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MsdmfferTagMtt Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts- gerichrs und des Stadtrats zu Wiisdruff, des Forstren amts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nationale Tageszeitung für die Fandumtschast, Da* »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Bote; 2,3'- RM., bei Postbestellung 2 RM. znzttgl'ch Adlr. g- . ..... . gebühr. Einzelnummern 15Rpfg.AUkPoi onstalten VlaN für Wi'sdrufs u. I^maenend Postboten und unsrrcAus. trägerund Gelchäftsstellen — — ' nehmen zu jeder ,^eil Be ¬ stellungen entgegen. 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Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt* Wilsdruff- Dresden Postscheck: Dresden 2640 Dienstag, den 7 Mai 1929 „Stempeln gehen." Verzweiflungsakt des Reichsfinanzministeriums. — Vor schläge zur Reform der Arbeitslosenversicherung. Es ist schon eine Art Verzweiflungsakt, wenn die Reichsregierung, um aus ihren drängenden Finanzkala mitäten herauszukommen, jetzt zu der Auflegung einer Anleihe greift, wie sie denn doch noch nicht dagewesen ist, weder in der Finanzgeschichte des Reiches noch in irgendeinem andern Lande Bisweilen kam es ja »vor, daß irgendwelche steuerlichen Begünstigungen bei der 'Zeichnung von Staatsanleihen versprochen wurden —, aber das war denn doch noch niemals derart ausgedehnt, daß nun eine völlige Steuerfreiheit zugesagt wird. Natürlich hat das seine Hauptursachc darin, daß vor zwei Jahren das Reich übel hineinfiel mit einer Anleihe, die die erste war nach der Stabilisierung der deutschen Wäh rung. Und nach der — Aufwertungsgesetzgebung für die früheren Anleihen! Das breite Publikumm hielt die ziemlich geleerten Taschen fest zu, der Börsenkurs der An leihe sank und sank, Hunderte von Millionen dieser An leihe blieben in den Portefeuilles der Banken liegen, die die Emission übernommen hatten, die Stücke aber nicht loswurden, weil niemgnd sie kaufte. Wenig nützte es, daß der Zinsfuß erhöht wurde und das Reich vielfach bei Zahlungen nicht Bargeld hergab, sondern Anleihestücke. Infolgedessen greift man zu Radikalmitteln, um dem Publikum das Geld für die Zeichnung einer neuen An leihe aus den Taschen zu holen. Mittel, die natürlich — Geld kosten. Bei einer Nominalverzinsung von 7 Prozent ergibt die Freiheit der Anleihestücke von der Einkommen-, Vermögens- und Erbschaftssteuer, also damit eine ent sprechende Mindereinnahme des Reichs, tatsächlich eine „Zinslast" von über acht Prozent. Daß sich angesichts derart günstiger Bedingungen diese Anleihe sehr leicht - unterbringen läßt, ist wohl selbstverständlich. k * t Ist aber vor allem kennzeichnend für die großen ^finanziellen Bedrängnisse, in denen sich das Reich be findet und die natürlich den Hauptberatungsstoff für das Kabinett abgeben. Ein besonders übles Loch in den ^Reichssäckel hat ja die Arbeitslosenversiche rung gerissen, die vom Reich schon bis zum 31. März dieses Jahres einen Zuschuß von 250 Millionen erhalten mußte, aber auch jetzt noch nicht soviel einnimmt, um finanziell auf eigenen Füßen zu stehen. Man hat sich deshalb bis in die Kreise der Arbeiterschaft selbst hin ein mit dem Gedanken einer sehr baldigen Reform ver traut gemacht; selbstverständlich gehen die darauf ab zielenden Vorschläge vorläufig noch sehr weit auseinander. Einfach den Beitrag für die Arbeitslosenunterstützung zu erhöhen, etwa, wie vorgeschlagen, um ein Prozent, aber allein unter Belastung der Arbeitgeber, würde theoretisch ein Mehr von etwa 275 bis 300 Millionen erbringen, aber die Mißstände und Fehler, die sich finanziell so unheilvoll auswirken, natürlich nicht beseitigen. Von den Arbeit gebern andererseits sind Vorschläge für die Reform gemacht worden, die an den Grundgedanken der bestehen den Arbeitslosenversicherung durchaus festhalten, aber mehr verwirklicht sehen wollen, daß die Versicherung nur für die Milderungein er wirklichenNotlage da sein, vor allem aber durch eine gründliche Reform auf eine gesundere finanzielle, nämlich absolut selbständige Basis gestellt werden soll. So sollen z. B. in der „stillen" Zeit, also etwa vom 1. Dezember bis zum 31. März des darauffolgenden Jahres, die Saisonarbeiter vom Bezug der Unterstützung ausgeschlossen sein, weil ihre Arbeitslosigkeit nicht konjunkturell bedingt, sondern in der Art des Betriebes begründet ist und dies zu einer ent sprechenden Lohnhöhe führt. Auch das Sonderfürsorge gesetz für beschäftigungslose Saisonarbeiter hat ja die Unterstützungsverhältnisse dieser Arbeitslosenkategorien schon anders geregelt als für die sonstigen Arbeitslosen. Ist doch vielfach darüber geklagt worden, daß die bis- herrge Höhe gerade dieser Arbeitslosenrente oft zur Ver weigerung angebotener Arbeit geführt hat, weil der Lohn für diese geringer oder nur unbedeutend höher war als die Rente. Da ging man denn lieber „stempeln". Sozialethisch aber ist ein Gesetz unbedingt reform bedürftig, wenn es in Versuchung führt oder die Möglich keit gibt, sich um die Arbeit herumzudrücken. Leider besteht diese Möglichkeit, weck es dem Gesetze nach statthaft ist, an gebotene Arbeit unter bestimmten, sehr weit und unbe stimmt gefaßten Voraussetzungen auszuschlagen. Die Ar beitgeber verlangen nun im Interesse einer finanziellen Gesundung der Arbeitslosenversicherung auch die schärfere und stärker eingeengte Umgrenzung dieser Ablehnungs möglichkeiten. Ist es wirklich nötig, daß Deutschland weit über 100 000 ausländische Wanderarbeiter für Industrie und Landwirtschaft hereinholt, wahrend anderthalb Mil lionen Arbeitsloser „stempeln gehen"? Dann verlangt man noch von Arbeltgebersette z. B. die Wiedereinführung der B e d u rf tl gk e t Is st r ü f u n g bei Erhebung des Anspruchs auf die Arbeits losenunterstützung. Daß hier vieles im argen liegt, rm Rahmen des bestehenden Gesetzes aber der Grundsatz einer Milderung der Notlage nicht unbedingt durchführbar ist, sondern Mißbräuche vor-anden sind, beklagen auch die Be richte der Landesarbeitsämter selbst. Diese Mißstände sind auch von den Rednern aller bürgerlicher Parteien im Vie äeutlchen Vorbedingungen Der Zahlungsplan Owen Youngs. Die deutschen Vorbedingungen für die Annahme des Young-Vorschlages sind in der Nacht zum Montag um ein Uhr sertiggestellt und bereits Montag früh durch Dr. Schacht Owen Young überreicht worden. Sie sollen bekanntlich als Grundlage für die weiteren Besprechungen Youngs mit den alliierten Vertretern dienen. Es steht in ihnen nichts, was nicht bisher in den Verhandlungen zwischen den Abordnungen besprochen wurde. Die Be dingungen sind ausschließlich, wie besonders betont wer den mutz, wirtschaftlicher Art. Die amerikanische Abordnung hat auch durch den Mund Owen Youngs bereits mitgeteilt, datz sie deren Annahme für angebracht erachtet. Bei dem Youngschen Vorschlag handelt es sich, wie verlautet, um eine Am»itätsstaffel, die mit 1675 Millionen Mark beginnt und jedes Jahr um 25 Millionen Mark steigt. Auf die Periode von 37 Jahren berechnet, gelangt man also zu einer Durchschnittsannuität von 1980 Millionen Mark, für die Dauer der ersten zehn Jahre berechnet auf eine solche von 1787 Millionen Marl. Wenn man den Zinsen- und Tilgungsdienst für die Dawes- Anleihe einbeziehen will, wird sich die auf 37 Jahre be rechnete Durchschnittsannuität auf 2050 Millionen Mark stellen. Bei den Zahlen des Youngschen Schemas sind alle Leistungen, die von Deutschland gefordert werden können, einbegriffen. Was die Stellung der einzelnen Delegationen an langt, so verlautet zuverlässig nichts, jedoch kann aus drücklich hervorgehoben werden, daß die französische Dele gation noch nicht Stellung genommen hat, da sie die Rück kehr des ersten französischen Delegierten, Moreau, ab warten will. Gras Bernsdorf über dos Fiasko der Genfer Abröftnigstagang Genf, 6. Mai. Graf Bernstorff, der Führer der deutschen Abordnung der vorbereitenden Abrüstungslommissivn, der nach dem Schluß der Tagung am Montag Genf verläßt, übermittelt der deutschen Presse in Genf nachfolgende Erklärung: „Wenn Sie eine Erklärung von mir über die Ergebnisse dieser sechsten Tagung des Vorbereitungsausschusses für die Abrüstungs konferenz wünschen, so kann ich nur wiederholen, was ich in mei ner grundsätzlichen Rede in der vorletzten Sitzung von Sonnabend gesagt habe, nämlich, daß angesichts der Haltung, die der Ausschuß in der entscheidenden Frage der Landriistungen eingenommen hat, wir deutlich abgerückt sind von dem Programm, das die Mehrheit aufstellte und wir von nun an diesem Ausschuß ausschließlich die alleinige Verantwortung überlasten müen. Ich lege besonderen Wert darauf, diese Erklärung zu wiederholen, angesichts der Reichstag bei Beratung der Arbeitslosenfür^orge hervor gehoben worden. Und von sozialistischer Seite wurde die Zustimmung zu Änderungen der Arbeitslosenversicherung ins Aussicht gestellt, falls die gerügten Mißstände sich nach erfolgter Prüfung bewahrheiten sollten. Schlußrede, mit der Herr Polilis heute die Tagung beendet hat. Ich möchte ausdrücklich sestgestellt wissen, daß Herr Politis nur im Namen seiner Mehrheit gesprochen haben kann und daß der über raschende Optimismus, mit dem er die Arbeiten der Konferenz feierte, von der deutschen Abordnung und — wie ich wohl anneh men kann — von der öffentlichen Meinung der meisten Länder in keiner Weise geteilt wird. So kann ich auch keinerlei Erwartungen mehr in die abschließenden Arbeiten, die der Ausschuß auf seiner nächsten Tagung vornehmen will, setzen. Die einzige Hoffnung bleibt die Konferenz selbst, deren schleunige Einberufung das Ziel der verantwortlichen Organe des Völkerbundes bleiben muß und di« nur dann zu einem Erfolge sühren kann, wenn, wie ich in mei ner grundlegenden Erklärung von Sonnabend sagte, die Regierun gen ihren Vertretern andere Instruktionen erteilen, als es bisher geschehen ist. Die deutsche Abordnung scheidet von dieser Tagung mit der Lleberzeugng, daß sie alles getan hat, was in ihrer Macht stand, um die Abrüstungsarbeiten bei aller Berücksichtigung der bestehenden Schwierigkeiten im positiven Sinne zu fördern und daß, wenn sie dabei sich stets der kompakten Mehrheit der Kom mission gegenüber sah, sie zweifellos die kompakte Mehrheit der öffentlichen Meinung und zwar nicht nur in Deutschland hinter sich hat." Ein politischer Anschlag in Kowno Der Adjutant des Ministerpräsidenten erschossen Kowno, 7. Mai. Am Montag abend gegen 8.30 Uhr kurz vor Beginn der Vorstellung in der Staatsoper wurde ein politi scher Anschlag verübt, der augenscheinlich auf den Ministerpräsi denten gemünzt war, der ziemlich regelmäßig die Vorstellungen der Staatsoper zu besuchen pflegt. Die Attentäter, drei an der Zahl, feuerten auf den persönlichen Adjutanten des Ministerpräsidenten, Oberleutnant Gubinas und den Adjudanten des Kriegsministers, Hauptmann Virbickas, acht Schüsse ab. Oberleutnant Gubinas wurde tödlich getroffen, Hauptmann Virbickas schwer verletzt. Außerdem wurde noch ein Knabe, ein Verwandter des Minister präsidenten, der an der Hand des persönlichen Adjutanten des Mi nisterpräsidenten ging, schwer verletzt. Die Attentäter, die, wie verlautet, polnisch gesprochen haben sollen, sind unerkannt entkom men. Die Polizei sperrte sofort den Platz vor dem Theater ab und nahm eine Durchsuchung des angrenzenden Geländes vor. Hier bei wurden noch zwei scharfgemachte Handgranaten und Munition gefunden, die allem Anschein nach von den Attentätern herrühren. Die angesetzte Theatervorstellung wurde abgesagt. Bis in die spä ten Abendstunden hindurch durchrasten Autos mit Offizieren und Polizei besetzt, die Stadt. Wie verlautet, sind alle nach Kowno führenden Straßen abgesperrt. Die Leibwache in der Wohnung des Ministerpräsidenten ist erheblich verstärkt worden. am Leben zu erhalten. Er habe sich jedoch zu spät in ärzt liche Behandlung begeben, weil er die Gefährlichkeit seiner Erkrankung nicht erkannt habe. Das chinesische Kriegs ministerium hat beschlossen, dem Verstorbenen alle mili tärischen Ehren zu erweisen. Man braucht die Vorschläge der Vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände sich nicht in Bausch und Vogen zu eigen zu machen. Jedenfalls werden sie bei den kommenden Reformbesprechungen eine Rolle spielen und sind vielleicht dazu geeignet, gute Wege zur Abhilfe der Auswüchse zu weisen. Die Schaffung des Arbeitslosen versicherungsgesetzes war — ein Experiment; man betrat ein neues, unbekanntes Gebiet. Erst die Erfahrung konnte lehren, wo Fehler gemacht worden sind. Und wo daber die bessernde Hand anzulegen ist. Obrrtt Lauer s Den Pocken erlegen ^mesische Gesandtschaft in Berlin machte bekannt, datz der deutsche Oberst Bauer in der Nacht vom Sonntag auf Montag im Hospital zu Schanghai an den Folgen der Pockenerkraukung gestorben ist. Im April 1928 tauchten in den Zeitungen Nachrichten auf, wonach sich Bauer einem chinesischen General als Rat geber zur Verfügung gestellt habe. In Schanghai einge troffen, erklärte er in einer Unterredung, daß er nicht mili tärischer Ratgeber der Nankingregierung, sondern ökono mischer und industrieller Ratgeber des Staatsratspräsiden- ten General Tschiangkaischek sei. Die Behauptung, daß er den Feldzug der Nationalarmee gegen Peking geleitet hätte, sei falsch. Der amtliche Bericht über die Erkrankung Bauers besaat.. daß Sie Ärzte alles getan hätten, um ihn Oberst a. D. Vr. k. o. Max Bauer war während des Welt krieges die rechte Hand Ludendorffs in der Obersten Heeres leitung. 1890 wurde er im zweiten Fußartillerreregiment (Danzig) Offizier, 1899 zur Artillerieprüfungskommisslon kom mandiert; 1905 kam er in den Großen Generalstab. Von 1908 bis 1912 bearbeitete er die schwere Artilleriewaffe in der Auf marsch- und Mobilmachungsabteilung, die im Kriege zur Operalionsabteilung wurde und die damals Ludendorff unterstand Die philosophische Fakultät der Universität Berlin verlieh Bauer während des Weltkrieges die Ehren doktorwürde. 1920 beteiligte er sich an dem mißglückten Um sturzversuch des Generallandschaftsdirektors Kapp Er mußte fliehen und hielt sich meist in Budapest auf. Im September 1922 wurde er amnestiert.