeldungen recht bald, späteste»» aber bi» z»M 1. August zu bewirken. Anmeldungen nimmt das Kaiserliche Postamt in Freiberg entgegen. Spätere Anmeldungen könne« erst «ach dem 1. April 1892 Berück sichtigung finde«. Dresden, 3 Juli 1891. Der Kaiserliche OberpostdireNor. »al^v. Gemeinde-Sparkasse zu Erbisdorf jeden Montag, Nachmittags von 2 bis 6 Uhr geöffnet, verzinst Spareinlagen zu 3'/,°/, und gewährt Darlehne innerhalb mündelmäßiger Grenzen zu mäßiger Verzinsung. Der Gemeinderath. G^B Nachbestellungen aus daS III. Quartal 1891 Werde« zum Preise vo» 2 Mk. 28 Psg. vo« alle« kaiserl. Posta«stalte«, sowie vo« de« bekannte« Ausgabestelle« u«d der ««terzeichneten Expedition angenommen. Die Expedition des „Freiberger Äryeigkr". Der chilenische Bürgerkrieg. Die Empörung, welche vor einigen Monaten in dem chile nischen Freistaat gegen den Präsidenten Balmaceda auSbrach, hat seitdem immer größere Dimensionen angenommen und trägt jetzt fast den Charakter eines ernsten Bürgerkrieges zwischen den Anhängern Balmaceda's und der ihn befehdenden Kongreß partei. Ueber die Ursachen dieser für die in den großen chi lenischen Hafenstädten angesiedelten großen deutschen Handlungs- häuser, sür die besonders in Valparaiso angelegten deutschen Kapitalien, sür die in chilenischen Gruben tbätigen deutschen Bergbeamten und Bergleute und die an chilenischen Lehranstalten angestellten deutschen Lehrer so nachtheiligen Umwälzung herrschte bisher in Deutschland wenig Klarheit. Das Dunkel beginnt sich aber jetzt zu lickten, weil jüngst ein deutsches Kreuzer geschwader zum Schutze der deutschen Staatsangehörigen von San Francisco aus nach Chile dirigirt wurde und weil in Berlin ein Herr Claudio Matte als Bevollmächtigter der chile nischen Kongreßpartei eintraf, um die deutsche Reichsregierung zu veranlassen, die von Balmaceda nur a!S Empörer hinge stellten Gegner der chilenischen Regierung als kriegführende Partei anzuerkennen. Darin läge immerhin eine Einmischung in die inneren Streitigkeiten des südamerikanischen Freistaates, zu der bisher keine dringende Veranlassung vorlag. Der so hartnäckig geführte Kampf ist dort allem Anschein nach nur wegen innerer staatsrechtlicher Fragen entbrannt und scheinen die Aufständischen zunächst nicht den Umsturz der bestehenden Verfassung oder der Regierungsverhältniffe, sondern nur die Beseitigung des ihnen verhaßten Präsidenten Balmaceda zu bezwecken, der beschuldigt wird, seine gesetzlichen Befugnisse überschritten zu haben. Der sehr energische Präsident, der bisher mit der Hauptstadt und dem größeren Theil des Landes noch das Heft fest in der Hand hielt, verwarf den Friedens vorschlag der Kongreßpartei, welche seine sofortige Abdankung als erste Bedingung für den von ihr selbst gewünschten fried lichen Ausgleich hinstellten. Balmaceda will erst am 25. Juli zurücktreten, an dem Tage, an welchem das endgiltige Ergebniß der unter seinem Einfluß in den südlichen Provinzen Chiles vollzogenen Präsidentenwahl veröffentlicht wird. Bekanntlich ist die Wahl auf Don Claudio Vicuna, den intimsten Freunv des bisherigen Präsidenten, gefallen, ein Ergebniß, das der aufrührerischen Kongreßpartei selbstverständlich in keiner Weise behagt. Die Gegner Balmacedas sahen sich dadurch veranlaßt, alle Friedensgedanken fahren zu lassen und den Kampf wieder kräftiger aufzuuehmen. In letzter Zeit batte sich die Waag schale zu Gunsten der Regierungspartei geneigt, der es gelungen war, durch Zerstörung eines zu den Empörern haltenden großen Panzerschiffes die bis dahin gehegte Annahme von der unbe strittenen Seeherrschaft der Konzreßpartei zu beseitigen. Für die Letztere wurde der Mangel an Kohlen und — an Geld immer empfindlicher. Kohlen sind in dem von den Aufstän dischen besetzten Norden Chiles, dessen Boden nur Silber, Kupfer und Salpeter birgt, nicht vorhanden und Geld war von den früher willigeren englischen Bankhäusern in letzter Zeit schwerer zu erlangen, weil die Salpeterzölle in Folge des Krieges versiegten. Die Regierungspartei war dagegen in der günstigen Lage, ihre Kaffen aus den Taschen der Bevölkerung der großen Städte und des ergiebigeren Südens zu füllen, aber die Aufrechterhaltung der noch dazu bei der geringsten Verzögerung in der Löhnung murrenden großen Truppenmacht verursachte auch sehr erhebliche und nur durch schwere Steuern aufzubringende Kosten. Um die chilenischen Besitzenden bei guter Laune zu erhalten, hat die Partei Balmaceda die ein heimischen Kapitalisten in jeder Weise bevorzugt und insbeson dere die englischen Unternehmer mannigfach verletzt. Die Engländer waren ohnedies geneigt, die Aufständischen zu be günstigen, weil diese den Norden mit seinen Mineralschätzen in Besitz haben und der Chilisalpeter für den englischen Handel einen sehr lohnenden Artikel darstellt. Das rücksichtslose Vor gehen des Gouverneurs der Provinz Valparaiso gegen zwei Beamte des dortigen englischen Generalkonsulats hat den eng lischen Ministerresidenten in Santiago zu einer energischen Verwahrung veranlaßt. Dabei scheint es aber sein Bewenden nicht zu haben. Vielmehr dürfte nun von englischer Seite der sich zu neuen Unternehmungen aufraffenden Kongreßpartei jeder Vorschub geleistet werden, der ohne offene Verletzung der Neutralität möglich ist. Uebrigens ist es in neuester Zeit wiederholt vorgekommen, daß englische Matrosen in den chilenischen Hafenstädten die Bevölkerung mit bewaffneter Hand gegen die Ausschreitungen der chilenischen Regierungstruppen schützten, mit deren Disziplin es nicht weit her zu sein scheint. Nichtsdestoweniger hält man sich in England noch immer für verpflichtet, die Regierung Balmaceda's als zu Recht bestehend anzuerkennen. In dem Chancery-Gericht m London wurde am 3. d. M. Namens der chilenischen Kongreßpartei als Ver treterin der Republik Chile der Antrag gestellt, den Herren N. M. Rothschild und Söhnen und Baring Brothers auf zugeben, alle in ihren Händen befindlichen der Republik Chile gehörenden Geldsummen nur an die Republik selbst oder an eine vorschriftsmäßig beglaubigte Person auszuzahlen. Die Anwälte für die Vertheidigung führten aus, daß die Klägerin, welche durch einen Herrn Augustin Roß vertreten war, nicht die thatsächliche, von England anerkannte Regierung Chilc's repräsentire. Der klägerische Anwalt machte hingegen geltend, daß Sennor Balmaceda zwar im September 1886 zum Präsi denten der Republik ernannt, seiner Machtbefugnisse jedoch am 1. Januar 1891 durch den Kongreß entkleidet worden wäre. Es sei also demnach die Kongreßpartei die thatsächliche Re gierung Chile's. Der englische Richter vermochte diese Auf fassung indeß nicht zu theilen und wies den Antrag ab. Wenn auch die von den Gegnern Balmaceda's verbreiteten Schilderungen der jetzigen Zustände in Chile übertrieben sein dürsten, scheint doch festzustehen, daß die Regierungspartei ein vollständiges Schreckensregiment ausübt, um jede Kundgebung der Sympathie für die Aufständischen im Keime zu ersticken. Die Familien der an dem Aufstand betheiligten Seeoffiziere haben bereits Schweres erlitten und die auf Befehl Balma ceda's erfolgte Erschießung der von der Regierung abgefallenen Offiziere und Mannschaften des noch in letzter Stunde am Auslaufen verhinderten Torpedobootes .Giralda" zeigte hin reichend, daß in der Brust des jetzigen Präsidenten deS chile nischen Freistaates keine Milde wohnt. Die Erschießung von Redakteuren regierungsfeindlicher Blätter und die schwere Mißhandlung vornehmer chilenischer Frauen werden von de» chilenischen Gesandten in Washington alS gegnerische Er findungen bezeichnet. Der Vertreter der chilenischen Kongreß partei in New-Jork, Trumbull, erklärte dagegen, eS sei ganz nutzlos, die Gräuellhaten Balmaceda's in Abrede zu stellen. Alle Ableugnungen in der Welt könnten nichts an oer That- sache ändern, daß er selbst zahlreiche Augenzeugen aufführen könne, die ihm über diese Grausamkeiten berichtet hätten, und daß deren Aussagen durch Engländer, Nordamerikaner und andere Vertreter fremder Länder in Chile bestätigt seien. Er selbst kenne Beispiele, in denen Balmaceda von einer Er mordung seiner Opfer absah, aber, seiner Neigung zur Grau samkeit nachgebend, denselben die Augen verbinden und so lange blinde Schüsse auf sie abgeben ließ, bis sie wahnsinnig wurden. In anderen Fällen seien die Hände von Gefangenen mit Mord instrumenten so lange bearbeitet worden, bis dieselben in eine formlose Fleischmasse verwandelt waren, um von den Gefol terten Geständnisse über wirkliche oder eingebildete Ver schwörungen zu erpressen. Die über die in Chile angeblich von der Regierungspartei verübten Gräuel nach England ge langten und dort als richtig geltenden Berichte haben den chilenischen Aufständischen neue Sympathien erworben, ganz abgesehen, daß auch geschäftliche Gründe die Engländer ver anlassen, zum Sturz der jetzigen Machthaber in Chile beizutragen. Der obengenannte in New-Jork aufhältliche Vertreter der chile nischen Kongreßpartei, Trumbull, theilte dort mit, es sei ihm durch ein Kabeltelegramm die Einnahme von Huasco durch die Kongreßtruppen mitgetheilt worden. Die Truppen Bal maceda's seien ihrer Gewohnheit gemäß gleich bei dem ersten Ansturm davongelaufen. Auch Coquimbo dürfte nächstens den Aufständischen in die Hände fallen. Noch vor Kurzem hatte die bewaffnete Aktion der beiden Parteien noch nicht recht eigentlich den Charakter eines Kriege»; diesen Charakter würde dieselbe aber gewinnen, wenn beide Parteien einen getrennten Besitzstand behaupten. Alsdann hinge es vom politischen Ermessen Deutschlands und der übrigen Mächte ab, ob sie Vie chilenische Kongreßpartei, welche der rechtmäßigen Regierung gegenübersteht, als wirkliche „krieg- führende Partei" anerkennen wollen. In solcher Anerkennung liegt keineswegs schon die Anerkennung eines neuen Staates oder einer neuen Regierungsgewalt. Die Aufständischen hätte» dann aber nicht mehr während des übrigen Verlaufs der Feind seligkeiten die Behandlung als Verbrecher, sondern als Krieg führende zu gewärtigen. Die nächste Zeit wird hoffentlich Klarheit darüber schaffen, ob der Aufstand in Chile sich bereits in einen ordentlichen Krieg umgewandclt hat und auch für da» deutsche Reich hinreichender Grund vorhanden ist, der Kongreßpartei eine Eigenschaft zuzuerkennen, die ihr bei ihrem Kamps immerhin einen festeren Rückhalt verliehen würde. Politische Umschau. Freiberg, den 8. Juli. Wenn man dem Besuche des deutschen Kaisers in Holland auch gerade keine besondere politische Bedeutung beimessen kann, so besitzt die Reise nach England eine um so größere poli-